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Mangel an LehrkräftenQuereinstieg ist keine Lösung

Der Lehr:­in­nen­man­gel trifft besonders Sachsen-Anhalt. Das Land sollte sich schnellstens bemühen, für Lehrkräfte attraktiv zu werden.

Nach Angaben des Deutschen Lehrerverbandes fehlen bundesweit 40.000 Lehrkräfte Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Stundenpläne werden gekürzt, Klassen vergrößert, Fächer und Förderangebote gestrichen, Schü­le­r:in­nen von Laien unterrichtet und ständig früher nach Hause geschickt, weil Leh­re­r:in­nen fehlen – das ist nicht der Plot für einen dystopischen Roman über den Niedergang der Bildungsrepublik Deutschland, nein, das ist die Realität in zahlreichen deutschen Schulen.

Der Lehr:­in­nen­man­gel in Deutschland hat ein dramatisches Ausmaß angenommen. Nach Angaben des Deutschen Lehrerverbandes fehlen bundesweit 40.000 Lehrkräfte. Die Unterrichtsversorgung habe sich in allen Bundesländern verschlechtert, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger zu Beginn dieses Schuljahres.

Wie eine taz-Umfrage unter allen 16 Bildungsministerien zeigt, trifft der Mangel an Leh­re­r:in­nen Ostdeutschland deutlich härter als den Westen. Besonders dramatisch ist die Situation in Sachsen-Anhalt. Hier ist die Unterrichtsversorgung laut Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) so schlecht wie noch nie in der Geschichte des Bundeslandes. Wegen des Personalmangels konnte zu Beginn des Schuljahres nur 92 Prozent des Unterrichts stattfinden – in 267 Schulen lag die Unterrichtsversorgung sogar unterhalb von 90 Prozent. Für eine Versorgung von 100 Prozent fehlen rund 850 Lehrer:innen.

Wie das Bildungsministerium Sachsen-Anhalts auf Anfrage mitteilte, seien Grundschulen und Förder-Sekundarschulen besonders vom Lehrkräftemangel betroffen. In manchen Regionen könnten Grundschulen eine Öffnungszeit von fünfeinhalb Stunden nicht mehr gewährleisten. Viele Schulen im Land wären ohne Sei­ten­ein­stei­ge­r:in­nen nicht mehr arbeitsfähig – diese machen laut Ministerium ein Drittel aller Neueinstellungen aus.

Vielschichtige Gründe

Die Gründe für den wachsenden Lehrkräftemangel in Deutschland sind vielschichtig. Zum einen gibt es immer mehr Schü­le­r:in­nen – was daran liegt, dass die Geburtenzahlen seit Jahren steigen und zahlreiche Kinder und Jugendliche aus der Ukraine und anderen Ländern zuwandern. Die Kultusministerkonferenz (KMK) rechnet damit, dass es 2035 eine Million mehr Schü­le­r:in­nen geben wird als heute.

Außerdem gehen zur Zeit mehr Leh­re­r:in­nen in den Ruhestand, als neue eingestellt werden. Das hat mit schlechten Planungen einzelner Länder und dem demografischen Wandel zu tun, der Ostdeutschland besonders hart trifft. Es hat aber auch damit zu tun, dass immer weniger Menschen Leh­re­r:in werden wollen. Der Beruf hat an Ansehen verloren – nicht zuletzt wegen niedriger Einstiegsschwellen für Quereinsteiger:innen. Wegen des Personalmangels darf in Sachsen-Anhalt zum Beispiel jede Bachelorabsolventin unterrichten, auch wenn sich aus ihrem Abschluss kein bestimmtes Unterrichtsfach ableiten lässt.

Kriterien erneut gesenkt

Um dem Leh­rer:­in­nen­man­gel entgegenzuwirken, setzen die Länder auf verschiedene Maßnahmen. Thüringen zum Beispiel wirbt um Lehrkräfte im Ruhestand. Berlin verbeamtet nach langer Zeit wieder Lehrer:innen. Brandenburg vergibt Stipendien an Lehramtsstudierende, die sich dazu verpflichten, als Land­leh­re­r:in zu arbeiten. Sachsen-Anhalt hat angekündigt, Grund­schul­leh­re­r:in­nen genauso bezahlen zu wollen wie die Lehrkräfte an Gymnasien, die Zahl der Studienplätze um 200 auf 1.200 erhöht und Headhunter engagiert, die im Ausland nach Lehrkräften suchen.

Zusätzlich dazu versuchen die meisten Bundesländer, Personallücken mit Quer­ein­stei­ge­r:in­nen zu füllen. Sachsen-Anhalt – wo die Situation besonders prekär ist – hat die Kriterien für Sei­ten­ein­stei­ge­r:in­nen mit Bachelor gerade erneut gesenkt. Diese können jetzt nach einem Jahr entfristet werden, wenn sie sich zu einer Qualifizierung für ein Unterrichtsfach der Sekundarschule verpflichten.

Keine langfristige Lösung

Sei­ten­ein­stei­ge­r:in­nen mögen Sachsen-Anhalt und viele andere Länder zwar kurzfristig vor dem Kollaps des Schulsystems bewahren. Eine langfristige Lösung sind sie aber nicht. Kinder und Jugendliche verdienen voll ausgebildete Leh­re­r:in­nen – Menschen, die neben Mathe, Englisch oder Chemie auch Pädagogik studiert haben. Es hat schon seinen Grund, dass Leh­re­r:in­nen fünf Jahre studieren und danach ein Referendariat machen müssen, ehe sie unterrichten dürfen.

Ein hoher Anteil an Sei­ten­ein­stei­ge­r:in­nen verschlechtert aber nicht nur die Bildungschancen von Millionen von Schüler:innen, sondern auch das Image des Lehrberufs – was wiederum das Kernproblem befeuert und dazu führt, dass weniger Menschen Leh­re­r:in werden wollen. Warum sollte ich mich nach dem Studium durch ein stressiges Referendariat quälen, wenn gefühlt je­de:r Mensch mit Hochschulabschluss eine Klasse unterrichten darf?

Imagekampagne nötig

Um das Problem Leh­rer:­in­nen­man­gel langfristig in den Griff zu kriegen, sollte Sachsen-Anhalt eine massive Imagekampagne für den Beruf starten. Denn erst dann, wenn sich wieder mehr Menschen für den Lehrerberuf interessieren, sind Maßnahmen wie die Erhöhung von Studienplätzen wirksam.

Darüber hinaus muss das Land alles dafür tun, um seine Lehramtsstudierenden nach dem Abschluss in Sachsen-Anhalt zu halten: Es muss zum einen die ländlichen Regionen attraktiver machen, etwa durch schnelle Zugverbindungen nach Halle und Magdeburg. Zum anderen muss Sachsen-Anhalt die Arbeitsbedingungen vor Ort an die Bedürfnisse angehender Leh­re­r:in­nen anpassen. Diese haben keine Lust, in einem maroden Gebäude ohne Wlan zu unterrichten und sich mit Verwaltungskram herumzuschlagen. Sie wollen ihre Zeit voll und ganz den Schü­le­r:in­nen widmen, AGs gründen, neue Lernformen ausprobieren und den Unterricht frei gestalten. Würde Sachsen-Anhalt besonders viel Flexibilität bei der Unterrichtsplanung und -durchführung ermöglichen, würden vielleicht weniger Leh­re­r:in­nen in andere Bundesländer abwandern.

Wichtig ist vor allem, dass Sachsen-Anhalt schnell handelt. Es ist das Land mit der bundesweit ältesten Bevölkerung, zwei Drittel aller Leh­re­r:in­nen sind älter als 50 Jahre. Das Bildungsministerium muss also alles geben, um die Zahl der ausgebildeten Leh­re­r:in­nen zu erhöhen. Das ist es mindestens den rund 200.700 Schü­le­r:in­nen im Land schuldig.

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22 Kommentare

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  • Verstehe ich Aussage hier richtig als Seitenhieb auf unsere schlechte Hochschullehrer?:



    ‚Es hat schon seinen Grund, dass Leh­re­r:in­nen fünf Jahre studieren und danach ein Referendariat machen müssen, ehe sie unterrichten dürfen.‘

    Mir ist das noch bekannt in der Form, dass die Studenten alleine gelassen werden mit der Begründung sie sollen dadurch selbstständiges arbeiten lernen… von wem wir das lernen sollten blieb aber unklar..von den Dozenten jedenfalls nicht…

    Oder geht es hier darum, dass die 5 Jahre im Gegensatz zu den 3 Jahren automatisch zu älteren und reiferen Lehramt Einsteigern führt?

    Bitte hier um Klarstellung wofür diese 5 Jahre plus Referendariat erforderlich sind

  • Hier Mal ein Kom. von einem Lehrer aus Sachsen-Anh. und von einer Schule auf dem Land: Was macht das Lehrer sein in SA zurzeit schwierig? Gern werden Lehrer wegen der Mangellage Mal an mehreren Schulen eingesetzt (Entfernungen bis zu 70 km Gesamtstr. - ohne Ausgleich Zeit/ Geld). Quereinsteiger werden verheizt, müssen neben dem Gesamtpensum als Vollzeitlehrer noch die Seminare stemmen. Die Personaldecke ist so dünn, so dass bei ca. 10 Prozent Krankheit der Lehrer (3 bei 30 Kollegen) eine Klasse zu Hause bleiben muss. Päd. Mitarbeiter (PM) werden gnadenlos verheizt (haben keine Stundenbegrenzung) und sind ständig krank. Die S. werden mit GU - Kindern (Förders.) überschwemmt, da deren Eltern den Politikern glauben, dass ihre Kinder hier adäquat gefördert werden. Die Förderl. sind aber (bei uns) seit drei Jahren aus dem Schulalltag verschwunden, die schriftliche Dok. wurde jetzt im Umfang weiter ausgedehnt: 4x mehr Papier ist zu beschreiben, zwei Fördergespräche je Kind im Schuljahr extra. Wir sind aber gar nicht dafür ausgebildet, ich weiß nicht wie man mit Autisten umgeht. ( Mach Mal ne Fortbildung..!) Im Bereich Halle ist man dabei, an der ZeiterfassungsVO rumzuschrauben, denn an der Pflichtstundenzahl an sich lässt sich nichts ändern. Minderstunden werden gnadenlos erfasst, Mehrstunden durch Wandertage, Projekttage, Begleitung zu Berufsmessen und Infos, Praktiumsbetr., Sportfest, Klassenfahrten aber nicht. (Ist doch normal oder: Bedenke - ich fahre mit einer Kl. zur Klassenfa. z.B. als Halbtageskraft mit 15 Std. Deputat. Die 37 Std. Unt. der Klasse fallen in der Schule also aus dem Plan weg, werden den Kollegen folgerichtig abgezogen = Minderstunden = Nacharbeiten z.B im nächsten Jahr. Ich erhalte trotz 60 Std. Aufwand nur 15 bezahlt, wehe wenn man dann noch weniger Planstd. hat, weil man regelmäßig für die Vertretungsreserve eingesetzt wird, dann geht man selbst noch mit Minusstd. aus der Woche. Und und und... Selbst Schuld wer Lehrer wird, ich mags aber..

  • "Kinder und Jugendliche verdienen voll ausgebildete Leh­re­r:in­nen"

    Oh weia. Womit haben sie das nur verdient? ;-)

    "Menschen, die neben Mathe, Englisch oder Chemie auch Pädagogik studiert haben."

    Nichts für ungut, aber viele Lehrer:innen studieren eher neben Pädagogik auch noch Bruchstückhaft irgendwas anderes - und das nicht selten mit dem minimal nötigen Aufwand, um die Prüfungen zu bestehen.

    "Ein hoher Anteil an Sei­ten­ein­stei­ge­r:in­nen verschlechtert aber nicht nur die Bildungschancen von Millionen von Schüler:innen"

    Woher kommt eigentlich diese Gewissheit? Die Pädagogik und Didaktik haben im Bildungssystem eine starke Lobby. Diese hat Selbstverständlich kein Interesse an Quereinsteger:innen. Ich habe eher den Eindruck, dass die Angst umgeht, dass Quereinsteiger:innen den Job - entgegengesetzt aller Prophezeiungen - auch nicht schlechter machen.

  • Grundschule, Realschule, Abitur, Studium, Referendariat und wieder auf die Schule - und wir glauben, dass diese Menschen aka "fertig ausgebildete" Lehrer unsere Kinder besser auf das Leben vorbereiten können, als jemand der sich Mal einen Betrieb von innen gesehen hat?

    Es möge ein jeder an seine Schulzeit zurück denken und die Lehrer gedanklich durchgehen - wer hat einen ansprechenden Unterricht gestaltet? Bei mir waren das die Quereinsteiger - auch wenn sie damals noch nicht so hießen. Selbst im Studium. Bei allen Bekannten die ich gefragt habe, war es auch so.

    Und bei Auszeichnungen von Lehrern schneiden bei den Kategorien, in denen die Schüler abstimmen dürfen, die Quereinsteiger durchweg besser ab. Allerdings nur in dieser Kategorie.

    • @Herr Lich:

      Anschließe mich aufs Heftigste.

  • Wie will man denn Sachsen-Anhalt attraktiv machen?



    Ich hab als Kind immer Ferien in der Dübener Heide verbracht - da müsste mir jetzt ein fürstliches Gehalt gezahlt werden, um in Sachsen Anhalt arbeiten zu wollen.

    • @WeisNich:

      Und was ist an Baden-Württemberg so unaktraktiv, dass die einen enormen Lehrer:innenmangel haben - und das mit einer hauptsächlich "Grünen" Regierung? Der große Mangel besteht nämlich nicht nur im Osten; deshalb verstehe ich nicht, warum das jetzt wieder ein ostdeutsches Problem sein soll.

      • @resto:

        Haben Sie mal die Mundarten der beiden Bundesländer verglichen?

        Es ist kein ostdeutsches Problem. In Mecklenburg würde ich arbeiten. Kennen Sie hoffentlich den Unterschied.

  • 0G
    06364 (Profil gelöscht)

    Problematischer Artikel und bekanntes Lehrämtergeschwätz!

    Man kann in der Leichtathletik eine 4x100m-Staffel mit 3 Sprinterinnen gegen 4 Sprinterinnen laufen oder mit 3 Sprinterinnen und einer Hochspringerin. Man wird in beiden Fällen mit hoher Wahrscheinlichkeit verlieren, wenn alle Beteiligten Weltklasse sind. Das Problem dann in der Hochspringerin zu sehen, ist in jeder Hinsicht falsch. Das Problem liegt und lag immer einzig und allein in der Organisation.

  • Wie überall im Wirkungskreis deutscher Politik: Versagen!

    Da hilft es auch nicht, die Attrakativität des Lehrerberufs in Sachen-Anhalt zu steigern. Denn dann fehlen die "gewonnenen" Lehrer woanders.

    Die Politik hat es seit Gründung der Bundesrepubik schlicht versaubeutelt unser Schulsystem auf vernünftige Beine zu stellen. Und der Lehrermangel ist ja nur eine Facette des Versagens.

  • Danke für diese unfreiwillige Steilvorlage! Zunächst einmal zur "Lösung". Dieses Wort wird ja immer gerne benutzt um pragmatische Hilfen zu diskreditieren. Wenn bundesweit 40000 Lehrer fehlen, dann brauchen wir aber keine Lösung, sondern schnelle Abhilfe. Menschen, die nicht erst eine Imagekampagne brauchen, um Freude an diesem Beruf haben. "Warum sollte ich mich nach dem Studium durch ein stressiges Referendariat quälen, wenn gefühlt je­der Mensch mit Hochschulabschluss eine Klasse unterrichten darf?" - wer solche Sätze von sich gibt, sollte besser wirklich nicht Lehrer sein. Wer braucht Lehrer, die sich schon im Referendariat "quälen"? Es kommt in einer modernen Schule auch ganz sicher nicht darauf an, dass jede pädagogische Kraft dort gleichermaßen und sowohl inhaltlich als auch didaktisch voll ausgebildet ist. "Kinder und Jugendliche verdienen voll ausgebildete Leh­re­rin­nen" - auch das ist Unsinn. Kinder verdienen etwas anderes: guten Unterricht, Unterstützung über diesen hinaus, Vertrauenspersonen, manchmal auch einfach nur Aufsichtspersonal. Dazu Sozialarbeiter, Psychologen, Schreiner, Musiker oder IT- Fachleute. Die Bildungschancen sinken nicht durch fehlende Vollausbildung des Personals, sondern durch Stress, Angst, Überforderung, zu wenig Zeit um eigene Interessen zu entwickeln. Kinder müssen nicht mit Wissen vollgestopft werden, sondern vor allem lernfähig bleiben. Anzumerken wäre noch, dass das, was am meisten vom Lehrerberuf abhält, hier nicht genannt wurde: die Eltern. Die müsste man zukünftig wieder mehr aus der Schule raushalten, die verbreiten nur Zukunftsängste, drohen mit Anwälten, helfen niemandem. Kinder und Jugendliche werden zunehmend nur noch Objekte im Kraftfeld der verschiedenen Anforderungen, das ist in mehrerer Hinsicht destruktiv.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Stimme Ihnen zu. In meiner Schulzeit war der quereingestiegene Mathelehrer - ein aus der DDR geflohener Dr. Mathematiker - mein bester Lehrer. Quereingestiegene können mit ihren anderen Erfahrungen eine Bereicherung sein.

  • Möglich, dass es dann auch wieder mehr männliche Lehrer gäbe. Wäre wirklich kein Schaden!

  • Liebe Autorin, nur weiter gemacht mit Seiteneinsteiger- Bashing! Polemik fördert die Quote, doch zielführend ist sie nicht. Ich erspare mir an dieser Stelle, ihren Artikel im Einzelnen zu analysieren und zu kritisieren. Das ist verschwendete Zeit. Statt dessen lade ich Sie ein, eine Woche in meinem Unterricht zu hospitieren. In diesem Rahmen können Sie viel über das Thema Seiteneinstieg lernen.

  • Nun ja, ein weiterer, weder im Artikel noch in den meisten weiteren mir bekannten Diskussionen hinreichend beachteter, aber sehr zentraler Punkt, ist halt auch der, dass viele Ost-Bundesländer kaum lehramtsausbildende Hochschulen haben. In Thüringen kann man meines Wissens ausschließlich in Erfurt auf Lehramt studieren, in Sachsen-Anhalt einzig in Halle-Wittenberg. Magdeburg bietet nicht für alle Lehrämter bzw. Schulformen etwas an.



    Nimmt man dann noch hinzu, dass das lokale Mikroklima u.a. in diesen BL nicht unbedingt überall dazu einlädt, ausgerechnet hier seinen künftigen Lebensmittelpunkt zu wählen, so sind viele der beschriebenen Probleme auch wieder recht hausgemacht.



    Schließlich noch eine weitere Zahl: Laut einer eigenen Umfrage des DLF von vor rund 2 Wochen dazu, wieviele offene Lehrerstellen es in den 16 BL am ersten Schultag nach den Ferien gab, fehlen aktuell bundesweit rd. 16.000 Lehrkräfte. Das ist zwar nicht so catchy und click-baiting wie die stete Wiederholung der Meidinger-Panikzahlen. Aber ein wenig Erdung würde auch hier helfen.

    • @StefTack:

      Es bilden mehr Hochschulen auch Lehramt an. In Thüringen z.B. auch in Jena. Und auch in Jena fehlen viele Lehrer.

      Und jeder Elternteil mit schulpflichtigen Kindern, wird ihn bestätigen dass massiv Lehrer fehlen. Ob dies nun insgesamt 16.000, 40.000 oder doch "nur" die 11 an den Schulen meiner Kinder sind, ist mir dabei völlig egal die Lehrer fehlen, Unterricht fällt aus und die Kinder und Eltern müssen es ausbaden und kompensieren.

      Und es hilft auch nicht, wenn eine Schule ordentlich arbeitet und ihren Lehrern einen attraktiven Arbeitsplatz bietet, dann kommt nämlich das Ministerium und kommandiert Lehrern an die Schule ab, die das nicht hinbekommen. Was machen die betroffenen Lehrer? Krank bis sie wieder an die ordentliche Schule dürfen.

  • Warum sollte es nicht möglich sein, den Quereinsteigern nebenher eine pädagogische Ausbildung zukommen zu lassen ? Für die Schulen und die Schüler wäre es auf jeden Fall ein Gewinn, wenn mehr Lehrer Lebenserfahrung außerhalb der Schulblase hätten, schließlich sollen die Schüler ja auf das Leben außerhalb der Schule vorbereitet werden. (Ich könnte mir vorstellen, dass genau darin die Ablehnung von Quereinsteigern bei Immer-nur-Lehrern kommt.)

    • @Ruediger:

      Ich habe überhaupt nichts gegen Queereinsteiger. Rein statistisch gesehen kommen die aber auch häufiger an der Schule nicht zurecht und leiden unter Burnout oder suchen sich schnell etwas neues. Die werden oft einfach nicht gut auf den Beruf vorbereitet.

      • @wirklich?:

        Welche Statistik ist das? Und wenn das stimmen sollte, kann das auch an den schlechteren Arbeitsbedingungen bzw. -verträgen liegen.

    • @Ruediger:

      Mir scheint es grundsätzlich sinnvoll, Fachstudium und pädagogische Ausbildung voneinander zu trennen, auch um dem unseligen Kreislauf von Lehrermangel und -überschuß beizukommen; man könnte die pädagogische Ausbildung als kurzes Aufbaustudium oder als berufsbegleitendes Training organisieren. Auf dem Wege würde man sowohl das Problem des puren Quereinstiegs als auch die mangelnde Flexibilität der lange Jahre in Anspruch nehmenden Staatsexamens vermeiden.

  • Interessant wäre, wie hoch das Potential derjenigen ist, welche das Studium in Gänze durchlaufen haben, doch am Schluss durchgefallen sind, und/oder den erforderlichen Notenschnitt nicht erreicht haben?! Dieser Personenkreis hat sich ja bewusst für diese berufliche Ausbildung und Laufbahn entschieden, weshalb man diesem Personenkreis, AUCH AUS ANDEREN BUNDESLÄNDERN STAMMEND ein Nachschulungsangebot mit anschließender Festanstellung bieten sollte.

    😉

    • 6G
      650228 (Profil gelöscht)
      @tazeline:

      Gute Idee!