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Militärübung vor Südafrikas KüsteMarinemanöver mit Russland, na und?

Südafrikas Regierung verteidigt die im Februar vor der Küste des Landes geplante Marineübung mit Russland und China. Lawrow freut sich.

Sergej Lawrow bei seiner Amtskollegin Naledi Pandor am 23.01.2023 in Südafrika Foto: Siphiwe Sibeko/reuters

Pretoria und Johannesburg taz | Südafrika ist neutral im Krieg zwischen Russland und der Ukraine – diese Botschaft betont die Regierung von Präsident Cyril Ramaphosa dieser Tage angesichts wachsender internationaler Kritik an einem Marinemanöver, das im Februar vor der südafrikanischen Küste stattfinden soll und zu dem Südafrika die Seestreitkräfte Russlands und Chinas eingeladen hat. Pro-westliche Medien und Oppositionsparteien überhäufen die Regierung aus diesem Anlass mit Kritik. „Unmoralisch“, „dumm“ und „unpraktisch“ sei das, so der Tenor.

Am Montag weilte der russische Außenminister Sergei Lawrow in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria zu Gesprächen mit seiner südafrikanischen Amtskollegin Naledi Pandor. Sie verteidigten gemeinsam das geplante Manöver „Mosi II“ und warfen den Kritikern daran Doppelstandards vor. „Sie (die USA) denken, sie können überall auf der Welt Militärübungen abhalten, nicht nur auf ihren über 200 Militärbasen auf der ganzen Welt, sondern an jedem Ort“, sagte Lawrow. Die USA, Kanada und Japan hätten Ende 2022 ein Marinemanöver im Südchinesischen Meer abgehalten. Das habe niemand kritisiert, so der Russe. Das geplante Manöver vor Südafrika hingegen sei „transparent“.

Das Manöver „Mosi II“ soll am 17. Februar beginnen und zehn Tage dauern. Es beinhaltet Schießübungen, maritimen Geleitschutz und Luftverteidigung. Zwei Kriegsschiffe aus Russland sind bereits unterwegs in den südafrikanischen Hafen Durban, Kriegsschiffe aus China werden dazustoßen. Über 350 südafrikanische Militärangehörige werden teilnehmen.

Außenministerin Pandor sieht keinen Grund für Kritik. „Alle Länder der Welt halten Übungen mit ihren Freunden ab“, sagte sie. „Das gehört zu normalen zwischenstaatlichen Beziehungen.“

Außenbeziehungen im Einklang mit nationalen Interessen

Das gehört zu normalen Beziehungen

Naledi Pandor, Südafrikas Außenministerin

Das letzte trilaterale Manöver mit Russland und China hielt Südafrika 2019 ab. Südafrikas Verteidigungsministerium veröffentlichte vor dem Lawrow-Besuch eine deutlich formulierte Erklärung. „Wir möchten kategorisch klarstellen, dass Südafrika, wie jeder unabhängige und souveräne Staat, das Recht hat, seine Außenbeziehungen im Einklang mit seinen diplomatischen Beziehungen und seinem nationalen Interesse zu führen“, so das Ministerium.

Zugleich betonte das Ministerium: „Anders als unsere Kritiker behaupten, gibt Südafrika seine Position der Neutralität im russisch-ukrainischen Konflikt nicht auf. Wir bleiben strikt bei unserem Standpunkt, dass Multilateralismus und Dialog der Schlüssel zu nachhaltigem Weltfrieden sind. Wir rufen weiterhin beide Parteien dazu auf, Dialog als Lösung des gegenwärtigen Konflikts zu suchen.“ Dies bestätigte auch Außenministerin Pandor nach ihrem Treffen mit Lawrow und forderte Verhandlungen unter UN-Ägide.

Der russische Außenminister freute sich. „Ich möchte die prinzipientreue Position Südafrikas begrüßen“, so Lawrow. „Ich respektiere die Offenheit und Verantwortung, die Südafrika auf der Grundlage der nationalen Interessen seines Volkes verfolgt.“ Russland sei nicht gegen Verhandlungen „über die Ukraine“, behauptete er, aber „je länger der Westen das vermeidet, desto schwieriger wird die Situation“.

Die guten Beziehungen Südafrikas zu Russland sind älter als der Ukrainekrieg. Südafrika ist Teil des Schwellenlandbündnisses BRICS mit Brasilien, Russland, Indien und China. Südafrikas regierender ANC (African National Congress) hat historisch gute Beziehungen zu Moskau aus den Zeiten der Sowjetunion, die den Kampf der schwarzen Bevölkerungsmehrheit gegen das Apartheidregime unterstützte.

Dies ist auch in der südafrikanischen Öffentlichkeit noch sehr präsent. „Russland stand mit uns während der Apartheid. Es unterstützte uns mit Waffen und Geld, als der Westen uns unterdrückte“, schreibt auf sozialen Medien ein „Phalaphala“. Ein „Shyfire131“ stimmt zu: „Warum ist es (das Marinemanöver) unmoralisch? Es ist nicht unmoralisch, sondern loyal.“

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5 Kommentare

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  • Die Außenministerin Naledi Pandor ist eine außergewöhnlich kluge Außenpolitikerin und Diplomatin. Wie hier im Artikel erwähnt, ist sie sich durchaus über die Doppelmoral und Heuchelei des Westens im Klaren angesichts der Unterstützung des Apartheidregimes durch Deutschland und des sogen. Wertewestens. Der ANC wurde hier als terroristische Vereinigung bezeichnet. Aber die damalige UdSSR hat die Schwarzen in Südafrika unterstützt. Die überwiegende Mehrheit der Länder dieser Erde verhalten sich neutral gegenüber Russland. Trotz erheblicher Bemühungen unserer Außenministerin, dies zu ändern. Es macht keinen Sinn, Geschichte aus dem Gedächtsnis zu verbannen. Die alten Wunden von Kolonialismus, Rassismus und Unterdrückung sind noch lange nicht geheilt.

    • @Rolf B.:

      Dazu auch diese Interview vom letzten Sommer: www.zdf.de/nachric...e-loesung-100.html

      • @resto:

        Man schaue sich nur den Interviewer an, der sich keine Mühe gibt, seine kolonialistisch geprägte Attitüde zu unterdrücken.

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    Ja, die Fehler von gestern holen uns jetzt überall ein.



    Mich wundert zwar die Aussage des ANC, das der Westen hier garnicht unterstützt hätte. Das würde Nelson Mandela wohl bestreiten.



    Aber Waffen hat der Westen mE damals nicht an den ANC geliefert.

    Mit dem Iran hat Europa und Deutschland insbesondere ähnliche Fehler gemacht (keine Unterstützung gegen Trumps völkerrechtswidrige Vertragskündigung und Sanktionen); jetzt liefert der Iran halt Drohnen an Russland.



    Die wären sonst vielleicht an die Ukraine gegangen.

    Diese Welt benötigt ganz viel gute und einfühlsame Diplomatie.



    Etwas, zu dem Deutschland aktuell und auch schon in der jüngeren Vergangenheit nicht fähig war und ist.

    • @05867 (Profil gelöscht):

      Sie sagen es. Irgendwie trampeln wir ziemlich und über alles in der Welt(geschichte) rum.