Kommentar GroKo und Maaßen: Psycho-Drama auf offener Bühne
Die Beförderung von Verfassungsschutzschef Maaßen ist so absurd, dass man es sich nicht ausdenken könnte. Das Ansehen der Koalition wird weiter sinken.
W as ist das Beste, was einem Berufsbeamten passieren kann? Dass die SPD seine Entlassung fordert, denn dann winkt eine Beförderung. Und die Sozialdemokraten sind’s zufrieden. Es gibt Dinge, die kann man sich gar nicht ausdenken, so absurd sind sie.
Jede Koalition muss um Kompromisse ringen, und sie kann nur Bestand haben, wenn die sie tragenden Parteien die Verhandlungsergebnisse als Erfolg verkaufen können. Aber Gesichtswahrung ist kein Selbstzweck – eigentlich. Die Spitzen des Bündnisses in Berlin scheinen sich jedoch seit Monaten vor allem mit Machtfragen und Gruppendynamik zu beschäftigen. Nichts anderes ist offenbar so wichtig wie die eigene Imagepflege.
Zugegeben, dieser Eindruck entsteht auch, weil Medien derartige Themen lieben. Aber eine Schuldzuweisung an diese Adresse wäre denn doch allzu einfach. Das verheerende Erscheinungsbild der Regierung hat sie selbst gemalt.
Es hat gute Gründe für Kritik an dem bisherigen Verfassungschef Hans-Georg Maaßen gegeben und gute Gründe dafür, seine Entlassung zu fordern. Er hat sich in die Tagespolitik eingemischt und damit seine Pflichten als beamteter Leiter einer Behörde verletzt. Und nun wird er also befördert, zum Staatssekretär im Innenministerium. Über das sinkende Ansehen der Regierungsparteien, insbesondere der SPD, muss sich niemand wundern.
Ein Bruch der Großen Koalition hätte Neuwahlen bedeutet, und angesichts der guten Umfragewerte für die rechtsradikale AfD sollten die sich derzeit Demokraten nicht wünschen. Aber eine Fortsetzung des Psycho-Dramas auf offener Bühne wird die Popularität der Akteure nicht steigern, und es bedarf ja leider keiner seherischen Gaben, um vorherzusagen, dass die nächste Krise höchstens eine Frage von Wochen ist.
Diese Regierung hat keine Gemeinsamkeiten. Der Kitt, der sie zusammenhält, sind das wechselseitige Misstrauen und die feste Absicht, den Bündnispartnerinnen die Butter auf dem Brot nicht zu gönnen. Die Kanzlerin muss man von diesem Urteil wohl ausnehmen, aber sie ist mittlerweile zu schwach, um den Kurs zu bestimmen. Eine trostlose Situation.
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