piwik no script img

Plan für kommunale WärmeplanungBedenken beim Datenschutz

Das Bauministerium bereitet ein Gesetz zur Wärmeplanung vor: Die Länder sollen Pläne zur Wärmewende liefern. Die FDP bemängelt „Datensammelwut“.

Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin für Bau und Wohnen Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz Eine Nummer kleiner ging es für die Bild-Zeitung nicht. „Habeck plant den nächsten Heiz-Hammer“ titelte das Boulevardblatt in seiner Mittwochsausgabe. Im Bericht geht es nicht um die Reform des Gebäudeenergiegesetzes, über das die Ampelregierung seit Wochen erbittert streitet, sondern um einen Gesetzentwurf für die kommunale Wärmeplanung. Die Bild wittert dort schon den nächsten Skandal: Eine „Art Heiz-Polizei“.

Der Referentenentwurf, der auch der taz vorliegt, ist derzeit noch in der Ressortabstimmung. Die Federführung lag, anders als es die Bild suggeriert, aber nicht in Habecks Wirtschaftsministerium, sondern im SPD-geführten Bauministerium. Die Bauministerin Klara Geywitz reagierte auch prompt auf Twitter: Ihr Ministerium arbeite „mit Hochdruck (aber ohne Hammer) an den Grundlagen für eine kommunale Wärmeplanung. Das schafft Sicherheit für Hausbesitzer und Kommunen bei der Modernisierung der Heizungssysteme.“

Der Gesetzentwurf beinhaltet im Kern folgendes: Die Bundesländer sollen dazu verpflichtet werden, Wärmepläne zu erstellen, um bis zum Jahr 2045 eine klimaneutrale Wärmeversorgung sicherzustellen. Konkret heißt das: Großstädte (mehr als 100.000 Einwohner) sollen diese Wärmepläne bis Ende 2026 fertig haben, kleinere Gebiete (mehr als 10.000 Einwohner) bis Ende 2028. Zahlreiche Kommunen tun das jetzt schon. Mit dem Gesetz solle zudem das Ziel verankert werden, „bis zum Jahr 2030 die Hälfte der leitungsgebundenen Wärme klimaneutral zu erzeugen“.

Die Bundesländer können diese Aufgabe auch an die Kommunen übertragen. Diese sollen Angaben machen, wie in konkreten Gebäuden oder Unternehmen geheizt und wie viel Energie verbraucht wird. Dafür sollen Daten ermittelt werden. Etwa „gebäudescharfe jährliche Endenergieverbräuche leitungsgebundener Energieträger der letzten drei Jahre in Kilowattstunden pro Jahr“. Oder auch: Informationen zu einzelnen Gebäuden und Wärmenetzen.

Das Bauministerium stellt jedoch klar: „Die Daten werden hierbei entgegen der Darstellung bei Bild nicht bei den Bürgerinnen und Bürgern erhoben, sondern bei den Betreibern der Energieinfrastrukturen, denen diese Daten ohnehin vorliegen.“

Dennoch scheinen sich innerhalb der Ampelregierung erste Konflikte abzuzeichnen. Das Medienhaus Table Media schrieb etwa, dass die FDP die Ressortabstimmung im Kabinett blockiere. Die Liberalen hätten vor allem Vorbehalte gegen eine Umsetzungspflicht und wollten keine zusätzlichen Fördermittel vom Bund zur Verfügung stellen. Das Finanzministerium möchte sich auf taz-Nachfrage nicht „zu regierungsinternen Abstimmungen“ äußern.

Der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kruse, sagte der taz: „Es ist klug, erst eine kommunale Wärmeplanung zu machen und dann ein Gebäudeenergiegesetz darauf aufzubauen.“ Diesen Fehler solle „die Ampel im parlamentarischen Verfahren heilen“. Doch auch er kritisierte scharf: „Die Datensammelwut des Staates bis ins kleinste Detail ist für die Energieversorgung der Zukunft nicht erforderlich, wir werden sie deshalb nicht mitmachen.“

Karoline Otte von der Grünen-Fraktion kann die Aufregung nicht verstehen. „Die kommunale Wärmeplanung ist ein zentrales Vorhaben für die Wärmewende, das sehen FDP und Union eigentlich auch so“, sagte sie der taz. „Es geht darum, sich einen Überblick zu verschaffen, welche Heizungsarten und Wärmequellen genutzt werden, nicht darum, wer genau welche Heizung im Keller stehen hat.“ Wenn die Verbändeanhörung starte, könne man „Datenschutzbedenken nochmal genauer diskutieren“.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

19 Kommentare

 / 
  • Jetzt erst? Da hat Habeck doch die falsche Schrittfolge gewählt!



    Erst muss eine Kommunale Wärmeplanung stehen.



    Dann kann ein Heizungsgesetz gemacht werden, das aber nicht von den notwendigen Energiesparmaßnahmen getrennt werden sollte.



    Das gehört zusammen.



    Habeck will nur über Heiztechnik reden und deren Förderung.



    Wahrscheinlich weil ihm Geld fehlt!

    • @Gerdi Franke:

      „Habeck will nur über Heiztechnik reden und deren Förderung.“ Habeck und Geywitz müssen verstärkt über Heiztechnik reden. Der Heizbedarf wird sich im Bestand nun einmal nicht auf Null senken lassen. Die Vorschriften zum Wärmeschutz sind bereits ambitioniert. Nahezu Nullemission im Gebäudebestand bis 2045 - Vorgabe der letzten Bundesregierung! - lässt sich nunmal nur erreichen, wenn man auch die Heiztechnik anfasst und wo möglich auf brennstofffreie Wärmeerzeugung wechselt. Da es der Markt selbst nicht richtet… …und so weiter.

    • @Gerdi Franke:

      Wie im Artikel steht, ist für dieses Gesetz das Bundesbauministerium zuständig. Außerdem wird auch genannt we dieses Gesetz in der Ressortabstimmung blockiert: die FDP. Hier Habeck für den Zeitplan verantwortlich zu machen, ist also sehr ungenau.

      Es ist auch offensichtlich, dass man mit der Wärmewende nicht auf die Daten aus diesem Gesetz warten kann. Diese kommen ja erst 2026 und 2028, was VIEL zu spät ist, um die Klimaziele der Bundesregierung einzuhalten.

      Am Energieeffizienzgesetz arbeitet das Wirtschafts & Klimaministerium übrigens schon lange. Es sollte eigentlich auch zusammen mit der Betriebsverlängerung für die drei AKWs kommen. Aber es wird natürlich, wie fast immer, von der FDP blockiert.

      Wie Habeck durch das Gebäudeenergiegesetz an zusätzliches Geld kommen soll, müssten Sie mir bitte mal erklären. Lidner wird wohl kaum mehr Geld rausrücken, als für die Förderung ausgegeben wird.

  • Es gibt offensichtlich nichts, gar nichts was mit Klimaschutz oder Umweltbelastung auch nur entfernt zu tun hat, das die FDP nicht zu torpedieren versucht. Es ist nicht verwunderlich, denn ihre Protagonisten aus Öl- und Gaswirtschaft und der Autolobby verlangen das. Das ist den Verantwortlichen in dieser ehemaligen Partei wichtig - nicht das Gemeinwohl.

    • @Perkele:

      Genau so ist es. Und es ist so offensichtlich.....

  • Es kann ja sein, dass dies nicht sauber kommuniziert wurde; die allgemeinen Daten dürften bereits vorhanden sein (Verbrauch Region / Stadt ), eine Aufschlüsselung nach einzelnem Verbraucher geht gar nicht.

    • @Nico-1:

      Wo ein Zähler, da ein anschlussbezogener Wert. Natürlich geht das. Regionale Werte für Gas-, Wärme- und Stromverbrauch sind sehr wohl aggregierte Zählerdaten. Sie dürfen aber vor allem aus Datenschutzgründen nicht Einzelverbraucher-bezogen dargestellt werden. Würde in der kommunalen Wärmeplanung also auch nicht passieren.

  • Interessantes Vorgehen in der Politik. Man verabschiedet ein Gesetz und im Nachgang verschafft man sich einen Überblick und beginnt mit Planungen.



    Bis dann tatsächlich Wärmenetze geplant und genehmigt sind dauert lange, was die Entscheidung bei einem Heizungstausch zusätzlich erschwert.

    Für Planungen benötigt man sicherlich Daten, die Frage ist, wie individuell diese sein müssen oder die Verbräuche bspw nur pro Straßenzug erhoben werden.



    Die Information wieviel ein einsamer Bergbauernhof verbraucht sollte auch eher nachrangig bei der Wärmeplanung sein

    • @stefschu:

      „bspw nur pro Straßenzug erhoben werden“ Und wie kommen Sie zu diesem Wert? Müssen dann überall erstmal Straßenzug- Zähler eingebaut werden? Warum nicht auf vorhandene Zählerdaten zurückgreifen und die einfach aufsummieren? Warum das Rad neu erfinden? Das Problem ist am Ende nicht die gebäudescharfe Erhebung, sondern die Darstellung der erhobenen Daten. Die muss datenschutzkonform sein.

  • @RESTO

    Voll fundiert.

    (Jaja, ich kenne Poe's Law. Also das da oben war Sarkasmus. Sar-kas-mus.Gell?)

  • Datensammelwut...? Darf man in diesem Lande überhaupt irgendetwas über jemand anderes wissen?



    Sind nicht schon Vornamen eine unzulässige Datensammelwut anderen Menschen? Es gab meine ich mich aus dem Studium zu erinnern einmal Völker, da durfte niemand den wahren Vornamen kennen, außer den Eltern und der betreffenden Person....



    Für eine Bedarfsplanung , muß der Bedarf bekannt sein... sonst plant man am Bedarf vorbei, aber dann hat die FDP ja wieder was zu bemängeln, Arbeitsplatzerhalt könnte man das nennen....

    • @nutzer:

      "Für eine Bedarfsplanung , muß der Bedarf bekannt sein... "



      Der Bedarf ist bekannt, jeder Heizöl- und Gaslieferant hat die Gesamtsummen bestellter Energie.



      Was also geht den Staat mein Verbrauch in einem Haus an, nichts!

      • @Rudi Hamm:

        Stimmt, was geht den Staat eigentlich an, welche Emissionen eine Industrieanlage oder Ihr Auto ausstoßen? Oder wie hoch Ihr Einkommen ist? Oder irgendein Unternehmensgewinn? Oh, warte mal…

      • @Rudi Hamm:

        aus der Tatsache das Summe X kWh an Energie insgesamt in Stadt Y verbraucht wurde, können Sie also eine Planung erstellen, wie die Energie wo zu verteilen ist?



        Beim Abwasser ist das intuitiver, da wo viele Klos sind fließt besonders viel durchs Rohr, ergo kommen da dickere Rohre hin.



        Bei der Energie ist das nicht klar, denn jedes Haus ist unterschiedlich im Verbrauch, Wohnfläche, Bewohner, Dämmung etc. klar, das muß man nicht alles bis ins kleinste Detail wissen, aber grundlegende Daten zur Verbrauchskategorie müssen bekannt sein, sonst lässt sich das nur ins Blaue planen.

  • Da hat die FDP Recht.

    • @resto:

      Womit genau?



      Thema angeblicher "Datensammelwut": Wenn ein:e Planer:in etwas planen soll braucht's nunmal eine Bestandsaufnahme, ergo: Daten. Bei der Wärmeplanung und vor allem bei der Einschätzung, ob sich für die Kommune bzw. ihre Werke die Investition in und für die Eigentümer:innen das Warten auf ein Wärmenetz lohnen könnte, braucht's folglich Daten über Wärmebedarfe und Bedarfsdichten - und zwar gebäudescharf. Das heißt aber noch lange nicht, dass das für die breite Öffentlichkeit dann auch gebäudescharf dargestellt werden darf und müsste. Da hätte die FDP also mal original unrecht (respektive: Ahnungslosigkeit dokumentiert) und würde sinnvolle Investitionsentscheidungen auf Basis vollständiger Informationen verhindern.

      • @MeinerHeiner:

        "braucht's folglich Daten über Wärmebedarfe und ..."

        Vom BEDARF her gedacht ist schon der erste Fehler.

        • @GregTheCrack:

          Interessante These. Beliebt es Ihnen, diese auch zu begründen?

    • @resto:

      Stimmt!