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Klimawandel und WaldsterbenIt’s the ecology, stupid!

Wälder sind komplexe Ökosysteme, die sich ans Klima anpassen können. Die Forstwirtschaft muss umdenken, wenn sie den Wald erhalten will.

Da die Wälder ständig durchforstet werden, sind nur 4,5 Prozent der Bäume älter als 140 Jahre Foto: dpa

Von Waldsterben 2.0 sprechen die Umweltverbände in seltener Eintracht mit der Forstlobby. Doch was sich griffig anhört, verkleinert das Desaster im Wirtschaftswald. Das begann vor 200 Jahren und kollabiert nun in den ersten spürbaren Jahren der Erderwärmung. Die Hälfte der Wälder in Deutschland sind Kiefern- und Fichtenforste. In ihnen lebt der Geist des 19. Jahrhunderts, der die naturfeindliche Aufklärung mit den Grundüberzeugungen des Kapitalismus vereint. Bäume verkommen darin zu Produktionseinheiten, die auf einer arbeitsteilig bewirtschafteten Produktionsfläche Holz ansetzen sollen. „Vorrat aufbauen“ heißt das bei Förstern.

Förster wählen mit der Säge aus, welche Bäume die angeblich besten Eigenschaften haben und deswegen mutmaßlich mal die stärksten Bäume werden. Alle drei bis fünf Jahre durchforsten sie den Wald, schneiden raus, was krumm wächst oder ihrer als „Zukunftsbaum“ auserwählten Pflanze zu nahe kommt.

Dahinter steckt die forstwirtschaftliche Überzeugung, dass ein Baum dem anderen Baum das Wasser und die Nährstoffe im Boden nimmt. Und das Licht nimmt – Voraussetzung allen pflanzlichen Wachstums. Nach 200 Jahren derartig betriebener Forstwirtschaft sind 90 Prozent der Wälder in Deutschland in einem schlechten oder miserablen ökologischen Zustand, hat der ökologische Waldzustandsbericht ergeben. Da die Wälder ständig durchforstet werden, sind nur 4,5 Prozent der Bäume älter als 140 Jahre. Ein Großteil der Baumarten beginnt aber erst dann die für die biologische Vielfalt im Wald entscheidenden Qualitäten zu entwickeln.

Förster übernehmen die Aufgabe, die die Natur im komplexen Ökosystem Wald einer Vielzahl von Organismen im Einklang mit dem Klima zugedacht hat. In Försters Waldsicht wachsen die von Menschenhand vereinzelten Bäume stärker heran. Sie glauben an den Baum als Einzelkämpfer, eine wissenschaftliche Überzeugung aus dem geistigen Humus des 19. Jahrhunderts. Heute wissen Ökologen, dass Bäume über ein Geflecht von Wurzeln Nährstoffe austauschen und sich gegenseitig stärken.

Bäume wachsen daher besser, wenn sie mit anderen im Verbund stehen. Politisch und gesellschaftlich sind Ideologien von der Überlegenheit und der Zucht Einzelner überholt – die Forstwirtschaft muss diesen geistigen Schritt noch machen und die Grundvoraussetzungen des natürlichen Lebens anerkennen: Die Vielfalt und die Freiheit beim Wachsen stärken das Ökosystem.

Nicht sägen, nicht durchforsten, keine Forstwege anlegen, nicht mit Maschinen in den Wald fahren

Natürliche Wälder bilden komplexe Ökosysteme, in denen Bakterien, Würmer, Spinnen, Käfer, Pilze, Vögel, Eidechsen, Frösche und Säugetiere vom Boden bis zur Baumkrone einen Lebensraum formen und nutzen. Je mehr Pflanzenarten, unterschiedliche Tiere, Pilze und Mikroorganismen zusammenleben, desto besser geht es dem Wald. Die biologische Vielfalt stärkt das Ökosystem Wald und schafft erst in einer Vielzahl von Prozessen die Dienstleistungen, von denen auch menschliches Leben abhängt.

Bäume reinigen die Luft von Schadstoffen, humusreiche Waldböden speichern Wasser und schützen vor Überschwemmungen. Gut arbeitende Waldökosysteme haben sich an das Klima und den Boden angepasst. Sie kommen klar mit Dürre, Sturm, Eisregen. Borkenkäfer oder vertrocknete Bäume sind in der Natur keine Katastrophe, denn natürliche Waldökosysteme verarbeiten derartige Störungen und leben neu auf. Wenn ein Baum umknickt, wachsen auf seinem verfaulenden Stamm unzählige neue.

Nachhaltigkeit reicht nicht

Ökologische Wälder mit dicken, alten Bäumen speichern in Stämmen, Totholz und im Boden enorme Mengen Kohlenstoff. Wissenschaftler wie Pierre Ibisch von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde haben ausgerechnet, dass alte Wälder mehr CO2 speichern als junge Wälder mit dünnen Bäumen. Nur alte Wälder mit einer großen Biomasse sind deswegen im Klimawandel relevant. Doch alte Wälder zu erhalten oder Bäume altern zu lassen passt nicht in das wirtschaftliche Konzept der Forstwirtschaft.

Ein Großteil der Forstbesitzer will keine ökologischen Wälder in 200 Jahren, die sich an die Auswirkungen des Klimawandels angepasst haben. Die Forstlobby will Subventionen für Aufforstungen mit schnell wachsenden Nadelbäumen aus Nordamerika und vom heißen Mittelmeer. Amerikanische Baumarten wie Küstentanne oder Douglasie wachsen hierzulande, bringen jedoch nichts für die biologische Vielfalt, unterstützen also auch nicht den Wald in seiner natürlichen Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel.

Die Förster haben vor 300 Jahren einen großen waldbaulichen Erkenntnisschritt gemacht und die Nachhaltigkeit erfunden. Deutschland war damals entwaldet. Der Berghauptmann Hans Carl von Carlowitz ersann die nachhaltige Holzwirtschaft, es sollte immer nur so viel Holz geschlagen werden, wie Bäume nachwachsen. Nachhaltigkeit reicht nicht, wie der Wald deutlich zeigt.

Die gesamte Forstwirtschaft muss umdenken, wenn sie Wald schaffen und erhalten will. Waldbesitzer und Förster müssen mit der Natur arbeiten und die ökologischen Zusammenhänge respektieren, um im Einklang mit natürlichen Gesetzmäßigkeiten einen dann auch wirtschaftlich nutzbaren Wald zu schaffen. It’s the ecology, stupid! Die Ökologie stützt die Ökonomie.

Was muss also passieren? Nichts. Nicht sägen, nicht durchforsten, keine Forstwege anlegen, nicht mit Maschinen in den Wald fahren. Förster und Waldbesitzer müssen die Wälder 30, 40 Jahre in Ruhe lassen und sehen, wie sich die Natur an die neuen Verhältnisse anpasst. Und dann nochmal 50 Jahre weitersehen. Für das ökologisch sinnvolle Nichtstun müssen die Waldbesitzer entschädigt werden, denn sie schaffen die Ökosysteme, die menschliches Leben in Zeiten der Erd­erwärmung ermöglichen werden.

Das wäre ein starkes politisches Zeichen: Subventionen für die biologische Vielfalt im Ökosystem Wald. Mit anderen Worten: Der Staat investiert endlich in den Klimaschutz.

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38 Kommentare

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  • Was sagt uns das, den Veranwortlichen sind Profite wichtiger, als gesunde Wälder.

  • Schon im 19. Jahrhundert galt "Willst du dej Wald vernichten, pflanze Fichten, Fichten, Fichten".



    Insofern nichts neues.

    Die Aufklärung ist eine wesentliche Kulturleistung, die es ermöglichte, ein rationales Denken zu verbreiten.



    Sie war nicht per se naturfeindlich, jedoch wurde sie naturfeindlich ausgelegt als Mandat für eine materialistische Industrialisierung.

  • Und in Deutschland wird um Naturschutzgebiete im einstelligen Bereich gestritten, Nationalparks nur 0,60 %!



    de.wikipedia.org/w...%A4rtige_Situation



    "Die Fläche der 16 Nationalparks in Deutschland beträgt 1.047.859 ha (Stand: Juli 2016). Ohne die marinen Gebiete von Nord- und Ostsee sind es aber nur 214.588 ha, was lediglich 0,60 % der terrestrischen Fläche Deutschlands entspricht.[1] Demgegenüber gab es Ende 2015 in Deutschland 8.743 Naturschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von 1.382.673 Hektar; das entspricht 3,9 % der Fläche Deutschlands.[2] "



    Lächerlich, wie doof der Mensch ist…



    Tja, die Gier…



    Und wenn heute jede|r eine Holzheizung oder ein Holzhaus wollte, ginge dem restlichen Wald auch bald "die Luft aus"…



    Der Rest, der an Wald noch funktionieren könnte, wird nicht unter Schutz gestellt.



    Beispiel Ammergebirge: einer der letzten einigermaßen intakten Bergmischwälder in Europa. Wurde sogar wieder von der "Anwärterliste" für Nationalparks gestrichen, obwohl sogar eine länderübergreifende Lösung zwischen Österreich und Deutschland so gut wie ausgemacht war. da haben einzelne Waldbesitzer so viel Macht, das Gemeinwohl ad absurdum zu führen.



    Vom Hambi, den sie jetzt durch Abgraben des Grundwassers auch noch tot kriegen, ganz zu schweigen.



    Es geht immer um reversibel und irreversibel. Immer.



    Stichwort: Entropie.



    Einen Urwald kann frauman nicht "anbauen", Forstholz wie eine Plantage schon, das sind aber keine Wälder.



    Empfehle Peter Wohlleben zu lesen…

  • Beim Thema Wald, eigentlich Forst, gibt es noch einen Aspekt, ein Problem, dass ich interessant finde: Es heißt, es gibt derzeit viele Monkulturen (Kiefern/Fichten), die schlecht Dürren vertragen. Nach dem letzten Dürrejahr gibt es Vorschläge, die Forste mit anderen Baumarten zu ergänzen, die besser mit Dürren umgehen können. Generell sind Mischwälder eben artenreicher. Ich frage mich allerdings, wie diese jungen Bäume wachsen sollen, wenn es doch heißt, dass ältere Bäume gerade noch das durch die Trockenheit/Wärme abgesenkte Grundwasser anzapfen können, junge Bäume dies aber aufgrund mangelnder langer Wurzeln nicht können.

    • @Uranus:

      Da wird wohl ein Zusammenhang mit der Baumgröße bestehen :-) sowie mit dem Feuchtegehalt im Oberboden, weniger mit dem Grundwasser.

      • @Rudolf Fissner:

        [...]



        Ja, das meine ich ja - Baumgröße und Alter. Sowohl Oberfeuchte war kaum da als auch Grundwasserspiegel abgesenkt. Wie sollten da also Bäume angepflanzt werden, die nicht wie ältere an Wasser bei den trockenen Bodenbedingungen kommen? Sieht wie ein übler Teufelskreislauf aus ...

        Kommentar gekürzt, bitte sachlich bleiben. Danke, die Moderation

        • @Uranus:

          Wir leben nicht in der Trockensavanne selbst dort wachsen von alleine. Also auch ohne Anpflanzung. Bäume finden sie selbst auf Felsvorsprüngen, die nie im Leben einen Tropfen Grundwasser gesehen haben.

          Man wird also immer in DE Waldwachstum haben, solange man die Vegetation nur läßt, auch ganz ohne menschliches Zutun.

          Waldwachstum hat also kein Problem, sich an den Klimawandel anzupassen. „Wir“ haben ein Problem, weil der Holznachschub für unsere Tiny Houses Idylle einbricht oder gefährdet ist.

          • @Rudolf Fissner:

            Da wäre ich mir nicht so sicher. Wie gesagt, ist nach dem letzten Dürrejahr die Bodenfeuchte/der Wasseranteil in oberen Erdschichten im Allgemeinen immer noch nicht wie im Zustand vor der Dürre.

  • Klingt alles ganz toll.



    Jetzt steht dem nur noch die Tatsache entgegen, dass Deutschland Holzimporteur ist.

    (…)"Selbst das waldreiche Bundesland Hessen kann den Holzbedarf seiner Bevölkerung lediglich zu ca. 80 % aus eigenen Wäldern decken (Schultze 2018), und Deutschland ist seit 2009 ein Netto-Holz-Importeur (Dieter 2015). Das bedeutet aber auch, dass diese Bundesländer bzw. Deutschland große Waldflächen außerhalb der Landesgrenzen für die Holzversorgung der Bevölkerung beanspruchen."(…)

    www.waldwissen.net...ssabdruck/index_DE

    Der schönen Idee der Autorin fehlt die Antwort auf die Frage, wo denn dann das Holz herkommen soll.

    Obwohl Deutschland eines der Kies- und Sandreichsten Länder der Welt ist, wird Kies importiert. Für den Kies wird eben woanders Wald gerodet.

    www.deutsche-handw...pp/150/3094/364797

    Hier ein Taz-Artikel dazu:

    taz.de/Raubbau-am-Victoriasee/!5521169/

    • @DJ Boemerang:

      Der Wohnraum pro Person ist doppelt so groß wie vor 70 Jahren. Dementsprechend proportional gewachsen ist allein dafür der Holzbedarf.

  • Wow, 35 Jahre habe ich darauf warten müssen. Nun ist er endlich wieder da. Nachdem der Begriff 'Waldsterben' mir schon in meiner Jugend die Laune nachhaltig verdorben hat, darf ich mich in diesen Tagen mal wieder so richtig mies fühlen, als unermesslich schädlicher Mensch mit einem riesigen ökologischen Fußabdruck von der Wiege bis zur Bahre, mit schuldig am Leid und Untergang der Natur.

  • „In ihnen lebt der Geist des 19. Jahrhunderts, der die naturfeindliche Aufklärung mit den Grundüberzeugungen des Kapitalismus vereint.“

    Das ist ne platte Aussage, die sich weder mit der Historie noch mit dem deckt, was Forstwirtschaft ist.

    Kapitalismus würde bedeuten, den Wald für einen schnellen Gewinn platt zu machen. Forstwirtschaft ist etwas anderes. N der Forstwirtschaft wurde de Begriff der Nachhaltigkeit geprägt:

    Wikigedöns: Der Begriff Nachhaltigkeit wurde 1713 vor dem Hintergrund einer zunehmenden überregionalen Holznot von Hans Carl von Carlowitz (1645–1714), Oberberghauptmann in Kursachsen, verwendet: „Wird derhalben die größte Kunst/Wissenschaft/Fleiß und Einrichtung hiesiger Lande darinnen beruhen / wie eine sothane Conservation und Anbau des Holtzes anzustellen / daß es eine continuierliche beständige und nachhaltende Nutzung gebe / weiln es eine unentberliche Sache ist / ohne welche das Land in seinem Esse (im Sinne von Wesen, Dasein, d. Verf.) nicht bleiben mag.“ (S. 105–106 in der „Sylvicultura Oeconomica“)

    Das die Forstwirtschaft dabei nicht naturnah war ist bekannt. Das gilt aber für alle bekannten ökonomischen Systeme gleichermaßen.

  • 9G
    93559 (Profil gelöscht)

    CO2-neutraler Brennstoff (Pellets und Scheitholz) ist eben nicht CO2frei, sondern beim Verbrennen entsteht CO2. www.co2online.de/s...on-holz-frei-8572/



    Und um all die Baumaterialien durch Holz zu ersetzen, wird das gleiche Problem entstehen wie beim sogenannten Bio-Sprit. Holzplantagen, die Urwälder verdrängen und keinen ersetzen.



    Die einzige Lösung ist Recycling und viel weniger von allem.

    • @93559 (Profil gelöscht):

      Klar entsteht CO2. Aber zuvor wurde dieselbe Menge Kohlenstoff gebunden. Photosynthese nennt sich das.

    • 9G
      93559 (Profil gelöscht)
      @93559 (Profil gelöscht):

      Ging an Farmer

      • @93559 (Profil gelöscht):

        Ich empfehle einen Faktencheck:



        Holzvorräte im DE Wald aus dem Waldinventurbericht. Bitte googeln, wir haben ein Defizit zwischen Holzentnahme und Zuwachs.



        Sowie: Na klar entsteht CO2 beim Verbrennen von HOlz. Das entsteht beim Verrotten auf dem Waldboden aber auch. Also ist davor warmes Wasser zu machen usw. doch viel sinnvoller statt aus Gas oder Öl.

        • @Tom Farmer:

          genau genommen gibt es mehr Zuwachs als Entnahme. Die Differenz kommt aus Sibirien, Skandinavien überall dort wo katastrophale Waldwirtschaft betrieben wird.

          Auch Bauholz bindet CO2.



          aus einem Wirtschaftswald aus dem alle rd 100Jahre das Holz entnommen wird und dann in Häusern vebaut wird, kann in 300 jahren mehr CO2 gebunden werden, als in einem ungenutzten Wald.



          Wenn auch der Urwald schöner aussieht...

          • @nutzer:

            Der immens angestiegene Bauholzbedarf ist vor allem auch mitverantwortlich für die unökologische Waldwirtschaft.

          • @nutzer:

            Wie lange halten denn ihre Häuser? Wollen sie Fachwerkhäuser für die Ewigkeit bauen? Erscheint mir sehr undurchdacht das ganze.

            • @Popanek:

              Doch doch, sehr gut durchdacht.



              Spart CO2 durch Verzicht z.B. Zement zu brennen und bindet CO2 für 300 Jahre und kann dann noch zur Energiegewinnung verwendet werden anstatt Fossiler. 3 mal Vorteil!

  • Gut "Klima", find ich prima. Dumm: Wachstum (Klima), Preisbildung.. ? Na, ich will nicht kleinlich sein :-). Eines wird gewahr - wir müssen wohl viel neu denken.

  • noch etwas, wenn das Ziel wirklich urwälder sind, so wie ich den Artikel verstehe, woher holen wir unser Holz?



    Sibirien, Karpaten, Amazonas?



    Ein uralter Wald mag eine schöne Vostellung sein, aber das ist nur eine Form der Natur, es gibt auch andere artenreiche Biotope und sogar andere Waldformen, als den Urwald mit 1000jährigen Eichen.



    Die Artenzahl ist im Offenland und ganz besonders in halboffenen Landschaftsformen ist um einiges höher als im Wald (selbst und ganz besonders, wenn es Urwald wäre).



    Die Vorstellung von Urwald als reine Natur, ist genauso ein ideologisches Überbleibsel der letzten Jahrhunderte, wie die rein wirtschaftliche Sichtweise der Forst. Wald ist nur eineForm von Natur und nicht die Natur.

  • Eine derartige Veränderung der Umweltbedingungen (von feucht auf knochentrocken), wie in den letzten 2 Jahren würde jeder Wald, auch der hoch gelobte Naturwald mit Negativwachstum quittieren. Hier wird so getan, als hätte ein Urwald diese Trockenheit ohne Probleme vertragen, was definitiv nicht stimmt. Bäume sterben an Ungunstsituationen in der Forst, wie im Urwald. Im Urwald wächsen nur selbsttätig die Bäume wieder nach,während in der Forst sie nachgepflanzt werden, deshalb springt uns das jetzt so ins Auge (und ins Ohr, so laut wie die Forst jammert).



    Bei einer 2jährigen Trockenheit sterben nun mal Bäume, auch ein Baum im Urwald. Das Argument "Wir brauchen angepasste Baumarten", bei gleichzeitiger Verweigerung von nichtheimischen Arten beinhaltet schon eine gewisse Unkenntnis. Bei rund 20 heimischen Arten, von denen unter 10 mit gutem Willen nutzbar sind (im Kern nur 6), gibt es keinen wirklichen Ersatz.

    • 9G
      93559 (Profil gelöscht)
      @nutzer:

      Es gibt im Tagesspiegel gerade einen sehr interessanten Artikel über Terra Preta.www.tagesspiegel.d...tzer/25000952.html



      Denn eigentlich sind auch gesunde Böden ein großer Kohlenstoffspeicher.

    • 9G
      93559 (Profil gelöscht)
      @nutzer:

      Ein gesunder und in Ruhe gelassener Wald wird nicht so schnell so trocken.



      www.deutschlandfun...:article_id=457171



      www.nabu.de/natur-...haftung/10134.html

      • @93559 (Profil gelöscht):

        meine Kritik richtet sich hauptsächlich an die vorbehaltlose Verklärung des "natürlichen" Waldes.



        Wenn im Urwald ein Baum an Trockenstreß und den gibt es bei 2 Jahren Trockenheit auch da stirbt, wächst ein neuer nach. Es merkt keiner.



        In der Forst muß gepflanzt werden und ein Wert X ist futsch, deshalb jammert die Forst. Bäume sterben nun mal bei 2 Jahren Dürre. Und nicht jeder Naturwald ist ein dunkler feuchter Buschenwald, es gibt auch die trockeren Wälder, wie natürliche Kiefernwälder auf Sandern oder Dünen etc.

  • Hat der Staat keine Hoheit über sein Gebiet? Entscheidet er nicht mehr, wie und was auf seinem Gebiet geschieht oder getan wird? Hat Bolsonaro recht, wenn er sagt, dass die internationale Staatengemeinschaft sich aus heraus halten soll, weil er den Regenwald nur als ökonomische Ressource sieht und der Verwertung zuführt?

    Niemand muss entschädigt werden, wenn der Gesetzgeber Regeln und Gesetze für die Nutzung der Flächen auf seinem Hoheitsgebiet erlässt. Niemand ist gezwungen, seinen Privatbesitz zu behalten, wenn die Vorgaben die Renditen schmälern oder in den Ruin führen könnten.



    Statt Entschädigungen sollte das Geld in einen Fond fließen, mit dem nicht gewinnorientierte (gemeinnützige oder genossenschaftliche) Einrichtungen die so freiwerdenden Besitztümer übernehmen können.

    Ein Zitat für die "Pellets-Fans:

    "„Mindestens ein Dutzend wissenschaftlicher Studien belegen, dass das Fällen und Verbrennen von Bäumen in Kraftwerken das CO2 in der Atmosphäre sehr wahrscheinlich für mindestens 30 oder sogar hunderte von Jahren erhöht“.



    Warum? Weil die Verbrennung von Holz mehr CO2 freisetzt als Kohle, während es länger dauert, bis neu gepflanzte Bäume groß genug sind, um das CO2 wieder aufzunehmen, sagt Searchinger.""

    www.deutschlandfun...:article_id=452013

    • @Drabiniok Dieter:

      Wie immer kommt das darauf an wie man es macht.



      Kahlschlag... haben Sie recht, wie auch im DLF-Bericht in den USA ein Fakt.



      In DE haben wir aber bei PLenterwaldartigen (also gemischte Alters-Bestandsstruktur) Strukturen ein nahezu gleich hohe Zuwachsrate jedes Jahr. Fossil zu fahren und dafür die Wälder überaltern zu lassen heißt: Große Holzvorräte (wor haben im Schwarzwald z.T. WEißtannenvorräte von über 1000 fm/ha aber null Zuwachs!) , aber keine zusätzliche CO2-Bindung mehr.



      Holz aus dem Wald holen und nutzen und als CO2 zurück und dabei Energie gewinnen. Das ist der Weg.

      • @Tom Farmer:

        Der entscheidende Punkt ist doch - auch bei Bolsonaro - die Reduzierung des Waldes auf eine ökonomisch verwertbare Ressource, die in möglichst kurzer Zeit maximale Renditen erwirtschaften soll/muss.



        Der Artikel beschreibt schon sehr anschaulich, dass der Wald - nicht der "Wirtschaftswald" - eine Vielzahl weiterer "Funktionen" für UNS übernimmt.



        Für die Besitzer des "Wirtschaftswaldes" ist aber der finanzielle Ertrag das Entscheidende. "Nachhaltige Waldwirtschaft" meint hier immer nur; Nachhaltigkeit der ökonomischen Verwertbarkeit. Ist aber nicht nur beim Wald so, sondern ein generelles Problem bei der Verwendung und dem Verständnis des Begriffs "Nachhaltigkeit". Was damit gemeint oder was mit ihm verknüpft wird, unterscheidet sich, wer ihn verwendet oder hört: Ob der Wirtschaftsführer, die Politikerin oder ein Öko.

  • Die Entschädigung aber bitte nicht aus Steuermitteln sondern einen "Waldfond" einrichten, in den die grössten Emittenten zwangsweise einzahlen (Ölkonzerne, Autokonzerne etc.)

    Bliebe noch die Frage: wo klauen wir uns in diesen Jahrzehnten unser Nutzholz?

    • 9G
      93559 (Profil gelöscht)
      @Heiner Petersen:

      Es gibt auf Arte eine wunderbare Doku über Kopfbäume. Das war eine Holzgewinnung, die Lebensraum für Tiere schaffte und obwohl Holz genutzt wurde, die Bäume leben ließ.



      www.arte.tv/de/vid...bensraum-kopfbaum/



      Wir müssen wieder viel mehr auf altes Wissen zurück greifen.

      • @93559 (Profil gelöscht):

        Äste von Kopfbäume (zumeist Weiden) eignen sich gut für (Weiden)flechtwerk. Sonst wird da nicht viel genutzt.

        • 9G
          93559 (Profil gelöscht)
          @Rudolf Fissner:

          Schauen Sie sich den Film an, es geht da nicht um KopfWEIDEN, sondern KopfBÄUME.

      • @93559 (Profil gelöscht):

        Sehr interessant. Danke für den Tipp.

  • Ich nehme an zuviel Tannenöle geatmet? Die Holzwirtschaft als Problem stilisieren?



    Wir haben Wirtschaftswälder in DE. Wälder so stehen lassen und nix zu tun mag ökologisch sinnvoll sein, jedoch verzichten wir dann auf die 100 % Positiv-Chance Holz aus dem Wald zu holen.



    Stichworte sind:



    CO2-neutraler Brennstoff (Pellets und Scheitholz)



    Baumaterial für Haus und Hof (Balken, Kanthözer, Holzparkett,, Holzsdämmplatten...)



    Holzfaser und Zellulose für Papierherstellung



    ...



    All das spart CO2 ein. Denn dann müsste all das aus Beton, Glas, Metall, EDV.... und mit erheblich mehr an CO2-Produktion hergestellt werden.



    Ein Hinweis sei ein Blick in den Charta für Holz 2.0 - Prozess, www.charta-fuer-ho...index.php?id=11869 für verstärkte Holznutzung.



    Holz NICHT zu nutzen ist ein Klimakiller. Wenn wir dann das KLima wieder im Griff haben nehmen ich gerne IHre Gedanken auf. Bis dahin nicht, sondern Waldnutzung und umbauen für geänderte KLimabedinguungen. Ganz sicher der richtige Weg!

  • Warum nennt man eigentlich die Forst Verbände 'Forstlobby' und die Umwelverbände eben Umweltverbände und nicht 'Umweltlobby'?

    Ein bisschen neutralere Berichterstattung könnte könnte die Spaltungen in der Gesellschaft reduzieren.

    • @lord lord:

      Tja, 2xLord, warum wohl? Kurz mal durchatmen, zurück schalten und über den Begriff Lobby reflektieren. Das ist kein Hobby und auch kein Küchenkraut. Sondern ein Eingangsbereich, in der Regel zu Parlamenten. Ich sehe sowas, nur als Beispiel, im Vorzimmer meines Arztes, wo Vertreter der Pharma - Industrie für ihre Provisionen "lobbien". Umweltschützer müssen da ganz anders vorgehen, sie bieten keine Produkte an, sondern Ideen und Kritik.