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Facebook droht mit Aus in EuropaDer alte Mann und das Meta

Der Meta-Konzern droht in einem internen Bericht, Facebook und Instagram in Europa abzuschalten. Unser Autor fände den digitalen Zwangsdetox super.

Leben ohne Facebook: ungeahnte Aussichten auf eine nicht mehr für möglich gehaltene Lebensqualität Foto: Getty Images

Zum ersten Mal seit 2004 hat Meta weniger User als im Quartal zuvor, was den Börsenwert des Social-Media-Unternehmens um 240 Milliarden Dollar verringert – ein Erdrutsch sondergleichen.

Wer aber ist überhaupt diese Meta? Nun, wer wie ich immer noch nicht mitbekommen hat, dass das Unternehmen Facebook schon seit Oktober 2021 „Meta“ heißt, sagt wahrscheinlich zu Twix auch noch Raider, zu einem Tesla „Automobil“ und zu einem Boomer „junger Mann“. Genau dieses aus der Zeit Gefallene prägt mittlerweile die Meta-Gemeinde.

Der Nachwuchs fehlt. Facebook ist längst ein Medium für uns Alte. Meine zahllosen Nichten und Neffen treiben sich dort schon lang nicht mehr herum. Na gut, so kann ich ihnen eben auch nicht zum Geburtstag gratulieren, das kriegen die dann ja gar nicht mit, wenn bei mir aufpoppt: „Krethi und Plethi haben Geburtstag. Hilf ihnen beim Feiern!“

Ich bin ohnehin ein böser Onkel, doch damit automatisch auch ein guter Facebook-Kunde. So ist es der eigentlich ja zu begrüßende Rückgang an bösen Onkels dieser Welt, der dem Medium so zu schaffen macht. Die einen sterben, die andern gehen ins Gefängnis, die dritten rüber zu Telegram.

Ein alter Arsch, den niemand mag, droht, sich in die Luft zu sprengen. So what?

Doch nicht nur demografische beziehungsweise Mentalitätsverschiebungen und Konkurrenz wie Tiktok lassen dem ergrauten Riesen die Luft aus dem Rollator, sondern auch sein eigener Hang zur Selbstzerstörung. Die fiesen europäischen Datenschutzregulierungen verhindern den Transport europäischer Kundendaten auf US-amerikanische Server.

Beleidigte Leberwurst

„So kann ich nicht arbeiten“, kontert Meta diese unbequemen Altwelt-Rudimente von Recht, Demokratie und Gesellschaftsgedanken. Und belegt sich daraufhin ein Eigentor dick mit beleidigter Leberwurst in Gestalt der Drohung, Facebook sowie dessen eingeborenen Sohn Instagram in Europa stillzulegen.

Ein sterbender alter Arsch, den niemand mag, droht, sich allein im Wald in die Luft zu sprengen. So what? Es wäre im Grunde gar zu schön. Auch wir mittelalten bösen Onkels und Tanten würden davon profitieren. Schließlich hält selbst uns oftmals nur noch der Sucht- und Gewohnheitsfaktor bei der Stange.

Das verheißungsvolle Versprechen des Netzwerks, uns aus seinen Maschen zu entlassen, sollten auch wir als Chance begreifen. Ein Entzug ist möglich und eröffnet uns ungeahnte Aussichten auf eine nicht mehr für möglich gehaltene Lebensqualität.

Unser Leben wird nicht nur schöner, sondern obendrein länger. Zum einen gefühlt, zum anderen aber auch in Wirklichkeit. Denn der Blutdruck sinkt wieder auf ein gesundes Maß, sobald wir nicht mehr jeden Morgen beim Öffnen des teuflischen Mediums von aggressiven Rants schlechtgefickter Best Ager angeschrien werden.

Es wartet das gute Gespräch

Schluss auch mit der permanenten Zeitverbrennung auf dem Scheiterhaufen eines sinnentleerten, eskapistischen Medienkonsums. Der digitale Zwangsdetox reißt uns endlich aus unserer Komfortzone, die doch nur ein goldener Käfig aus eitlen Ablenkungen ist. Auf dem Sofa wartet nun das gute Gespräch, im Bett das gute Buch und in der Wanne das gute Bade­ent­chen.

Manchmal male ich mir in meinen Träumen aus, wie die Befreiung aussehen wird: In der Silvesternacht von Sankt Nimmerlein auf Armageddon werden bis kurz vor Ultimo, wie seit Wochen schon, nur noch Katzenvideos zu klassischer Musik (Moll!) gezeigt. Um Mitternacht verabschiedet sich Mark Zuckerberg mit seiner vorgezogenen Neujahrsansprache. „Thank you and goodbye …“

An dem Äuglein-Symbol oben in der Live-Übertragung sieht man, dass weltweit nur noch elf Leute zugucken. Die Letzte macht dann das Licht aus.

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24 Kommentare

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  • Bei aller berechtigten Kritik an FB/Meta:



    Für mich ist das das Tor zur Welt, eine einfache Möglichkeit, meine vielen Freunde und Bekannten im Ausland auf einer Plattform zu haben, die die meisten eben nutzen.



    Leider kenne ich aktuell kein "social network", das eine ähnliche Reichweite hat, weshalb ich zähneknirschend FB verwende. Allerdings mit vielen kleinen Helferlein, die die Datensammelei zumindest etwas einschränken.

    • @Grummelpummel:

      Ich habe noch nie FB gehabt und ein Smartphone nur für 2 Jahre - geschenkt von Freunden damals die es leid waren mich nicht auf Whattsapp einladen zu können. Auch das habe ich wieder abgeschafft.

      Was soll ich sagen, ich kann Sie verstehen. Meine sozialen Kontakte leiden massiv.

      Sie müssen sich allerdings im klaren sein, die Lücke wird gefüllt und ein Netzwerk setzt sich durch am Ende, was Ihnen wieder die Vernetzung bietet.

      Das ist eine Chance und eine Bedrohung zugleich.

      Die Bedrohung: Alphabet/Google`s Google+ oder wie es heisst setzt sich hier durch. Das wäre dann endgültig ein hartes Monopol, was die Welt so noch nicht erlebt hat.

      Die Chance: Eu rafft sich zusammen, ein paar fähige Open Source Programmierer "öffentlicher Dienst" Stellen rauszuhauen. Volle Transparenz über alle Algorithmen.

      Metadaten zu sammeln, muss schlichtweg verboten werden. Ranking von "Newsfeeds" über Meistbieter ebenfalls.

      Wer nicht weiss, was Metadaten sind - oft sind es Bewegungsprofile und Zeitstempel. Hier ein Einblick (und auch das ist nur die Spitze des Eisberges):

      media.ccc.de/v/35c...im_datenmull#t=846

      Meine Prognose. Meta wird sowieso weiter wüten. Wenn nicht das, dann AlphabetMeta in schlimmerer Manier. Der öffentliche Dienst Vorschlag ist nicht durchsetzbar, zu groß die Gier des Menschen.

  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    Warum immer wieder Fotos von GettyImages? Mit ihren Anwälten verfolgen die jedes noch so kleines Vergehen in Sachen "Urheberrecht". Das ist Geschäftsmodell. Widerlich!



    Es gibt Alternativen.

    • @47202 (Profil gelöscht):

      "Mit ihren Anwälten verfolgen die jedes noch so kleines Vergehen in Sachen "Urheberrecht". Das ist Geschäftsmodell. Widerlich!"



      Sie blasen hier mal wirklich gepflegtes Halbwissen in den Äther. Erstmal geht es bei Stockfotos nicht ums Urheberrecht sondern um Nutzungsrechte. Das Urheberrecht hat immer und überall der Fotograf. Das Nutzungsrecht definiert, wie und wo jemand das Foto nutzen darf.



      Und ja, Nutzungsrechte zu verkaufen ist tatsächlich das Geschäftsmodell von Stockbilder-Agenturen und daran ist nichts widerlich. Der Kunde bekommt kostengünstig ein Foto für seine Belange, dass er selber nicht hätte erstellen können und der Fotograf verdient damit Geld. Ja, und Getty Images auch. Ohne die gäbe es weder für den Kunden noch für den Fotografen eine Reichweite zum Kauf/Verkauf.



      Was ist daran jetzt widerlich?

      "Es gibt Alternativen."



      Ja, selber fotografieren, auf Fotoplattformen gehen, wo Hobbyfotografen ihre Bilder kostenlos anbieten (meist sehr beschränkte Auswahl und sehr wechselnde Qualität) oder eben stehlen.



      Was schwebt Ihnen davon vor?

  • Danke Mark.

    Dass du uns mit deinen sozialen Hetzwerken verschonen willst.

    Die bisher beste Nachricht dieses Jahres.

    Persönlich bin ich eh seit Jahren davon weg.

    Na ja, dein Metaversum kannst du dir auch gleich sonstwohin stecken.

    Andernfalls werden die Leute dümmer und dümmer.

  • Eine Welt ohne FB wäre.....



    denkbar und besser!

    • @Rudi Hamm:

      Oder schlimmer, weil Alphabet sich das Feld mal schlicht einverleibt.

  • Niemand wird gezwungen, sich bei FB oder Insta anzumelden. Aber es den Leuten wegnehmen zu wollen, für die es sinnvoll ist, ist schon arg eng gedacht.

    • @sandoftime:

      Da Marc Zuckerberg gepoltert hat, diese Netzwerke für die EU zu sperren, geht Ihre Kritik hoffentlich in Richtung Meta.

  • So schön es auch wäre, dass sich FB in der EU selbst abschaltet, ist das Ganze doch recht leicht als leere Drohung zu durchschauen weil sie eben immer noch fette Gewinne einfahren. Was also wird Zuckerberg wohl tun, den Stecker ziehen weil er die Daten nicht in die USA übertragen wird und damit freiwillig auf ein multimilliarden Geschäft verzichten oder für ein paar läppische Millionen Rechenzentren in der EU hochziehen?

  • Jau, Motzköpfchen, versenk den Ranz. Das schafft Platz für social media.

    Und mach Whatsapp und Insta gleich mit dicht.

    Und dass die Blackwater-artige Umbenennung zu Meta kaum jemand mitmacht, auch super.

  • Meta droht, Facebook und Instagram in Europa abzuschalten? Ich bekomme Paaaaaaaaanik!

  • Endlich mal eine gute Nachricht !

    Facebook und Insta sind so notwendig wie eine Frikadelle am Knie oder Suppenlöffel mit Loch.



    Ein reines, unnützes Luxusprodukt ohne jeden Wert.

    • 4G
      47202 (Profil gelöscht)
      @Bolzkopf:

      Stimmt im Prinzip.



      Tik-Tok ist noch schlimmer.

    • @Bolzkopf:

      "Facebook und Insta sind so notwendig wie eine Frikadelle am Knie oder Suppenlöffel mit Loch."



      Das ist Ihre persönliche Blasenperspektive. Ich bin freiberuflicher Illustrator, Maler und Grafik-Designer und nutze Instagram recht intensiv für die Präsentation meiner Arbeiten, für Inspiration bei anderen Künstlern und für Kontakte, Jobs und Akquise. Es steht Ihnen ja frei, Instagram nicht zu nutzen aber die Notwendigkeit nur aus Ihrer Perspektive grundsätzlich in Frage zu stellen, ist schon sehr hochnäsig.

  • Hoffentlich kommt da nichts mehr dazwischen.

  • Ja wunderbar!! Einer weniger im Bullshit Web. Fuck The Bastards. Besser geht es doch gar nicht. Weg mit dem Datenschutz Verbrecher Zuckerberg. Jetzt fehlt noch whatsapp die verschwinden sollen! Wer dennoch Social Media benötigt, es gibt alternativen die Daten lassen wo sie hingehören. Ich frage mich warum Social? Fb rein gewinnorientiert mit den Daten der User. Wer nach den skandalen immer noch fb Nutzer ist, hat seine Selbstbestimmung längst verloren. Da nutzen auch die Totschlag Argumente nix.

    • @nixda:

      Welche Social Media Platform empfehlen Sie denn?

      Und halb gewinnorientiert geht nun auch nicht.

  • Ich habe auch den Eindruck, dass die große Mehrheit es begrüßen würde, wenn man Facebook endlich los wäre. Die "Drohung" wird eher als Verheißung aufgenommen und man möchte sich rückversichern, dass the Zuck uns zusagt, auch wirklich Wort zu halten.

    Instagram würde schon eher ein merklicher Anteil der Nutzer die ein oder andere Träne nachweinen. Aber manchmal muss man eben auch kleine Opfer bringen, um große Verbesserungen zu erreichen ;-)

  • Weshalb braucht der Autor eigentlich Meta, damit Facebook für ihn abgeschaltet wird?

    Selbst denken und entscheiden ist offenichtlich out.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Ein alter Arsch, den niemand mag, droht, sich in die Luft zu sprengen. So what?“



    So what? You never walk alone.

  • Da könnte ich nur sagen: "Danke Mark" - allein, mir fehlt der Glaube