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Trans-Europ-Express soll wiederbelebt werdenScheuers neuer Schnellzug

Der CSU-Verkehrsminister will den Europaexpress TEE reaktivieren. Die Grünen halten die Idee für einen unvorbereiteten Schnellschuss.

Besser mit der Bahn durch Europa – hat mit dem TEE „Rheingold“ schon in den 50'er Jahren geklappt Foto: DB/dpa/picture alliance

Berlin taz | Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will den europäischen Schnellzug TEE zurück auf die Schiene bringen und eine europäische Buchungsplattform für den Ticketkauf schaffen. Angeschoben werden sollen die Projekte mit einem europäischen Förderprogramm, sagte Scheuer vor Beginn des EU-Verkehrsministergipfels in Berlin.

Da Deutschland zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, fand das Treffen unter Scheuers Leitung statt. Eingeladen waren auch Unternehmen aus der Bahnbranche. „Wir wollen mit der Bahn besser durch Europa fahren, im Personen- wie im Güterverkehr“, sagte Scheuer. Die Minister berieten auch über ein digitale Kupplung für Züge, mit der der Schienengüterverkehr verbessert werden soll. Bislang sind vor allem die 1861 eingeführten Schraubenkupplungen in Betrieb, mit der Rangierarbeiter die Güterwagen verbinden.

Der Trans-Europ-Express (TEE) verkehrte von den 1950ern bis in die 1980er. „Wir greifen den Namen im Kontext eines gewachsenen und zusammengewachsenen Europas auf“, sagte Scheuer. Dabei gehe es um einen schnellen und durchgehenden Fernverkehr über Grenzen hinweg. „Ein solches TEE-Netz für Hochgeschwindigkeits- und Nachtzugangebote kann bis 2025 stehen, wir müssen den Einstieg jetzt schaffen“, sagte Scheuer. Zumindest bei Schlaf- und Liegewagen wird der TEE dabei auf die Deutsche Bahn verzichten müssen, denn die ist 2016 aus diesem Geschäftsfeld ausgestiegen. Andere europäische Länder wollen das Angebot aber ausbauen.

Zunächst soll der TEE nach Scheuers Vorstellungen auf Strecken fahren, die es bereits gibt – etwa in 13 Stunden von Berlin nach Barcelona oder von Amsterdam nach Rom. Später sollen durch neue Infrastrukturmaßnahmen etwa der süddeutsche Raum stärker mit Zielen in Ost- und Südeuropa sowie Skandinavien verbinden. Möglich werden soll das, wenn große Infrastrukturprojekte wie die Fehmarnbeltquerung oder der Brenner Basistunnel fertig gebaut sind. Allerdings stockt beim Basistunnel der Ausbau der Anschlusstrecke wegen Verzögerungen auf deutscher Seite.

Konkurrenz zum Flieger

Um Investitionen für Unternehmen attraktiv zu machen, sei ein EU-Förderprogramm erforderlich, sagte Scheuer. Noch während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft soll eine Absichtserklärung für das TEE-Projekt unterzeichnet werden.

Das Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene begrüßte den Plan als „wichtige politische Rückendeckung für einen besseren Bahnverkehr in Europa“. „Wir brauchen dringend attraktive, leistungsfähige Schienenverbindungen zwischen Europas Großstädten, um Kurzstreckenflüge in der EU überflüssig zu machen“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene.

Auch der bahnpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion Matthias Gastel hält die Idee eines TEE und einer europäischen Ticketplattform für gut. „Aber die Frage ist, welche Ernsthaftigkeit hinter diesen Vorstößen von Verkehrsminister Scheuer steckt“, sagte er der taz. Die EU-Präsidentenschaft sei von der deutsche Regierung intensiv vorbereitet worden. „Das Thema Bahn hat dabei keine Rolle gespielt“, kritisierte er. Scheuers Vorstoß sei ein „Schnellschuss“, der nicht vorbereitet sei.

Deswegen sei es unwahrscheinlich, dass der Minister die Idee energisch vorantreiben werde. Regierungen etwa in Schweden, Dänemark oder der Schweiz kümmerten sich aktiv um den Ausbau der Bahn. „Die deutsche Regierung macht nichts“, sagte Gastel. Dabei könnte sie wenigstens Anreize für Bahnanbieter setzen, wenn sie etwa die Trassenpreise – das ist eine Art Mautgebühr für die Schienennutzung – senken würde.

Gastel monierte, dass der Minister zusätzlich zu seinem Vorstoß für den TEE auch ein Förderprogramm für Regionalflughäfen ins Spiel gebracht hat. Aufgrund der Coronakrise leiden sie unter einem sehr großen Umsatzrückgang. Scheuer wolle Geld auf alle Verkehrsträger gleichermaßen verteilen, sagte Gastel. „Das ist keine nachhaltige Verkehrspolitik.“ Angesichts des hohen Investitionsrückstands bei der Bahn müsse vor allem dorthin Geld fließen.

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12 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Deutschland ist der größte Versager im europäischen Schienenverkehr. Erst kürzlich haben die Schweizer einen neuen Tunnel eingeweiht. Wer den Güterverkehr von Norden in den Süden bremst (entlang des Rheins) ist Deutschland. Die Verzögerung wird auf mehr als 10 Jahre veranschlagt.

  • Man muss nicht alles nachplappern, was Politiker mit begrenztem technischen Verstand so alles von sich geben. Es sei denn man hat als Journalist keinerlei technisches Verständnis. Das nur peinlich.

    Digitale Kupplung ist wunderschön. Denkbar wäre ein Elektromagnet der mit "high" und "low" betrieben wird. Schalter "ein" oder "aus". Gemeint ist aber etwas völlig anderes. Es bezieht sich auf die Steuerungselektronik. Die Art der Kupplung bleibt mechanisch.

    Doch das ist ein ganz alter Hut. 1904 wurde das erste Patent auf eine automatische Kupplung, die Scharfenbergkupplung, erteilt. S- und U-Bahnen und der ICE nutzen diese. Ein Satz mit Scheuer: das war wohl nix.

    Der TEE ist nichts anderes als Nostalgie. Einen neuen Waggonpark dafür zu beschaffen würde Jahre dauern. Dasgleiche gilt für Schlafwagen. Wer will denn heute noch nachts auf Geschäftsreise gehen, wenn ein Dreibettabteil oder Zweibettabteil im Angebot ist? Ein- und Zweibettabteile waren von jeher nur der 1. Klasse vorbehalten. Wer Hannover entflieht und in Würzburg und Nürnberg durch Zusteigende aus dem Schlaf gerissen wird, dem wallt dann das "Wiener Blut" und gerädert langt er am Westbahnhof an. Undenkbar mit dem Chef zusammen die Reise im Abteil anzutreten, wenn man nicht gerade Sekretärin oder Sekretär ist. Diese goldenen AfD-Zeiten sind seit über dreißig Jahren vorbei.

    Für Familien sind Autoreisezüge mit Ladeanschlüssen vom Typ 2 und CCS und dazu entsprechenden Schlafwagen dagegen eine ernsthafte Alternative. Doch die sind ebenfalls schon längst von der Schiene verbannt worden. Das Rennen um die Geschäftskunden hat die DB seit mehr als 20 Jahren verloren.

    Das war also wieder einmal "Scheuers Märchenstunde". Man darf auf die nächste Folge gespannt sein.

    • @achterhoeker:

      Vor Scharfenberg war doch noch die automatische Janney Kupplung. Laut Wikipedia seit 1888 Standard-Kupplung in den USA. Und bis heute der am höchsten belastbare Kupplungstyp (auch wenn ich dunkel in Erinnerung habe, dass das russische System heutzutage stärker wäre).

      Das Wiedererwachen des Interesses an automatischen Kupplungen für Güterzüge liegt neben dem großen manuellen Aufwand der Schraubenkupplung auch daran, dass diese ziemlich enge Begrenzungen für Gewicht und Länge der Züge hat.

      Und die "digitale Kupplung" soll eben nicht nur automatisch kuppeln, sondern sich auch automatisch lösen lassen.

      Scheuer hat damit allerdings nichts zu tun: Die Entwicklungsarbeiten an solchen Systemen dauern schon Jahrzehnte an, werden aber erst seit kurzem wieder mit größerer Beteiligung der Bahnen vorangetrieben. Neu daran ist auch, dass eben auch Brems- und Datenverbindungen automatisch mitgekuppelt werden sollen.

  • "Zumindest bei Schlaf- und Liegewagen wird der TEE dabei auf die Deutsche Bahn verzichten müssen, denn die ist 2016 aus diesem Geschäftsfeld ausgestiegen."

    Was hindert die DB, wieder einzusteigen? Der Ausstieg war sowieso eine Schnapsidee.

  • Wenn der neue TEE wieder nur mit erster Klasse und mit sehr wenigen Stopps auskommt, dann wäre das ein interessantes Projekt. Dafür müssten allerdings die vorhandenen Wagen neu konzipiert bzw. neue Wagen entworfen werden.

    13 Stunden wären weder in der ersten Klasse der Deutschen Bahn noch im TGV auszuhalten.

    • 1G
      164 (Profil gelöscht)
      @DiMa:

      Ach Quatsch! Mit 1-2 guten Büchern und genug Stullen sind 13 Stunden Zugfahrt auch in der Holzklasse ein Traum!

  • Der historische "TEE Rheingold" hatte nur 1.Klasse, und es war auch kein Netz, sondern ein einziges Zugpaar. Für Reiche+Touristen. Aber das Etikett klingt halt so schön.



    Mal sehn, welches Scheuer-Projekt schneller kommt? Das Drohnentaxi, die digitale Kupplung, eine neue Ticketplattform, die Aufklärung des Mautskandals... die Korrektur der teilweise ungültigen StVO?!



    Oder hatte er mal wieder was im TEE?

    • @kommentomat:

      Naja, das TEE-Netz umfasste schon noch mehr Verbindungen als nur den Rheingold...

      Und ja, wieder bitte nur mit 1.Klasse! Ich verdiene selbst nicht sehr viel Geld (arbeite halbtags als Erzieher), aber wenn ich eine Fernreise mache fahre ich fast immer nur in der 1.Klasse: Ich möchte nämlich die Reise richtig genießen... :-)

  • Noch eine Ticketplattform? Aus der dann wahrscheinlich auch noch Fahrscheine rausfallen, die man nur auf einer noch kleineren Menge von Zügen benutzen wird dürfen?

    Ich war in den letzten Wochen mehrfach grenzüberschreitend nach Frankreich durch Belgien und in die Niederlande unterwegs. Und man braucht, wenn man Anschlüsse verpasst, Nerven wie Drahtseile und ein Tarifdiplom. (Wer weiß was ein Railteam HOTNAT Stempel ist, wie und wo man den bekommt?)

    Viel wichtiger als noch eine Plattform wäre der Zwang zur Kooperation. Warum gelten DB Fahrscheine nicht im Thalys? Warum müssen "Privatbahnen" und die DB, die auf gleichen Linien fahren nicht wechselseitig Fahrscheine anerkennen?

    Für den Thalys z.B. werden noch dazu keine Fahrscheine verkauft, die über das Thalys Netz hinausreichen. Damit werden die europäischen Fahrgastrechte effektiv ausgehebelt, weil das Servicecenter Fahrgastrechte auf EINEM Fahrschein besteht, der Anfang und Ende der Reise aufführen muss.

    Das System Bahn wird durch die Privatisierung und den "Wettbewerb" immer weiter zersplittert. Das ist alles vielleicht ganz toll, wenn das System funktioniert. Aber sehr häufig tut es das eben nicht. (Von meinen letzten ACHT Fahrten mit der (Deutschen) Bahn war JEDE mit Zugausfällen, Verspätungen, verkürzten Zügen und aus Materialnot unrepariert auf die Schiene geschickten Fahrzeugen belastet. Acht mal in Folge versagen. Das muss man erst mal schaffen.)

    • @Helmut Fuchs:

      Tja, was glauben denn Sie, warum es Leute gibt, die behaupten, manche Ideen wären einfach nur bescheuert?

      Das Problem ist leider, dass sich die meisten Menschen total überfordert fühlen, wenn man sie bittet, mal eben kurz um zwei Ecken herum zu denken. Lieber fallen sie auf unrealistischen Werbespots rein, als dass sie einen Augenblick lang drüber nachdenken, ob das Werbeversprechen überhaupt funktionieren kann.

      Wundert mich nicht. Sie sind schließlich mit Heldenepen aufgewachsen. Prinzen auf weißen Pferden, Cowboys auf schnellen Rappen, fliegende Supermänner und -frauen... - immer retten andere, größere die Welt und damit auch uns Otto-Lise Normalbürger, gottgleiche Gutmenschen, die alles besser wissen und nicht verstrickt sind in all die kleinen und großen Malheure, die uns blöderweise am Boden halten. Leute wie Scheuer halt.

      Wenn unsre sehr geschätzten Mitbürger dann merken, dass man sie mal wieder verladen hat, können sie sich immerhin gemeinsam aufregen über „die da oben“, die sie so dreist betrogen haben. Das ist vermutlich gut gegen die Einsamkeit, die eine Folge der Konkurrenz-Ideologie ist. Und was sollen die Leute auch sonst tun gegen die Einsamkeit? Ihre Ideologie ist ihnen nun mal wichtiger als alles andere. Da lassen sie keinerlei Luft dran. Denn ihre Ideologie ist es, die ihnen Hoffnung macht, nicht ihre eigene Person - und die der anderen schon zweimal nicht.

    • @Helmut Fuchs:

      Ich bin seit Jahrzehnten nicht mehr ferngereist, auch nicht mit der Bahn. Was Sie da erzählen, schreckt mich ab. Wie sollen Leute überzeugt werden, auf die Schiene umzusteigen, wenn alles so kompliziert und störanfällig ist? Erst mal reparieren, was schiefläuft, dann neue Großprojekte anleiern.

  • 1G
    15451 (Profil gelöscht)

    Interessant, und etwas für den Bahnverkehr zu tun ist immer gut! Aber wenn Minister Scheuer etwas anpackt, dann wird es garantiert Murx und für den Steuerzahler unnötig teuer. Also erst abwählen und dann ab 2021 richtige Verkehrswende!

    Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Scheuer entlassen und angeklagt werden muss...