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Rassismus im Buckingham PalaceFrage nach der „wahren“ Herkunft

Bei einer Veranstaltung fragte eine Mitarbeiterin des Königshauses eine Schwarze Britin wiederholt nach ihrer „wahren“ Herkunft. Das hat nun Folgen.

Ngozi Fulani (hinten links) hinter Camilla (vorn rechts) beim Charity-Empfang im Buckingham Palace Foto: Kin Cheung/ap

London taz | „Wo kommen Sie her, wo kommen Ihre Leute wirklich her?“ Fragen wie diese musste sich Ngozi Fulani im Buckingham Palace gefallen lassen. Eigentlich war die Geschäftsführerin von Sistah Space, einer Organisation zum Schutz von Mädchen und Frauen gegen häusliche Gewalt, am Dienstag zu Gast bei einem Empfang der britischen Königsgemahlin Camilla. Doch statt über ihre Organisation zu sprechen, löcherte eine Angestellte des Königshauses die Schwarze Britin mit Fragen nach ihrer Herkunft.

Mit der Antwort „Ich bin Britin, unsere Organisation befindet sich im Londoner Stadtteil Hackney“, wollte sich Lady Susan Hussey nicht zufriedengeben.

Die 83-Jährige ist keine Geringere als die am längsten gediente und engste Vertraute der verstorbenen Queen Elizabeth. Sie wurde mit dem Victoria-Kreuz ausgezeichnet, ist Patentante Prinz Williams und blieb nach dem Tod der Queen weiter im Dienst des Königshauses. Nun arbeitete sie als Begleiterin des königlichen Ehepaares. Nach einer Entschuldigung ist sie am Mittwochnachmittag zurückgetreten. Auch König Charles und Gemahlin Camilla entschuldigten sich.

Lady Susan Hussey soll beim Empfang auf Fulani zugegangen sein. „Zuallererst griff sie nach meinen Dreadlocks und schob sie zur Seite, damit sie mein Namensschild lesen konnte“, schilderte Fulani der öffentlich-rechtlichen BBC. Darauf sei ein „fünfminütiges Kreuzverhör“ gefolgt, welches Fulanis Platz sowohl auf dem Empfang als auch in Großbritannien infrage gestellt habe.

Aufgezwungene Definition

Den Wortwechsel hat Fulani rekonstruiert und auf Twitter veröffentlicht. Auf Fulanis Antwort, sie sei Britin und in Großbritannien auf die Welt gekommen, habe Hussey gesagt, herauszubekommen, „wo Fulani her sei“, werde wohl eine „Herausforderung“. Sie fragte weiter: „Wann kamen Sie das erste Mal hierher?“ Woraufhin Fulani erwiderte, ihre Eltern seien in den 1950er Jahren eingereist. Damit stand für Hussey fest, Fulani sei karibisch. Fulani verweigerte sich dieses aufgezwungenen Definitionsversuches, doch Hussey ließ nicht von ihr ab.

Dass Menschen aufgrund ihres Aussehens, Akzents oder Namens anders behandelt werden, ist zwar verpönt, aber immer noch weit verbreitet. In sozialen Medien kursierten nach Fulanis Post viele Berichte gleichartiger Befragungen. Andere nahmen hingegen Lady Hussey in Schutz und aus dem rechten Milieu kamen hasserfüllte Kommentare.

Das Debakel im Buckingham Palace ereignete sich nur wenige Tage nach Berichten, die besagten, das Leben von Meghan, der Herzogin von Sussex, sei durch rechtsextremen Terrorismus in Großbritannien gefährdet gewesen. Zudem wurde vor einem Jahr bekannt, dass der königliche Haushalt lange keine Schwarzen Angestellten im Dienst hatte.

Ngozi Fulani sagte, sie bedauere vor allem, dass nicht über die Mädchen und Frauen gesprochen wurde, für die sie eigentlich in den Palast gekommen war.

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9 Kommentare

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  • Das Gespräch mit einer über 80jährigen Frau zu rekonstruieren und dann zu veröffentlichen zeugt ebenfalls über einen "feinen" Charakter. Ich hoffe für Ngozi Fulani, dass sie im hohen Alter gnädiger behandelt wird.

    • @Puky:

      Wenn die eigene Berufserfahrung nur darin besteht, 60 Jahre lang am königlichen Hof herumgelungert zu haben, sollte doch eine der erlernten Fähigkeiten sein, zu wissen, wann man besser die Klappe hält.

    • @Puky:

      unaufgefordert anfassen und dann bekloppt fragen, das muss man auch alten damen nicht durchgehn lassen.

    • @Puky:

      Nein. Falsch. 80 ist kein so hohes Alter. Wer noch einen Job ausüben kann, wie in diesem Fall, trägt Verantwortung.

  • So ganz erschließt sich mir die Aufregung über die Frage nach der Herkunft nicht. Ich wurde in meinem Leben wahrscheinlich schon 100 mal gefragt, woher ich komme. Meist von anderen Menschen mit Migrationsgeschichte. Die sehen auch, dass man kein "Bio-Deutscher" ist und interessieren sich dafür, woher man (oder die Eltern) kommt.

    Die Frage hat mich noch nie gestört, ich habe mich dadurch nicht ausgeschlossen usw. gefühlt. Ein kurzes "Meine Mutter kommt aus Mexiko" und weiter gehts.

    • @gyakusou:

      Ja, es ging tatsächlich weiter, das Kreuzverhör. Übrigens, geführt von einer alten weißen Frau, und keiner Migrantin in einer Bar o.ä..

    • @gyakusou:

      ... ' meist von anderen Menschen mit Migrationsgeschichte'. Der Ton macht die Musik, nicht wahr ? Es sind vielleicht schon Situationen denkbar, wo auch Sie sich durch blöde Fragen und das Insistieren auf dem Woher ausgeschlossen fühlen.

  • Die verlogene Fassade des Königshauses wird immer löchriger.



    Abschaffen!



    news.sky.com/story...d-trapped-12759325

    • @Ringelnatz1:

      Wieso abschaffen?



      Wovon sollen denn unsere ör-Sender dann in Reihenschaltung berichten, wenn es keine royalen Trauerfälle, Geburten, Hochzeiten oder Magenverstimmungen mehr gibt?