Vor dem Bund-Länder-Gipfel zu Corona: Weder Böller- noch Müller-Verbot

Berlins Regierungschef verteidigt neue Coronaregeln, lobt die Vorbereitung dafür in seiner Senatskanzlei und ist noch entspannt genug für Witzeleien.

Das Foto zeigt Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller von der SPD mit neu geschnittenen, sehr kurzen Haaren

Harte Zeiten, kurze Haare? Regierungschef Müller trat vor den Journalisten dennoch entspannt auf Foto: dpa

Endgültig steht erst am Mittwochabend fest, wie die Advents- und Weihnachtszeit in Deutschland dieses Jahr aussehen wird – nach der Corona-Videokonferenz der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin. Doch Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD), in dessen Senatskanzlei die Vorlage für dieses Treffen entstand, hat schon am Dienstag Tendenzen aufgezeigt: dass eine als „Ein-Freund-Regel“ berüchtigt gewordene Kontaktbeschränkung genauso vom Tisch ist wie ein generelles Böllerverbot, dass es keine bundesweiten Vorgaben für den Schulbetrieb gibt – und dass sich über die Feiertage zehn statt wie sonst im Dezember fünf Menschen samt Kindern treffen dürfen.

Als Müller am Dienstagnachmittag in den großen Presseraum im Roten Rathaus kommt, da sieht alles nach einer ganz harten Linie aus. Mit kurz rasierten Haaren wie für einen Einzelkämpferlehrgang setzt sich der Regierungschef vor die Journalisten. Harte Zeiten, kurze Haare? Müllers Stimmung mag dazu nicht passen. „Sommerfrisur“, witzelt er über den neuen Schnitt. Und als er später nach einem Böller-Verbot gefragt wird, fragt er grinsend zurück: „Ein Müller-Verbot?“

Der Regierungschef wirkt sehr beglückt darüber, dass es unter seiner Führung gelungen sein soll, aus einer verfahrenen Situation eine tragfähige Beschlussvorlage für die Konferenz mit dem Kanzleramt am Mittwoch zu entwickeln. „Das haben ja nicht alle für möglich gehalten, dass wir uns so gut verständigen“, stichelt Müller kurz mal. Vorige Woche hatte ein Bund-Länder-Treffen keine Beschlüsse gebracht.

Das besagte Böllerverbot wird es nach Müllers Worten jedenfalls nicht geben, auch wenn er mehrfach betont, dass es sich lediglich um einen Beschlussentwurf handele – sonst brauche man ja nicht mehr darüber zu diskutieren. Entscheidend sei: Wo führt das Böllern zu intensiven Kontakten und Gruppenbildungen? Szenen von 300 jungen Menschen, die an Silvester zwei Stunden auf einem Platz zusammenstehen, soll es nicht geben, aber Müller sieht kein Problem mit jemandem, der sich und seine Familie im Garten mit einer Raketenbatterie erfreut.

Ein-Freund-Regel „nicht lebensnah“

Die vom Kanzleramt angestrebte sogenannte Ein-Freund-Regel, bei der sich Kinder über Wochen immer nur mit demselben Kind treffen sollten – Gleiches sollte auch für Haushalte gelten –, kommt offenbar ebenso wenig. „Dass ich Mitte November entscheiden soll, mit wem ich mich Mitte Dezember treffe, ist nicht lebensnah“, sagt Müller.

Stattdessen sollen bis zum 22. Dezember maximal 5 Menschen aus zwei Haushalten zusammenfinden dürfen– Kinder bis 14 nicht eingerechnet. Im Detail muss sich der Regierungschef noch mal selbst bei seiner Sprecherin schlau machen. Die sitzt neben ihm und weiß: „Bis 14“ heißt, dass auch die 14-Jährigen nicht gezählt werden. Vom 23. bis zum 1. Januar soll eine Ausnahme gelten; hat die am Mittwoch Bestand, dürfen sich dann doppelt so viele Menschen treffen, also 10, wieder plus jüngere Kinder. Müller hält die Feiertagslockerung für „sachgerecht“. Nach vielen Einschränkungen müsse man auch sagen: „In einer besonderen Jahreszeit, wo vielen die Begegnung einfach sehr, sehr wichtig ist, lassen wir das auch zu.“

Am sichersten erscheint Müller, dass es nicht zu der vom Kanzleramt gewollten bundesweit einheitlichen Regelung für die Schulen kommen wird, nach der überall in halber Klassenstärke unterrichtet würde. „Das kann kein Weg sein, das pauschal für das ganze Land zu verabreden“, sagt Müller und verweist als Alternative auf Hybridmodelle: teils in der Schule, teils digital, aber durchgehend mit Unterricht.

Am Donnerstag will Müller wieder zu den Journalisten kommen – nach einer Sondersitzung des Senats, der aus den Beschlüssen vom Mittwoch feste Regeln für Berlin machen muss.

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