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Bundestag über Genozid an ÊzîdenAnerkennung als Völkermord

IS-Verbrechen an der êzîdischen Religionsgemeinschaft will der Bundestag als Genozid einstufen. Tausende sollen mehr Hilfen erhalten, Täter bestraft werden.

Menschen fliehen in der irakischen Region Sindschar vor der Gewalt der Terrormiliz IS Foto: Rodi Said/reuters

Berlin taz | Sie wurden verfolgt, misshandelt und brutal ermordet: Der Terror gegen die êzîdische Religionsgemeinschaft, insbesondere im Irak und in Syrien, zählt zu den dunkelsten Kapiteln der IS-Verbrechen. Am Donnerstag will der Bundestag darüber abstimmen, die Gräueltaten als Genozid einzustufen und der Opfer gedenken. Möglich macht dies ein interfraktioneller Antrag der Ampelfraktionen gemeinsam mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

„Die Anerkennung als Völkermord hilft bei der Aufarbeitung der Geschehnisse“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Derya Türk-Nachbaur. „Die Täter von damals müssen weiterhin mit einer Strafverfolgung rechnen.“ Und Türk-Nachbaur bekräftigt: Man werde alles dafür tun, um den Verfolgungsdruck aufrechtzuerhalten. Im entsprechenden Antrag, der der taz vorliegt, ist die Rede von der besonderen Verantwortung Deutschlands.

Diese begründet sich zum einen daraus, dass die größte êzîdische Diaspora in der Bundesrepublik lebt. Schätzungen zufolge sind dies zwischen 150.000 bis 200.000 Menschen, weltweit gehören rund eine Million Menschen der Glaubensgemeinschaft an. Der Großteil lebt im Irak. Zum anderen spielt die Beteiligung deutscher Staatsbürger an den Taten eine Rolle. Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass sich seit 2012 etwa 1.000 Personen von der Terrormiliz IS haben rekrutieren lassen.

Im Sommer 2014 verübte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) einen brutalen Überfall auf die in der nordirakischen Region Sindschar lebenden Êzî­d:in­nen. Tausende Menschen wurden verschleppt oder ermordet. Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt und versklavt, Männer unter Bedrohung ihres Lebens gezwungen, zum Islam zu konvertieren. Ganze Dörfer wurden zerstört. Bis heute leben mehrere Hunderttausend Êzî­d:in­nen in Flüchtlingslagern und können nicht zurück.

Hilfen für Binnenvertriebene

Den fraktionsübergreifenden Antrag bezeichnete Michael Brand (CDU) als politisch starkes Signal. „Es ist wichtig, dass Deutschland nicht nur den Genozid als solchen anerkennt, sondern zugleich die historische Aufarbeitung sowie die rechtliche Verfolgung der Verbrechen und den Schutz für die Kultur und Religion auf nationaler und internationaler Ebene voranbringen wird“, sagte der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Nur so könnten die Grundlagen für die Befriedung der Sindschar-Region und einen langfristigen Versöhnungsprozess geschaffen werden.

Teil des Antrags ist auch die Forderung, das Schicksal Tausender noch vermisster Êzî­d:in­nen aufzuklären. Außerdem soll es mehr Unterstützung für Binnenvertriebene geben. Brand appellierte an die internationale Gemeinschaft, gemeinsam mit der irakischen Zentralregierung sowie der kurdischen Regionalregierung Lösungsansätze zu finden, um die Situation der Menschen in den Camps zu verbessern. „Hier braucht es konkrete diplomatische Initiativen der Bundesregierung“, so Brand.

Mit der Anerkennung der Verbrechen gegen die Êzî­d:in­nen als Völkermord würde der Bundestag der rechtlichen Bewertung eines UN-Sonderermittlungsteams folgen. Auch das Europäische Parlament, Armenien oder Australien haben die Gräueltaten als Genozid anerkannt. Die Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal begrüßte den fraktionsübergreifenden Antrag. „Je mehr Nationen Verbrechen gegen die Menschheit anerkennen, desto stärker ist das Versprechen, solche nie wieder geschehen zu lassen“, schrieb sie auf Twitter.

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13 Kommentare

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  • Ein bitterer Nachgeschmack bleibt... Die Verurteilung des Völkermordes an den Jeziden fiel dem Bundestag leicht, da der IS-Staat nicht mehr existiert. Daggen dauerte es Jahrzehnte, bis der Völkermord des Osmanischen Reiches verurteilt werden konnte - man braucht Erdoghan und die Türkei als Nato-Mitglied und zur 'Abwehr' der Flüchtlingsströme. Menschenrechte werden oft der Tagespolitik geopfert.....

  • Ernst gemeinte Frage:

    warum diese Schreibweise von Jesiden und wie genau spricht man die beiden Vokale korrekt aus? Warum wäre "Jesiden" nicht korrekt?

    • @Suryo:

      Würde sagen das ist die Transliteration nach den Richtlinien der deutschen morgenländischen Gesellschaft von Jesiden aus dem kurmandschi kurdischen. Da heißen die eziden.

    • @Suryo:

      Ernst gemeinte Vermutung auf das warum:



      Vermutlich geben "Die feinen Unterschiede" Bourdieus Auskunft darüber.

      Bei der Aussprach bin ich noch ratloser.

      • @0 Substanz:

        Ah, dann ist das so wie letztes Jahr, als alle Djokovic schrieben, außer Zeit und taz, die das slawistische Đoković nutzten, oder wie Rom_*nja statt Roma.

        • @Suryo:

          …die Angeber ;)

  • "Genozid an Êzîden"



    Wer ist das nun wieder?



    Und so parallel zu den Jesiden, über die wir ja bereits Bescheid wissen...

  • "Je mehr Nationen Verbrechen gegen die Menschheit anerkennen, desto stärker ist das Versprechen, solche nie wieder geschehen zu lassen“

    Große Worte.

    Irakische Flüchtline werden immer noch in Polen an der Grenze abgewehrt, Syrische Flüchtlinger ersaufen jömmerlich oder die frauen prostituieren sich massenhaft in Serbien unter der Mafia um Geld für die Weiterreise zu ekommen.

    Da können auch Êzî­d:in­nen dabei sein.

    Auf der einen Seite wird also ein Völkermord anerkannt auf der anderen Seite werden ev. die selben Menschen unmenschlich von der EU behandelt.

    Das ist also die aktive Handlung.

  • "Ganze Dörfer wurden zerstört. Bis heute leben mehrere Hunderttausend Êzî­d:in­nen in Flüchtlingslagerrn und können nicht zurück."

    Liegt das an den zerstörten Dörfern oder gibt es andere Gründe? Der IS dürfte aus den betroffenen Gebieten vertrieben worden sein. Wie verhält sich das Assad-Regime zu ihnen? In welchen Teilen des Landes halten sich die vertriebenen Jesiden auf, warum können Sie nicht zurück?

    Würde mich über Hintergrundinformationen freuen - eigentlich eine Stärke der taz

  • „Es ist wichtig, dass Deutschland ....."



    Viel wichtiger ist, dass die Kriegsparteien Entschädigungen bezahlen.



    Wir waren nicht im Krieg beteiligt. Dafür dürfen wir aber für die Flüchtlinge sorgen.

    • @Herry Kane:

      Der IS wird keine Reparationen zahlen.

  • Wie schnell das immer geht, wenn ANDERE beroffen sind, und wie lange bis nbie es geht wenn WIR diese Verbrechen begangen haben.



    Machtkampf sogar auf Menschenrechtsebene.



    Ekelerregend.

    • @Ungehorsam Bleiben:

      Wenn Sie sich auf den Genozid an den Herero und Nama beziehen: den Tatbestand des Völkermordes gibt es erst seit 1944. Ihn als Völkermord zu bezeichnen, ist eine rein politische Aussage.

      Den Völkermord an den Jesiden als solchen zu bezeichnen, ist eine juristische Aussage.