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Schwarz-Grüne SozialpolitikDie biegsame Ökopartei

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Unter einer schwarz-grünen Bundesregierung könnte Sozialpolitik an Bedeutung verlieren. Reiche müssen keine Angst vor einer solchen Koalition haben.

Wird die Sozialpolitik sanft in den Hintergrund gedrängt? Kanzlerkandidatin Baerbock Foto: Sepp Spiegl/imago

D ie Grünen sind sehr flexibel. Das ist historisch erwiesen. Man erinnere sich an die Einführung der Hartz-Gesetze 2002. Damals regierte Rot-Grün. Und grüne Finanzpolitiker meinten damals, dass mehr Selbstverantwortung statt mehr Staat eine feine Sache sei und mehr Aktienbesitz für die Mittelschichten einen Teil der Gerechtigkeitsprobleme lösen würde.

Dass die Grünen an der Einführung von Hartz IV beteiligt waren, haben die meisten vergessen. Deutschland bewegt sich auf eine neue Regierungskoalition zu und die Frage lautet: Was wird eigentlich sozialpolitisch passieren, wenn Schwarz-Grün oder Grün-Schwarz an die Macht kommt? Wird vieles anders? Oder wird die Sozialpolitik sanft in den Hintergrund gedrängt, weil die Grünen in höherer Mission, sprich Klimaschutz, unterwegs sind?

Sozialpolitik ist komplex, unsexy und undankbar. Ihr Kernstück ist der Erhalt und Ausbau kollektiver Sicherungssysteme. Wer dabei zu geben hat und wer unterstützt werden muss, darüber gehen die Meinungen der WählerInnen je nach Per­spektive auseinander. Die haushaltspolitischen Voraussetzungen für einen Ausbau der kollektiven Sicherungssysteme dürften in Post-Corona-Zeiten zudem nicht besonders gut sein.

Wenn Grüne nach der Wahl das Ministerium für Arbeit und Soziales oder für Gesundheit übernähmen, würden sie direkt in das Schlammloch ungelöster Verteilungsfragen hineinspringen. Dort verkämpft sich die SPD seit Jahren für kleine Erfolge, die kaum jemand wahrnimmt. Wer hat die Einführung des Rentenzuschusses der „Grundrente“ – der Stolz von SPD-Sozialminister Hubertus Heil – bemerkt und honoriert? Eben.

Die SPD wird mit Schadenfreude zusehen, wenn die Grünen im Gestrüpp der Verteilungsfragen scheitern

Schwarz-Grün wird kaum mehr Geld von den Reichen nehmen, um es irgendwie der Mittelschicht und den Armen zu geben. Nicht nur, weil mit der Union keine vermögensteuerliche Belastung von Familienunternehmen zu machen ist.

Die Grünen sind schon von sich aus anpassungsbereit. Bei einer Vermögensteuer von 1 Prozent sollen Singles einen Freibetrag von 2 Millionen Euro, Paare von 4 Millionen Euro haben, so steht es im grünen Wahlprogramm. Betriebe sollen besonders geschützt bleiben. Reiche müssen keine Angst vor Schwarz-Grün haben.

Das Sozialprogramm der Grünen ist in vielerlei Hinsicht eine Art „SPD light“. Allerdings mit etwas mehr Hartz IV, bei den Grünen „Garantiesicherung“ genannt. Die Grundsicherung soll als „Garantiesicherung“ ohne „bürokratische“ Sanktionen kommen, die Regelsätze „schrittweise“ erhöht, die Leistungen „individualisiert“ werden.

Die interessante Frage lautet, wie da die Schnittmenge zur Union und zur angespannten Haushaltslage hergestellt werden könnte. Große Sprünge bei den Regelsätzen dürften nicht drin sein. Aber Zuschüsse für einmalige Leistungen, für die oft zitierten kaputten Kühlschränke und Waschmaschinen, wären bei einer „individualisierten“ Grundsicherung vielleicht denkbar.

12 Euro Mindestlohn mit der Union?

Die Grünen fordern wie auch die SPD einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro. Gut so. In Post-Corona-Zeiten wird es aber heikel, RestaurantbetreiberInnen und anderen KleinunternehmerInnen Personalkostensteigerungen von mehr als 20 Prozent in Aussicht zu stellen. Darauf wird die CDU hinweisen.

Man kann sich schon jetzt vorstellen, wie sich SPD-PolitikerInnen in der Opposition gemütlich zurücklehnen und den Grünen nicht ohne Schadenfreude dabei zusehen, wie sie sich an Verteilungsfragen abrackern, wegen denen sich die Sozialdemokraten blutige Nasen und schlechte Wahlergebnisse geholt haben.

Die Mittelschicht, die vom Selbstverdienten die private Altersvorsorge, möglichst auch Immobilieneigentum, finanzieren soll, hat wenig Verständnis für höhere Beiträge – für was auch immer. Die Grünen wollen, dass auch auf Kapitaleinkommen Krankenversicherungsbeiträge entrichtet werden müssen. So hat es die SPD schon vor Jahren mit den Betriebsrenten gemacht und sich wütenden Widerstand gegen diese „Doppelverbeitragung“ eingehandelt. Minijobs abschaffen, Selbstständige in die Rentenkasse zwingen – vieles im grünen Sozialprogramm hat auch die SPD schon mal versucht oder angekündigt.

Ungeklärte Verteilungsfragen

Doch die Fronten in den Verteilungsfragen sind eben nicht geklärt. In der Pflege wollen fast alle Parteien, auch die Grünen, dass die Löhne steigen und die Heime mehr Personal haben, dass aber die Pflegebedürftigen und ihre Familien trotzdem kaum mehr Eigenanteile bezahlen müssen. Woher soll das Geld dann kommen? Durch höhere Pflegeversicherungsbeiträge von den ArbeitnehmerInnen? Durch milliardenschwere Zuschüsse aus der hochverschuldeten Staatskasse? Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verkämpft sich gerade an diesem Problem.

Am Ende bleiben den Grünen vielleicht kleine milieuspezifische Erfolge, wie sie im grünen Wahlprogramm versprochen werden. Es gibt dann mehr Psychotherapieplätze. Verarmte Kleinselbstständige in Privatkassen werden unterstützt. Und Brillen werden wieder grundsätzlich von den Krankenkassen bezahlt.

An den großen Sicherungssystemen für Pflege, Gesundheit und Alter wird sich aber wohl nicht viel ändern. Lebensrisiken einer alternden Gesellschaft zu bewältigen – das könnte sogar wieder mehr auf die Individuen verlagert werden.

Das Gefälle zwischen Reich und Arm aber bleibt. Es wird dann vielleicht in Räumen fern der Regierungspolitik verhandelt. Diese Radikalisierung lässt sich schon jetzt beobachten. In Berlin ist eine Enteignungskampagne gegen Wohnungsbaugesellschaften populär. Es gibt Initiativen für neue Vermögensabgaben der Reichen. Die Klassenfrage durchdringt Literatur und Popkultur. Die Frage wird sein, ob und wie die Grünen die Wut im außerparlamentarischen Raum noch mit eigener Regierungspolitik verbinden können. Oder ob sie wie die SPD an dieser Kluft scheitern.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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28 Kommentare

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  • taz: "Die Grünen sind sehr flexibel. Das ist historisch erwiesen. Man erinnere sich an die Einführung der Hartz-Gesetze." - Die Agenda 2010 der Schröder-SPD (inklusive der menschenverachtenden Hartz-Gesetze) wurde von etwa 90 Prozent der Grünen im Jahr 2003 zugestimmt.

    taz: "Die Grünen fordern wie auch die SPD einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro." - Wir haben ca. 10 Millionen Bürger in Deutschland, die für weniger als 12 Euro die Stunde arbeiten gehen müssen. Viele Milliarden Euro werden deshalb jährlich aus Steuermitteln aufgewendet, um nicht existenzsichernde Arbeit aufzustocken. Die Gesellschaft subventioniert also schon seit vielen Jahren Arbeitgeber, die ihren Angestellten nur Niedriglöhne zahlen. Merkt eigentlich der Bürger nicht, dass hier etwas seit der Agenda 2010 total aus dem Ruder gelaufen ist?

    taz: "In der Pflege wollen fast alle Parteien, auch die Grünen, dass die Löhne steigen und die Heime mehr Personal haben, dass aber die Pflegebedürftigen und ihre Familien trotzdem kaum mehr Eigenanteile bezahlen müssen. Woher soll das Geld dann kommen?" - In Deutschland werden jedes Jahr Steuern im Umfang von 125 Milliarden Euro hinterzogen, wie aus einer Untersuchung der University of London im Auftrag der sozialdemokratischen S&D-Fraktion im EU-Parlament hervorgeht. Schon merkwürdig, dass dieses Land jährlich 125 Milliarden Euro an Steuergeldern "verschmerzen" kann, aber für systemrelevante Berufe kein Geld da ist.

    taz: "Wird vieles anders? Oder wird die Sozialpolitik sanft in den Hintergrund gedrängt, weil die Grünen in höherer Mission, sprich Klimaschutz, unterwegs sind?" - Wenn es nach der Union geht, dann soll das Monopolyspiel der Manager doch immer so weitergehen - egal ob der Klimawandel immer schlimmer wird (CO2-Gehalt momentan 418 ppm). Die Grünen müssen sich also fragen, ob eine Regierung mit der CDU/CSU, die nur das Wort "Wirtschaftswachstum" kennen, aber das Wort "Sozial" erst einmal im Duden nachschlagen muss, viel Sinn macht.

    • @Ricky-13:

      "In Deutschland werden jedes Jahr Steuern im Umfang von 125 Milliarden Euro hinterzog"

      ... und was das schlimmste daran ist: Auch die zuständigen Finanzämter in Bundesländer mit Beteiligung der Linkspartei macht nichts gg. Steuerhinterziehung.

      Wasser predigen und Wein saufen nennt man das Verhalten der Linkspartei. Das Wort "Sozial" fällt bei denen in jedem zweiten Satz, lassen aber zu, dass Steuerhinterziehungen unter ihren Augen erfolgen. Pfui sowas! 🤣

  • Hallo hallo, ist die Wahl denn schon vorbei?



    Wo bleibt denn der Hinweis im Artikel - wenn man das vermeiden will, muss man eben rot-rot-grün unterstützen! Die SPD zu wählen, ist zwecklos, das ist klar. Grüne führt eher zu Grün-Schwarz und dem oben beschriebenen Desaster. Die Antwort ist klar: Die sich selbst zerstörende, immer nervige, aber eben trotzdem einzige seriöse Anbieterin sozialer Politik ist zu wählen.

    Wieso wird in dem Artikel davon ausgegangen, dass eine Koalition zwischen Union und Grünen schon ausgemacht ist?

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @Der eindimensionale Mensch:

      ""Wieso wird in dem Artikel davon ausgegangen, dass eine Koalition zwischen Union und Grünen schon ausgemacht ist?""



      ====



      Weil sie schreiben das "Die SPD zu wählen -- zwecklos" ist.

      Das nennt sich eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.

      Ansonsten - ein seriöser Anbieter sozialer Politik ist derjenige, der in der Lage ist Wirtschaft & Arbeitsplätze in dem kommenden Sozialstrukturwandel zusammen zu denken -- denn die Lösung ist nicht ALG I oder II - sondern die sichere Perspektive ""Arbeitsplätze für alle"".

      Wenn nun die Wirtschaft Lieferant der meisten Arbeitsplätze ist sollte der Koalitionspartner, der mit den Grünen zusammen arbeitet, auch verstehen wie diese funktioniert.

      Sie bringen Ihr Fahrrad mit Getriebeschaden ja auch nicht zu einem Händler, dessen begrenzte technische Fähigkeiten voller tiefgreifender Erkenntnislücken



      ihn dazu verleitet statt Zahnräder auszutauchen, ihnen einen Systemwechsel empfiehlt - und zwar ohne näher zu definieren, welches neue "System" das nun sein soll.

      Katze im Sack zu kaufen ist derzeit nicht "in".

      • @06438 (Profil gelöscht):

        Weil die Grünen schon schwarz sind, die CDU besser finden als die Linkspartei und die Linkspartei da nicht mitspielen will. Entweder Revolution oder gar nix! Do it like Lindner halt ✋🤣

        • 0G
          06438 (Profil gelöscht)
          @Rudolf Fissner:

          Anscheinend hat es sich noch nicht rumgesprochen. Was die Grünen vor haben ist eine Revolution - und das erstaunliche ist das es niemand bemerken möchte.

          Es geht um sehr viel Kapital und um Arbeit die weniger werden wird - und die Frage ist welche Auswirkungen das auf das Modell Deutschland haben wird : Soziale Marktwirtschaft - Fragezeichen? & Aufstiegschancen für alle?

          Demgegenüber ist Lindnern - also als Parasit einzig und allein für Partikularinteressen tätig zu werden - überhaupt keine Lösung.

          • @06438 (Profil gelöscht):

            Ich glaube auch nicht, dass die Linkspartei wirklich tätig werden will. Sie ist zu sehr auf ihre rückwärtsgewandten Spezialinteressen fixiert und will nicht für eine konsensuale Politik verantwortlich mit verantwortlich sein, die nicht ihren Maximalforderungen entspricht.

    • @Der eindimensionale Mensch:

      "Die sich selbst zerstörende, immer nervige, aber eben trotzdem einzige seriöse Anbieterin sozialer Politik ist zu wählen."

      Wen meinen Sie?

      Die SPD schließen Sie selbst bereits aus, Grün-schwarz wollen Sie nicht, ...

      Die Linke ist alles andere als seriös, da habe ich nach der zweiten Landesregierung mit Beteiligung der Linke Erfahrung.



      Populismus pur.

      Meinen Sie die FDP???

      Die habe ich als seriösen Anbieter sozialer Politik nun noch nie wahrgenommen, aber ich schaue nach Ihrem Tip mal genauer hin. :-)

  • Nach meiner persönlichen Erfahrung sind Anhänger/Wähler der Grünen - anders als Wähler der FDP - nicht daran interessiert, nach Unten zu treten. Und wenn Sozialneid kein typisches Merkmal von Wählern der Grünen ist, wird eine unsoziale Politik die Zustimmung zu den Grünen ganz fix wieder dahin bringen, wo sie 2017 war. Übrigens wird die Politik der Grünen in der Regierung ab Herbst noch etwas anderes zeigen: Stimmen die Ausreden, dass die Agenda2010 weitestgehend von der SPD initiiert war, oder aber waren die Grünen massiv beteiligt. Wie auch immer, die nähere Zukunft wird diese Fragen beantworten

  • "In der Pflege wollen fast alle Parteien, auch die Grünen, dass die Löhne steigen und die Heime mehr Personal haben, dass aber die Pflegebedürftigen und ihre Familien trotzdem kaum mehr Eigenanteile bezahlen müssen. Woher soll das Geld dann kommen?"

    Davor (Erhöhung der Eigenanteile der Angehörigen) warnte auch schon die Caritas im Rahmen der Debatten über den miesen von Verdi ausgehandelten Tarifvertrag: www.caritas.de/fue...r-altenpflege-komm

    Wie bekommt es übrigens die Caritas hin, höhere Löhne, ja selbst höhere Löhne als im Tarifvorschlag von Verdi zu zahlen? Das die Caritas höhere Löhne zahlt, das als möglich ist, schrieben Sie, Frau Driebusch, noch selber: "Die Löhne der Caritas liegen in der Regel sogar über denen, die im Verdi-Branchentarifvertrag ausgehandelt wurden." taz.de/Pflege-und-Loehne/!5754160/

  • Ein ganz wichtiger Artikel (gerade für die taz). Ohne vordergründige Aufgeregtheiten, stattdessen von großem Ernst. Er wirft eine realistische Frage auf, die sich stellen könnte. Das irgendwie „sanfte“ in den Hintergrund treten (lassen) der Sozialpolitik im Falle der Regierungsbeteiligung der Grünen, ob „federführend“ oder nicht. Man kann ja fragen: Wie wäre das, wenn die Grünen die Ministerin/den Minister für Arbeit und Soziales im Fall einer Schwarz-Grünen Koalition stellen würden? Bzw., ob die Grünen gerade dieses Ministerium überhaupt für sich beanspruchen „wollen würden“? Denn wenn sie es nicht täten, dann könnte man dahinter als Motiv u. a. vermuten, eben der sozialen Frage aus dem Weg zu gehen. Dafür lieber den schwarzen Koalitionspartner „in den Gegenwind“ zu stellen. Um sich als grüne (Mit-)Regierungspartei erst einmal selbst „sanft“ aus der Affäre zu ziehen. Das könnte gefährlich misslingen. Da führt der Artikel in meiner Lesart ganz genau richtig hin. In „Verhandlungsräume“ fern der Regierungspolitik. Ganz ohne Polemik: Für solche Verhandlungssituationen würde ich als „Verhandlungsgegenüber“ erst einmal die Grünen sehen, die Erfahrungen einbringen könnten. Nur müssten sie nicht nur ihr ihr „Grün“ sondern auch das „Koalitions-Schwarz“ mit verteidigen. Und, wäre eine solche gesellschaftliche Lage wünschenswert? Barbara Dribbusch hat in zurückliegenden Artikeln wiederholt die Frage aufgeworfen, welche „Verhetzungspotentiale“ in der Gesellschaft freigesetzt werden könnten, würde man z. B. schon nur die Regelsätze der Grundsicherung für die Betroffenen spürbar anheben. Denn wer würde hetzen? Für mich wäre das z. B. die AfD. Die gibt den Erwerbslosen aus meiner Sicht eben keine wirklichen Hilfen „in die Taschen“, sondern bloß eine Lüge. Sie verspricht hier den deutschen Erwerbslosen ein trügerisches „völkisches“ Geborgenheits- u. Überlegenheitsgefühl, um sie gleich an die autoritären wirtschaftliberalen Ideen ihres anderen Flügels zu überstellen.

  • Politische Mutationen

    Zitat: „Reiche müssen keine Angst vor Schwarz-Grün haben.“

    Na, dann fällt uns ja ein Stein vom Herzen. Man hatte ja schon das schlimmste befürchtet. Diese gute Nachricht würde auch erklären, warum das deutsche Wirtschaftsestablishment gelassen der wahrscheinlichen Regierungs-, wenn auch nicht Machtübernahme der Grünen entgegensehen und dessen Corporate Media über die Aussicht, die charmante Annalena Baerbock an deren Spitze zu sehen, ganz aus dem Häuschen sind.

    Im gegenwärtigen Diskursklima dürfte es für die "Taz" als traditionelles Leib-und-Magen-Blatt der Grünen dabei nicht selbstverständlich sein, solch selbstverständliche Tatsachen über die Sozialpolitik der Life-Style-Partei des modernen Yuppy-Kleinbürgertums in Erinnerung zu rufen, wie in dankenswerterweise in diesem Artikel von Barbara Dribbusch geschehen.

    Nach der Marginalisierung wenn nicht dem Verschwinden der ökosozialistischen, radikalökologischen und christlich-pazifistische Strömungen aus dieser Partei scheint nun auch deren ursprünglich linkes Sozialprofil dahingeschmolzen. Geblieben sind Müsli-Liberale, Öko-Konservative und Oliv-Grüne. Was sich heute „Die Grünen“ nennt, ist ein politisches Derivat einer der Fraktionen der Originalausgabe, gleichsam eine besonders infektiöse Mutante. Welche polit-pathogene Risiken für die Schwere des gesellschaftlichen Krankheitsverlaufes hinsichtlich des sozialen und internationalen Friedens darin verborgen sind, wird sich erweisen. Der Optimist wird der Ansicht zuneigen, die Regierungsübernahme der Grünen sei die einzig verbliebene Option. Der Pessimist wird fürchten, dies sei zutreffend.

  • Und bitte als Nächstes - die Rolle rückwärts zur Kriegspartei! Newahr!

    Mit dem fetten Grünststarterkit - Gelle!



    Zu ZWEI - verfassungs- & völkerrechtswidrigen Kriegen mit Schland als Kriegspartei - © Schröder/Fischer •

    • @Lowandorder:

      Mal sehn - Was wir noch an koboldblauen Wundern Immergriiens -



      Erleben&Erleiden werden. Newahr.



      Na - Si’cher dat. Dat wüßt ich ever. Da mähtste nix. Unser aller Trallafittimaus!



      Normal.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Barbara Dribbusch gehört anscheinend zu den wenigen, die richtigerweise eindeutig & klarsichtig definieren das die Grünen völlig überlastet wären mit der Bewältigung des anstehenden Sozialstrukturwandels



    der mit den Massnahmen gegen den Klimawandel sicher einher gehen wird.

    Dribbusch greift eher noch zu kurz - es wird auch darum gehen, die sozialen Sicherungssysteme neu zu justieren - um die weiter auseinander klaffende Einkommensschere wieder zusammen zu zwingen.

    Nichts wäre schädlicher für die Grünen die den Anspruch kommunizieren, das niemand zurück bleibt - wenn sich das Gegenteil einstellen sollte.

    Darüber hinaus wird es darum gehen Wirtschaft & Arbeit zusammen zu betrachten um mit gesetzgeberischen Massnahmen effektiv Zukunft gestalten zu können.

    Diese Art von tiefgreifenden Umbruch hat es in der Bundesrepublik bislang nie gegeben - es braucht daher einen Partner für die Grünen die verstanden haben, wie Wirtschaft und soziale Absicherung funktioniert und die nicht nur Erfahrung haben, sondern auch wissen an welchen Zahnrädern des Getriebes geschraubt werden muß damit sich die gewünschten Effekte einstellen - und zwar ohne Überlastung der sozialen Systeme.

    Die Grünen wissen welche Massnahmen sie für grüne Politik einleiten müssen - und mit welchen Problemen sie dann zu kämpfen haben. -

    Das ganze sozial abfedernd zu gestalten ist eine fast noch größere Aufgabe - für die es den geeigneten Partner braucht, der die Maschine Wirtschaft und das Getriebe drumherum auch verstehen muß um treffsicher & erfolgreich die notwendigen Veränderungen vornehmen zu können.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Auweia. Da plädiert einer für grün-schwarz. Mir reicht schon der letzte soziale Umbruch, an dem die Grünen beteiligt waren. Wie Wirtschaft tickt, ham die Schwatten tatsächlich drauf: Sauter, Nüsslein, Tandler usw. In BaWü kann man ja beobachten, was kommt. Da wird mir schlecht.

      • 0G
        06438 (Profil gelöscht)
        @Yossarian:

        Nix auweia. Habeck ist momentan der Einzige der offen & erkennbar davon spricht das soziale Verwerfungen bei den schon jetzt gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zum Klimaschutz kaum mehr vermeidbar sein werden.

        Mir ist auch nicht bekannt das die Christdemokraten, und die von Ihnen genannten Dumpfbacken schon gar nicht, Arbeit, Beschäftigungspolitik & Wirtschaft zusammen denken.

        Corona verdeckt derzeit die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen - und die Massnahmen zum Klimaschutz werden mit den Auswirkungen der Digitalisierung - Stichwort Industrie 4.0 - zusammenfallen.

        Es werden zukünftig nicht mehr 20% der Beschäftigten im produzierenden Gewerbe tätig sein können. - Bin mir nicht sicher ob die Christdemokraten überhaupt schon mal davon gehört haben - geschweige denn das sie einen Plan hätten wie dem jetzt schon zu begegnen wäre.

        Für Wählerstimmen für die CDU in BaWÜ bin ich nicht verantwortlich - nur sollte man damit auch umgehen können.

        • @06438 (Profil gelöscht):

          Na dann frage ich mich, welchen Partner Sie meinen. Bin gespannt.

  • Liebe Frau Dribbusch, Sie zeigen den Deutschen ja gradezu düstere Aussichten auf. So oder ähnlich könnte es laufen, allerdings warum sollen jetzt nicht einmal die Grünen ran? In Baden-Württemberg stehen diese zwar auch für eine eher konservative Politik allerdings emazipieren sie sich dort gerade, sicher als Folge des guten Wahlergebnisses.



    Allerdings vermisse ich von Ihnen eine Wahlempfehlung, Angst machen allein zählt nicht bitte zeigen Sie Alternativen auf - Danke!

  • RS
    Ria Sauter

    Keine besseren Zeiten in Sicht, eher schlechtere.



    Der Diesel wird 5 Euro kosten und die Flüge werden verteuert.



    Wer muss dann schauen, wie er von A nach B kommt zur Arbeit? Wer kann muß dann den Preis zahlen, da kein Nahverkehr ganz nah ist?



    Diejenigen, die sich das leisten können, leben ihr Leben einfach wie gewohnt weiter, mit dem Teska vor der Tür, Solar auf dem Dach und ökologischem Urlaub.



    Ist genau der Grundstock des grünen Wahlvölkchens.

    • @Ria Sauter:

      Die Arbeit wird wieder zu den Arbeitenden kommen und Fahrten zur Arbeit mit Autos werden gar nicht mehr notwendig sein.

  • Reiche müssen hierzulande doch sowieso keine Angst haben - ausser vor sich selbst.

    In Post-Corona-Zeiten werden RestaurantbetreiberInnen und andere KleinunternehmerInnen ohnehin deutlich mehr als Mindestlohn zahlen müssen, wenn sie überhaupt noch Personal finden wollen.

    „Wer hat die Einführung des Rentenzuschusses der „Grundrente“ – der Stolz von SPD-Sozialminister Hubertus Heil – bemerkt und honoriert?“



    Wohl nur die, die auch in ihren Genuß kommen und das sind einfach nicht sehr viele.

    • @Rainer B.:

      "Beispielsweise erhielt eine Friseurin mit 40 Jahren Lohn unter 60 % des Durchschnitts 0,4 Punkte im Jahr. Bisher erhielte sie als Monatsrente im Westen 528,80 €. Die Entgeltpunkte werden für 35 der 40 Jahre um 0,4 im Jahr erhöht (35 × 0,4 × 33,05 € = 462,70 €). Zieht man 12,5 % ab, ist ihr Grundrentenzuschlag 404,86 €. Ihre Rente steigt ab 2021 von 528,80 € auf 933,66 €." (Wikigedöns)

      Wenn das nicht viele sind ist es en gutes Zeichen, welches auf geringen Bedarf hinweist.

      • @Rudolf Fissner:

        Je nach Miethöhe kommen Sie u.U. mit 933,66 € doch auch nicht über die Runden. Wohngeld und andere Hilfen dürften damit aber dann weggefallen sein.

  • Wenn die Grünen nicht einmal eine Bürgerversicherung und wie jetzt angedacht, einen Deckel auch für Gewerbemieten einführen, stattdessen alle Privilegien unangetastet bleiben, wozu sollte man dann noch wählen gehen?

    Bei der Debatte zwischen Baerbock und Scholz im RBB fand ich, dass die beiden sich inhaltlich ganz gut ergänzen, viel besser als das die Merz- und Laschetbrigade der CDU es jemals könnte. Wenn eine Partei zu lange an der Macht war, dann die CDU. Mein Vorschlag zur Güte:



    Baerbock übernimmt jetzt die SPD, gibt ihr etwas von ihrem verlorenem Charme zurück (Scholz wird trotzdem Finanzminister, sagen wir nach einer feurigen Ayurvedakur) und Habeck stellt die Sache für die Grünen klar.



    Bei der CDU wechseln sich Söder und Laschet regelmäßig ab, Laschet macht das Tagesgeschäft, Söder übernimmt die Nacht, Merz fliegt als Leichtpilot zwischen ihnen hin und her. Die CDU muss jetzt beweisen, wieviel Liebe in ihr steckt.







    FDP und AfD schließen sich zusammen, die einen stehen für die "freie" Wirtschaft, die anderen für die Vergangenheit, haben ungefähr dasselbe Klientel (siehe Thüringen).



    Und aus der Linkspartei treten alle frustrierten Kader und ehemaligen inoffiziellen Mitarbeiter aus und bilden wie die Versprengten der IRA die 'real SED' (oder PTSD), während der gute Rest sich mit den Leuten vom Bündnis 90 und ein paar Piratinnen zusammentut. Als Wähler hätte ich dann endlich ein interessantes Angebot.

    • @Ataraxia:

      Genau! „Leichtpiloten“ versegeln sich hier und da auch schon mal gewaltig.

    • @Ataraxia:

      Ein interessantes Angebot aka Wahlmöglichkeiten für den Wähler sind aber schlecht für die Parteien. Weil dann entscheiden die Wähler nach der Nase die Ihnen am besten gefällt.

      Das ist ja auch das Kernproblem der SPD, man hat seine Kernwählerschaft verraten und die Leute fanden Merkels Raute hübscher als die Gesichter der SPD Kandidaten...

  • Bisher zeigt sich eher die Kandidatin als sehr biegsam:

    37.000€ Nebeneinkünfte pro Jahr nicht angegeben? Kein Problem, kann man nachholen.

    Ehemann Lobbyist? Nicht schlimm, wird Hausmann (oder Dich nur Homeoffice?)

    Berufliche Qualifikation etwas ungenau promotet? Kann man im Nachgang ändern solange nicht bei der Promotion geschummelt wurde.

    Was kommt als nächstes?