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Wölfe in DeutschlandSchutz nur noch in Schutzgebieten

Außerhalb von großen Wäldern sollen Wölfe bis zu einer Obergrenze abgeschossen werden können, verlangen Jäger- und Bauernverbände.

Die Jäger wollen Wölfe ins Zielfernrohr nehmen Foto: dpa

Berlin taz | Die wichtigsten Organisationen der Landwirte und Jäger verlangen, dass Wölfe sich nur noch in „Schutzarealen“ wie großen Wäldern oder Truppenübungsplätzen ungehindert ausbreiten. Außerhalb dieser Gebiete sollten die bisher unter strengem Artenschutz stehenden Tiere gejagt werden, um den Bestand zu begrenzen. Das geht aus dem „Managementkonzept für den Wolf“ hervor, das das Aktionsbündnis Forum Natur am Mittwoch vorgestellt hat. Mitglieder unter anderem: der Deutsche Jagdverband (DJV) und der Bauernverband.

Die Wölfe sind im Jahr 2000 nach ihrer Ausrottung vor 150 Jahren dauerhaft nach Deutschland zurückgekehrt. Seitdem wächst der Bestand jährlich um etwa 30 Prozent. Nach Schätzungen des DJV leben hierzulande inzwischen mehr als 1.000 Tiere, eine Verdopplung innerhalb von drei Jahren sei realistisch. „Damit nehmen die Konflikte weiter zu“, warnen die Jäger.

Tatsächlich steigt auch die Zahl der von Wölfen gerissenen Nutztiere. Viele Bauern sehen dadurch die vergleichsweise tier- und naturfreundliche Viehhaltung auf der Weide gefährdet. Zudem nehmen Sorgen zu, dass Wölfe Menschen gefährden könnten.

„Der Wolf hat in Deutschland ein Existenzrecht. ‚Willkommen Wolf‘ allein reicht aber nicht“, sagte DJV-Präsidiumsmitglied Helmut Dammann-Tamke. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Entscheidung, wie viele Wölfe Deutschland vertrage. Sonst drohe der komplette Akzeptanzverlust, so Dammann-Tamke.

Jäger halten Population für groß genug

Die Verbände des Aktionsbündnisses empfehlen deshalb „ein aktives Bestandsmanagement nach dem Vorbild der skandinavischen Schutzjagd.“ Dazu müssten die einzelnen Bundesländer die Bestände festlegen, „nach oben eine Grenze definieren, die weiterhin die gerade auch naturschutzfachlich dringend notwendige Weidetierwirtschaft garantiert.“

Dem Konzept zufolge soll Deutschland in drei Kategorien eingeteilt werden: „In Wolfsschutzarealen soll sich der Wolf unbeeinflusst entwickeln können, etwa in großen Waldgebieten oder auf Truppenübungsplätzen. In Wolfsmanagementarealen soll der Wolf grundsätzlich toleriert sein, seine Bestände aber auf Basis der individuellen Akzeptanzgrenzen in den Ländern reduziert werden. In Wolfsausschlussarealen sollen territoriale Wolfsrudel nicht toleriert werden, insbesondere in Hinblick auf die Gefahrenabwehr. Urbane Gebiete gehören dazu ebenso wie der alpine Raum oder Weidetierhaltung mit großem Konfliktpotenzial“, schreiben die Verbände.

Anders als das Bundesamt für Naturschutz ist das Aktionsbündnis der Meinung, dass die Wölfe in Deutschland bereits den „günstigen Erhaltungszustand“ erreicht hätten, der Abschüsse gemäß Naturschutzrecht erleichtern würde. Eine Bedingung dafür ist, dass die Population groß genug ist, um langfristig zu überleben.

Die zuständigen Behörden sehen dieses Kriterium nicht als erfüllt an. Dabei zählen sie aber nur die Wölfe in Deutschland und Westpolen mit, denn diese bildeten eine von anderen getrennte Population.

Das Aktionsbündnis dagegen meint, dass die hiesigen Wolfsvorkommen Teil einer baltisch-osteuropäischen Population mit mittlerweile über 8.000 Individuen sind. Deren günstigen Erhaltungszustand halten die Organisationen für „zweifelsfrei erwiesen“. Sie haben sich für ihr Konzept von Sven Herzog beraten lassen, einem Dresdner Professor für Wildtierökologie und Jagdwirtschaft.

Der Naturschutzbund (Nabu) lehnte die Forderungen ab. „Jegliche Eingriffe in die Population sind rechtswidrig und zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig, da ein günstiger Erhaltungszustand der Wolfspopulation noch nicht erreicht ist“, sagte Artenschutzexpertin Claudia Grünewald. Wölfe zu bejagen schütze weder Menschen noch Weidetiere wie Schafe.

Stattdessen sollten die Agrarminister endlich „umfassenden Herdenschutz ausreichend finanziell und unbürokratisch fördern“, verlangte Grünewald. „Nutztiere in Wolfsgebieten müssen geschützt sein.“ Dafür müsse die Bundesregierung ein Herdenschutzkompetenzzentrum einrichten.

Die Sicherheit von Menschen steht der Naturschützerin zufolge an oberster Stelle und bereits jetzt lassen es die Naturschutzregelungen zu, dass vermeintlich auffällige Wölfe „entnommen“ werden können. Jagd-Praktiken wie in Schweden dagegen seien EU-rechtswidrig und zögen Vertragsverletzungsverfahren nach sich.

Auch das Bundesamt für Naturschutz teilte der taz mit, nach der jüngsten Analyse von 2013 sei der Erhaltungszustand der Art immer noch ungünstig. Diese Einstufung werde lediglich alle sechs Jahre aktualisiert. „Der nächste nationale Bericht ist in Vorbereitung und die Ergebnisse der Befassung können nicht vorweg genommen werden“, so die Behörde Die Schätzung des DJV, wonach in Deutschland mehr als 1000 Wölfe leben, sei nicht seriös. Denn die Bundesländer würden nur Rudel, Paare und territorialen Einzeltiere erfassen. Die Rudelgrößen würden aber stark variieren. Im Monitoringjahr 2017/2018 seien in den bestätigten Wolfsterritorien nur 213 bis 246 erwachsene oder fast erwachsene Wölfe gezählt worden.

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40 Kommentare

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  • Ich bin strikt gegen die Ausweisung von Schutzzonen für Wölfe. Damit wird die urbane Bevölkerung nicht mit dem Kulturfolger Wolf konfrontiert. Auch im Berliner Grunewald haben sich Wildschweine angesiedelt und ein Wolfsrudel könnte die Wildschweinpopulation erfolgreich begrenzen. Damit haben urbane Berliner wieder ein bisschen mehr Natur in ihrer Stadt!

  • Auch die deutsche Regierung fordert immer wieder arme afrikanische Länder auf zur Arterhaltung. In Deutschland selbst spielt das keine große Rolle. Der Wolf ist ja nur ein Beispiel, wie schwer wir uns tun.

    • @Rolf B.:

      Mit Landwirtschaftsschädlingen - insbesondere solchen, die nicht dem Jagdrecht unterfallen und damit auch keinen Wildschadensersatzanspruch begründen - ist das mit dem Artenschutz so eine Sache. Man kann die (regulierte, bedarfs- und weidgerechte) Jagd auf sie noch so strikt verbieten: Wenn die Akzeptanz bei den Landwirten nicht da ist, verschwinden die Tiere wieder. Das kann kein Überwachungsstaat verhindern.

  • Es ist bezeichnend, dass die meisten Wolfsbefürworter in der Stadt leben und von der Natur wenig Ahnung haben.



    Hüfthohe Abwehrzäune sind lächerlich und für keinen Wolf der Welt ein Hindernis.



    Wenn ich dann sehe, dass "Experten" in Interviews zum Besten geben, dass der Wolf nicht springen könne, muss ich lachen.



    Es gibt ausreichend Videomaterial, welches das Gegenteil beweist.

    • @Axel Woodhammer:

      Angesichts der Verbreitung des Wolfs in Deutschland (in Teilen von Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Niedersachsen www.nabu.de/tiere-...schland/index.html ) im Verhältnis zur Einwohnerzahl ( de.wikipedia.org/w...te_Deutschland.png )



      kann davon ausgegangen werden, dass nur der allergeringste Teil auch nur irgendwie in Kontakt kommen kann mit Wöfen. Und dies unabhängig von Stadt oder Land. Das Wissen über Wölfe, ihre Biologie und Verhalte, dürfte Deutschlandweit ähnlich gegen null tendieren wie das Wissen über Tiere insgesamt. Kühe sind heutzutage lila und Enten gelb.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Axel Woodhammer:

      Wenn Sie schon die große Keule herausholen: wie wäre es mit Zahlen, Daten, Belegen für Ihre Behauptung.

      Abgesehen davon, dass der Terminus 'Wolfsbefürworter' ein sprachliches Vakuum ist: es gibt tatsächlich WolfsFREUNDE, die bemühen sich darum, mit Tierhaltern eine Kompromisslösung zu finden.

      Das wahllose Abknallen von Wölfen vermag ich nicht als verträgliche Lösung anzusehen.

      Noch mal ventilieren, wenn es nicht zu viel Mühe macht!

  • ein dringender Appell an alle wolphilen Stadtbewohner: in den halb-ausgestorbenden Dorfern fehlt nicht das Wolfsgeheul, sondern das Glasfaserkabel. Weshalb soll das bisschen ländliche Idyll freilaufender Tiere einer Schnaps-Idee von Leuten geopfert werden, die gar nicht betroffen sind.

  • Ich bin selbst Landwirt und meine Tiere dürfen im Sommer auf die Weide. Wenn der Wolf bei mir in der Gegend ist, dann sind die Tiere das ganze Jahr im Stall. Wir fahren mit hohem Dieselaufwand das Futter in den Stall und die Gülle als Dünger wieder auf die Wiese.

    Das ist dann Umweltschutz. Die Kinder können dann nur noch in eingezäunten Bereichen spielen. Also mache ich das zweite Standbein Urlaub auf dem Bauernhof auch dicht.

    Dann kommen Leuten, die ihr Ökogewissen nach dem Bürojob bereinigen müssen, und erzählen mir das ich ja so eine Umweltsau bin, weil ich mit den Maschinen die Kleintiere störe.

    Das Ende vom Lied ist, Landwirtschaft weg - also Verbuschung der Landschaft, Landschaft verbuscht und mit Raubtieren versehen - Landurlaub geschlossen.

    www.youtube.com/watch?v=lgjJFra8bqQ

    Ein Biber fällt auch Bäume und verändert dadurch die Natur. Alle die hier die totale, grüne, heile Welt herbeisehnen, könnten sich doch mal mit dem Gedanken anfreunden, dass auch der Mensch zu dieser Welt gehört.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Stefan Jansen:

      Ihren Ärger kann ich nur zu gut nachvollziehen. Auch wenn ich ein WolfsFREUND bin.

      Ich arbeite nicht im Büro und lebe auf dem Land. Mit all den ungebetenen 'Duftstoffen' Ihres Berufsstandes. Je nach Windrichtung: Güllegeruch in der eigenen Kleidung - ein besonderes Event.

      Gerne erkenne ich an, dass es einen Konflikt gibt. Die zufriedenstellende Lösung eines Konfliktes ist nur dann möglich, wenn die Seite A die Interessen der Seite B anerkennt und umgekehrt. Und sich beide Seiten um einen - vielleicht auch faulen - Kompromiss bemühen.

      Dass der Mensch in diese Welt gehört, ist an den sichtbaren und fühlbaren Folgen seines 'Schaffens' erkennbar. Mehr und intensiver, als es einem manchmal lieb sein kann. Abknallen von Menschen als Lösungsweg, wie es laut Artikel Bauern- und Jagdverbände für Wölfe wollen, fordert hierzulande niemand.

      BALANCE heißt deshalb das heutige Zauberwort, nicht die sinnfreie Alternative Entweder - Oder.

  • "... insbesondere in Hinblick auf die Gefahrenabwehr."

    Ich kann nur etwas aus der Erfahrung in der Schweiz sagen, wo es im alpinen Raum mehrere Wolfsrudel, immer wieder einzelne Bären und schon weit über das Land verteilt, eine Luchspopulation gibt.



    Diese Tiere scheinen nicht das wirkliche Problem zu sein. Sie haben noch niemand gefressen. Die Gefahrenabwehr ist auf die falsche Spezies gerichtet. Die gefährlichste Art ist der blinde Jäger. Diese Species schiesst auf Schafe, Pferde, Esel, weil sie glaubt, es seien Wildschweine oder Rehe. Es existieren sogar solche, die meinen ihr Kollege sei ein Hirsch und versuchen ihn zu erschiessen. Es gibt auch blinde Wildhüter, die erschiessen einen abgemagerten Fuchs und merken erst danach, dass es ein geschützter Goldschakal war, andere halten die roten Katzen der Nachbarn für Füchse.

    Insbesondere im Hinblick auf die Gefahrenabwehr, müsste man einige von diesen Leuten aus dem Verkehr ziehen.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @ecox lucius:

      So sympatisch mir Ihr Vorschlag ist, so unwahrscheinlich sind die Chancen auf Verwirklichung. Wenn ich mir anschaue, wer alles mit triftigen Günden aus dem Verkehr gezogen werden könnte: ich sehe weder Örtlichkeiten, diese unterzubringen, noch Personal, noch die Instanz, die dies entscheidet.

      Die Idee indes verbreitet bei mir große Freude.

  • Habe selbst 15 Jahre lang extensiv Schafe gehalten und kann gut nachvollziehen, dass man als Nutztierhalter keine Freude hat, tote oder verletzte Tiere auf der Weide zu finden. Nur gehört das zur Schafhaltung ganz einfach dazu. 5-10% der Lämmer sterben eines natürlichen Todes. Dazu kommen leider viele Tiere, die von freilaufenden Hunden verletzt oder getötet werden. Die Zahl der von Wölfen getöteten Tiere ist im Vergleich dazu derzeit noch niedrig. Dass Jägerlobby und Bauernverband ausschließlich den Wolf thematiseren, lässt sich daher nur schwer nachvollziehen.

    • @REW2003:

      Das Thema ist ja nicht unbedingt auf landwirtschaftliche Magazine oder Jägerzeitschriften beschränkt (wie stark eigentlich, auf diese wird irgendwie nie drauf Bezug genommen?). Dann würde es nicht groß von Interesse sein.

      Es ist zu beobachten, dass in kurzen Abständen in janz normalen Zeitungen das Thema immer wieder aufgegriffen wird. Auch in der taz ist der Wolf regelmäßig ein Thema.

      Der „Wolf“ wird also gesamtgesellschaftlich dämonisiert. Das Thema hat sich längst vom Kontext gelöst. Würde mich nicht wundern, wenn Rotkäppchen nicht mehr die Oma besuchen darf.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Das verstehe, wer will.

        Ist die Oma denn auch 'dämonisiert'? Das ist doch die Rolle des alten, weißen Mannes (=Opa).

    • @REW2003:

      Wieviele Schafe sind auf der Schlachtbank und später auf dem Teller von Menschen gelandet?

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @REW2003:

      Mit großer Freude nehme ich die Differenziertheit Ihres Beitrags zu Kenntnis. Ein äußerst wohltuender Kommentar jenseits der plumpen Vereinfachungen der bekannten Schwarz-Weiß-Zeichner.

      Für die Jägerlobby und den Bauernverband gilt offenbar nur ein Motto: Der Zweck heiligt die Mittel. Wahrheit kann da gelegentlich sehr störend sein.

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Auf mich wirken diese ganzen Wolfsdiskussionen immer so wunderbar einfach. Die „dafür“ wollen Wolf und Natur überall - vermutlich auch nur solange, bis die persönliche Komfortzone betroffen ist - und die „dagegen“ möchten Grenzen ziehen, eingreifen, vor allem aber: Kontrolle ausüben. Herdenschutz hört sich einfach an, ist aber komplex, teuer und muss dynamisch sein. Der Wolf ist eben kein Hund - der ist schlau. Und wie soll ich mir Wolfsschutzgebiete vorstellen? Steht da dann für die Wölfe ein Schild „Ausgang geschlossen!“ oder so? Und was, wenn die Bären kommen? Immer abschießen? Und die Wiederansiedelung der Wiesente? Die Waldbesitzer im Rothaargebirge sind höchst erfreut über ihre geschälten Buchen. Und die Wiesente kümmern sich nicht um ihre Reservatsgrenzen.



    Ich liebe meinen Wald mit allem darin, glaube das Wildscheine gefährlicher -für den Menschen- sind als Wölfe, habe noch nie ein Wiesent gesehen und wünsche mir eine Diskussion, die sach- und faktenbasiert ist. Was Jäger aus Revieren machen sehe ich beim wandern: Von übervoll durch stetes anfüttern bis „leergepirscht“ - natürlich ist da nichts. Und Landwirte? Da kommt Natur fast gar nicht vor. Die kleinen Nutztierzüchter haben Pech, denn effektier Herdenschutz ist entweder technisch teuer (Zäune, etc.) oder personalintensiv (Herdenschutzhunde, die betreut werden wollen). Am Ende stellt sich die ehrliche Frage: Wie viele Wölfe gehen? Das gilt übrigens für alles Wild im Wald!

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @97088 (Profil gelöscht):

      Ein Kommentar, dessen Kernaussagen ich mich als Wolfsfreund gerne anschließe.

      Dass mit Jägern und Landwirten ausgerechnet jene Berufsgruppen in dieser causa das große Wort führen, deren Spuren in der Natur überall sichtbar sind, ist selbstredend.

      Über die Funktion von Wölfen in einer halbwegs intakten Natur habe ich neulich eine Doku gesehen. Dort kam ein Ranger aus Nordspanien zu Wort, der meinte, dass Wölfe auf natürliche Weise vor allem kranke und schwache Tiere reißen und gesunde Tiere eher verschonen.

      Ob diese Aussage auf D übertragbar ist, weiß ich nicht. Natürlich müssen etwa Schafe vor Wölfen geschützt werden. Nicht durch flächendeckendes Abknallen. Und nicht durch Hysterie und Aufblasen von Einzelfällen wie im Nordschwarzwald.

      Wie stets in Debatten: Augenmaß wahren, Kompromisse suchen.

  • Die Vorschläge der Lobbyorganisationen DJV, DBV und ihrer Marionette Julia Glöckner ignorieren internationale Artenschutzabkommen (WA, Berner Konvention, FFH Richtlinien) zu deren Einhaltung Deutschland sich verpflichtet hat, womit sie indirekt zum Bruch internationaler Verträge aufrufen. Und Sie ignorieren die Tatsache, dass eine Bejagung der Wölfe zum derzeitigen Zeitpunkt ein für die Steuerzahler ziemlich teures Vertragsverletzungsverfahren der EU herbeiführen würde, genau wie in Schweden und Finnland, deren EU vertragswidrige „Schutzjagd“ auch noch als Beispiel für Deutschland herhalten soll. Und last but not least ignorieren DJV, DBV und BMEL das Rechtsphilosophische Faktum, dass Wildtiere herrenlos und damit gemeinsames Naturerbe aller Bürgerinnen und Bürger sind. Die Entscheidung wie mit diesen Wildtieren umgegangen werden soll, muss am Ende eines demokratischen Willensbildungsprozesses stehen. Der Mehrheitswille von 75% der Bevölkerung, die die Rückkehr der Wölfe gemäß einer FORSA Umfrage positiv bewertet, selbst wenn dadurch Probleme entstehen, kann nicht einfach im Interesse einer kleinen und, ob ihrer geringen Größe, sowieso schon viel zu einflussreichen Lobby aus Hobbyjägern (0,05% der Bevölkerung) und Landwirten übergangen werden. Dies wäre zutiefst undemokratisch und würde den Vertrauensverlust in die Demokratie und damit die weitere Errosion derselben befördern.

  • "Man kann auch Wisent, Baer, Aurochse (nach Rueckzuechtung) usw. wieder ansiedeln, aber der Konflikt mit dem Menschen scheint mir vorprogrammiert zu sein."

    Angesichts des desaströsen Zustandes unserer Natur halte ich das Wiederansiedeln der genannten Tiere, mit Ausnahme des vom Menschen ausgerotteten Auerochsens, ernsthaft für erwägnswert. Vielleicht passt sich, der sich selbst für sooo intelligent haltende, Homo Sapiens mal ausnahmsweise an die Bedürfnisse seiner Mitlebewesen an anstatt ständig deren vollständige Unterwerfung als sein natürliches Vorrecht anzusehen - mit welcher Rechtfertigung eigentlich?



    Das Projekt "macht euch die Erde untertan" ist ja offensichtlich grandios erbärmlich gescheitert.

    • @Tobias Harloff:

      »anstatt ständig deren vollständige Unterwerfung als sein natürliches Vorrecht anzusehen - mit welcher Rechtfertigung eigentlich?«

      Meine Zustimmung.

  • die Zentraleuropäsche Wolfspopulation besteht derzeit aus ca. 306 reproduzierenden Elterntieren, und ca. 60 Tieren, die Vielleicht in Zukunft Welpen aufziehen könnten. Die Welpen und die Jährlinge, spielen sie für den Genpool einer Population zum Zeitpunkt der Zählung keine Rolle da sie abwandern und oft umkommen und werden folgerichtig nicht mitgezählt. Die zentraleuropäische Population unterscheidet sich der baltischen genetisch deutlich, beweist, dass sie mit dieser eben NICHT vernetzt ist dieser NICHT zuzurechnen ist. Dieses Scheinargument des DJV und DBV soll nur dazu dienen endlich das Feuer auf Wölfe eröffnen zu dürfen: [...]





    nach genetischen Maßstäben ist die zentraleuropäische Population noch viel zu klein um nicht nach wie vor vom Aussterben bedroht zu sein, zumal diese Population auf nur wenige Gründertiere zurückgeht und daher genetisch ziemlich verarmt ist. Die Wölfe sind praktisch ausnahmslos miteinander verwandt. Eine einzige Epidemie, könnte den gesamten Bestand auslöschen.



    Die FFH Richtlinien der EU zu deren Umsetzung sich Deutschland verpflichtet hat, verlangt die Herbeiführung eines günstigen Erhaltungszustandes von mindestens 1000 reproduzierenden Tieren, was nicht heißt, dass die Wölfe danach bejagt werden müssen Außerdem müssen die Voraussetzungen für die Vernetzung von Populationen geschaffen werden, um genetischen Austausch zu gewährleisten. Wie sich die „Experten“ vom DJV und DBV bei den von Ihnen propagierten winzig kleinen Inselpopulationen diesen genetischen Austausch vorstellen, bleibt ein Rätsel. Auch wie man den Wölfen beibringen will, wo ihr Minireservat endet, und die NoGo Area für Wölfe beginnt, bleibt ein Rätsel. Aber vielleicht will man ja gerade das Wiederaussterben der Wölfe durch Inzucht und durch das Zerschießen der Familienstrukturen der Rudel erreichen.

    Kommentar gekürzt. Bitte verzichten Sie auf überzogene Polemik. Danke, die Moderation

  • Wieso Vorbild Skandinavien? Dieses Zonen-Konzept existiert schon lange in Deutschland, allerdings nur beim Rothirsch. Ausserhalb der gesetzlichen Rothirschbezirke wird er sofort geschossen.

    Beim Wolf bin ich pessimistisch, nicht wegen der Jagd, (er ist clever und hoch mobil), sondern wegen Strassenverkehr und Hybridisierung mit Hund. Nichts davon lässt sich verhindern.

  • 8G
    83421 (Profil gelöscht)

    Mir ist voellig schleierhaft, warum eine grosse Wolfspopulation in Deutschland von Vorteil sein soll. Man kann auch Wisent, Baer, Aurochse (nach Rueckzuechtung) usw. wieder ansiedeln, aber der Konflikt mit dem Menschen scheint mir vorprogrammiert zu sein.

    • @83421 (Profil gelöscht):

      Weil der Wolf ein Teil der hiesigen Ökosysteme ist.

      www.scinexx.de/new...unerwartete-weise/



      Mal so ausserlameng...

      • @Sebas.tian:

        Na ja. Der Wolf war hierzulande lange Zeit ausgerottet und damit gerade nicht Teil der hiesigen Ökosysteme. Ob der Wolf Teil der hiesigen Ökosysteme sein soll oder nicht, ist ja gerade Gegenstand der Diskussion.

        Früher, vor seiner Ausrottung, gab es hier den Wolf, und da war er Teil der hiesigen Ökosysteme.

        Irgendwann noch früher gab es noch gar keine Wölfe auf der Erde, und die Welt ist trotzdem nicht untergegangen. Weswegen Naturschützer unbedingt den Zustand, der am 17. August 1753 bestand (ein spontan aus der Luft gegriffenes Datum; Sie können auch ein beliebiges anderes Datum einsetzen), wiederherstellen wollen, ist nicht recht erkennbar.

        Um nicht missverstanden zu werden: Der Wolf ist mir eigentlich höchst sympathisch. Aber in einem Land wie Deutschland, in dem es praktisch keine wirkliche Natur mehr gibt, schaffen Prädatoren, die Nutztieren und Menschen gefährlich werden können, mehr Probleme, als sie Nutzen bringen.

        (Zur Gefährlichkeit des Wolfs für Menschen eine Erläuterung:



        Vor einiger Zeit besuchte ich einen Wildpark, in dem den Besuchern fachkundig erklärt wurde, der Wolf sei für Menschen nicht gefährlich. Zugleich wurden aber von denselben Fachkundigen seitenlange Hinweise gegeben, wie man sich verhalten solle, wenn man einem Wolf begegnet, damit einem nichts passiert. Hinweise, wie man sich verhalten solle, wenn man z. B. einem Feldhasen begegnet, wurden übrigens nicht gegeben.)

        • @Budzylein:

          Wenn der Mensch einfach ausrottet, wovor er Angst hat oder ihm in der Handhabung zu anstrengend ist, ist auch keinem geholfen.

  • "„Der Wolf hat in Deutschland ein Existenzrecht. ‚Willkommen Wolf‘ allein reicht aber nicht“, sagte DJV-Präsidiumsmitglied Helmut Dammann-Tamke. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Entscheidung, wie viele Wölfe Deutschland vertrage. Sonst drohe der komplette Akzeptanzverlust, so Dammann-Tamke."



    Die hier angestimmte Debattenkultur ist widerlich. Die Strategie und das Vokabular gleichen der Debatte um "Obergrenze für Geflüchtete". In diesem Falle sind die "besorgten Bürger" schießgeil und instrumentalisieren hierfür gar den "Tierschutz" sowie "Volksschutz". Und die TAZ ist sich nicht zu schade, das auch noch zu verbreiten.



    Der einzige Lichtblick des Artikels ist, dass da in Bezug auf Tiere bzw. Wölfe von Individuen die Rede ist. Entgegen der gängigen verdinglichenden Sprache wird ihnen hier quasi eine Persönlichkeit und Einzigartigkeit zugesprochen - auch wenn diese dennoch speziesistisch Tierausbeutungsinteressen untergeordnet werden.

    • @Uranus:

      Das Problem dabei ist, dass nur sehr wenige Menschen tatsächlich vom Wolf betroffen sind und es einem "Städter" natürlich leicht fällt zu sagen "Lasst die Wölfe leben".



      Dass es einem Landwirt das Herz zerreißt, wenn er seine (zum Teil noch lebenden) zerfetzten Tiere aufsammeln muss.



      Jeder sollte sich, bevor er sich zu diesem Thema äußert, überlegen, wie er sich fühlen würde , wenn er morgens seinen Hund/Katze/usw. gerissen vor der Haustür finden würde. Das wird sobald nicht passieren, da vorerst nur ländliche Regionen betroffen sind, aber sprechen Sie den Landwirten nicht menschliches Mitgefühl mit seinen Tieren ab (das ist marginalisieren von Minderheiten?!), die gehören eben auch zur Familie.



      Keiner will den Wolf aus Deutschland vertreiben (Der Wolf gehört zu Deutschland) aber für ein zusammen (bzw. nebeneinander) leben braucht es Regeln.

      • @Franz Georg:

        Wie geht's denn dem Landwirt, wenn er eines seiner 4,2 Mio Mastschweine allein in Niedersachsen zum Metzger schickt?

      • @Franz Georg:

        Ich möchte nicht der "Tierhaltung" das Wort Reden. Dennoch ein paar Anmerkungen:



        So das Töten ihrer Schafe ihr Herz zereisst, lassen die Landwirt*innen diese entsprechend nicht töten oder Verkaufen diese zu dem Zwecke? Oder wäre das nur schlimm, wenn der Wolf tötet? Darüber hinaus gehen die Landwirt*innen mit den Tieren sorgsam um, quälen sie nicht zbd lassen sie auf einem riesigen Gelände frei herumlaufen?



        Übrigens gibt es Herdeschutzmaßnahmen, mit denen das Risiko des Reißens von Schafen durch den Wolf stark reduziert werden kann. Darüberhinaus werden aktuell Landwirt*innen dafür gerissene Schafe kompensiert.



        Haben Sie Quellen für Ihre Suggerierung, dass Wölfe Hunde/Katzen töten würden? Wie hoch wären die Zahl der durch den Wolf getöteten Tiere?

        • @Uranus:

          So als Allesfresser; der Mensch sollte da die Bedrohung der eigenen Art als Maßstab haben und durch die mehr oder weniger ausgerottete Tollwut ist wohl schon das meiste getan, daß die Wölfe eher wenig Interesse an mir haben wenn ich im Wald rumlatsch. Beim Holzmachen gehen die ob des Krachs eh stiften und zur Not hab ich da ne Axt in der Hand...

          • @Hugo:

            Eben! Sie sagen es. Leider ergehen sich einige Menschen in Angst vor dem Wolf und andere wiederum befeuern dies, um sich Unterstützung für ihr Tötungshobby zu sichern.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."verlangen Jäger- und Bauernverbände"?



    In Bayern werden zur Zeit Unterschriften gesammelt, es geht um das sog. Insektensterben. Mit dabei sind Die Linke, Bündnis90/Die Grünen, verschiedenste Umweltverbände, NICHT dabei ist der 'bayerische Bauernverband'. Der lehnt dieses Bürgerbegehren ab.



    Grund: Die Forderung nach mehr Umweltschutz.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      der Bauernverband gilt generell natürlich als naturverbunden, klar das ist eine Vertretung von Bauern die in der Regel auf dem Land leben. Leider scheint es sich aber eher um eine Vereinigung von Landwirtschaftstreibenden, teilweise industriell produzierenden Bauern zu handeln, die kein Problem damit zu haben scheinen ihr eigenes Land zu verseuchen und die Natur eher als Hinderniss zur Landwirtschaft sehen. Eigentlich schade, da es ihnen weniger um die Lebensqualität auf dem land als um den Profit zu scheinen geht.

      • @wirklich?:

        Tja, so isses im Kapitalismus: Mensch und Tier sind Mittel für den Zweck der Gewinnmaximierung. Da liegt es nahe, dass Leben und Gesundheit jener nachrangig sind.

        • @Uranus:

          Landwirtschaft ist grundsätzlich nicht Naturschutz. Auch nicht im Sozialismus, auch micht herrschaftsfrei betrieben im Anarchismus. Und ganz bestimmt nicht bei einer Bevölkerung von 80 Millionen. Anthropozentrisch sind se alle.

          • @Rudolf Fissner:

            Ich beziehe mich in der kurzen Beschreibung auf die aktuellen Verhältnisse, woraus mensch einen kritischen Standpunkt entwickeln kann. D.h. nicht, dass das Mensch-Tierverhältnis in nichtkapitalistischen Gesellschaftsmodellen automatisch ein anderes wäre. Sie schaffen da wieder so eine Strohmensch-Geschichte ... Und- was für eine Glaskugel nutzen Sie da eigentlich? ;)



            Übrigens gibt es meiner Einschätzung nach in der anarchistischen Bewegegung eine wachsende Unterstützung für die Position der Tierbefreiung, weil im Zuge der sich zuspitzenden Tierausbeutung, viele Anarchist*innen Unterdrückungsmuster in Bezug auf Tiere feststellen können, die denen gegenüber den Menschen gleichen bei gleichzeitiger Sensibilisierung für das Wesen und Bedürfnisse der Tiere. Der Anthropozentrismus bekommt seine Risse...

            • @Uranus:

              Anarchismus ist nicht gleich Vegetarismus oder Veganismus, war es nie. Dafür braucht man keine Glaskugel. Ob der Schweinestall einer anarchistischen Kooperative oder einem einzelnen Bauern gehört dürfte den Schweinen herzlich egal sein. Sie werden in beiden Fällen als Kotlett enden.

              • @Rudolf Fissner:

                Wie wäre es, wenn Sie meine Kommentare bei Ihren Antworten einbeziehen anstatt an ihnen platt vorbeizupolemisieren? -.-