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Debatte um ein ParteiverbotMit allen Werkzeugen gegen die AfD

In der Debatte um ein AfD-Verbot fordert Thüringens Innenminister, einen Antrag zu prüfen. Im Bundestag wird Widerstand gegen die Partei angekündigt.

Äußerte sich nicht zum Verbot: Bundesinnenministerin Faeser im Bundestag Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Die AfD-Verbotsdebatte nimmt weiter Fahrt auf. Auch in den Ländern mehren sich Stimmen, die fordern, ein Verbotsverfahren gegen die Partei zu prüfen. „Die AfD ist bei uns in Thüringen vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft“, sagte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) der taz. „Sie hat das Ziel, die freiheitlich demokratische Grundordnung abzuschaffen. Auch bundesweit gibt es bei der Partei in dieser Frage immer weniger Zweifel.“ Natürlich müsse man die Partei inhaltlich stellen. „Aber wir kommen gar nicht drumherum, auch einen Verbotsantrag zu prüfen.“

Neben der Bundesregierung und dem Bundestag könnte auch der Bundesrat einen Verbotsantrag vor dem Bundesverwaltungsgericht stellen. Vor Maier hatten sich schon Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) für eine Verbots­prüfung ausgesprochen.

Auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) schloss ein Verbotsverfahren nicht aus, verwies aber auf die hohen Hürden und warnte, dieses dürfe „kein Bumerang werden“. Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) forderte, „die Sicherung von Beweisen und die Prüfung auch rechtlicher Mittel, wo unsere Verfassung verteidigt werden muss“. Aber auch sie erklärte, ein Verbotsverfahren dürfe man nur anstoßen, wenn es sicher zum Erfolg führe, sonst verschaffe man der AfD „einen desaströsen Erfolg“.

Am Donnerstag hatten 50 Bundestagsabgeordnete nach einer taz-Umfrage gefordert, ein AfD-Verbotsverfahren zu prüfen. Um das Thema auf die Tagesordnung des Parlaments zu setzen, braucht es 37 Abgeordnete. Offen ist noch, ob sich die 50 Parlamentarier, die sich über alle Fraktionen verteilen, darauf verständigen.

Bundestag verspricht Solidarität

Über den Umgang mit der AfD debattierte am Donnerstag auch der Bundestag in einer Aktuellen Stunde, auf Antrag von SPD, Grünen und FDP. Der Titel: „Wehrhafte Demokratie in einem vielfältigen Land“. Fast alle der demokratischen Red­ne­r*in­nen bezogen sich dabei auf den ersten Artikel des Grundgesetzes, „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Der SPD-Abgeordnete und Parteivorsitzender versprach Mit­bür­ge­r*in­nen mit migrantischem Familienhintergrund: „Wir passen auf euch auf. Wir werden nicht zulassen, dass diese Menschen vertrieben werden. Wir stellen uns schützend vor unsere Nachbarn, unsere Freunde, unsere Arbeitskollegen.“ Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann.

Wie sie das anstellen wollen? Das wird in weiten Teilen der Debatte nur vage erkennbar. Es brauche eine bessere Politik, forderte der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Torsten Frei, und meint damit vor allem die Bundesregierung. Diese Botschaft vertritt auch Philipp Amthor. Ein Verbotsverfahren gegen die AfD lehnten beide ab, man müsse die Partei „politisch bekämpfen“. Und selbst wenn ein Verbotsverfahren eingeleitet würde, könne dies aus ihrer Sicht nur die Bundesregierung veranlassen.

Immer wieder störte die AfD die Debatte mit Gegenrufen. Teils betont den Red­ne­r*in­nen abgewandt, wirkte es, als würde sie die gereizte Stimmung einiger Parteimitglieder auf die Correctiv-Recherche überspielen wollen. Vize-Fraktionschef Bernd Baumann kehrte das Treffen bei Potsdam unter den Tisch und machte sich in seiner Rede mit der CDU gemein. „Was irgendein Redner vorträgt, kann nicht der CDU oder AfD vorgeworden werden.“ Baumanns abschließende Worte klangen wie eine Drohung: „Der Wind dreht sich. Für Deutschland kommt was Neues, ob sie wollen oder nicht.“

Mehrere Red­ne­r*in­nen der demokratischen Fraktionen kündigten dagegen ihren Widerstand gegen Rechtsextremismus und die AfD-Politik an. Die Frage blieb aber auch hier, wie dieser konkret aussieht.

In der taz-Umfrage hatten sich vor allem Abgeordnete der SPD, Grünen und Linken für eine Prüfung eines AfD-Verbotsantrags ausgesprochen – aber auch drei von der Union und zwei der FDP. In letzteren Fraktionen herrscht insgesamt aber eine große Skepsis bis Ablehnung. Unions-Fraktionschef Friedrich Merz nennt die AfD-Verbotsdebatte eine „Scheindebatte“, die AfD müsse man politisch bekämpfen.

Auch die FDP-Abgeordnete und Spitzenkandidatin zur Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, sagte der taz, sie sei gegen ein Verbot, weil sich die AfD dann in einer Opferrolle inszenieren und dies auf fruchtbaren Boden fallen könnte. „Wir nehmen den Fehdehandschuh auf und werden die AfD politisch stellen als das, was sie ist: keine Alternative, sondern eine Gefahr für Deutschland.“

Die Wagenknecht-Gruppe lehnt ein AfD-Verbot ab

Ablehnend gegenüber einem Verbot zeigen sich auch die Linken-Abtrünnigen um Sahra Wagenknecht. Die Forderung nach einem AfD-Verbot sei „völlig falsch“ und schon die Diskussion darüber gefährlich, erklärte Wagenknecht zuletzt. Unliebsame Parteien zu verbieten, weil sie zu stark würden, sei mit einer freien Gesellschaft unvereinbar. Sevim Dağdelen sagte der taz, die Verbotsdebatte sei „ein hilfloser Versuch, vom Versagen der Ampel abzulenken“. Amira Mohamed Ali erklärte, ein Verbotsverfahren sei der falsche Weg. „Es braucht ein besseres Politikangebot, von dem sich die Menschen wieder wirklich vertreten fühlen.“ Und Christian Leye erklärte, ein Verbotsverfahren wirke, als werfe man „politisch das Handtuch“. Die Ursache für den AfD-Erfolg sei „das Versagen der Politik“ und auch „ein Versagen der Opposition, glaubwürdig für eine andere Politik zu stehen“.

Auch die Bundesregierung äußert sich bisher zurückhaltend zu einem AfD-Verbotsverfahren. Die Pläne der AfD seien ein „menschenverachtender Alptraum, den wir alle gemeinsam verhindern müssen“, sagte SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Donnerstag in der aktuellen Bundestagsdebatte. Deshalb handle die Regierung. Ein Parteienverbot oder ein auch debattierter Grundrechtsentzug bei Staatsfeinden, etwa bei Höcke – zwei demokratische Werkzeuge, die im Grundgesetz verankert sind – spricht Faeser in ihrer Rede nicht direkt an.

Dafür sagte sie, die Regierung nutze alle Instrumente, die der Rechtsstaat zur Verfügung stelle. „Wir zerschlagen rechtsextreme Netzwerke. Wir entfernen Verfassungsfeinde aus dem öffentlichen Dienst. Wir bekämpfen rechte Propaganda und Verschwörungstheorien aller Art.“ Und Faeser versprach, die Opfer rechter Gewalt und die Menschen, die sich bedroht fühlen, nicht alleinzulassen.

Auch die Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grünen) ergriff das Wort und bedankte sich bei den vielen Menschen, die bei den Protesten gegen rechts und gegen die AfD in der vergangenen Woche zu Zehntausenden auf die Straße gingen. „Wir werden die Vielfalt dieses Landes verteidigen“, sagte Paus. Mit dem Demokratiefördergesetz werde man Initiativen noch weiter und besser finanziell stärken.

Skepsis auch in den Ländern

In den Ländern gibt es trotz der jüngsten Vorstöße von Regierungsvertretern wie Georg Maier auch Skepsis. Diese teilt auch Maiers Kabinettskollege, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), der zuletzt auf die hohen Hürden eines Verbots verwies. Auch Bayerns Markus Söder (CSU), Baden-Württembergs Winfried Kretschmann (Grüne), Brandenburgs Dietmar Woidke (SPD) oder Niedersachsens Stephan Weil (SPD) äußerten sich ablehnend. „Ein gescheitertes Verbot würde dem Rechtspopulismus einen ganz erheblichen Auftrieb verleihen“, warnte Weil.

Auch Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sagte der taz: „Öffentlich ein Verbot der AfD zu diskutieren, bringt uns in der Sache nicht weiter.“ Bei einem Verbotsverfahren müssten „zu Recht sehr hohe rechtliche Hürden genommen werden“. Bisher seien aber nur drei AfD-Landesverbände – die in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt – vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft worden. „Solange der Bund und die übrigen 13 Bundesländer noch nicht der Einstufung in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen folgen können, bin ich skeptisch, dass die hohen verfassungsrechtlichen Hürden für ein Verbotsverfahren derzeit genommen werden können“, so Schuster.

Georg Maier dagegen forderte, nicht nur die Thüringer Landesregierung, sondern auch die anderen Bundesländer müssten sich über einen Umgang mit der AfD verständigen. Die Entwicklung der Partei sei „brandgefährlich“. „Wir können dem nicht schlafwandlerisch zuschauen.“

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29 Kommentare

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  • "Mit allen Werkzeugen gegen die AfD"



    So ein Schmarrn!



    Mein Meinung, habt Ihr alle heute schon "gesehen: taz.de/static/images/kari.jpg

  • Das beste Werkzeug gegen extreme Parteien ist wählen zu gehen. Das klingt jetzt ziemlich einfach, ist aber so.

  • wahlumfrage 6.12.23 und 8.12 in thüringen. afd verliert 6 % auf leider immer noch 31% . bsw(wagenknecht) gewinnt 13% auf 17% . afd in thüringen.sachsen-anhalt und sachsen nachweißlich verfassungsfeindlich.da müsste mal schnell und intensiv in allen anderen landesverbänden nachgeforscht werden und zwar schnell und heftig.da würden massenhaft nazi-schweinereien aufgedeckt

  • "Der Wind dreht sich."



    Ja, eben. Das wird Herr Baumann schon noch merken, wenn's ihm um die Nase pfeift.



    Kein Fußbreit dem Faschismus!

  • Wir müssen endlich Politiker besser bezahlen

    • @Altunddesillusioniert:

      Ich denke es würde im ersten Schritt reichen, wenn Politiker mit Ämtern eine Qualifikation nachweisen müssen.



      Ein Kühnert oder eine Lang wären in der freien Wirtschaft gar nicht Bewerbungsfähig. Egal für welche Position.



      Auch das sind Dinge, die der Bevölkerung nicht zu vermitteln sind. Jeder Beamte muss eine Qualifikation nachweisen bzw. erwerben. Bei den politischen Staatssekretären oder Ministern ist dies nicht erforderlich.

      • @Ahnungsloser:

        "Ein Kühnert oder eine Lang wären in der freien Wirtschaft gar nicht Bewerbungsfähig. Egal für welche Position."



        Und genau mit solchen Aussagen, die der Realität ned standhalten; fürs Arbeitsamt sind die U50 und ned weiter eingeschränkt; wird (unterschwellig) der Mensch abgewertet. Wemmer weiterdenkt sowohl deren Tätigkeiten als auch potentiellen Fähigkeiten. Andrerseits muß z.B. ein*e Abteilungsleiter*in in der Aspirinherstellung in Bitterfeld ned zwingend die Fähigkeiten zur Politik haben...

        • @Hugo:

          Ok, ich korrigiere: Die beiden wären für eine Ausbildung und/oder Hilfsarbeiter Tätigkeit bewerbungsfähig.

      • @Ahnungsloser:

        Wirtschaftliche Qualifikation als Schutz vor Neofaschismus?

        Der IG-Farben-Vorstand kommt aus dem Lachen gar nicht mehr heraus.

        • @Ajuga:

          Kleiner Scherzkeks, wa?



          Ich bezog es auf die Wählerstimmen. Es ist schwierig zu vermitteln, warum man für eine politische Karriere keinerlei Qualifikation nachweisen muss, außer das richtige Parteibuch und das dazugehörige Netzwerk.

          Wenn diese Menschen dann noch die Welt und das richtige Leben erklären wollen, mit teilweise substanzloser Überheblichkeit, fühlt sich der einfache Wähler verars….

      • @Ahnungsloser:

        Hatte mal vorgeschlagen, in den Bundesrag bzw. Landtag darf nur, wer mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung bzw. abgeschlossenes Studium und danach mindestens 5 Jahre gearbeitet hat.



        Ich wurde fast hingerichtet.

  • Sie halten Fensterreden von der Wehrhaftigkeit der Demokratie und lassen sie doch schutzlos zurück - vielleicht aus Angst, ihre wahre Schwäche könnten offensichtlich werden, vielleicht aber auch aus politischem Kalkül.



    Die Ampel atmet jedenfalls erstmal auf. Man stellt sich eilfertig dazu - zu den Bürgern, die auf den Strassen Flagge zeigen - gegen Rechts. Nur weg jetzt von der Erinnerung an das Chaos der vergangen Monate und endlich einmal andere Schlagzeilen. Endlich im Rückenwind. Endlich das Gefühl: Wir machen alles richtig!



    Für manchen Konservativen und Liberalen ist der Traum derweil noch längst nicht ausgeträumt - auch wenn man jetzt in bekannt opportunistischer Manier ganz anders redet. Bald schon wird man wieder mahnend hören, dass es doch nicht demokratisch sei, die Stimme so vieler (besorgter) Bürger zu ignorieren, und dass man gerade deshalb notgedrungen (es geht schließlich nur ums Land und nicht um den Bund!) auch mit der Partei reden müsse, der eben diese Bürger nun ihre Stimme gäben. Man wird über Regierungsbeteiligung reden von der Zwangslage, in der man sich befände, und man wird beschwichtigend auf die Chance zum Rückholen durch Einbinden hinweisen. Man wird hören, dass DIE ja nicht alle gar nicht so radikal seien und man schon dafür sorgen würde, dass die wirklich Radikalen in kurzer Zeit "in die Ecke gedrückt (würden), (bis sie) quietsch(en)", wäre man nur erst einmal an der Macht.



    Hört sich bekannt an ?

    • @NormalNull:

      Also in der CDU kommen jetzt die ersten Stimmen, die mißliebigen Menschen das Recht auf Rechtsbeistand streichen wollen.

      In Sachsen-Anhalt offen ausgesprochen. Man könnte nun sagen "Glück gehabt, nicht in Sachsen oder so, denn dann wäre das in spätestens einem Jahr in der Landesverfassung, beschlossen von der 2/3-Mehrheit der AfD + CDU". Aber was die CDU Thüringen so denkt, sollte ja bekannt sein, uch wenn es dort nciht offen ausgesprochen wird.

      Nicht wahr, Herr Stahlknecht?

  • CDU, CSU und FPD pushen die AFD so richtig ,bin immernoch noch am Nachdenken welche Strategie dahinter steckt.

    • @ulf hansen:

      Richtig gepusht wird die AfD von SPD und Grünen und deren mieser Politik. Das man sich das nicht eingestehen will und mit dem Finger immer auf Union und FDP zeigt, ist übrigens sehr bezeichnend dafür

  • Anstatt zu versuchen die AfD zu verbieten, sollten die anderen Parteien im Bundestag versuchen, deren Wähler zurückzugewinnen. Aber das wäre ja mühsam und würde viel Überzeugungsarbeit bedeuten.

    • @Lars Sommer:

      Erklären Sie doch mal, wie man Menschen "zurückgewinnt", die neonazistische Lügen und Hetze unkritisch glauben.

      Ich warte.

      • @Ajuga:

        Indem sie gegen deren Narrativ ein Narrativ dagegensetzen.

        Indem sie auf diejenigen zugehen, die sich nicht gesehen fühlen.

        Diejenigen wertschätzen, die sich nicht gewertschätzt fühlen.

        Wertschätzen als Mensch, nicht als AfD-Fan.

        Gute Politiker schaffen es, den Menschen das Gefühl zu geben dazuzugehören.

        Ja, das ist harte politische Arbeit.

        Das Schlimme ist, dass es womöglich gar nicht ausreicht, wenn es Politiker tun.

        Womöglich geht es um etwas, dass wir als Gesellschaft verbockt haben.

        Insbesondere Medien, Künstler, ...

        Erinnern Sie sich an den taz-Artikel, dass die Wähler, die sich am stärksten in ihrer Bubble isolieren, nach den Afdlern die Grünen sind?

        taz.de/Gesellschaf...mmenhalt/!5971895/

    • @Lars Sommer:

      Stimmt, eine mundgerechte Politik für die Mehrheit ist zur Zeit nach den Geschehnissen seit der Wiedervereinigung sehr mühsam.

      Bevor mir jetzt etwas unterstellt wird, ohne mich zu kennen: Ich bin NICHT gegen die Wiedervereinigung.

  • Ich kann und will die Angst vor einem Verbotsverfahren nicht verstehen. Man frage sich andersherum: Was wäre für die AfD bei einem misslungenen Verbotsverfahren gewonnen? Dass sie sich über ihren "Erfolg" freut? Sicher. Aber was hätte das für Auswirkungen außer die innere Befindlichkeit der Faschistenpartei?

    Ich halte die Angst vor einem Verbotsverfahren für vorgeschoben. Niemand kann bisher schlüssig erklären, was bei einem Scheitern so schlimm wäre.

    Schauen wir uns das Verbotsverfahren gegen die NPD an. Es war ein Freispruch zweiter Klasse. Die Partei wurde nur deswegen nicht verboten, weil sie zu klein und zu unbedeutend war. Und was folgt auf dem Sieg der NPD in Karlsruhe? Richtig, sie benannte sich um. Und heute weiß keiner, wer sie ist und wie sie heißt.

    Münzen wir das auf die AfD um. Einen Freispruch zweiter Klasse wird es nicht geben. Denn unbedeutend ist diese eben nicht. Somit wird Karlsruhe auch nicht feststellen können, dass von der AfD keine Gefahr für unser Gesellschaftssystem und die Verfassung ausgeht. Zu 99 % kann man hier sagen, dass dies nicht passieren wird.

    Der Einwand, dass ein Verbot nichts an den demokratiefeindlichen, rassistischen Einstellungen in unserem Land ändern würde, ist richtig, er hat aber nur mittelbar mit der AfD zu tun und ist wiederum vorgeschoben, denn er ist eine andere Baustelle: politische Bildung. Darum geht es hier aber nicht.

    Es geht im Kern um den Organisationsgrad einer verfassungsfeindlichen Partei, die die Mittel hat, in Institutionen einzudringen, um sie von innen zu zerstören. Es geht um eine Partei, die sich demokratische Freiheiten zunutze macht, um diese zu zerstören. Im Gegensatz zur NPD kann die AfD das - sie ist groß genug. Die Gefahr ist also ihre Größe!



    Ein Verbot wäre eine institutionelle Schwächung dieser demokratiefeindlichen Kräfte

    Im Umkehrschluss heißt das wiederum: Bei einem Verbotsverfahren kann unser Land nur gewinnen - egal wie es ausgeht.

  • Ich find's ja richtig lustig mittlerweile.

    Erst verkacken die "Etablierten" dermaßen, dass die Bürger nicht nur in Massen auf die Strassen gehen sondern auch auf dem Wahlzettel ein Rechtsruck sondergleichen droht.

    Dann versuchen sie die Scharte dergestalt auszuwetzen, dass man die einstige CDU/CSU-Tochter AfD verbietet.

    Anstatt mal in sich zu gehen und über die völlig verquere Politik nachzudenken ...

    Aber um Sachpolitik geht es ja schon sehr, sehr lange nicht mehr.

    Wie man auf den Wahlzetteln wird ablesen können.

  • Ich würde mir sicher weniger Sorgen um unsere Demokratie machen, wenn es die AfD nicht gäbe. Den Versuch, sie zu verbieten, halte ich jedoch (zur Zeit) nicht für sinnvoll.

    Nach der bisherigen Auslegung des Art. 21(2) GG durch das Bundesverfassungsgericht muss eine "aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung" erkennbar/nachweisbar sein, um eine Partei als verfassungswidrig einstufen zu können. Verfassungsfeindliche Forderungen allein reichen für ein Verbot nicht aus.

    Aus meiner Sicht ist der erforderliche Nachweis (bislang) nicht zu erbringen.

    Abgesehen davon wäre ein Verbot der AfD letztlich wohl nur ein temporärer Erfolg. Jene gut 20% der Wahlberechtigten, die sich bei der AfD zu Hause oder zumindest temporär aufgehoben fühlen, würden sich zu großen Teilen vorübergehend bei Sahra Wagenknecht oder Hans-Georg Maaßen "einquartieren" und auf eine neue Partei warten, die unter neuem Namen, mit vielen alten Gesichtern und vergleichbaren Inhalten antritt. Irgendwie würde die enstandene "Lücke" ziemlich schnell wieder geschlossen werden.

    Nur - warum gibt es diese Lücke überhaupt? Für mich war/ist die AfD immer so etwas, wie ein öffentliches Klo. Ich kann zwar nicht ausschließen, dass sich dort jemand wohlfühlt, aber eigentlich gehen die meisten nicht dorthin, weil sie wollen, sondern weil sie (zumindest glauben, dass sie) müssen und gerade keine bessere "Alternative" dafür finden.

    Dieter Nuhr hat die AfD in seinem Jahresrückblick 2023 als Darmbakterien charakterisiert, die von der Scheiße leben, die andere machen. Auch da ist was dran.

    Die AfD hat konstruktiv absolut nichts zu bieten, und sie hat bislang auch nur einen überschaubaren Einfluss und noch weniger politische Macht. Wenn sie trotzdem wächst, dann kann sie selbst nicht die Ursache für die zunehmende politische (und gesellschaftliche!) Spaltung sein, sondern nur ein Symptom. Die Bewahrung unserer Demokratie fängt damit an, genau das zu realisieren.

    • @Al Dente:

      So wünschenswert es wäre, ein weiteres Erstarken der AfD verhindern zu können, so kontraproduktiv erscheinen mir die derzeitigen Versuche dies zu erreichen. Ich möchte in diesem Zusammenhang eine meiner Ansicht nach bemerkenswerte Einschätzung der Lage durch Gabor Steingart im Focus vom 18.01.2024 zitieren:



      "Die AfD ist der politische Sieger des Jahres 2023 und womöglich auch des Jahres 2024. Bei der Europawahl im Juni 2024 dürften die Rechtspopulisten ausweislich der Prognosen abräumen. Bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg liegen sie weit vorn, obwohl dort auch Rechtsextremisten zur Wahl stehen. Der „Economist“ beschreibt Parteichefin Alice Weidel als „blue queen“ und „Königin im Wartestand“.

      Die etablierten Parteien sind bei dieser Aussicht aus dem Häuschen. Allerorten wird gegiftet und gegrummelt. Man will die AfD-Wähler nicht verstehen, sondern verdammen. Und führende Politiker, wie die SPD-Vorsitzende Saskia Esken, würden sie am liebsten auf juristischem Wege aus dem Verkehr ziehen – lieber heute als morgen: „Wir sollten nicht so lange warten, bis die AfD zu relevant ist“, sagte sie bei n-tv. Dieser Vorstoß ist politisch falsch, juristisch naiv und kommunikativ ein Irrweg."

    • @Al Dente:

      Danke,Ihre Beschreibung trifft es nach meiner Wahrnehmung ins Mark. Die AFD als Ort der Erleichterung, weil etwas dringend rausmuss, was nirgendwo anders hinkann und dennoch zutiefst menschlich ist. Angstdurchfall fällt mir da auch noch ein. Was würde passieren, wenn diese öffentliche Toilette geschlossen wird? Das dringende Bedürfnis bleibt ja....

  • Es ist schön, zu lesen, dass sich die DemokratInnen in Ihrer Ablehnung gegenüber der AfD einig sind.



    Ein Vorgehen gegenüber der Partei erscheint schwierig.



    Ich freue mich sehr über die Demos gegen Rechts, in den letzten Tagen.



    Letztlich kann ein Sinneswandel nur in der Gesellschaft stattfinden. Es ist gut, zu sehen, dass Menschen menschenverachtendes Gedankengut ablehnen.

  • Zaudernde Demokraten, mir wird bang

  • Wie Steinmeier, unser ehemaliger Finanzminister so schön formulierte: "Unzufriedenheit kann man nicht verbieten".



    Man muss einfach eine bessere Politik machen!

    • @Andere Meinung:

      Sie haben "Man muss den Leuten das Blaue vom Himmel runterversprechen und ihnen nach Strich und Faden die Hucke vollügen, während man ihre niedersten Motive anheizt" falsch geschrieben.

      Wie oft soll man denn noch analysieren, dass die politischen Ziele der AfD ohne grundlegende Verfassungsänderungen und eine ganze Armee Dukatenscheißer im Keller weder rechtskonform noch finanzierbar sind?

      Wieviele Landwirte, die von Subventionen abhängen, wählen AfD, die diese Subventionen ersatzlos streichen will?



      Wieviele Arbeiter wählen AfD, obwohl ihnen ein einziger Blick auf der Arbeit sagen müsste, dass ihr Betrieb nur durch Immigrant*innen noch nicht pleite ist?



      Wieviele "Libertäre" wählen AfD, obwohl sie wissen, wie die Finanzmärkte, von denen sie sich ihr leistungsfreies Leben finanzieren lassen, auf eine AfD-Wahlsieg reagieren würden?



      Wie viele RentnerInnen wählen AfD, obwohl ihnen klar sein müsste, dass sie als Nicht-mehr-arbeitsfähige für die AfD nur wertloses Menschenmateiral sind, das die Staatsbilanzen belastet?

      Kurz gesagt: wie sieht denn eine "bessere Politik" in den Augen von soziopathischen Raffkes aus, die den Hals nicht vollkriegen, wohlstandverwahrlostes Mimimi machen, jede gefällige Lüge blind schlucken, und meinen, diese demokratische Republik sei ihr privates Wunschkonzert auf dem Ponyhof?

  • "Wir nehmen den Fehdehandschuh auf und werden die AfD politisch stellen als das, was sie ist: [...]"

    Gut, Frau Strack-Zimmermann! Recht so! Genau wie Ihr Kollege Kemmerich!

    So kriegen wir die Demokratie bestimmt gerettet!

    (Die Mitforist*innen mögen mir die vielen Ausrufezeichen nachsehen)