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Britischer Vorschlag zum FlugverkehrDas Ende der Vielfliegerei

In Großbritannien schlägt ein Komitee vor, Vielfliegen aus Klimaschutzgründen abzuschaffen. Wäre das auch hierzulande möglich?

Einfach mal am Boden bleiben: Flugzeuge der British Airways in Heathrow Foto: Hannah McKay/reuters

Berlin taz | In der Diskussion um Klimaschutz im Flugverkehr kommt jetzt ein neuer Vorschlag aus Großbritannien: Wer viel fliegt, der soll nicht auch noch dafür belohnt werden, fordert das Committee on Climate Change (CCC), das die Regierung in London berät.

Die beliebten Treueprogramme der Airlines mit Bonusmeilen, Freiflügen und „All you can fly“-Pässen sollten abgeschafft werden. Explizit verboten werden sollen die Programme allerdings nicht. Stattdessen fordert das Gremium eine eigene Steuer aufs Vielfliegen, um die von Fluggesellschaften geschaffen Anreize obsolet zu machen.

Um die Steuer zu berechnen, solle eine Datenbank die geflogene Meilen der Brit:innen dokumentieren. Werbung für Flugreisen sollte ähnlich reguliert werden wie Anzeigen für Alkohol und Tabak. Außerdem sollten Kund:innen beim Kauf einer Flugreise darüber informiert werden, wie viel Emissionen durch ihren Flug entstehen.

Man sollte nicht Leute belohnen, die sich unökologisch verhalten

Jens Hilgenberg, BUND

Das vom Parlament unabhängige Klimakomitee ist eine in Großbritannien anerkannte Institution. Es wurde bereits 2008 gegründet, um das Vereinigte Königreich bei der Bekämpfung der Klimakrise zu beraten. Im Mai forderte es in einen Bericht, dass Großbritannien bis 2050 keine Treibhausgase mehr emittieren solle. Im Juni hatte sich das britische Parlament dazu verpflichtet.

Zug fahren gilt als piefig

In Deutschland sind Vorschläge gegen ökonomische Anreize zum Vielfliegen bisher noch nicht debattiert worden, sagt Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte beim BUND. „Ganz grundsätzlich haben wir uns schon dazu geäußert, dass es nicht sinnvoll sein kann, Vielfliegen auch noch zu belohnen“, erzählt Hilgenberg. „Man sollte nicht Leute belohnen, die sich unökologisch verhalten.“

Wie die Expert:innen des CCC bemängelt auch Hilgenberg den sozialen Status, der mit dem Fliegen einhergehe: „Fast in der gesamten Gesellschaft ist es gern gesehen, wenn man sagt: ‚Ich muss noch meinen Flieger kriegen.‘“ Dagegen gelte es oft als piefig, zu sagen, man fahre mit dem Zug. „Das sieht man auch an den Reisevorschriften verschiedener Unternehmen. Bei manchen Beratungsunternehmen gibt es die Option gar nicht, von Berlin nach Düsseldorf mit der Bahn zu reisen.“ Diese werden dafür belohnt und in Lounges eingeladen, kritisiert Hilgenberg.

Auch bei der Regulierung von Werbung ist Hilgenberg einer Meinung mit dem CCC: „Der Gesundheit schaden vor allem die Feinstäube und der Lärm. Das auf einen Passagier runterzurechnen ist schwierig.“ Bei jedem Auto, für das Werbung gemacht werde, gebe es Angaben über den CO2-Austoß pro Kilometer. „Warum steht das nicht unter der Flugreise? Alles, was den Verbraucher informiert, welche Klimafolgen es gibt, ist gut.“

Die Autor:innen des CCC-Berichts hoffen, dass ihre Maßnahmen auf eine höhere Akzeptanz als etwa eine CO2-Steuer stoßen. Von Steuern auf Vielfliegen seien nicht alle betroffen; so sei der Familienurlaub von London nach Barcelona noch möglich. Und die Vielfliegenden übernehmen Verantwortung für ihren CO2-Abdruck.

Das Umweltbundesamt ist vorsichtig

70 Prozent der Flüge würden von nur 15 Prozent der Brit:innen gebucht werden. Dabei müsse auch beachtet werden, dass ein Flug in der ersten Klasse siebenmal so viele Emissionen verursache wie einer in der Economy Class, schreibt Richard Carmichael vom Imperial College London, einer der Autoren. „Fliegen ist die schnellste und günstigste Variante, um seinen CO2-Fußabdruck zu vergrößern“, heißt es in dem Bericht.

Die vom Komitee verlangte Datenbank könne auch dazu dienen, andere Regularien des Flugverkehrs in der Politik durchzusetzen. Im Bericht heißt es, dass „Vielfliegende einen vielfachen CO2-Fußabdruck im Vergleich zum durchschnittlichen britischen Haushalt haben.“ Ein Mangel an politischen Maßnahmen im Flugverkehr werde wahrscheinlich zunehmend als ungerecht bewertet und berge die Gefahr, das öffentliche Engagement für Klimaschutzmaßnahmen zu beeinträchtigen.

Beim Umweltbundesamt ist man mit einer Einschätzung zu den neuen Vorschlägen vorsichtig. Diese „können wir derzeit noch nicht abschließend bewerten. Wichtig ist, dass Maßnahmen ergriffen werden“, sagt Verkehrsexperte Martin Lange.

Greife man in den Flugverkehr ein, sei das nichts, was man national machen könne, betont Lange. Die jetzige Luftverkehrssteuer geht ihm nicht weit genug, um ein Steuerungssignal zu setzen, sei aber möglicherweise ein geeignetes Mittel, um schnell etwas umzusetzen.

Steffen Milchsack, Pressesprecher bei Lufthansa, lehnt ein Verbot von Vielfliegerprogrammen ab: „Es ist immer ein bisschen schwierig, durch Verbote etwas zu verändern“, sagt er. Vielflieger flögen nicht zum Spaß, sondern aus beruflichen Gründen. „Vielfliegerprogramme abzuschaffen, um Veränderungen im Flugverhalten und im Reiseverhalten zu bewirken, das halte ich für schwierig“, sagt er. Milchsack verweist stattdessen auf die Möglichkeit, den CO2-Fußabdruck durchs Fliegen zu kompensieren. Wer einen Termin in den USA habe, habe schließlich keine andere Wahl als zu fliegen.

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26 Kommentare

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  • M. E. ein Artikel, den die Welt nicht braucht.



    Flüge sind aus. Schon vergessen?



    Wie ging das denn früher? Jaja, jetzt kommt wieder, alles anders heute…



    Nee, sooo groß ist der Unterschied nicht. Dann wird eben wieder in D produziert und die Ware kostet endlich wieder das, was sie wert ist.



    Wofür kann das Internet noch benutzt werden? Ah, richtig Internetkonferenzen…



    Und wenn alle nicht mehr fliegen dürfen, wo ist das Problem?



    #Luxusprobleme



    ÖPNV endlich zu dem ausbauen, was er schon seit Jahrzehnten sein müsste.



    Und Individualverkehr ist auch aus.



    Nach dem Motto "Was wir nicht haben, brauchen sie nicht".



    Alles andere verändert "nichts" bis "zu wenig", um das Klima noch einigermaßen zu retten. 😇 .



    #Luxusprobleme

  • Flugbenzin EU-weit besteuern und das Geld in die Infrastruktur Ausbau stecken?

  • Obwohl ich eigentlich eher zur Gruppe der "Klimaleugner" (im Gegensatz zu den "Klimahysterikern") gehöre finde ich doch dass das Fliegen umweltschädlich ist und eingeschränkt werden sollte. Rabatte für Vielflieger sind wirklich nicht hilfreich, ist ungefähr so als ob ich wenn ich jede Woche vier Flaschen Wein trinke, eine geschenkt bekommen würde. Bei acht Flaschen dann zwei usw. Bei den Vilefliegerrabatten anzufangen ist einfach sinnvoll. Wer einmal im Jahr Urlaub auf Malle macht wird nicht eingeschränkt, wer viel für Fliegen ausgibt kriegt nicht noch mehr dazu. Also: gute Initiative.

  • Oh, klar, Bahnfahren!



    Das geilste Reiseerlebnis seit Trampen im Ruhrgebiet (mit 18).



    Mir reichen die letzten 6 Fahrten mit der Erlebnisbahn:



    1) München- Frankfurt: Zugkomposition des ICE wurde geändert, weder Bahnhofspersonal noch Anzeige können Auskunft geben. Da der Aufenthalt verkürzt wurde bis Stuttgart trotz gebuchter Sitze im "falschen" Zugteil vor der Toilette gestanden.



    2) Frankfurt-München



    siehe 1)



    3) Stuttgart - Frankfurt



    wie 1), bis Mannheim vor dem Klo gestanden.



    4) Frankfurt - Stuttgart



    Wagen mit gebuchtem Sitzplatz existiert nicht. Wieder vor dem Klo gestanden.



    5) Augsburg - Frankfurt



    Mit dem Auto nach Stuttgart gefahren weil wegen Gleisarbeiten die Strecke Ulm-Stuttgart nicht bedient wurde. Dann war's ok (vermutlich weil erster Klasse gebucht).



    6)Frankfurt - Augsburg



    In Stuttgart war erst mal Schluss mit Fernzügen. Mit der Bimmelbahn bis Ulm, NEIN, bis Göppingen gefahren da die Bremsen am Zug defekt waren. Mit der Bimmelbahn 2 doch noch bis Ulm gekommen und ein Auto gemietet.



    Und zum Flughafen habe ich die Alternativer ÖPNV (3 Möglichkeiten), eigenes KFZ, Taxi und Deutsche Bahn (lieber nicht)

    • @Saccharomyces cerevisiae:

      Das schaut mir doch eher nach einem Blasenproblem aus..

    • @Saccharomyces cerevisiae:

      Ich muss beruflich mit der Bahn fahren und ich freue mich nie mehr drauf. Die Bahn ist extrem dreckig, unzuverlässig, ruckelt dahin auf die Hauptstrecken, das Internet ist miserabel und die Dauerbeschallung durch andere Reisende die ihr Büro und Familienangelegenheiten in den Wagen hineinschreien sowie die Schaffner die viel zu viele und viel zu aufdringliche Ansagen machen.

      Und die Sitze des neuen ICE sind hart und steif wie auf eine Vandalismus sichere S-Bahn.

      Wenn ich es vermeiden kann, fahre ich nirgendwo hin. Und das obwohl ich unheimlich gern unterwegs bin.

    • @Saccharomyces cerevisiae:

      Ihre Beispiele zeigen die Bahn sollte sich auf ihre Kerngebiete konzentrieren: Personenverkehr außerhalb Deutschlands, Transporte via LKWs und Immobil... äh, oder steht der Name Bahn tatsächlich für Eisenbahn, mh ...

      • @Uranus:

        Bahnsteigkarten verkaufen? ;-)

        • @Rudolf Fissner:

          Für ne Revolution;) ?



          Und dann doch wieder nur vor dem Klo gestanden;)))

  • in deutschland ist ausschließlich eine inlandsflugstrecke angebracht ...

    berlin-münchen.

    sonst wird keine weitere benötigt.

  • die alternative zum flieger ist der hyperloop.das ding fährt 1000km/h verbraucht weniger energie als bahn/flugzeug/auto und ist schneller wie ein flugzeug und läßt sich direkt neben oder auf der autobahn aufbauen.



    ttps:www.produktion.de/...ction-ist-311.html

    • @prius:

      Und kostet so viel wie der Transrapid gekostet haette (sowohl beim Bau als auch Betrieb)...

  • "Um die Steuer zu berechnen, solle eine Datenbank die geflogene Meilen der Brit:innen dokumentieren. "

    Und wieder ein Schritt in Richtung totaler Überwachungsstaat.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Ich fahre sehr viel Bahn aber wenn ich Freitag Nachmittag im Norden losfahre hab ich eine 25% Chance vor dem nächsten Morgen im Süden anzukommen, das kann nicht sein.



    Die Bahn braucht endlich schnell Strecken wir in Frankreich, Japan und China und wir brauchen dann gute Anbindungen an diese Schnellstrecken.

    In der derzeitigen Situation das Fliegen zu verbieten ist Tortur für die die viel unterwegs sind und außerdem hat die Bahn schlicht nicht die Kapazitäten den Verkehr abzudecken.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Frankreich, Japan und China sind Länder mit wenigen, großen Ballungsräumen, welche auch mit Hochgeschwindigkeitszügen bedient werden. Abseits davon ist es nicht weit her mit dem Schienennetz.



      Deutschland ist ein dezentrales Land. Der feine Herr Mehdorn musste sich damals auch erst erklären lassen, das "Mannheim" (Region Rhein-Neckar) mit 2,4 Millionen Einwohner ein nicht unbedeutender Industriestandort ist, den man beim ICE Streckennetz nicht Außen vor lassen kann.

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @Saccharomyces cerevisiae:

        Wir haben aber nunmal auch Ballungszentren ja die sind nicht so groß wie in diesen Ländern das heißt aber nicht das ich einen halben Tag im Zug sitzen will wenn ich eine längere Strecke in China in 1,5 bereisen kann.

  • Der Pressesprecher von Lufthansa ist gegen Verbote. Womöglich ist er gegen alles, was den Flugverkehr reduziert.

    Ach was. Ich bin überrascht.

    • @tomás zerolo:

      Bestes Zitat: "Es ist immer ein bisschen schwierig, durch Verbote etwas zu verändern." - Komisch, seit Rauchen in Restaurants verboten ist, wird dort nicht mehr geraucht, aber ja, is halt schwierig...



      Warum bekommt dieser Lobbyist eigentlich das Schlusswort?

      • @SuedWind:

        :-)

        Ja, das Rauchverbot: eine ungeheuerliche Einschränkung meiner Freiheit!

  • off topic:



    der gender : ist einfach anstrengend zu lesen.



    Dann glaubt man, man hat sich dran gewöhnt und merkt dann, dass die Autorin dann doch nicht konsequent ist. Vielflieger ist nicht gegendert in Vielflieger:innen. Einmal sind es die Autor:innen, einmal die Autoren des Berichtes.



    Dann kann man es gleich lassen.

    • 9G
      90618 (Profil gelöscht)
      @fly:

      Ich kannte die Variante mit Kolon noch gar nicht, nur mit Asterisken oder Unterstrich. Alles besser als nominalisiertes Partizip:



      "Es war einmal eine Vielfliegende oder ein Vielfliegender. Die oder der fragte die Flugbegleitende oder den Flugbegleitenden, ob sie die Pilotierende oder den Pilotierenden um einen Zwischenhalt in Somalia bitten könnten."



      Mit dem Kolon ist das schon besser!

    • @fly:

      Nö.

      Und ja, Sie haben recht. Offtopic.

  • Naja, Ursache und Wirkung sollte aber diskutiert werden, mal unabhängig vom aktuellen Satus.



    Wenn der Fliescher einen bessern Ruf hat dann doch weil der Service besser ist, die Flughäfen bzw. Unterführungen nicht nach Urin riechen, die Beleuchtung, die Akustik, ...die Optik der Flugbegleiter..., eben alles auf eher hochwertig getrimmt wurde. Dass das dann nach xund20Jahren eine höhere Anerkennung hat, wenn wundert?



    Die Frage ist doch, wie das aufgeholt werden kann. Der klassische Diskutant hier bei "Die TAZ" will das über Negativbetrachtung des Flugverkehrs machen, klar das ist ein Weg, meiner nicht! Erkenntnisgewinne con Flugzeug und ein Pimpen der Bahn wäre eher mein Weg, konstruktiv halt.



    Setzt aber proaktive Anstregnugen der Verantwortlichen sowie unternehmerisches Denken voraus...ist halt nicht jedermanns Sache, insbesonder nicht der Politik, der Verwaltung und des Bahnmanagements.

  • Eine Datei für Vielflieger? Bei aller guter Absicht, treibt man da den Teufel nicht mit dem Belzebub aus?



    Warum solch ein aufwändiger Mechanismus, der zudem noch anderweitige Begehrlichkeiten wecken kann?



    Bonusprogramme verbieten, sowie Werbung fürs Fliegen etc. alles machbar. Nur ist das mit dem aktuellen neoliberalen Staatsverständnis, alles dem Markt zu überlassen und alles staatliche als Teufelswerk abzutun nicht vereinbar.

    Aber eine Datei, womöglich noch privatwirtschaftlich organisiert, damit der "böse" Staat keinen Zugriff hat soll dann die Lösung sein?