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Bewegungstermine in BerlinKein Freund, kein Helfer

Von Dessau bis nach Lützerath zeigt sich immer wieder: Die Polizei setzt lieber Konzerninteressen durch, anstatt Menschenrechte zu achten.

Alles für RWE: Po­li­zis­t:in­nen tragen ei­ne:n Klima-Aktivist:in in Lützerath weg Foto: dpa

Z um Todestag von Oury Jalloh erinnerten 1.600 Menschen in Dessau an den Tod des Asylbewerbers vor 18 Jahren in einer Dessauer Polizeizelle. Der Fall wurde von der Justiz in Sachsen-Anhalt für abgeschlossen erklärt. Auch nach zwei Landgerichtsprozessen gilt die Ursache nach wie vor als nicht aufgeklärt. Oury Jalloh ist in der Polizeizelle verbrannt. Er war an Händen und Füßen gefesselt. Kein Adjektiv scheint an dieser Stelle diese unhaltbare Situation in passende Worte zu fassen.

Am Oranienplatz in Kreuzberg gibt es ein Denkmal für Oury Jalloh und all die Opfer von Rassismus und Polizeigewalt. Wie dieses als Beschwerdestelle fungiert und wie verschiedene Ansätze Kontrolle und Transparenz über das Treiben der Ord­nungs­hü­te­r:in­nen schaffen können, wird in der neuen CILIP-Ausgabe 130, dem traditionsreichen Magazin für Bürgerrechte und Polizei, in Berlin beleuchtet.

Auf der Release-Veranstaltung vom Institut für Bürgerrechte und öffentliche Sicherheit e.V. wird Marie-Theres Piening die wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Forschungsprojekt „Police Accountability – Towards International Standards“ zu gegen sein mit der Politologin, Sonja John, Mitglied der Recherche-AG von Death In Custody und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsprojekt „Police Accountability – Towards International Standards“ (Mittwoch, 11. Januar, Skalitzer Straße 6, 19:00 Uhr).

Die Polizei tritt derzeit als Gehilfe des Energieversorgungskonzerns RWE auf den Plan und greift seit Anfang des Jahres Strukturen des Dorfes Lützerath in Nordrhein-Westfalen an. Der Tag X ist ausgerufen. Ebenfalls von der Räumung bedroht sind mehrere Waldbesetzungen: der “Heibo“ in der Nähe von Dresden, der einem Kiestagebau weichen soll, der Fechenheimer Wald in Hessen, der für eine Autobahnverlängerung gerodet werden soll und “Alti“, der Altdorfer Wald in der Nähe von Ravensburg, der ebenfalls für eine Kiesgrube zerstört werden soll.

Solidarität gegen Repression

Die anstehenden Räumungen geben Anlass zur Präsentation des Films FINITE von Regisseur Rich Felgate im B-Ware Ladenkino. Er erzählt die Geschichte von Ak­ti­vis­t:in­nen in Deutschland und Menschen im Nordosten Englands, die alliiert gegen Kohletagebau kämpfen. Für einen Wald und ihr Zuhause. Der Film ist in englischer Originalfassung mit deutschen Untertiteln. Der anfängliche Redebeitrag der Lützi Vernetzung Berlin-Brandenburg ist in deutscher Sprache mit englischer Flüsterübersetzung und das Filmgespräch mit der Regie am Ende vice versa. Der Film ist unter anderem mit einer Trigger-Warnung über Polizeigewalt versehen (Donnerstag, 12. Januar, Gärtnerstraße 19, 18:30 Uhr).

Seit Jahren von Schikane und Repression der Berliner Polizei betroffen sind zwei Antifaschist:innen. Kriminalisierungs- und Einschüchterungsversuche, wie etwa Gefährderansprachen am Wohnort der Betroffenen ebenso wie Beobachtungen durch die Polizei. Ein Solikonzert für die bereits angefallenen Anwaltskosten und dem, was absehbar auch weiterhin dafür anfallen wird, soll die Betroffenen finanziell unterstützen. Gegen das strategische Vorgehen der Polizei spielen drei Bands: „Roi!m&Stroi!fahrzoi!ge“, „K.A.O.S.“ und „Profilachse“ (Samstag, 14. Januar, Fischladen Rigaerstraße, 20:00 Uhr).

Links lesen, Rechts bekämpfen

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12 Kommentare

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  • Ich empfinde diese Überschrift als Populismus pur. Sie wird der Arbeit der Polizei nicht gerecht und scheint sie nur ins falsche Licht stellen zu wollen.



    Das wird nicht dadurch besser, dass man den Fall Dessau als Aufhänger nimmt um zu pauschalieren.



    Sorry, aber guter Journalismus sieht anders aus.

  • Dessau ist ein Skandal, und es sind Publikationen wie die taz, die darauf immer wieder hinweisen. Bleibt zu hoffen, dass das irgendwann doch noch aufgeklärt wird. Daraus aber zu dem Schluss zu kommen, "die" Polizei schütze lieber "Konzerninteressen" und zu insinuieren, sie sei inhärent rassistisch, halte ich für übertrieben. Die Polizei muss halt z.B. in Lützerath juristisch/demokratisch erfolgte Beschlüsse durchsetzen und täte sicher auch lieber anderes, als Lützerath zu räumen. Im übrigen schützt die Polizei auch die Interessen anderer Unternehmen - z.B. die des Medienunternehmens taz, dessen Mitarbeiter Polizeischutz brauchten bzw. dessen Leitung mit der Polizei über Schutzkonzepte beratschlagte, nachdem eine taz-Kolumnistin Polizisten (natürlich nur ironisch) auf die Müllhalde befördert sehen wollte.

    • @Oskar Rheinhold:

      wie juristisch/demokratisch ist es wenn z.B. Faschos in Richtertracht Urteile beschließen können. Diese Demokratie in der wir leben ist nur soweit "demokratisch" solange sie nicht bestechlich, unterlaufbar oder ähnliches. Alles dieses ist jederzeit möglich. Ebenso eben im juristischen Sinne.

    • @Oskar Rheinhold:

      So ein Staat ist halt am Ende des Tages nichts anderes als ein Instrument der herrschenden Klasse.



      Sein Auftrag ist nicht, gute Bedingungen für Alle zu schaffen (das kann er auch nicht), sondern dem nationalen Kapital bestmögliche Bedingungen zu bieten.



      Und wenn Leute diesen kurz- und langfristigen Interessen im Weg stehen, werden sie kurzerhand mittels Polizei aus dem Weg geprügelt. Natürlich werden eher Konzerninteressen als Menschenleben geschützt. Genau dafür ist diese Institution da.

  • in Lützerath setzt die Polizei Recht durch, nicht mehr und nicht weniger. Und damit erfüllt sie ihre Aufgabe. Punkt.

    Es gibt kein Menschenrecht auf Besetzung und darauf sich aus vermeintlich höheren Gründen über das Gesetz zu stellen.

    Es sind Artikel wie dieser die, gewollt oder nicht, ihren Anteil dazu beitragen die Polizei und die staatlichen Institutionen zu delegitimieren. Am Ende will es dann natürlich keiner gewesen sein.

    Geht in die Institutionen, lasst Euch in die Parlamente wählen und ändert die Gesetze wenn ihr eine Mehrheit dafür bekommt. Aber hört auf die Polizei dafür zu schelten, dass sie ihrer Aufgabe nachgeht.

    • @Fran Zose:

      Danke, ich stimme dir voll umfänglich zu.

    • @Fran Zose:

      Danke. Solche Sachlichkeit ist wohltuend in dieser emotionsgeladenen Diskussion.

  • Für mich ein ziemlich wirscher, fragmentarisch wirkender Flickentext. Auch ich kriege die Verknüpfung von Konzerninteressen, Menschenrechten und dem Fall Oury Jalloh nicht zusammen. Dass hier ein Mord passiert ist, ist sehr wahrscheinlich, müsste dann aber anders eingebettet werden. Hier hätte sich mMn. das Thema Asyl und Menschenrechte viel besser geeignet. Auch die nachfolgende Veranstaltungsankündigung des Instituts für Bürgerrechte hätte man etwas anders einbetten können. Geht es da um den Fall Jalloh? Werden dort allgemein Ergebnisse zum Thema vorgestellt? Spielen hier Konzerninteressen eine Rolle? Menschenrechte?

    Danach der Sprung zu Lützerath ist mMn. auch recht groß, denn man kann sicher kritisieren, dass dort die Polizei "Konzerninteressen" durchsetzt, aber dies ist nun mal - durch diverse Instanzen - als geltendes Recht bestätigt worden und damit auch demokratisch legitimiert. Sogar die Grünen tragen das mittlerweile mit. Man kann das definitiv kritisieren, aber es müsste entsprechend rückgebunden werden. Hier fehlt mir dann auch der Punkt zur Polizeigewalt, die vergleichbar mit dem erstgenannten Fall wäre. Sicher kann man hier unterstellen, dass die Polizei nicht zimperlich vorgehen wird, allerdings setzt sie eben den demokratischen Prozess um. Was hat dies wiederum mit Menschenrechten zu tun? In welchem Verhältnis steht das zu Rechten, die Unternehmen haben? Oder haben diese keine Rechte? Nur dann wenn sie jemand moralisch legitimiert?

    Als drittes fällt dann der Hinweis auf dem Filmbeitrag sowie die Repressionen ggü. zwei Antifaschist*innen heraus. Irgendwie nette Infos, aber als Artikel sehr wirsch.

  • "...Von Dessau bis nach Lützerath zeigt sich immer wieder: Die Polizei setzt lieber Konzerninteressen durch anstatt Menschenrechte zu achten..."

    Welche Konzerninteressen waren denn in Dessau beteiligt?

    Lützerath. Ist leider zwischenzeitlich - durch alle Instanzen - gegangen und damit geltendes Recht. Ob nun von Privatperson oder von Konzern. Kompromiss, den die Regierung - demokratisch von der Mehrheit der Wählerinnen gewählt - geschlossen hat, im Auftrag der Wählerinnen.

    Da gibt es nichts mehr zu rütteln. Juristisch.

    Natürlich kann mensch zeigen, dass er das nicht teilt, diesen Beschluss, aber - im Rahmen der geltenden Gesetze - wieder festgelegt duch Mehrheitsbeschluss - Parlament / Regierung (demokratisch gewählt).

    • @Zweitkorrektur:

      War der Kohleausstieg nicht auch beschlossen? Komisch da konnten Lobbyisten, tolle Metallkoffer und Co. noch etwas daran ändern. Nur wenn sich Bürger aufregt, dann sind alle Urteile dingfest und Co. natürlich nur dann wenn es Wirtschaft und Kapital betrifft.

      • @Daniel Drogan:

        "...dann sind alle Urteile dingfest.."

        tolle Metallkoffer (und deren Inhalt?)

        Ja. Überraschung?? Kapital und Wirtschaft machen eben entsprechende Lobbyarbeit und viele sind - in welcher Form auch immer - auch nichtmonetär - käuflich bzw. steuerbar...

        Wer hat nochmals die Räumung von Lützeraht verteidigt?

        Die Grünen..?? Ja, genau die, die auch gegen Waffenexporte in Kriegsgebiete waren und sich gegen Kohlekraft und Atomkraft eingesetzt haben und Julian Assange eigentlich frei bringen wollte usw.. und die mit Pazifismus wenig anfangen können.. Solange die Macht das warme Haus finanziert: Was kümmern mich meine Aussagen von gestern.

        Dass die grüne Basis das alles mitträgt spricht Bände..

        Ob bei der nächsten Wahl die Wählerinnen alles wieder vergessen haben?

        • @Zweitkorrektur:

          "tolle Metallkoffer (und deren Inhalt?)" - Schauens mal bei "trustWHO" dann haben Sie schon einmal für die WHO das gesehen. aktuell bei Amazon Prime.

          Wußte gar nicht das man das noch erklären muss...

          "käuflich bzw. steuerbar..." ja und das System sollte klar überwacht werden von unabhängigen Stellen. Es kann nicht sein, das es Lobbyarbeit gibt, und allein nur weil man noch vorher noch sagt, hey ich arbeite auch für x,y ..ahhja dann ist ja alles ok. So in etwa sieht ja die Kennzeichnung von "Interessenkonflikten" aus.

          Und falls Sie mir hier unterstellen wollen, das ich Grünen-Wähler bin...Muss ich Sie leider enttäuschen das bin ich nicht. Und ich finde die Art und Weise wie Grüne, aber auch SPD hier sich vor den Karren spannen lassen absolut verabscheuungswürdig...Beide Parteien haben ihre Arbeiter- bis Klimaschutzherkunft mittlerweile nicht nur verkauft. Sondern sind aktiv beteiligt das genaue Gegenteil zu machen. *ekelhAfD*