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Keine Sonderrechte für die HohenzollernGerichte sollen entscheiden

Die Grünen wollen, dass die geheimen Verhandlungen von Bund und Ländern mit den Hohenzollern aufhören. Wie reagiert Monika Grütters?

Kronprinz Wilhelm beim Treffen von „Stahlhelm“ und SA in Wittenberg/Elbe 1933 Foto: akg/picture alliance

Die Grünen-PolitikerInnen Katrin Göring-Eckardt und Erhard Grundl fordern vehement, die Geheimverhandlungen von Bund und Ländern mit Vertretern der Hohenzollern zu beenden. In dem digital abgehaltenen Fachgespräch der Grünen-Bundestagsfraktion „Keine Sonderrechte für den Adel“ drängten sie am Mittwoch, den 3. Februar, darauf, vor Gericht klären zu lassen, ob den Nachfahren des 1918 gestürzten letzten deutschen Kaisers weitere Entschädigungen durch die öffentliche Hand zustehen.

Die Erben der Preußen-Dynastie streiten seit Ende der DDR um Werte in Millionenhöhe. Nach dem 1994 verabschiedeten Ausgleichsleistungsgesetz wollen sie Entschädigungen für nach 1945 stattgefundene Enteignungen im Osten Deutschlands erhalten. Das Gesetz sieht jedoch vor, dass Personen, die dem Na­tio­nalsozialismus oder anderen diktatorischen Regimen „erheblichen Vorschub“ leisteten, einer Ausgleichszahlung unwürdig sind.

Im Fachgespräch der Grünen erläuterten fünf Expertinnen, wie sie die Gesetzeslage im Streit mit den Hohenzollern interpretieren. Marietta Auer vom Frankfurter Max-Planck-Institut skizzierte den historischen Hintergrund des Ausgleichsleistungsgesetzes. Es trägt dem Zwei-plus-vier-Vertrag von 1990 Rechnung und sollte nach Ende der DDR eine brauchbare Praxis für historische Besitzstreitigkeiten schaffen.

Ohne einen „moralischen Grundkonsens“, sagte Auer, funktioniere eine demokratische Gesellschaft nicht. NS-Täter nicht zu belohnen gehöre „zur DNA unseres Rechtssystems“. Auch Holocaustleugnung stehe unter Strafe und ist nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt – eine der Lehren aus der Zerstörung der Weimarer Demokratie. Die Unwürdigkeitsklausel im Ausgleichsleistungsgesetz von 1994 sei „sehr gut definiert“ und anwendbar.

Sophie Schönberger, Juristin von der Universität Düsseldorf, erinnerte an das BVG-Urteil im Falle der Erben Alfred Hugenbergs. Hugenberg gilt als einer der rechtskonservativen Wegbereiter des Faschismus in Deutschland. Er trieb die Einbindung der deutschnational-monarchistischen Kräfte in das Hitler-Lager voran. Als die Hugenberg-Nachfahren nach 1989 Restitutionen verlangten, entschied das Bundesverwaltungsgericht 2005 gegen sie und wandte dabei die Unwürdigkeitsklausel aus dem Ausgleichsleistungsgesetz an. Schönberger sieht die Rechtslage bei den Hohenzollern ähnlich. Auch Kronprinz Wilhelm von Preußen hat prominent die Zerstörung von Demokratie betrieben sowie die Errichtung der Nazi-Terrorherrschaft unterstützt.

Historiker Stephan Malinowski zitierte in dem Fachgespräch der Grünen den bürgerlich-liberalen Politiker Gustav Stresemann aus den 1920er Jahren. Der hatte von Wilhelm als „Reklameprinz“ gesprochen. Die monarchistische Bewegung, so Malinowski, sei Teil des Faschismus gewesen, keineswegs eine Alternative zu ihm. Die Quellenlage sei sehr eindeutig, wie im Übrigen auch Christopher Clark inzwischen einräumt. Clark hatte 2020 sein früheres und anderslautendes Gutachten über die Hohenzollern revidiert. Der Kronprinz, so sieht es Clark heute, sei nicht nur gewalttätig und antisemitisch gewesen, er habe auch maßgeblich an der Zerstörung der Weimarer Repu­blik und der Etablierung des Naziregimes mitgewirkt.

„Meine amerikanischen Kollegen verstehen nicht, warum wir darüber in Deutschland heute diskutieren“, sagte die in Princeton forschende Historikern Karina Urbach in einem vorab aufgezeichneten Beitrag für das Fachgespräch. Urbach hat wie Malinowski jüngst neue Quellen zutage gefördert, die die braune Gesinnung der Hohenzollern belegen.

Der Marburger Historiker Eckart Conze schloss sich denn auch der Forderung der einladenden Grünen-Bundestagsfraktion an: keine Geheimverhandlungen mit den Hohenzollern-Erben, die Sache soll vor Gericht. Conze berichtete davon, wie Anwälte des Ururenkels des letzten deutschen Kaisers kritische Wissenschaftler und Medien mit aggressiven Drohschreiben überziehen.

Während Staatsministerin Grütters mit ihnen verhandele, solle so wohl die kritische Öffentlichkeit eingeschüchtert werden. Offenbar leben manche Exzellenzen in einer historischen Parallelwelt. Ihr Realitätsverlust könnte aber noch schmerzhaft werden. Und zwar, wenn ab Herbst im Bund die Grünen mit in der Regierung sitzen.

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21 Kommentare

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  • Selbst ich als interessierter Geschichtslaie, habe sofort. “ die Bräune"



    der Hohen-Whatever finden können.



    Die waren ja so braun, die Haufen meines Wuffi's, sind häufig heller in Farbe.



    Über den "Inhalt" der Hohenzollern-"Bräune"



    gibt es überhaupt keine Diskussion.



    Deswegen stelle ich hiermit den Antrag, die"HZ's" für diese Geld-Erpressungsversuche und Schäden zB gg Journalisten, Historiker und Gerichte, voll Haftbar zu machen.



    Solch ein Versuch, der Demokratie-Demontage, übrigens ähnlich wie in der NAZI Zeit, entspricht voll der DNA dieser Familie und muss als Beweis der Wehrhaftigkeit Unserer Demokratie, mit aller Härte geahndet werden.



    Ich wünsche denen die selbe Gerechtigkeit, die sie über Jahrhunderte ihren Zwangs-Untertanen und Leibeigen/Sklaven zukommen, haben lassen

  • Was für ein erfrischend sachlicher Beitrag. Da mussten also erst die Grünen ein paar Experten einladen um dem Kern der Angelegenheit ordentlich auf den Grund zu gehen und von all der angeblichen Kriegsschuldballast zu befreien.

    Nun sollen es doch bitte die Gerichte entscheiden. Dabei ist es ganz egal, wie es am Ende ausgeht. Nur dürfte es für den Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens vollkommen egal sein, wer gerade regiert.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Die Erben der Preußen-Dynastie streiten seit Ende der DDR um Werte in Millionenhöhe.

    Ja, darum streitet man aber diese Leute horten Milliarden!

  • "Und zwar, wenn ab Herbst im Bund die Grünen mit in der Regierung sitzen."



    Auf die Grünen würde ich nicht allzuviel setzen. Eine Koalition mit CDU/CSU kommt offenbar für diese ja in Betracht. Wenn es um Macht und Pöstchen geht, können sie sicher hier und da ein



    Auge zu drücken.

    • @Uranus:

      Ist kein grünes Ding.

      Auf Rot-Rot-Grün kann man sich auch nicht verlassen wie die jetzigen Koalitionen, wo nichts fürs Klima, Natur, Umwelt und Soziales bei rum kommt.

      Die Grünen brauchen mehr Rückhalt um ihre Positionen gegen Candy-Crushing-Linkspartei, CDU und SPD durchzusetzen.

      • @Rudolf Fissner:

        Ist "Candy-Crushing-Linkspartei" nicht diffamierend? Weil Sie suggerieren, dass alle in der Linkspartei wie Herr Ramelow dem anheimgefallen sind. Wäre etwas mehr Differenzierung nicht angebracht? Auch wenn Sie persönlich diese Partei verachten?

        • @Felix Meran:

          Na ja, das sind sie wohl 😊. Sie wählen, unterstützen und verteidigen Candy Crusher Ramelow.

          • @Rudolf Fissner:

            Nicht alle wählen Ramelow, wohl nur die Wähler in Thüringen. Beim Thema Differenzierung besteht offensichtlich noch Übungsbedarf! ;-)

  • Wenn die Besitzansprüche durchkommen ist dies nun ein weiteres Kapitel in der beschämenden Geschichte des Umgangs mit den Profiteuren der NS-Zeit respektive der kollaborierenden Besitzstandselite zu derselben.

    Wieviele der heutigen "oberen drei oder fünf Prozent" haben ebenjenen Besitzstand aus dem im dritten Reich Angehäuften hmmm "generiert"?

  • Die Hohenzollern haben Deutschland unendliches Leid gebracht und sehr viele Menschenleben auf dem Gewissen. Man sollte echt wissen, wann Schluss ist. Alles, was deren "Besitz" einmal war, haben Sie aus dem Land rausgezogen, davon hat nichts mit ehrlichen und redlichen Erwerb zu tun.



    Es wäre jetzt wirklich an der Zeit, wenn diese Leute sich schweigend zurückziehen würden.

  • egal ob irgendjemand einen Vertrag abschliessen wird.



    Der wird nachher auf jeden FAll einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden.



    Denn auch wir anderen Bürger dieses Staates haben Rechte am "Volksgut", dieeine Regierung oder eine Verwaltung nicht ohne rechliche Nachprüfbarkeit wird abgeben können.

    Also:.am Gesetz und das ist eben das Entschädigungsgesetz mit seiner Klausel, kommt keine*r vorbei.

    Ich vertraue auf den Rechtsstaat.



    Meistens klappt das.

    • 8G
      83191 (Profil gelöscht)
      @Friderike Graebert:

      Das erwarte ich auch. Die Staatsministerin kann hier nicht geltendes Recht brechen.

      Die Herren Hohenzollern haben genug Geld. Pech, dass ihre Vorfahren das Erbe durch die Unterstützung eines Verbrecherischen Regimes "verspielt" haben, aber verhungern werden sie nicht deswegen. Im Zweifel kriegen Sie sicher einen Job irgendwo.

  • Canceln. Sofort.

    Es ist & bleibt eine einzige antidemokratische Ungheuerlichkeit •

    unterm——-



    Freisslers Witwe & Co. & Co. gar nicht so klandestin das Geld der Bürger hinterherwerfen - soll nicht wieder -



    Fröhliche Urständ feiern dürfen! 🤑 🤮

    • 1G
      164 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      "Sehr geehrter Herr Hohenzollern, als Ergebnis unserer Verhandlungen freuen wir uns Ihnen mitteilen zu dürfen, dass Ihre Bewerbung als Schlossgespenst in Potsdam bei der Besetzung der vakanten Stelle bevorzugt berücksichtigt werden wird." o.s.ä. ...

      • @164 (Profil gelöscht):

        Shure. Oscar Wilde => Betriebsanleitung

      • @164 (Profil gelöscht):

        Wunderbar! Das könnte bei twitter viral gehen.

  • Wie werden denn die Geheimverhandlungen begründet? Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Inhalt der Verhandlungen (letztlich geht es ja nur um Geld) irgendwie die BRD gefärden könnte. Es ist ein unding, dass die Anspruchsteller nicht von Anfang an auf den Rechtsweg verwiesen wurden.

  • "Der Teufel scheißt auf den größten Haufen" darf nicht zur Maxime einer demokratisch gewählten Regierung werden, aber die Groko hat jeden moralischen Kompass längst verloren.

  • Wenn, damals 18 jährige, Sekretärinnen für Beihilfe zum 10000 fachen Mord angeklagt werden, dann muss jede Nähe von damals erwachsenen Adeligen (sic) zu Nazi-Größen und Institutionen wie Stahlhelm, mit dem gleichen Hintergrund beurteilt werden! Denn damit wurde der millionenfache Mord unterstützt.

  • Ich glaube Ich habe mich verlesen.Was für Entschädigingszahlungen?Diese Verbrecher von Adligen sollten erstmal den Toten Soldaten des 1.Weltkriegs Entschädigungen an die Hinterbliebenen zahlen.Ich glaub mich tritt ein Pferd.Was fällt diesen Menschen eigentlich ein?

    • @Reginald Bull:

      Nix. Das ist ja das Problem.

      Nur - Einfälle wie‘n altes Haus. Newahr.



      Skrupellose - 🤑 - Berufslüg&leugner •



      Normal.