Energiewende in Ostdeutschland: Grüne Kraftstoffe aus der Lausitz
In der früheren Kohleregion beginnt der Strukturwandel. Es entsteht ein Zentrum für grünen Wasserstoff und sauberen Sprit für Flieger und Schiffe.
Im Cottbusser PtX Lab sollen Wissenschaft und Industrie die Technologie gemeinsam voranbringen und erfolgversprechende Geschäftsmodelle entwickeln. Zu den rund einem Dutzend beteiligten Unternehmen gehört nach Angaben von Landeswirtschaftsminister Jörg Steinbach der Chemiekonzern BASF. Das Kompetenzzentrum soll Anlaufstelle für Unternehmen aus der ganzen Welt werden.
Die PtX-Techologie als Stromspeicher oder Kraftstoff ist Hoffnungsträger für energieintensive Branchen und den Verkehr. Dabei wird mit Hilfe von Strom („Power“) zunächst Wasserstoff und anschließend gasförmiger oder flüssiger Kraftstoff hergestellt – mit den Verfahren Power-to-Gas (PtG) oder Power-to-Liquid (PtL). Kommt der Strom aus erneuerbaren Energien, handelt es sich um „grünen“ Wasserstoff – nur dann ist er ein Beitrag zum Klimaschutz. Brandenburg ist unter den Bundesländern bei der Erzeugung erneuerbarer Energie pro Einwohner:in führend. Das spielte bereits bei der Ansiedlung des E-Auto-Herstellers Tesla im brandenburgischen Grünheide eine wichtige Rolle.
Vor allem Vertreter:innen der Autoindustrie setzen auf synthetische Kraftstoffe für Pkws, weil sie so trotz Klimakrise an der Verbrennertechnik festhalten können. Auf dem Markt setzen sich aber zunehmend elektrisch betriebene Pkws durch – die weitaus energieeffzienter sind als mit synthetischen Kraftstoffen fahrende. Deshalb konzentriere sich das PtX Lab neben Grundstoffen für die Industrie auf Kraftstoffe für den Luft- und Schiffsverkehr, sagte Umweltministerin Svenja Schulze am Dienstag. In Flugzeugen und Schiffen sind elektrische Antriebe wegen der benötigten Batteriegröße nur sehr begrenzt einsetzbar.
Eine Same für postfossile Industrieregion
„Wir wollen, dass die PtX-Technik den Weg aus dem Labor in den Markt findet“, sagte Schulze. Dabei geht es nicht um kleine Mengen, sondern die Produktion in industriellen Größenordnungen. „Unternehmen wollen grünen Wasserstoff in großem Maßstab einsetzen oder daraus Kraftstoffe herstellen“, betonte sie. In Deutschland gebe es genug Know-how und interessierte Unternehmen, die weltweit Leitanbieter werden wollen.
Das PtX Lab sei ein „Samen, aus dem eine postfossile Industrieregion wachsen kann“, hofft auch der Leiter der Einrichtung, Harry Lehmann. Für Praxistests soll eine Demonstrationsanlage entstehen, deren genauer Standort allerdings noch nicht feststeht. Die neue Einrichtung ist Teil des Strukturwandels in der Lausitz, deren Wirtschaft bislang von der Kohle geprägt ist. Bis 2023 werden im PtX Lab 60 Arbeitsplätze entstehen, diese Zahl soll perspektivisch verdoppelt werden. Dabei besteht die Hoffnung, dass durch Projekte mit der Industrie weitere Jobs geschaffen werden. Projektträgerin ist die „Zukunft – Umwelt – Gesellschaft“ (ZUG), eine bundeseigene Dienstleistungs-gGmbH zur Förderung von Umwelt-, Natur- und Klimaschutz. Die Betreiber erhalten bis 2024 aus den Mitteln für den Kohleausstieg 180 Millionen Euro.
Das PtX Lab ist nicht die einzige Einrichtung, die Svenja Schulzes Haus mit Mitteln aus dem Kohleausstieg in der Region aufbaut. Unter anderem hat das Ministerium das Kompetenzzentrum für Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI) sowie das Kompetenzzentrum für elektromagnetische Felder (KEMF) hier angesiedelt. Ebenfalls in der Lausitz will das Bundesumweltministerium ein Innovationsfeld für innovative Wasser- und Abwassertechnik einrichten.
Energieexperte Oliver Powalla vom Naturschutzverband BUND hält es für richtig, die PtX-Technologie in die Lausitz zu bringen. Aber er warnt vor zu großer Euphorie. „Mittlerweile hat jedes Bundesland seine eigene Wasserstoffstrategie, und auch Demonstrationsanlagen gibt es viele“, sagte er. Entscheidend sei, ob es tatsächlich gelingt, Kooperationen mit Unternehmen zu schließen, etwa mit Flughafenbetreibern, die einen Teil des Kerosins durch umweltfreundlichere Treibstoffe ersetzen. Allerdings müsse auch mehr erneuerbarer Strom erzeugt werden, um den grünen Wasserstoff herstellen zu können „Allein mehr Nachfrage zu schaffen reicht nicht“, warnte Powalla. Das könne Brandenburg aufgrund der verfügbaren Flächen aber durchaus schaffen.
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