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Feuerwerksverbot und CoronaKnaller wandern zurück ins Lager

Die Hersteller von Feuerwerk sehen sich durch das Verkaufsverbot bedroht. Umweltschützer freuen sich dagegen über das ruhige Silvesterfest.

Fällt dieses Jahr aus: Werksverkauf beim Feuerwerkshersteller Weco in Eitdorf Foto: Ina Fassbender/dpa

Berlin taz | Einen Moment lang konnten die Fans des Feuerwerks noch auf ein laut-buntes Jahresende hoffen. Einige Discounter konnten die Werbung für Böller und Raketen nicht mehr aus den bereits gedruckten und verteilten Prospekten entfernen. Doch die Freude währte nur kurz: Der Verkauf der Pyrotechnik bleibt verboten.

Bei Ebay werden zwar weiterhin Pakete mit Knallern oder Raketen angeboten. Doch zumindest die seriösen Onlineshops melden das Ende des Verkaufs für dieses Jahr. Auch die zum Beispiel bei Berlinern beliebte Einkaufstour nach Polen ist mittlerweile verboten. So werden Silvester wohl in Deutschland nur die noch vorhandenen Restbestände abgebrannt.

Die Hersteller und Importeure der Pyrotechnik hat das Verkaufsverbot unerwartet und hart getroffen. Noch am 25. November gaben Bund und Länder grünes Licht für die Ballerei zum Jahreswechsel. Den größten Teil der Waren hatte die Branche da längst in den Lagern oder bei den Herstellern geordert. Drei Wochen später war sie per Dekret unverkäuflich. „Wenn es keine wirtschaftlichen Hilfen gibt, wird es zu Insolvenzen kommen“, sagt der Sprecher des Verbands der pyrotechnischen Industrie, Klaus Gotzen.

Das Geschäft der 21 Verbandsunternehmen läuft vor allem kurz vor Silvester. Die Tage zwischen den Jahren bringen 95 Prozent des Umsatzes ein. Im vergangenen Jahr jagten die Deutschen zum Jahreswechsel Böller und Raketen im Wert von über 120 Millionen Euro in die Luft. Der Großteil der Ware wird für über 70 Millionen Euro aus Fernost importiert. Laut Verband sind rund 3.000 Arbeitsplätze durch das Verkaufsverbot gefährdet.

Pyrotechnik-Branche bekommt keine Corona-Hilfen

Die Hilfen für andere Geschäftszweige seien für die Branche nicht nutzbar, kritisiert der Pyrotechnik-Verband. Den Firmen ist nicht nur das Silvestergeschäft durch die Lappen gegangen. Da es in diesem Jahr kaum größere Veranstaltungen gab, wurden zudem kaum Großfeuerwerke gezündet.

Thomas Schreiber, Chef des nach eigenen Angaben größten deutschen Herstellers von Pyrotechnik, Weco, befürchtet gar die „Insolvenz des gesamten Wirtschaftszweiges“. Die bereits ausgelieferte Ware müssen die Hersteller und Importeure nun wieder aus den Geschäften zurückholen. Immerhin hält sich das Feuerwerk ein bis zwei Jahre, könnte also theoretisch im kommenden Jahr verkauft werden. Ob alle Firmen bis dahin überleben, ist ungewiss. Der baden-württembergische Hersteller Zink lagert die Böller und Raketen nun erst einmal ein. Da das Unternehmen breit aufgestellt sei, sei es nicht existenziell bedroht, versichert Geschäftsführer Arne von Boetticher.

Ob die Politik auch diesem Wirtschaftszweig unter die Arme greift, ist nach Branchenangaben noch ungewiss. Womöglich spielt bei der Entscheidung auch eine Rolle, dass die Knallerei zu Silvester umstritten ist. Tierschützer weisen auf die Schäden für die durch den Lärm verängstigten Hunde oder Katzen hin. Die Deutsche Umwelthilfe fordert seit Jahren ein Böllerverbot und sieht dafür nun einen geeigneten Zeitpunkt.

Gut 2.000 Tonnen Feinstaub setzen Feuerwerke jährlich frei, etwa ein Prozent aller Feinstaub­emis­sionen. „Das Verkaufsverbot ist eine gute Nachricht für saubere Luft“, sagt Verbandschef Jürgen Resch. Die Umwelthilfe fordert die Menschen dazu auf, neue Silvesterbräuche zu entwickeln, die für Tiere und Umwelt unschädlich sind.

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13 Kommentare

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  • taz: "Laut Verband sind rund 3.000 Arbeitsplätze durch das Verkaufsverbot gefährdet."

    Und weil 3000 Arbeitsplätze - die ohnehin demnächst wegfallen, wenn man den Klimawandel endlich mal ernst nimmt - gefährdet sind, soll der "Wahnsinn" weitergehen?

    taz: "Gut 2.000 Tonnen Feinstaub setzen Feuerwerke jährlich frei, etwa ein Prozent aller Feinstaubemissionen."

    Jedes Jahr werden an Silvester (laut einer Studie) sogar ca. 4.500 Tonnen Feinstaub durch Feuerwerkskörper in Deutschland freigesetzt. Im Straßenverkehr brauchen alle Autos und LKWs in Deutschland etwa zwei Monate, um so eine große Menge Feinstaub freizusetzen. Die rund 10.000 Tonnen Feuerwerk der Deutschen belasten zudem die Atmosphäre mit verschiedenen Treibhausgasen, deren Klimawirkung rund 2.300 Tonnen Kohlendioxid entspricht. Im Grunde gehört die "Feuerwerksknallerei" schon seit langem verboten - nicht nur wegen Covid-19. Steigende CO2-Emissionen, Abgasskandale, Stickoxide und Feinstaub, Glyphosat und so weiter und so fort. Zu allem haben wir Erwachsenen immer nur 'Ja und Amen' gesagt und erst eine 16-jährige Schwedin musste uns klar machen, dass es so nicht mehr weitergehen kann, wenn unsere Kinder und Enkelkinder noch eine Zukunft haben sollen.

  • Ich finde Feuerwerk und Pyrotechnik toll, allerdings aus professioneller Hand.



    Das nur ca. 6,5 Mill. € im restlichen Jahr gegenüber 120 Mill. € an Umsatz gefahren wird bei den vertretenen Unternehmen zeigt aber auch das es sich um eine wirtschaftliche Blase zu handeln scheint.



    Die meisten dieser 3000 Jobs sind wohl Logistik, Verpackung, etwas Verwaltung und saisonales Verkaufspersonal.



    Die meisten Profifeuerwerker sind kleine Unternehmen bzw. Einzelunternehmer und beziehen ihre Materialien aus Fernost oder bauen sie selbst und erscheinen so wohl überhaupt nicht in diesen obengenannten Zahlen.



    Und die sind es die die wahre Kunst der Pyrotechnik bieten.

  • "Auch die zum Beispiel bei Berlinern beliebte Einkaufstour nach Polen ist mittlerweile verboten."

    Nicht zertifiziertes Feuerwerk zu kaufen, war schon immer illegal und das was da auf den Märkten verkauft wird, ist in der Regel nicht.

  • Meine Neffe und ich haben immer gern geböllert. Aber im letzten Jahr haben wir dann doch überlegt: Müssen es wirklich 32 Raketen und 4 Batterien sein?

  • Für ökosozialen Strukturwandel braucht es u.a. eine Abschaffung von HartzIV, Umschulungen und Entwicklung wirtschaftlicher Alternativen. Dann wäre der Abbau umweltschädlicher Industrie (Knaller, Kohle, Autos, Flugzeuge, Rüstung usw.) besser vermittelbar und durchführbar.

    • @Uranus:

      Das Verbot wurde im Hinblick auf Corona getroffen, nicht wg. Klimawandel. Mit dem Abbau umweltschädlicher Industrie kann man Corona nicht bekämpfen.

    • @Uranus:

      Das bedingungslose Grundeinkommen würde den Beschäftigten in den betroffenen Branchen helfen, in der Zeit der Umschulung oder Neuorientierung abgesichert zu bleiben. Die Gegner des BGE vergessen hier gerne, dass die Empfänger in diesem Fall arbeitswillige Fachkräfte sind. Daraus werden keine Langzeitarbeitslosen, wenn man ihnen Chancen gibt.

      • @Cochino:

        Und die Beführworter des BGE vergessen hier gerne, dass innerhalb weniger Jahre die Inflation sämtliche Vorteile des BGE auffressen wird.



        Und die arbeitswilligen Fachkräfte bekommen nicht leichter einen Job, weil sie nun auf einmal keine H4, sondern BGE-Empfänger sind.



        Davon abgesehen, hat bis Anfang dieses Jahres wirklich jeder, der willig und halbwegs brauchbar war, einen Job in D gefunden. Oder bezweifeln Sie das?

    • @Uranus:

      @Uranus :



      ich gehe mal davon aus, das Ihr "Beitrag" Satire sein soll.

      Falls nicht, dann haben Sie mein aufrichtiges Mitgefühl.



      Denn dann wäre Ihr Beitrag ein "ultra-links-öko-populistischer" Beitrag, der eher zur Belustigung, als zur Bereicherung der Diskussion beiträgt.

      • @Dirk Weller:

        Sie meinen, weil der "Aufhänger" für meinen Kommentar die Pyro-industrie ist, welche im Vergleich wenig Bedeutung/geringen Einfluss auf Klima und Umwelt hätte?

      • @Dirk Weller:

        Falls der erste Satz missverständlich war:



        Für ökosozialen Strukturwandel braucht es u.a. Umschulungen, Entwicklung wirtschaftlicher Alternativen und eine Abschaffung von HartzIV.



        @ Dirk Weller: Was ist denn dann Ihr Ansatz für einen Strukturwandel hin zur CO2-neutralen Wirtschaft?

      • @Dirk Weller:

        Ich hoffe auch auf Saire. Freilich kann man einen Job finden, aber mit Glück ist das dann ein 450€-Job (mit trotzdem viel Arbeit) und man muss beim Jobcenter weiterhin aufstocken. Arm trotz Arbeit. Also einfach nur einen Job zu haben bringt noch nicht viel, wenn der zum Leben nicht reicht.

        • @Bunte Kuh:

          Sie lasen schon, dass ich von einer Abschaffung von HartzIV schrieb? Zudem schrieb ich auch "u.a." - dass Einkommen angeglichen werden müssten, dieser Ansicht bin ich auch.