Neuer Posten für Sigmar Gabriel: Total transparent

Der Ex-Vizekanzler und Ex-SPD-Parteichef wird Aufsichtsrat der Deutschen Bank. Gabriel hält sich dabei an alle Regeln. Dennoch: Ist das sein Ernst?

Sigmar Gabriel mit geschlossenen Augen.

Sigmar Gabriel, politischer Tausendsassa aus Goslar Foto: Peter Hartenfelser/imago

Unvorhersehbare Veränderungen – wer kennt sie nicht. Gerade erst hat man bekannt gegeben, sich nach Jahrzehnten getaner Arbeit ins Private zurückziehen zu wollen – da fragt die Deutsche Bank an, ob man vielleicht Zeit hätte, ihr Aufsichtsrat zu werden. Ach du Schreck, was nun?

Sigmar Gabriel, politischer Tausendsassa aus Goslar, hat dankenswerterweise nicht lange gezögert und seine Entscheidung doch noch mal revidiert. Auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank am 20. Mai wird er sich den AktionärInnen zur Wahl stellen. Er wolle, erklärt er zu diesem Vorgang, „einen Beitrag leisten“ dazu, die Zukunft der deutschen und europäischen Wirtschaft zu gestalten. Wie lieb von ihm.

Da ist es geradezu niederträchtig, dem Ex-Parteivorsitzenden, Ex-Minister, Ex-Vizekanzler und Ex-Abgeordneten vorzuwerfen, er wolle am Ende seiner Karriere „sein Adressbuch versilbern“, wie das ­abgeordnetenwatch.de tut. Also wirklich. Was ist denn schon dabei, wenn ein erfahrener Politiker sein Detailwissen und seine soziale Kompetenz in den Dienst eines weltbekannten DAX-Unternehmens stellt, nachdem er seine Partei, die SPD, vor die Wand gefahren hat?

Karenzzeit haarscharf eingehalten

Andere machen es sich lieber einfach. Andrea Nahles zum Beispiel. Verlässt zu Fuß das Willy-Brandt-Haus, fährt nach Hause in die Eifel und geht vermutlich den lieben langen Tag reiten, statt sich öffentlich hilfreich zu diesem und jenem zu äußern.

Nicht so Sigmar Gabriel. Der reißt was für eine global operierende Bank und hält sich dabei auch noch an sämtliche Regeln der Transparenz. Die Karenzzeit, die vorgibt, ab wann PolitikerInnen sich endlich von der Wirtschaft bezahlen lassen dürfen, hat er ­haarscharf eingehalten. Am 14. September, genau anderthalb Jahre nach Gabriels Ausscheiden aus dem Kabinett, war sie um.

Zwei Wochen später veröffentlichte er eine Videobotschaft, in der er lieb lächelnd erklärte, er wolle „die Chance nutzen, mit 60 ein paar neue Dinge zu machen, die man wahrscheinlich mit 63, 64, 65 nicht mehr machen könnte“. Am 4. November erschien er schließlich in einem fancy auberginefarbenen Blazer beim Bundestagspräsidenten, um dort seine Entlassungsurkunde aus dem Parlament zu unterschreiben. Zu dem dabei entstandenen Foto schrieb Sigmar Gabriel: „Es war ein Schritt, der mir wahrlich nicht leichtfiel.“ Wer jetzt noch behauptet, Sigmar Gabriel habe seinen Wechsel in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank von langer Hand geplant, sollte sich schämen.

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