Klimaschutz und Flugverkehr: Gericht stoppt Heathrow-Erweiterung

Klimaschutz hat Vorrang vor Wirtschaftswachstum, sagt der Richter. Die Pariser Verträge zum Klimaschutz sieht er als rechtlich bindend.

Eine Airbus A380-Maschine fliegt knapp über die Dächer eines Wohnviertels

Landeanflug eines Airbus A380 über den Wohnhäusern in Heathrow Foto: Hannah Mckay/reuters

DUBLIN taz | Zum ersten Mal weltweit ist ein großes Infrastrukturprojekt wegen Umweltbedenken gerichtlich gestoppt worden. Das Londoner Berufungsgericht entschied am Donnerstag, dass die dritte Start- und Landebahn in Heathrow, Europas größtem Flughafen mit 80 Millionen Passagieren im Jahr, nicht gebaut werden darf. Vorigen Mai hatte ein Gericht die Klage gegen die Piste noch abgewiesen.

Die Regierung der damaligen Premierministerin Theresa May habe bei der Genehmigung des Baus die Zusagen im Rahmen des Pariser Klimaabkommens ignoriert, lautete nun die Begründung des Berufungsgerichts unter Vorsitz von Lordrichter Lindblom. Dieses Abkommen hätte im Planungsverfahren berücksichtigt werden müssen. Doch ein entsprechendes Gutachten, wie es das Gesetz verlange, sei nicht vorgelegt worden.

Der Geschäftsführer der Flughafengesellschaft, John Holland-Kaye, hatte am Mittwochabend noch versucht, die Gerichtsentscheidung zu beeinflussen. „Die Erweiterung des Flughafens ist der Schlüssel für Boris Johnsons Vision von einem globalen Großbritannien“, hatte er in einem Radio-Interview behauptet. Die Startbahn sei insbesondere wegen des Brexit wichtig für die Wirtschaft.

Bis auf den Klimaschutz seien alle anderen Punkte der Klageschrift – wie Lärmschutz, erhöhtes Verkehrsaufkommen und Kosten – vom Gericht abgewiesen worden, so dass die Sache durchaus reparierbar sei, hofft er: „Wir sind zuversichtlich, dass wir vor dem Obersten Gerichtshof Erfolg haben werden.“

Pariser Verträge sind bindend

Johnson erklärte im Namen der Regierung hingegen, auf eine Berufung zu verzichten. Der Premierminister war von Anfang an gegen das Projekt und hatte angekündigt, sich vor die Bulldozer zu werfen, um den Bau zu verhindern.

Dass er sich seinen Anzug nun nicht schmutzig machen muss, verdankt er dem Londoner Labour-Bürgermeister Sadiq Khan, der gemeinsam mit Umweltschutzorganisationen wie Friends of the Earth und Greenpeace sowie mit Anwohnern die Klage eingereicht hatte. „Wir haben gewonnen“, sagte Khan nach der Urteilsverkündung. „Wir haben die Pläne der Tory-Regierung zum Bau einer dritten Startbahn vereitelt.“

Tim Crosland von der juristischen Stiftung Plan B, einer weiteren Klägerin, sagte: „Nun ist klar, dass die Regierung nicht ihre Verpflichtung zum Pariser Abkommen bekräftigen und gleichzeitig Maßnahmen ergreifen kann, die das Abkommen eklatant untergraben.“ Großbritannien hat sich voriges Jahr ehrgeizige Klimaschutzziele gesetzlich verordnet. Bis 2050 soll der Netto-Beitrag zur Erderwärmung auf Null sinken. Die 14 Milliarden Pfund teure neue Start- und Landebahn, die bis 2028 fertig gestellt sein sollte, hätte jedoch zu 700 zusätzlichen Flugzeugen pro Tag mit all ihren Emissionen geführt.

Das Urteil habe globale Folgen, sagt Margaretha Wewerinke-Singh, Expertin für internationales Recht an der niederländischen Universität Leiden. „Zum ersten Mal hat ein Gericht bestätigt“, sagte sie dem Guardian, „dass die im Pariser Abkommen festgeschriebenen Klimaziele rechtlich bindend sind.“

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