Freispruch für Klimaaktivist in Schweden: Begründete Klebeaktion
Ein schwedisches Gericht spricht einen Klimaaktivisten frei, der eine Straße blockiert hatte. Begründung: Er habe aus „akuter Klimanotlage“ gehandelt.
Nun urteilte das Amtsgericht Stockholm, Tucker habe damit „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ begangen, müsse aber trotzdem straffrei bleiben, denn er habe aus einer Notlage heraus gehandelt.
Der 41-Jährige sei aus der Absicht heraus aktiv geworden, eine Gefahr von der Gesellschaft abzuwenden: die Bedrohung durch die bereits sichtbaren Folgen der Klimaveränderungen, heißt es in der Urteilsbegründung: „Noa Tucker hat gehandelt, weil ein wichtiges, durch die Rechtsordnung geschütztes Interesse einer Gefahr ausgesetzt ist und er seine Tat mit dem Ziel begangen hat, diese Gefahr zu beseitigen.“ Die Wissenschaft sei sich „über die Ursachen der Klimakrise weitgehend einig“. Trotzdem hätten „weder die Vorgängerregierung noch die jetzige ausreichende Maßnahmen dagegen ergriffen“.
Das Urteil widerspricht der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung in Schweden. Sollte die Staatsanwaltschaft Berufung einlegen – was sie noch nicht entschieden hat –, könnte es deshalb wieder aufgehoben werden. Damit müsse man rechnen, meint Anwältin Björstrand. Trotzdem sei der Richterspruch wichtig, „weil wir zum ersten Mal in der Geschichte Schwedens ein Urteil haben, in dem tatsächlich festgestellt wird, dass wir uns in einer akuten Klimanotlage befinden“.
Tucker hatte in der mündlichen Verhandlung argumentiert, dass sich alle Vorhersagen zu den Auswirkungen der Erderhitzung bestätigen, Daraus ergebe sich die Pflicht, alles Mögliche zu tun. Ziviler Ungehorsam sei das letzte Mittel, um in der öffentlichen Meinung gehört zu werden und die Politik zum Handeln zu bewegen. Das Urteil bezeichnet er als „ein Licht in der Dunkelheit“. Er verstehe es als Zeichen dafür, dass bei den Gerichten ein Umdenken begonnen hat, „ein Umdenken, das ja auch unvermeidlich ist“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“