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Lafontaine tritt aus Linkspartei ausMaximaler Schaden

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Oskar Lafontaines Austritt ist nicht nur wenig stilsicher, sondern zeigt auch seine Egozentrik. Denn in zehn Tagen wird im Saarland gewählt.

Oskar Lafontaine bei seiner Rede im Saarländischen Landtag am 16.März Foto: imago

O skar Lafontaine war einer der talentiertesten Politiker der Bundesrepublik: ein rhetorisches Naturereignis unter lauter politischen Sachbearbeitern. Seine altersweise, kluge Abschiedsrede im Saarländischen Landtag über Krieg und Frieden, bejubelt von fast allen Fraktionen, versprühte noch mal etwas von diesem Glanz. Sie sollte etwas Historisches sein. Die letzte Rede eines Staatsmanns.

Ein Staatsmann? Dazu fehlte Lafontaine immer das Entscheidende. Wo Disziplin und Verantwortungsbewusstsein nötig waren, war bei ihm ein maßloses Ego. Lafontaine hatte als Politiker immer etwas von Jekyll & Hyde. Das Großartige siedelte direkt neben dem Kleinlichen, das Mitreißende neben dem Zerstörerischen.

Um das ganze Bild zu sehen, muss man neben seine Landtagsrede seine Erklärung zum Austritt aus der Linkspartei legen. Dort klagt er, dass ihm in dem chaotischen saarländischen Landesverband der Linkspartei bitteres Unrecht geschehen sei. Als wäre er selbst ein Unbeteiligter und nicht Teil jener endlosen Querelen dort, die schon lange kein Außenstehender mehr durchblickt. „Nach dem sozialen Profil sollen jetzt auch noch die friedenspolitischen Grundsätze der Linken abgeräumt werden“ klagt er, der einsame Rufer in der Wüste. Es herrscht Verrat, allerorten. Dieses Austrittsschreiben ist ein Dokument jener Selbstgerechtigkeit, die immer Grenze und Scheitern von Lafontaine markierten.

So bleibt am Ende dieser Karriere etwas Klägliches. Seine schwindende Bedeutung ließ sich an den Namen seiner Gegner ablesen: Helmut Kohl, Gerhard Schröder, Dietmar Bartsch, und schließlich Thomas Lutze. Dass er zehn Tage vor der Wahl im Saarland austritt, ist eine Art politisches Dum-Dum-Geschoss. Er will maximalen Schaden in der Linkspartei anrichten.

Austritt als Farce

Verdrießlich stimmt an diesem Abgang auch, wie wenig stilsicher er ist. Es ist eine Wiederholung seines Rücktritts als SPD-Chef 1999, fast exakt genau vor genau 23 Jahren. Der Austritt nun ist ein Selbstzitat, das die Egozentrik des Ganzen unterstreicht. 1999 war Lafontaines Abgang eine Art Tragödie für die danach recht kopflose SPD-Linke. Der Austritt jetzt ist Farce und müder Abklatsch.

Für die nach Wahlschlappe und Putins Krieg orientierungslose Linkspartei ist all das nicht schön. Aber nur auf den ersten Blick. Es ist naheliegend, zu vermuten, dass auch Wagenknecht und ihre Getreuen der Partei bald den Rücken kehren können. Das kann der Linken im Bundestag sogar den Fraktionsstatus kosten. Doch dieser Exodus kann sich trotz kurzfristiger Schadensbilanz mittelfristig rechnen. Ob die Linkspartei ohne Putin-Versteher, Corona-Zweifler und Populisten eine Zukunft hat, ist ungewiss. Sicher ist aber: Mit ihnen hat sie keine.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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24 Kommentare

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  • Ich hab bei Ihren Kommentaren geschaut. Sie haben tatsächlich schon seit Jahren nur ein Thema: Wagenknecht/Lafontaine.

    Wie hält man/frau das durch?

    • @Waage69:

      @Kat Sim

  • Sagen wir mal so: das erste, was mir bei Lafontaine einfällt (also das "älteste") sind die "Sekundärtugenden", die er diskreditierte, damit könne man auch ein KZ leiten....

    Ein wenig mehr davon hätten ihm aber gut getan.

    • @Dr. McSchreck:

      die Abschiedsrede ist aber trotzdem gut - gerade im 2. Teil wird man aus fast jeder Partei zustimmen können

  • So ein Unsinn: Egozentrik, selbstgerecht, maximaler Schaden…



    Lafontaine tritt aus, fertig.

    Begründet hat er das auch. Die Linke ist nicht mehr das wofür sie einst gegründet wurde und hat irreversibel ihren Kompass verloren, mittlerweile beklatscht dieLinke Aufrüstung und Krieg.

    Das soll Links sein?

    Ohne Wagenknecht und Lafontaine wars das mit der Linken und hein mittelfristig wird die Linke nicht aus seinem Austritt profitieren.

    Sie werden es selbst mit eigenen Augen sehen.

  • So ein Unsinn: Egozentrik, selbstgerecht, maximaler Schaden…

    lafontaine tritt aus, fertig. Begründet hat er das auch. Die Linke ist nicht mehr das wofür sie einst gegründet wurde und hat irreversibel ihren Kompass verliren, mittlerweile beklatscht dieLinke Rpstungs

  • 9G
    91491 (Profil gelöscht)

    Ich rechne ihm immer noch hoch an das er als Kanzlerkandidat versuchte der deutschen Bevölkerung die Wahrheit über die schwierige Zukunft zu sagen.



    Der Wähler*innen aber lieber auf die Lügen von "blühenden Landschaften " Kohls hereinfallen wollen.



    In den letzten Jahren hat er sich leider nur selbst demoliert.

  • Er sollte Ehrenmitglied der Union werden, immerhin hat der Spaltpilz die Ära Merkel begründet.



    Eine Geschichtliche Kontinuität: Ob KPD, Grünen, oder Linkenausgründung, jedesmal folgte das Ende der SPD als Regierungshaupt. Statt "Proletarier vereinigt euch" galt "Reinstlehrer separiert Euch" auf das die Utopie nicht von der Realität besudelt wird.

  • Na dann folgt ihm seine Frau bestimmt bald...

  • Kann er ja mit Sarrazin ne neue Partei gründen.

  • Ich finde das sehr traurig.

    Und ich bin mir nicht sicher, ob man diesen Schritt hier in dieser Form als Vollendung eines langen egozentrischen Abstiegs abbilden kann.

    Ich kann bei der Linkspartei viel guten Willen und geradezu eine Abstinenz gegen professionelle Arbeitsweise erkennen. Kaum eine andere Partei geht derart sonderbar in Wahlkämpfe, kämpft sich derart innerparteilich ab und ist teilweise bodenlos weltfremd, wenn es um politische Prozesse geht.

    In meinen Augen war Lafontaine der begabteste Politiker, der für eine Mitte-Links-Politik warb und sie sogar abbildete, ja geradezu symbolisierte. Damit tun sich fast alle anderen Politiker schwer. Und er hat m.M. die Linke überhaupt erst möglich gemacht, ohne ihn wäre diese Partei wohl nicht entstanden bzw. hätte sich bundesweit nicht formieren können.

    • @Andreas_2020:

      Lafo hat zu seiner Zeit eine wichtige Rolle gespielt. Aber die Wirkung seiner Handlungen hat er IMHO oft nicht kapiert. Das er sich beispielsweise in der BILD-"Zeitung" zu Springers Zwecken missbrauchen ließ, ist ihm glaube ich heute noch immer nicht klar.



      Aber er hat - anders als andere Politiker - Rückgrat bewiesen. Der Ausstieg aus der damals neoliberalen SPD ist ein Beispiel dafür.



      Die Verschmelzung der WASG mit der PDS halte ich btw. anders als Sie für einen Fehler. Die WASG hätte ohne den ganzen SED-Ballast IMHO eine Chance auf Etablierung gehabt.



      Und nun ist er 78, und hat die "Rente" wirklich verdient

      • @Kaboom:

        " Die WASG hätte ohne den ganzen SED-Ballast ... "



        Genau so isset !



        Allerdings hatten die, obwohl seitens ex-SPDler gewerkschaftlich etabliert und daher nicht ohne potentielle Basis, wohl gescheiterte Experimente vor Augen, wie in den 70-ern DS oder später ÖkoLinX.

    • @Andreas_2020:

      Mitte-Links? Ernsthaft? Was ist denn dann wirklich- links?

      • @Ruediger:

        Wieso ? Haben Sie bei der PDS-etc. irgendwann irgendwo ernsthafte sozialistische Ansätze für eine Politik in der Bundesrepublik gehört oder gesehen ? 'Mitte-links' steht hier zurecht als Chiffre für Sozial-Demokratisch, im Sinne von Godesberg-etc. Ganz ohne diese, oder mögliche andere, Programmatiken werten zu wollen.

  • @WAAGE69

    Und? Was schlagen Sie stattdessen vor? Die 11-Minuten-Partei?

    • @tomás zerolo:

      Nö, ich habe mir nur die Rede angehört. Fand die interessant und wollte ich daher nochmal drauf hinweisen. Ist doch legitim.

  • Wer sich die 24min bei Gelegenheit nehmen möchte: Die im Artikel verlinkte Abschiedsrede Lafontaines vorm Saarländischen Landtag ist hörenswert.

  • Die Linkspartei ist hoffentlich bald Geschichte.



    Keine Einigkeit , keine Realpolitik nur verkorkste Ideologie !

  • Ach was! © Vagel Bülow



    “ Maximaler Schaden



    Oskar Lafontaines Austritt ist nicht nur wenig stilsicher, sondern zeigt auch seine Egozentrik.“ Booey. - 🙀🥳 -



    Das ist ja mal was ganz Neues. 🥚jòò 🥚jòò!

    • @Lowandorder:

      wat is egozentrik ?,wenn ick jemand als egozentiker bezeichne.so meine ick durch de blume jesacht; Arsch du Loch!

  • 4G
    43985 (Profil gelöscht)

    Da Oskar Lafontaine sehr massiv bemängelte wie der Spitzenkandidat an seinem Posten kam, ist der Zeitpunkt dann wirklich verwunderlich?



    Ich wünsche Ihm zukunftstechnisch eine gute Zukunft und hoffe seine Gemahlin folgt seinem Beispiel.

    • @43985 (Profil gelöscht):

      "Da Oskar Lafontaine sehr massiv bemängelte wie der Spitzenkandidat an seinem Posten kam, ist der Zeitpunkt dann wirklich verwunderlich?"

      ja, er hätte nicht jetzt medienwirksam aussteigen müssen. Einfach in den Ruhestand und in 2 Jahren ein langes interview aus altersweisheit geben.

      so macht er das, was er immer gemacht hat: wenn die anderen nicht spielen so wie er will, verweigert er nicht nur beleidigt das mitspielen sondern wirft auch noch das Brett um. Er kann halt nicht aus seiner Haut.

      Genau solche Leute sind daran schuld, dass aus der Utopie Sozialismus der Alptraum des real existierenden Kommunismus wurde.

    • @43985 (Profil gelöscht):

      Daß auch die selbstgerechte Frau Gemahlin seinem Beispiel folgt, ist der Linkspartei wirklich zu wünschen. Dann noch der Porschefahrer und die Linkspartei wird wieder wählbar.