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RT DE im FernsehenGefährliche Hartnäckigkeit

RT DE war in Deutschland nicht mal eine Woche auf Sendung. Dass die Ausstrahlung nun gestoppt wurde, ist kein Grund, sich zurückzulehnen.

„Der Russe ist da!“: Das Fernsehprogramm von RT DE in Deutschland ist schon wieder Geschichte Foto: Pavel Golovkin/AP/dpa

A m Morgen des vergangenen Donnerstag war es dann schon zu spät. So jedenfalls wird es in einem Promovideo von RT DE, dem deutschen Ableger von RT (ehemals Russia Today), dargestellt. „Der Russe ist da!“, heißt es in dem dazugehörigen Tweet, der mehr wie eine ernst gemeinte Drohung als wie Satire klingt.

Donnerstagmorgen startete das Fernsehprogramm von RT DE. Für mich kam das ziemlich überraschend. Vergeblich hatte der Sender nämlich versucht, eine Sendelizenz in Deutschland zu bekommen. Auch der Umweg über Luxemburg klappte nicht. Die Behörden dort verwiesen auf ihre deutschen Kollegen. Am Ende ging RT DE mit serbischer Lizenz auf Sendung.

Weil RT DE aus Geldern des russischen Staates finanziert wird, entspricht der Sender nicht dem Gebot der Staatsferne, wie die Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg feststellte. Sie teilte mit, gegen das TV-Programm von RT DE vorzugehen. Und siehe da: Nicht mal eine Woche nach dem Start des TV-Kanals wurde die Ausstrahlung über Satellit von der Medienaufsicht gestoppt. Ein wichtiges Signal. Russland drohte wie üblich mit Gegenmaßnahmen, RT DE kündigte rechtliche Schritte an. Ob der Stopp langfristig etwas bringt, bezweifle ich. Denn das Problem ist nicht der Fernsehkanal, das Problem liegt an anderer Stelle.

„Der Russe“, wie von RT DE formuliert, war natürlich vor dem Start des Fernsehprogramms schon da. Inhalte werden bis heute über die eigene Website und wurden bis vor Kurzem noch über Youtube verbreitet. Und auch in den sozialen Medien ist RT DE ziemlich präsent. Seit Jahren kann der Kanal in Deutschland operieren und ist zu einer Plattform für Unzufriedene, Verschwörungsgläubige und Putinversteher geworden. Bemerkenswert sind die Allianzen, die mit anderen selbsternannten „alternativen Medien“ wie Apolut von Ken Jebsen und dem rechtsradikalen Magazin Compact entstehen.

Meinungspluralismus hört bei Lügen auf

RT, 2005 gegründet, ist mittlerweile ein Imperium. Jedes Jahr gibt es, nach eigenen Angaben, Geld aus dem Haushalt der russischen Föderation. Mit diesem Geld wird russische Propaganda verbreitet. Das Feindbild ist der Westen. Und genau wie Russland fühlt sich RT von diesem Feind umzingelt.

RT sei eine Informationswaffe für Krisenzeiten, sagte RT-Chefin Margarita Simonjan bereits 2012 in einem Interview mit der russischen Zeitung Kommersant. Wo Russlands Präsident Putin noch vergleichsweise zurückhaltend sagte, die Aufgabe von RT sei es, als Akteur im Ausland objektiv über Russland zu berichten, wurde Simonjan deutlicher: Es gehe um einen „Informationskrieg“. Deutschland ist in diesem Krieg wichtigstes Ziel. Kein anderer EU-Mitgliedstaat werde so heftig durch Desinformation angegriffen wie Deutschland, heißt es in der Untersuchung einer Taskforce des Auswärtigen Dienstes der EU Anfang des Jahres. Seit Ende 2015 wurden über 700 Fälle gezielter Desinformation aus Russland registriert, Stand März 2021.

Es gehöre zum Meinungspluralismus dazu, auch ein Medium wie RT auszuhalten, habe ich in den vergangenen Jahren immer wieder gelesen. Ist klar. Pluralismus hört aber da auf, wo bewusst Lügen verbreitet werden, um die Demokratie zu destabilisieren. Es ist umgekehrt Aufgabe einer demokratischen Medienöffentlichkeit, dieses Vorgehen anzuprangern. Wäre RT DE ein seriöses Medium, würde es aushalten, dass sich mit ihm kritisch auseinandergesetzt wird. Stattdessen sprach RT-Chefin Simonjan von einer „Feindseligkeit“, die RT in keinem Land so angetroffen habe wie in Deutschland.

RT DE ist hartnäckig. Das TV-Programm in Deutschland mag vorerst Geschichte sein, der Sender wird aber neue Wege suchen, seine Propaganda zu verbreiten. Dieser Durchsetzungswille darf nicht unterschätzt werden.

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Erica Zingher
Autorin und Kolumnistin
Beschäftigt sich mit Antisemitismus, jüdischem Leben, postsowjetischer Migration sowie Osteuropa und Israel. Kolumnistin der "Grauzone" bei tazzwei. Beobachtet antidemokratische Bewegungen beim Verein democ. Axel-Springer-Preis für jungen Journalismus 2021, Kategorie Silber. Freie Podcasterin und Moderatorin.
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7 Kommentare

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  • konnte man den nicht schon immer über Satellit empfangen?

  • Keine Frage, RT ist anders. Die Sichtweisen und Argumente in ihren Artikeln finde ich häufig in den üblichen Medien nicht wieder, insoweit ist RT eine gute Ergänzung für mich zur Meinungsbildung.

    Handelt es sich bei den RT-Inhalten um einseitige Berichterstattung oder sogar um Propaganda und vielleicht auch um schwarze Rhetorik? Ja, einiges wird in diese Rubrik fallen. Genauso wie sich andere Medien dieser Mittel bedienen, z.B. die Bild, oder leider auch hier in der TAZ. Welches Medium ist eigentlich sachlich neutral und ausgewogen? Ich kenne keins.

    Wichtig ist es für mich, dass ich bei jedem Medium eine kritische Distanz einhalte und nicht alles vorbehaltslos akzeptiere.

    • @Black & White:

      Nicht Quantität, nicht Qualität, sondern Koordinationsgrad und Vernetzungsgrad der Propaganda ist das Problem. Das gab es vorher ganz ganz selten, wegen des technischen Aufwands.

      Die konkreten Feindbilder wechseln, aber welchen Werten und Autoritäten Sie skeptisch entgegentreten sollen, und welchen Sie treudoof trauen sollen, DAS wiederholt sich über und über:

      Diversität und Multikulturalismus. Empirische Falsifikation. Emanzipation unterprivilegierter Minderheiten. Evolution. Menschliche Schwäche und Primärtugenden. Klimaaktivist*innen. Säkularer Humanismus. Dezentralisierung und Freizügigkeit. Dunkle Menschen. Migration. Bottom-up.

      Leitkultur. Emeritierte Schwindelärzte und schwadronierende Philosophen. Das höhere Recht der numerischen Mehrheit. Teleologie. Machismo, Härte und Sekundärtugenden. Fossilkapitalismus und die Nachhaltigkeit der Kernspaltung. Religiös raunende Nationalmystik. Etatismus und Direktionismus. Nordmenschen. Die Untrennbarkeit von Volk und Vaterland. Top-down.

      • @Ajuga:

        Der "Vernetzungsgrad der Propaganda ist das Problem." Ja, die Macht- und Beeinflussungsfülle, die sich dadurch ergibt, ist beängstigend. Allerdings gab es das schon immer. Denken Sie nur z.B. an den "Kalten Krieg".



        Heutzutage hat er allerdings eine neue Dimension erreicht. Zu den staatlichen und teil-staatlichen Akteuren, sind noch viele "freischaffende" Medien und Medien-Kooperationen hinzugekommen. Einerseits wird dadurch "Gleichmacherei" (Bspw. greifen Zeitungen verstärkt auf Presseagenturen zurück.), andererseits auch Blockdenken gefördert.

        Übrigens, eine große Gefahr dabei ist die bewusste Unterlassung von Nachrichten, die der vermeintlich anderen Seite dienen. Das Ergebnis: Einseitigkeit vom Feinsten. Vertrauenserweckend ? - wohl eher nicht.

        Aber gerade die Möglichkeit zu haben, ein Thema ausgewogen zu betrachten gibt mit die Freiheit, mir meine Meinung zu bilden. Ein einseitiger Artikel gibt mir diese Freiheit nicht.

        In diesem Sinne kann ich Ihre Schlagwort-Liste (auch wenn eine positive Intention erkennbar ist) nicht zustimmen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: "Dunkle Menschen" sind per se nicht gut, "Nordmenschen" per se nicht schlecht. Mir ist Ihre Liste zu einseitig und oberflächlich. Und genau das ist auch das Kernproblem dieses TAZ-Artikels: Einseitigkeit. Ich bevorzuge generelle Werte wie z.B. Gleichberechtigung, Respekt und Offenheit.

  • Najaaa... Also, es stimmt schon, daß bei RT auch falsche Nachrichten dabei sind. Es stimmt aber auch, daß richtige Nachrichten dabei sind. Und es stimmt sogar, daß bei RT hier unterdrückte Nachrichten dabei sind - dafür ist sogar mal eine links-alternative tages-Zeitung gegründet worden...



    Wenn es Aufgabe einer demokratischen Medienöffentlichkeit ist, die Verbreitung 'bewusster Lügen' anzuprangern - wieso darf die Bild-Zeitung dann einen TV-Kanal betreiben?



    Wenn das Argument zum Stoppen von RT's Fernsehkanal die fehlende Staatsferne ist, warum darf TVPolonia noch senden? Dort, ein paar km östlich von Brandenburg, hat die Pis-Partei doch schon die Kontrolle übernommen!



    Kann es nicht doch sein, daß RT DE einfach nur unbequem ist, weil dort so manches NATO-nahe Narrativ, welches unisono von den 'braven' Medien geteilt wird, kritisch hinterfragt wird? Für mich ist das der Grund, auch mal bei RT nach dem Stand der Dinge nachzuschauen. Bild-TV bräuchte ich dafür eher nicht...

  • Besonders wichtig ist es, die Kosten-Schaden-Nutzenbilanz zu evaluieren, sprich die Effizienz der Maßnahmen ist fortlaufend zu überprüfen. Verbotenes ist oft besonders interessant. Das war auch für Literatur auf dem "Index" so, speziell auch die aus der Nazi-Zeit.



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    taz.de/Rechtsextre...nehandel/!5744483/



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    www.spiegel.de/net...8b44-2d858a3ebd59/



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    taz.de/TV-Produkti...d-Corona/!5762029/



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    • @Martin Rees:

      Also ich lese bei den RT Beführwortern nur Wahataboutism.



      Um das Bild Argument mal aufzugreifen: Das Blatt ist schlimm genug, und sollte nicht als Argument dienen, noch mehr Medien mit diesem Niveau zu fördern.



      Und die Interessen von RT sind doch unmissverständlich nicht objektiver Journalismus.