piwik no script img

Masha Gessen über den US-Präsidenten„Trump ist erschreckend erfolgreich“

Donald Trump lügt um des Lügens willen, sagt die russisch-amerikanische Publizistin Masha Gessen. Die Demokraten hätten dem wenig entgegenzusetzen.

Hat Erfahrung mit Autokratien: die amerikanisch-russische Publizistin Masha Gessen Foto: Basso Cannarsa/Opale/Leemage/laif
Jan Pfaff
Interview von Jan Pfaff

taz am wochenende: Masha Gessen, kurz nach der Wahl von Donald Trump beschrieben Sie 2016 in einem Essay „Regeln für das Überleben in einer Autokratie“. Dabei haben Sie sich auch auf Ihre Erfahrungen in Russland berufen. Inwiefern hilft der Vergleich, die Präsidentschaft Trumps zu verstehen?

Masha Gessen: Natürlich gibt es große politische und kulturelle Unterschiede zwischen den USA und Russland. Ich hatte damals aber gerade mein Buch über Russland beendet, das davon handelte, wie das Land unter Putin sich von der Demokratie abgekehrt und in eine Autokratie verwandelt hatte. Und da kamen mir bei Trump manche Sachen vertraut vor. Ich wusste, was es bedeutete, wenn ein Kandidat gewinnt, dessen Absicht es ist, die demokratischen Institutionen zu schleifen und eine Alleinherrschaft zu errichten.

Sie warnten vor der Haltung, Trump lasse sich im Oval Office einhegen.

Er machte ja nie einen Hehl daraus, wohin mit ihm die Reise geht. Er konnte dabei aber auch an bestehende Denkmuster anschließen. In den USA ist bereits seit den 1980er Jahren die Vorstellung weit verbreitet, dass die Regierung an sich einfach schlecht ist – egal, wie die Regierungspolitik genau aussieht. Die Regierung wird nicht als Teil des Volkes gesehen, sondern als etwas Illegitimes, das einem von oben übergestülpt wird. Aus dieser Haltung machte Trump eine Waffe. Er griff im Wahlkampf die Vorstellung von Regierung und Regiertwerden an.

Trump ist es in seiner Amtszeit gelungen, für nichts zur Verantwortung gezogen zu werden. Er hat die Vorstellung, dass Politiker den Wählern Rechenschaft abzulegen haben, völlig zerstört. Wie hat er das geschafft?

Das ist eines seiner wichtigsten Projekte – und damit war er leider erschreckend erfolgreich. Er hat dafür verschiedene Strategien angewandt. Ein Schritt war es, die tägliche Pressekonferenz im Weißen Haus abzuschaffen.

War die so wichtig?

Die war früher oft auch langweilig und nicht sonderlich informativ, aber es war ein tägliches Ritual, bei dem sich die Regierung den Fragen der Öffentlichkeit stellen und ihr Handeln erklären musste. Trump hat zuerst die Fernsehkameras rausgeschmissen, dann gab es keine täglichen Pressebriefings mehr – und irgendwann gar keine mehr. Jetzt kann er ganz allein entscheiden, wann und in welchem Setting er mit der Presse spricht, wer dabei sein darf, auf welche Fragen er antwortet. Dadurch werden die Pressekontakte unplanbar, überraschend – und er kontrolliert den Nachrichtenzyklus.

Im Interview: Masha Gessen

geboren 1967 in Moskau, ist in Russland und den USA aufgewachsen. Gessen lebt in New York und schreibt Bücher und Kolumnen für den „New Yorker“. Ihr Buch „Die Zukunft ist Geschichte. Wie Russland die Freiheit gewann und verlor“ wurde 2019 unter anderem mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Am 15. Juni erscheint Gessens neues Buch „Autokratie überwinden“ (Aufbau Verlag) über Trumps Präsidentschaft.

Welche Strategien hat er noch, um die Vorstellung von Verantwortlichkeit zu zerstören?

Dazu gehören natürlich auch seine Lügen. Er lügt ja über alles Mögliche. Er lügt über offensichtliche Sachen wie das Wetter, er lügt über empirisch überprüfbare Fakten – und er lügt, um einfach seinen Anspruch zu untermauern, alles sagen zu können, was er will. Bisher waren wir es gewohnt, dass Politiker lügen, um ihre Taten besser dastehen zu lassen – was wir so noch nicht kannten, war das Lügen, um des Lügens willen. Einfach um zu zeigen: „Ich habe ein großes Mikrofon – und ihr müsst berichten, was ich erzähle. Selbst wenn ihr ganz genau wisst, dass ich gerade lüge.“ Es ist eine Machtdemonstration.

Was ist mit dem System der Checks and Balances? Warum greifen die Kontrollmechanismen der Gewaltenteilung nicht stärker?

Trump feuert regelmäßig jene, die dafür da sind, die Arbeit der Regierung zu kontrollieren. Nach dem Rücktritt von Präsident Nixon hatte der Kongress das Amt des Inspector General geschaffen – es gibt Inspector Generals für jeden Teilbereich der Regierung, interne Aufpasser. Ihr Auftrag ist es, die Regierungspolitik zu überwachen, Missmanagement und Betrug aufzudecken und die Ausgaben zu kontrollieren. Sie berichten direkt an den Kongress. Es ist ein Kontrollinstrument der Legislative gegenüber der Exekutive. Mit einer Schwäche. Der Präsident kann einen Inspector General jederzeit feuern. Das hatte zuvor kein Präsident gewagt, Trump macht es wöchentlich und zerstört so dieses Instrument.

Zu Ihren Empfehlungen für das Überleben in einer Autokratie gehörte auch die Warnung: „Die Institutionen werden uns nicht retten.“

Amerikaner haben ein Vertrauen in ihre politischen Institutionen, das quasireligiöse Züge trägt. Dieser Glaube besagt: Vor 250 Jahren haben die Gründerväter ein System geschaffen, das perfekt und von ewiger Dauer ist. Das ist Quatsch. Kein System ist perfekt oder kann sich selbst reparieren, jedes System muss von Zeit zu Zeit angepasst werden. Unsere Welt ist ungleich komplizierter als die der Gründerväter.

Welche Schwächen der Institutionen macht sich Trump zunutze?

Die Institutionen sind auf den guten Willen derjenigen angewiesen, die in ihnen arbeiten. Trump kann mit gutem Willen und Gemeinwohl aber gar nichts anfangen. Recht und Gesetz nimmt er nur als Hindernisse wahr, die es zu überwinden gilt. Hinzu kommt: Institutionen funktionieren nicht richtig, wenn die Menschen nicht hinschauen. Sie brauchen das Licht der Öffentlichkeit – und kritische Bürger. Trump aber hat die Gesellschaft weiter polarisiert und das gemeinsam geteilte Realitätsempfinden stark beschädigt. Deswegen fehlt den Institutionen heute das Umfeld, in dem sie richtig arbeiten können.

Hat es Sie überrascht, dass es in der republikanischen Partei so wenig Widerstand gegen Trump gab?

Nein. Trump hat die Fäden in der Hand, mit denen er über die Wiederwahlchancen der Abgeordneten entscheiden kann. Natürlich haben diese auch politische Ziele und Vorstellungen, die sich von seinen oft unterscheiden, aber am Ende wollen sie ihre Mandate behalten. In einer Demokratie adressieren Politiker die Wählerschaft, in einer Autokratie ist der Adressat der Autokrat. Es ist also eine Ein-Mann-Zielgruppe. Um ihren Job zu behalten, versuchen also die meisten Republikaner, Trump zufriedenzustellen.

Trump im Weißen Haus zu haben, war vorher schon schlimm, aber dann kam auch noch die Pandemie dazu.

Ja, und die hat uns gezeigt, wie gefährlich es ist, Trump als Präsidenten zu haben. Vieles, was wir vorher auch schon über ihn wussten, wurde wie unter einem Brennglas vergrößert. Wir wussten, dass er inkompetent ist, dass er Expertenwissen verachtet und keinen Respekt vor Menschenleben hat, mit der Ausnahme seines eigenen. Das Coronavirus hat uns gezeigt, wie fatal es ist, wenn der Pandemiestab aufgelöst wird, weil man Regierungsorganisationen blöd findet. Was es heißt, keine politische Führung zu haben und einen Präsidenten, der sich nur für die Wirtschaft und seine Einschaltquoten interessiert. Ich fürchte, wir haben bei der Pandemie bisher nur ein Vorspiel gesehen – in den USA wird gerade rücksichtslos alles gelockert. Selbst in jenen Bundesstaaten, die das Virus bisher sehr ernst genommen haben.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

Sehr kritisch sehen Sie auch die Rolle des Journalismus.

Es gibt ein großes Dilemma, mit dem wir alle kämpfen: Wie berichten wir über diese Präsidentschaft, ohne den Schaden zu vergrößern, den Trump sowieso schon anrichtet? Ich schreibe Kolumnen, da habe ich es noch einfach, weil sie subjektiv sein können. Aber für die New York Times ist das keine Option. Wenn sie ihre Vorstellung von Neutralität und einer Perspektive aus einem überparteilichen Niemandsland aufgibt, muss sie eine andere einnehmen. Das ist sehr schwierig. Ich denke, dass man in Zeiten von Trump Journalismus zunächst einmal als Schadensvermeidung betreiben muss. Der größte Fehler ist, über Trumps andauernde Lügen so zu berichten, als könnte man über Fakten diskutieren – darauf dürfen wir uns nicht einlassen.

In der „New York Times“ gab es gerade einen Aufstand der Belegschaft, nachdem ein Gastbeitrag eines trumpfreundlichen Senators erschienen war, der gefordert hatte, das Militär gegen die Black-Lives-Matter-Demonstranten einzusetzen.

Da handelte es sich um ein Meinungsstück, das ist etwas anderes als die normale Berichterstattung. Da geht es nicht um Neutralität, sondern um die Frage: Ist diese Meinung innerhalb dessen, was wir diskussionswürdig finden? Und in diesem Fall würde ich auch sagen, die New York Times hat es nicht so richtig gut hingekriegt. Man sollte nicht darüber diskutieren, ob das Militär gegen die eigenen Bürger eingesetzt wird. Durch die Diskussion über den Gastbeitrag wurde die Times ganz in Trumps Framing gefangen. Die Frage war nur: Sollen wir Truppen reinschicken oder nicht? Dabei gibt es viele andere Möglichkeiten, über Proteste zu sprechen – gerade in den USA, wo Proteste oft Teil der politischen Kultur waren und die Demonstrationsfreiheit in der Verfassung verankert ist.

Wie können die USA den Trumpismus überwinden?

Ein Problem, das wir dabei haben, ist sicher die Demokratische Partei, die als einzige Oppositionspartei sehr an einem technokratischen Verständnis von Politik hängt. Und an der Idee, dass wir einfach nur zu einem Zustand vor Trump zurückkehren müssten und alles wäre in Ordnung. Damit wird man Trump aber nicht schlagen. Um seinem Versprechen einer imaginären Vergangenheit – die weiß, männlich, traditionell sein soll – etwas entgegenzusetzen, braucht es eine überzeugende Vision einer besseren Zukunft. Eine Vision, die alle einschließt. Wir haben PolitikerInnen, die so etwas verkörpern – zum Beispiel die junge Alexandria Ocasio-Cortez. Joe Biden müsste dringend seine Botschaft verändern, sonst könnten wir im November wieder eine ganz böse Überraschung erleben.

Was müsste Biden vertreten?

Ideen, die bei den Menschen populär sind, innerhalb der demokratischen Partei aber unpopulär – eine Krankenversicherung für alle, radikale Klimapolitik, radikale Polizeireformen.

Welche Rolle können die Proteste, die wir gerade sehen, für den politischen Wandel spielen?

Es ist gerechtfertigte Empörung, die die Menschen auf die Straßen treibt. Die Proteste sind emotional kompliziert, aber was sie eint, ist die Sehnsucht, eine Welt zu schaffen, in der wir anders und besser zusammenleben. Es fühlt sich gerade schon wie ein revolutionärer Moment an. Ein Gefühl von Wandel liegt in der Luft – auch weil nicht nur in den großen Städten protestiert wird, sondern überall, auch in vielen Kleinstädten. Und die Protestierenden sind sehr divers. Ideen, die bisher eher am Rand zu finden waren, bekommen jetzt auf einmal auch eine große Zustimmung in der Mitte der Gesellschaft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

44 Kommentare

 / 
  • Abschaffung der Regierung gleich mit!



    Wenn schon, denn schon...

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Trump ist erfolgreich, weil die Gegenseite nicht erfolgreich ist. Krankenversicherung, Guantanamo, Abstieg der Arbeiter, Drohnenkrieg, Gewalt, Rassismus, alles ungelöste Dinge, die Obama hat liegen gelassen und Hillary Clinton nicht geändert hätte.

  • Vielleicht ist auch ein Trump nicht unverwundbar. Möglicherweise bricht ihm der Aufruhr um den Tod von George Floyd das Genick.

    • @Trigger:

      Ich befürchte so wie andere, dass die Proteste nicht die nötige Mehrheit bringen werden, denn es herrscht in den USA in Flickenteppich an Wahlrechtsbestimmngen, der in vielen Bundesstaaten durch manipulierbare Wahlkreisgrößen der weißen Bevölkerung ein viel stärkeres Stimmengewicht gibt. Nicht zu vergessen ist, dass die Republikaner schon zu Zeoten von Obama mit äußerster Verbissenheit ihre kleine Mehrheit im Senat zur Blockade nutzen konnten: daher konnte Obama viele Neuerungen nur über Erlasse und dergleichen realisieren, die unter TRump leicht aufzuheben waren. Stärker noch wirkt der Umstand, dass die Rechten zu Obamas Zeiten die Besetzung von hohen Richterstellen gnadenlos blockierten, um später Ultrareaktionäre auf den Vakanzen zu platzieren, die jetzt für Jahrzehnte dort sitzen werden .... Die Progressiveren können einem nur noch leid tun.



      Nicht zu unterschätzen ist das unerschöpfliche Reservoir an Ignoranten und Ultraevangelikalen,,,, die alternative Kultur ist ein Phänomen der Metropolen an den Küsten, sonst herrscht eher ein, vorsichtig formuliert, Geist des Desinteresses am Rest der Welt....



      Wenn auch der Tod von von George Floyd vor laufenden Kameras endlich Proteste in Gang setzt, wundere ich mich, dass es erst jetzt passiert. Denn warum nicht schon, als vor nicht so langer Zeit ein im Auto schlafender junger Rapper von Polizisten mit 55 Schüssen ermordet wurde.

    • @Trigger:

      Das Gegenteil könnte der Fall sein, denn die Proteste sind überwiegend von "identity politics" getragen: Was die Morde durch Polizisten schlimm macht, ist dass sie von Weißen an Schwarzen begangen werden. Tatsächlich gibt es sowohl prozentual als auch in absoluten Zahlen mehr weiße Opfer von Polizeigewalt. Das Problem gegen das protestiert wird sollte nicht die Hautfarbe der Opfer sein sondern der Umstand, dass die Polizei pro Jahr mindestens 1000 Menschen umbringt. Wenn es nur um die ethnische Identität der Opfer geht greift die Gegenseite ihrerseits sehr schnell zu Identity Politics, zu offenem Rassismus. Und auf diesem Feld ist Trump unschlagbar.



      Ich fürchte, das Problem Trump muss sich biologisch erledigen. Allzu lang dürfe ein adipöser 70-jähriger mit höchst ungesundem Lebensstil nicht mehr zu leben haben. Aber auch da kann man sich täuschen. Armes Amerika!!!

    • @Trigger:

      Das kann man durchaus hoffen, aber man muss dann auch zur Kenntnis nehmen, dass die zahlreichen Amerikaner, die in ins Amt gewählt haben, damit ja nicht plötzlich auch weg sind.

  • Nihilismus

    Trump als Exponent des turbokapitalistischen Nihilismus, in dem wir leben.



    Das ergibt "das Geschwätz im Man" (Heidegger) und die Lüge, die systemimmanent sind. Das System ist die Lüge. Und die Lüge hat System.



    Es gibt kein wahres Leben im valschen (R. Gernhard).

  • Tut mir Leid, aber wer Joe Biden sieht, übersieht ihn.



    Der redet gar nicht. Man kriegt ihn gar nicht mit weil er keine Präsenz hat. farblos, tonlos.



    Von Trump weiß ich noch alle Sprüche, die er 2016 gebracht hat, obwohl ich mir diese widerlichen Sprüche gar nicht einprägen möchte.

    • 9G
      90946 (Profil gelöscht)
      @nzuli sana:

      Und Merkel? Was gefällt Ihnen denn besser? Charisma, Sachpolitik, mediale Präsenz, rhetorische Fähigkeiten, Verantwortung, Lärm, pragmatische Verwaltung? Ich frag ja nur. Ich bekomme von den großmäuligen Sprücheklopfern ganz schnell Zahn- oder Magenschmerzen.

      • @90946 (Profil gelöscht):

        Na ja - Frau Merkel hat einfach 6/7 ihrer Amtszeit den Eindruck vermittelt, als hätte sie mit der Politik in Deutschland gar nichts zu tun. (;-))

  • Trumps Lügen haben durchaus System, auch wenn sie oft spontan und zufällig wirken. Frau Gessen hat sicher recht, wenn sie davor warnt, sich überhaupt inhaltlich darauf einzulassen, denn nur dann funktionieren diese Lügen auch in seinem Sinne. Dass es sich um Lügen handelt, ist meistens doch sowieso offensichtlich. Trump entzaubert regelmäßig die Opposition, indem er eine eigene Opposition von ganz besonderem Reiz inszeniert - eine Maximalopposition gegen die Realität. Er fliegt einfach über sein eigenes Kuckucksnest. It works - believe it or not.

  • In einigen Medien hier, wie telepolis und rubikon.news und NachDenkSeiten wird ja Trump gegenüber dem "tiefen Staat" als harmlos dargestellt. Hinter Trump stünden die geheimen Meister des "Tiefen Staates", so auch neuerdings im Westendverlag.

    • @nzuli sana:

      "Deep State", wonach der (amerikanische) Staat von Mächten fremdgesteuert wird ist ein idealer Begriff für Verschwörungstheorien und somit auch für Trump.

    • @nzuli sana:

      Ich dachte, die Leseart wäre so, dass Trump der einzig ernst zu nehmende Gegner des "Tiefen Staats" wäre.

      Qanon sieht die Geschichte so, dass Teile des Militärs, die nicht im Dienste des "Tiefen Staats" stehen, Trump seine Präsidentschaft ermöglichten.

      Seitdem geht er gegen diese Mischung aus Hollywood-Stars, Demokraten und selbstredend Juden vor und dann werden auch mal tausende von Kindern befreit, die gefangen gehalten wurden, um ihnen Adrenochrom abzuzapfen.

      Liest sich wie ein Drehbuch, dass L. Ron Hubbard auf Droge geschrieben haben könnte.

      Und es gibt kaum eine große Rede von Trump, bei der nicht das Q hochgehalten wird.

      Der Wahnsinn als Normalität.

      • @Jim Hawkins:

        Trump ist wie der Dieb, der sich die Taschen vollstopft, um dann zu rufen: "Haltet den Dieb!" und mit dem Finger auf andere zu weisen.



        Will sagen: die gemeingefährliche Elite, den den "deep state" darstellt, hat einen Anführer, und der heisst Trump.

        • @Stechpalme:

          Sie müssen unterscheiden, zwischen Elite und Establishment. Trump ist Teil der (Finanz-) Elite, jedoch nicht (mehr) Teil des Establishments. Da ist er jetzt ein Paria.

          Früher, da war das noch anders. Da hatte er Gastrollen in Familienflmen wie "Kevin allein zu Haus 2" und grinste zusammen mit den Clintons auf Schickimicki-Veranstaltungen fröhlich in die Kameras.

  • Das Erfolgsgeheimnis von Trump liegt primär darin, dass er seine Wählerschaft sehr gut versteht, was wiederum daran liegt, dass er sich von seiner Wählerschaft nicht grundsätzlich unterscheidet.



    Und seine Wählerschaft ist von der Globalisierung überfordert, und sieht stattdessen das „Heil“ in Nationalismus und (viel zu sehr) vereinfachenden Antworten.



    Ergo: Trump (& Co.) wäre/-n nicht so erfolgreich, würden die Wähler informierter/gebildeter sein.



    😉

    • @tazeline:

      Im letzten Satz fehlt vor "Wähler" "weißen".

      Es waren weiße Amerikaner ohne Hochschulabschluss die Donald Trump 2016 einen riesigen Vorsprung verschafften. www.faz.net/aktuel...-wen-14520011.html

      • @Rudolf Fissner:

        Jupp............ auch weiße Amerikaner ohne Hochschulabschluss wählen. Einfach der Horror, der unvorstellbare Horror..............

        Oder auch nicht? Denn dieselben weißen Amerikaner ohne Hochschulabschluss wählten auch Obama. Zweimal.

    • @tazeline:

      Das meine ich nicht. Aus meiner Sicht ist nicht die Bildung der Wähler kausal, oder anders, sie haben nicht zu wenig Bildung, sondern Forderungen, die von Trump verstanden werden.

    • @tazeline:

      Das Versprechen von Trump ist die Abschaffung der Politik. Er ist kein Politiker, war nie ein Politiker und wird auch nie ein Politiker sein, weil ihm der Staat schlichtweg egal ist. Und das macht ihn in den Augen seiner Wähler sympathisch. Ginge es nach denen, würde man den Staat ganz abschaffen.

    • @tazeline:

      Trump kompiliert nur auf äusserst geschickte Weise weitverbreitete Ressentiments. Damit legitimiert er das Ressentiment und macht es salonfähig. Er appelliert nicht an das Beste, sondern an das Schlechteste, das sein Wähler zu bieten haben.

    • @tazeline:

      "Ergo: Trump (& Co.) wäre/-n nicht so erfolgreich, würden die Wähler informierter/gebildeter sein."

      63 Mio Menschen haben Trump 2016 gewählt. Glaube nicht das alle uninformiert oder ungebildet waren. Glaube aber das sehr viele was gegen besserwissenden Snobismus hatten.

  • Sind zwei institutionelle Hauptgründe, warum Trump so erfolgreich sein kann, nicht einfach die (zu) starke Position des Präsidenten in der Verfassung und das Fehlen echter Parteien. Es gibt nicht soetwas wie eine Parteibasis, die mit Gesandten auf Parteitagen eine andere Richtung erzwingen kann - für den Parteivorsitzenden sowieso, aber faktisch auch für den Kanzler.

  • Trump kann sagen was er will, seine wachsende Klientel wird schon aus Eigen- und Nationalstolz nicht von ihm lassen, sonst wären sie ja nachweislich das was ich von Ihnen halte.

    Eine schöne Überleitung zur nächsten NBC/BBC Hitler Doku:“Wie konnte ein Mann ein ganzes Volk verführen und zu Mittätern seiner Verbrechen machen, was ließ sie bis zum Schluss an ihn glauben“?

    Genau das und genau so!

  • A.) Das System der USA ist vollkommen falsch konstruiert, der Präsident hat zu viel Macht, das Wahlmännersystem hebelt die Stimmen der Wähler aus,...

    B.) das bi-turbokapitalisitsche System der USA, ohne einen irgendwie bedeutsamen öffentlich Rechtlichen Rundfunk, ist rein auf die Medien von Superreichen angewiesen. Deren Interesse ist Geld, nicht Demokratie. Im Zweifel werden die nicht gegen einen Diktator agieren.

    • @danny schneider:

      Hallo, vielleicht haben Sie schon von npr gehört dem national public radio und ihren landesweiten Nachrichtensendungen. sie sind die am meisten gehörten Rundfunksendungen.



      Außerdem gibt es noch die communitybased radio stations, etwa vergleichbar mit Radio Dreyeckland.

  • "Ein Schritt war es, die tägliche Pressekonferenz im Weißen Haus abzuschaffen."

    Das nennt man "lying by omission". Ja, Trump schaffte die Pressekonferenzen ab; dennoch steht Trump oft der Presse Rede und Antwort, oft im Rosengarten bevor er mit dem Hubschrauber irgendwo hinfliegt. Fakt: für einen US Präsidenten redet Trump sehr viel mit der Presse. Auch kann er sich nicht aussuchen mit welchen Journalisten er redet denn das vom Präsidenten unabhängige Pressekorps de WH entscheidet welche Journaliste geschickt werden.







    "Dieser Glaube besagt: Vor 250 Jahren haben die Gründerväter ein System geschaffen, das perfekt und von ewiger Dauer ist. Das ist Quatsch."

    Natürlich ist das Quatsch. Bereits die Gründerväter wussten, daß jedes Regierungssystem irgendwann außer Kontrolle gerät. Deswegen haben sie in der Verfassung ja auch verschiedene Mechanismen eingebaut, die genau dies verhindern sollen, z.B. den "2nd".

    "Ideen, die bei den Menschen populär sind, innerhalb der demokratischen Partei aber unpopulär – ......"

    Tja...... die demokratische Partei ist eine von nur zwei Volksparteien und infolge dessen auch entsprechend Mitgliederstark. Wenn diese Ideen nun innerhalb dieser Partei unpopulär sind, dann sind sie vielleicht, nur vielleicht generell nicht so populär wie immer suggeriert?

    • @Tobias Schmidt:

      "Das nennt man "lying by omission"."

      Nein, nennt man es nicht, weil es schlicht wahr ist. Ja, er redet mit der Presse, aber zu seinem Bedingungen, und das ist nunmal eine Umkehr des Verhältnis. Das ist auch das was im Artikel bemängelt wird. Und nein Trump steht nicht "Rede und Antwort", denn sobald jemand eine kritische Frage stellt sagt er Dinge wie "That's a nasty question" oder antwortet nur "shhhh!", wie zuletzt bei der Frage zum Rassismus.

      "Deswegen haben sie in der Verfassung ja auch verschiedene Mechanismen eingebaut, die genau dies verhindern sollen"

      Die aber offensichtlich nicht greifen, vorallem weil die Republikaner sämtliche "Checks and Balances" aushebeln. Und das haben die Gründerväter eben nicht einkalkuliert. An der US Demokratie ist so vieles kaputt.. Siehe z.B. Gerrymandering.

  • Ich stimme vielem zu, aber der Wahlkampfempfehlung an die Demokraten auf radikale Position zu setzen ausdrücklich nicht.

    Die alte Weisheit, dass Wahlen in der Mitte gewonnen werden, gilt für kein Land mehr als für die USA. Grund dafür ist das Electoral College, bei uns besser bekannt als Wahlmännersystem.

    Es spielt keine Rolle, ob die Demokraten es schaffen, in einem ohnehin schon liberalen, demokratischen Bundesstaat 55%, 65%, oder 75% der Stimmen zu holen. Die Anzahl der Wahlmänner im Electoral College ist nämlich immer gleich.



    In den USA gewinnt man Wahlen indem man die Swing States gewinnt. Und Swing States gewinnt man, indem man die Swing-Wähler gewinnt. Im Falle der Demokraten heißt das, sie müssen Leute, die früher republikanisch gewählt haben auf ihrer Seite ziehen. Also Leute die Mitte rechts verortet sind. Mitte rechts wird aber niemals für radikal Links stimmen, sondern höchstens für moderat Mitte-Links.

  • Eine unglaublich klare, knackige Analyse.

    Die Demokrat*innen täten gut daran (nicht nur sich selbst, sondern auch dem Rest der Welt!), das zu verstehen und zu verinnerlichen.

  • Irrtum und Macht

    "Donald Trump lügt um des Lügens willen, sagt die russisch-amerikanische Publizistin Masha Gessen. "

    Das ist ein Irrtum. Trump weiss ganz genau, was er macht und sagt und welche populären Feindbilder er bedient. So wurde er Präsident. Insofern ist er ein Vollblutpolitiker. Um Wahrheit geht es in der Politik sowieso nicht, sondern um Macht.



    Trump lügt also um der Macht willen. Natürlich seiner Macht.

    • @Hartz:

      "Trump weiss genau, was er macht"? Ich habe da meine Zweifel. In meinen Augen ist er ein sehr gestörter, drogenabhängiger (Aderall), geistesschwacher Soziopath auf dem Weg in die Demenz, der keine Ahnung hat, was er da mit seinem beschränkten Wortschatz (beautiful) zu Gehör bringt. Der Mann braucht Hilfe. Und die USA auch.

    • @Hartz:

      Diese Aussage würde Trump sicher auch so sehen, müssen wir dies auch so sehen, dass es in der Politik grundsätzlich nicht um Wahrheit geht ist die Lesart der Rechten, die so den Zynismus und den Glabe an demokratische Prinzipien und Institutionen aushöhlen wollen. Zu oft übernehmen wir diese Lesart und kommen zum Schluss, dass man ja eh nichts machen kann. Zynismus hilft niemanden weiter.

      • @wirklich?:

        Ist auch die Lesart von (z.B.) Karl Marx, was Ihre steile These widerlegt.

    • @Hartz:

      In der Verallgemeinerung ist das populistischer Quatsch. Lügen ist nicht Element der Politik, nur bei schwachen visionsfreien Menschen. Die anderen haben ihre Sichtweise auf die Welt, und wollen gemäß ihrer Vision gestalten. Die Sichtweise mag jeweils den einen oder anderen wie bullshit erscheinen, mit Lüge hat das aber nicht automatisch was zu tun. Schade dass dies offensichtlich in Deutschland zu wenig in den Schulen gelehrt wird oder hängenbleibt.

      • @sachmah:

        "Lügen ist nicht Element der Politik, nur bei schwachen visionsfreien Menschen. "

        Schauen Sie bitte mal in ein (wissenschaftliches) Geschichtsbuch...

        • @Hartz:

          Anarchie oder Diktatur, was schwebt Ihnen denn so vor?

      • @sachmah:

        Das ist mir zuviel Superman. Aus dieser Sicht könnte man auch die Schwiegermutter meucheln und bliebe ein unbestrafter Visionär.

    • @Hartz:

      ...womit Sie auch nur das wiederholen, was Frau Gessen (ausführlicher, erschreckend klar und eloquent) im o.a. Interview gesagt hat. Aus der fünften Antwort:

      "und er lügt, um einfach seinen Anspruch zu untermauern, alles sagen zu können, was er will. [...] Es ist eine Machtdemonstration."

      • @tomás zerolo:

        Eben!



        ...

      • @tomás zerolo:

        Bingo. Und er will den Wahrheitsbegriff aushöhlen. Es ist Gaslighting auf nationaler Ebene.

        • @Yodel Diplom:

          Der Wahrheitsbegriff interessiert Trump gar nicht. Genauer gesagt: die (vielen!) Wahrheitsbegriffe.



          Das wäre eine philosophische Diskussion, damit hat er es nicht so...

        • 9G
          90946 (Profil gelöscht)
          @Yodel Diplom:

          Seh ich auch so.