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Juristischer Umgang mit AbtreibungRechtsprechung mit Schimmelansatz

Die Urteile zu Paragraf 219a basieren auf dem Strafrechtskommentar eines „Lebensschützers“ und eines umstrittenen Ex-BGH-Richters.

Das Gesetz stammt noch aus dem Nationalsozialismus Foto: imago/Ipon

Paragraf 219 a ist für den Sprecher der Staatsanwalt Wuppertal unsicheres Terrain. Fragt man Wolf-Tilman Baumert danach, wie der Paragraf zustande gekommen ist, sagt er mehrmals Dinge wie: „Das ist mir persönlich nicht bekannt, das müsste ich nachschlagen.“ Dabei ermittelte seine Behörde schon zweimal wegen unerlaubter „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche gegen die Wuppertaler Gynäkologin Eva Waldschütz.

Im Jahr 2007 wurde sie angezeigt, weil auf der Homepage ihrer Gemeinschaftspraxis Schwangerschaftsabbruch genannt wurde. Und 2015 erneut, weil ihr Name im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbruch in den Gelben Seiten auftauchte. Die Hintergründe des Paragrafen schienen dafür nicht relevant zu sein. Auf wessen Einschätzung sich die Rechtsprechung beruft, ist bei genauerem Hinsehen aber durchaus interessant.

Beim Wuppertaler Amtsgericht hat man nachgeschlagen. Als die Amtsrichterin 2008 das erste Urteil über eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 90 Euro gegen Waldschütz verfasste, argumentierte sie so, wie es das Landgericht Bayreuth zwei Jahre zuvor schon getan hatte: Paragraf 219 a solle verhindern, „dass die Abtreibung in der Öffentlichkeit als etwas Normales dargestellt und kommerzialisiert wird“. Das Urteil aus Bayern von 2006, bei dem ein Arzt verwarnt wurde, gilt als wegweisend. Beide Gerichte haben die Formulierung ganz offensichtlich aus dem Strafrechtskommentar „Tröndle/Fischer“ übernommen.

„Wie beim Friseur die Schere, so liegt der Tröndle/Fischer“ bei jedem Staatsanwalt und jeder Richterin griffbereit“, sagt der Bremer Strafrechtsprofessor Felix Herzog. Seine Kollegin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, nennt Gründe: „Erscheint fast jedes Jahr in neuer Auflage, ist handlich, kompakt und bezahlbar.“

Prüfungen gerade so geschafft

Die deutsche Strafrechtscommunity gewöhnt sich im Studium an den Kommentar und möchte sich später nicht umstellen. Andere Kommentare fristen im täglichen Strafrechtsgeschäft eine Rand­existenz. Wer wissen will, wie ein Strafrechtsparagraf zu interpretieren ist oder wie üblicherweise geurteilt wird, greift zum „Tröndle/Fischer“. So findet eine Vereinheitlichung von Rechtsprechung statt, ohne dass in jedem Fall „höchstrichterlich“ geurteilt wurde. Was bei „Tröndle/Fischer“ steht, lässt sich nicht mehr so leicht aus der deutschen Juristenwelt schaffen. Die Wirkung des Kommentars, etwa bei den Paragrafen zum Schwangerschaftsabbruch, sei „toxisch“, sagt Strafrechtsprofessor Herzog.

Herbert Tröndle, Jahrgang 1919, war ausweislich seiner Todesanzeige Träger des Eisernen Kreuzes I. und II. Klasse, des Infanteriesturmabzeichens und des Deutschen Kreuzes in Gold für seinen Einsatz im Zweiten Weltkrieg. Obwohl Tröndle sein Erstes Staatsexamen nur mit „vollbefriedigend“ bestand und damit heute keine Stelle bei Gericht bekommen würde, und seine mündliche Doktorprüfung erst im zweiten Anlauf mit „ausreichend“ schaffte, stieg er zum führenden westdeutschen Strafrechtskommentator auf.

Wie beim Friseur die Schere, so liegt der „Tröndle/Fischer bei jedem Staatsanwalt und jeder Richterin griffbereit“

Felix Herzog, Strafrechtsprofessor

Der Kommentar heißt seit 2008 zwar nur noch „Fischer“, ist aber weiterhin als „Tröndle/Fischer“ geläufig. Wer auf dem Cover steht, ist verantwortlich für den stetig aktualisierten Inhalt. Das Werk kostet derzeit 92 Euro und erscheint im C. H. Beck Verlag.

Der Münchner Verlag erweiterte seine rechtswissenschaftliche Abteilung nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten von 1933 erheblich. Noch im selben Jahr musste Otto Liebmann seinen renommierten juristischen Fachverlag weit unter Wert verkaufen, weil er Jude war. Er verkaufte an den Beck-Verlag. Der Historiker Stefan Rebenich nannte den Vorgang „Gewaltlose Arisierung“. Zum Liebmann’schen Verlagsprogramm gehörte auch ein Strafrechtskommentar, dessen erste Auflage Reichsgerichtsrat Otto Schwarz 1932 abgeschlossen hatte. Schwarz gab den Kommentar die ganze NS-Zeit hindurch heraus, im Nachkriegswestdeutschland übernahm Eduard Dreher dessen Bearbeitung. Dreher war ab 1937 NSDAP-Mitglied und wurde Staatsanwalt am Sondergericht in Innsbruck. In der Bundesrepublik machte er als Ministerialbeamter Karriere.

Ein fanatischer „Lebensschützer“

Mit Herbert Tröndle übernahm ab 1978 ein fanatischer „Lebensschützer“ das einflussreiche Geschäft des Kommentierens. Nun konnte der erzkonservative Katholik seine sittlichen Vorstellungen flächendeckend in der Justiz verbreiten. Bei einer Bundestagsanhörung wandte sich Tröndle 1992 gegen die Abschaffung von Paragraf 175 Strafgesetzbuch, der homosexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte. Eine Abschaffung würde es der „etablierten Schwulenszene“ erlauben, „die in der Pubertät und Adoleszenz befindlichen Jugendlichen für ihre Zwecke zu rekrutieren“. Kein Gesetzgeber sei „legitimiert, abweichendes Sexualverhalten dem normalen Sexualverhalten gleichzustellen“, argumentierte Tröndle.

Vor allem aber kämpfte er gegen eine Liberalisierung der Rechtslage zum Schwangerschaftsabbruch. Tröndle schrieb für das „Lebensschutzhandbuch“ des katholischen Bonifatiusverlags und engagierte sich an führender Stelle in der Juristen-Vereinigung Lebensrecht, einer Lobbyorganisation selbsternannter Lebensschützer.

Hilfe für angezeigte Ärzt*innen

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte bietet eine „Erste Hilfe“ für Ärzt*innen an, die nach § 219a StGB angezeigt wurden. Die Kontaktstelle beantwortet den Betroffenen erste Fragen, fachkundige Juristinnen bieten u.a. eine pro-bono-Beratung an und übernehmen auf Wunsch auch die Verteidigung der Ärzt*innen. Die Stelle ist unter 219a@freichetsrechte.org erreichbar.

Im Jahr 1992 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch, das die unterschiedlichen Regelungen in West- und Ostdeutschland zusammenbringen sollte. Das deutsche Parlament votierte für eine Fristenregelung mit Beratungspflicht, die der Frau die Entscheidung überließ. Tröndle argumentierte vehement dagegen: „Allein ein sogenannter Gewissensentscheid der Schwangeren soll letztlich darüber entscheiden, ob ein ungeborenes Kind weiterleben darf oder nicht, schrieb Tröndle etwa in einem Beitrag in dem 1993 erschienenen Buch „Das zumutbare Kind“. Schwangere Frauen würden sich „einer natürlichen Aufgabe“ entledigen und einer „durch ihr Vorverhalten“ – sprich: den Geschlechtsverkehr mit einem Mann – begründeten rechtlichen Pflicht nicht nachkommen.

Außerdem war für Tröndle klar, „daß immer schon ein signifikant hoher Teil der Schwangeren vom Partner und einem hilfsunwilligen Umfeld zur Abtreibung gedrängt oder sogar mit existentiellen Drohungen genötigt“ werde. Frauen, die eigenständige Entscheidungen treffen, existierten in Tröndles Weltbild offenbar nicht. Herbert Tröndle starb 2017 im Alter von 98 Jahren, die wichtige Randnummer 1 in seiner Kommentierung zu Paragraph 219a lebt weiter.

Sexistische Sprüche

Im Jahr 1999 stieg Thomas Fischer in den Kommentatorenjob mit ein, neben seiner Tätigkeit am Bundesgerichtshof, aus der er sich 2017 verabschiedete. Bekannt wurde der Jurist als Kolumnist bei der Zeit und als Teilnehmer bei Fernseh-Talkshows. Der Multitasker formuliert gerne zugespitzt, Frauen bedenkt er obendrein mit sexistischen Sprüchen.

Der Multitasker formuliert gerne zugespitzt, Frauen bedenkt er obendrein mit sexistischen Sprüchen

Jüngst beschrieb Fischer, wie er durch Fernsehberichte auf die #MeToo-Debatte aufmerksam wurde, „allesamt von sehr betroffen blickenden Moderatorinnen mit Push-up-Brüsten und auf mindestens 80-mm-Heels ‚anmoderiert‘.“

Die Zeit hat sich mittlerweile von ihm getrennt, allerdings erst, nachdem Fischer eine Journalistin des eigenen Hauses angegangen war, die zum Fall Dieter Wedel berichtet hatte. An der Kommentierung zum Paragrafen 219 a hat der misogyne Exrichter an der für Gerichte offenbar entscheidenden Stelle, nämlich gleich zu Beginn (Randziffer 1) des Kommentartextes, nichts verändert außer der Rechtschreibung.

Und dann ist da noch der Paragraf 219 a selbst. Weil die Nazis die Geburten deutscher, „arischer“ Kinder forcieren wollten, kam das „Werbeverbot“ für den Schwangerschaftsabbruch im Mai 1933 ins Strafgesetzbuch, nur wenige Monate nach ihrem Machtantritt. „Insofern unterlag der Gesetzgeber dem Standpunkt, dass bei Schwangeren oftmals erst […] der Entschluss zur Abtreibung geweckt oder doch zumindest erheblich gefördert würde“, schreibt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einem Papier mit dem Titel „Entstehungsgeschichte des § 219 a“ vom Dezember 2017.

Es ist diese Geschichte, sowohl der Entstehung, als auch der Kommentierung, die nun weitergeführt wird, wenn Befürworter*innen des Paragrafen 219 a aus den Reihen von CDU/CSU und AfD Frauen unterstellen, sie würden ihre Entscheidungen in der existenziellen Frage des Schwangerschaftsabbruchs von einem Spiegelstrich auf Praxis-Homepages abhängig machen. Und auf eben dieser Basis urteilt dann auch die Justiz.

Hinweis: In einer früheren Version des Textes hieß es über C.H. Beck: „Der Münchner Verlag verdankt seine rechtswissenschaftliche Abteilung der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten von 1933.“ Der Verlag verlegt allerdings bereits seit 1764 juristische Bücher. Wir haben den Satz gestrichen.

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82 Kommentare

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  • Wieso liebe TAZ-Redaktion werden eigentlich nur Teile der von Frau Mayer verbreiteten Fake News korrigiert? Liegt das daran, dass der Beck-Verlag mit Klage droht, der tote Herr Tröndle aber nicht? Wieso darf die "selbsternannte" Journalistin Frau Mayer - befreit von jeder Sachkenntnis - behaupten, dass Herr Tröndle mit einem Staatsexamen "vollbefriedigend" heute keine Anstellung in der Justiz bekommen würde? Mit einem Staatsexamen "vollbefriedigend" würden sich alle Justizministerien von Nord bis Süd und West bis Ost um eine Einstellung von Herrn Tröndle bemühen. Dies gilt erst recht - wikepedia sei dank - wenn man berücksichtigt, dass Herr Tröndle sein zweites Staatsexamen mit "gut" abgelegt hat. Zur Erhellung: inzwischen genügt in den meisten Bundesländern für die Einstellung im Justizdienst eine Examensnote von 8 Punkten = "befriedigend". Mit einer Note "vollbefriedigend" kann man sich die Jobs quasi frei aussuchen. Mit der Note "gut" gilt dies umso mehr.







    Nur nebenbei sei darauf hingewiesen, dass die "selbsternannte" Journalistin Mayer ihrem "Beitrag" auch die unsinnige Annahme zu Grunde legt, dass in der Justiz nur hirnlose Idioten arbeiten, die gedankenlos wie Zombis einem Kommentarautor folgen, ohne sich eine eigene Meinung zu bilden.







    Nicht weniger unsinnig ist die in einigen Kommentaren zu findende Annahme, dass Kommentarautoren keine private Meinung vertreten würden, weil sie die Rechtsprechung beeinflussen wollen. Abgesehen davon, dass sich die Rechtsprechung nur beeinflussen lässt, wenn die Argumente überzeugen, will jede Meinungsäußerung andere beeinflussen. Gerade deshalb wird die Meinungsfreiheit geschützt. Oder warum dürfen "selbsternannte" Journalisten mit der Verbreitung von Hetze die Meinung von Lesern, Politikern usw. beeinflussen und ein Kommentarautor soll dies nicht dürfen?

     

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation



     

  • Der Artikel geht schon von völlig falschen Annahmen aus, zurückzuführen wohl auf völlige Unkenntnis der Materie und den Gepflogenheiten juristischer Kommentarliteratur. Dem hätte auch ein juristischer Laie wie Sie leicht Abhilfe schaffen können, mindestens durch einen Blick in die vorhandene Kommentarliteratur, die zum großen Teil den hier angegriffenen Zweck des 219a als den gesetzgeberischen (!) ausweist. Es drängt sich aber der Eindruck auf, dass Sie nicht einmal die Passage bei Fischer eingehend gelesen haben!

     

    Zudem ziehen Sie aus den falschen wie auch den wenigen richten Annahmen auch noch falsche Schlüsse. So wird aus der soweit richtigen Tatsache, dass Herr Fischer Herrn Tröndle als Autor abgelöst hat, unreflektiert geschlossen, ersterer mache sich die Ansichten des letzteren zu eigen. Könnten Sie, Frau Mayr, dies bitte einmal eingehend belegen?

     

    Man könnte fast auf den Gedanken kommen, es ginge hier nur um die Diskreditierung des in weiten Kreisen so ungeliebten Herrn Fischer...

     

    Der Text ist seriösem Journalismus unwürdig, Sie, Frau Mayr sowie die gesamte Redaktion sollten sich in Grund und Boden schämen!

  • Nachdem ich erst jetzt auf den Artikel aufmerksam geworden bin.

     

    Frau Mayr sollte sich schämen mit welcher juristischen Unkenntnis und unter Verdrehung von Tatsachen oder gar Lügen über Herr Fischer als Mensch und dazu noch über den Standardkommentar zum StGB herzieht.

     

    Sie sollte sich erstmal mit dem Thema befassen und ihre ideologischen Scheuklappen ablegen bevor sie einen solchen von Verdrehungen und Falschaussagen strotzenden Text veröffentlicht.

     

    Wäre ich Herr Fischer würde ich eine Gegendarstellung erwirken.

     

    Ihnen, Frau Mayr, geht es nicht um Diskurs, Sie wollen diffamieren um ihren Feldzug gegen den 218ff vollziehen zu können. Dabei schrecken Sie noch mal davor zurück bewusst falsche Aussagen zu treffen und Herr Fischer zu beleidigen.

     

    Wie gut, dass Herr Fischer dies nun in einem Kommentar klargestellt hat und Ihren Unsinn und Ihre Lügen aufgedeckt hat. Nachzulesen bei Meedia.

     

    Jedem, der den Artikel hier gelesen hat kann man nur empfehlen die Darstellung von Herr Fischer zu lesen.

     

    Frau Mayr, bitte seien Sie zukünftig zurückhaltender und recherchieren Sie erstmal, bevor Sie auch nur im Ansatz mit Ihrem laienhaften Wisssen der Rechtswissenschaft auch nur noch einen Artikel veröffentlichen.

     

    Ich jedenfalls werde Sie ganz sicher nicht mehr ernst nehmen.

  • 8G
    82278 (Profil gelöscht)

    "einer Lobbyorganisation selbsternannter Lebensschützer"

     

    Wo wir von "selbsternannt" sprechen: Das Adjektiv trifft natürlich ebenso auf die Mehrheit der Verteidiger des Primates der Frauenrechte zu - nicht wahr?

  • Ulrike Lembke , Autor*in ,

    Grundsätzlich ist es sehr verdienstvoll, juristische Kommentarliteratur kritisch zu reflektieren. Denn hierbei handelt es sich mitnichten um folgenlose Privatmeinungen. Juristische Kommentare haben in Deutschland (im Gegenstaz zu den meisten inner- und außereuropäischen Ländern) eine ganz beachtliche rechtspraktische Macht und werden zutreffend auch als "Praxis hinter der Praxis" bezeichnet.

     

    Der Punkt ist, dass die Kritik just anhand des hier behandelten Themas nicht greift. Tröndle schreibt hier Mainstream, überdies wörtlich aus der Begründung des Gesetzgebers übernommen. Fischer behält diesen Mainstream bei, die Kommentierung zu §§ 218ff ist denn auch markant kurz. Natürlich könnte man Fischer vorwerfen, dass er die Kommentierung nicht geändert hat, aber für eine solche Änderung müsste es eine Motivation geben wie bspw. die, Feminist zu sein - und bei allen unterschiedlichen Meinungen über Fischer liegt dies wohl eher fern.

     

    Natürlich wäre schön, wenn der juristische Mainstream sich bewegen würde, schließlich spricht heute viel dafür, dass § 219a in wesentlichen Teilen verfassungswidrig ist. Das strafrechtlich bewehrte Vorenthalten von Informationen über eine nur von Frauen in schwieriger Situation benötigte medizinische Dienstleistung hat noch kein Leben geschützt, ist aber sicher diskriminierend und unverhältnismäßig. Und im Übrigen - denn beide Debatten werden ja ungern auseinander gehalten - geht es mitnichten allein um die Selbstbestimmung der Schwangeren, sondern um die Frage, wie sich verfassungsrechtlich ein von Dritten geltend gemachtes Leistungsrecht des Embryos am Körper der ungewollt Schwangeren gegen ihre Grund- und Menschenrechte auf Gesundheit, körperliche Integrität, Familienplanung, Intimsphäre, Autonomie und Menschenwürde überhaupt als strafrechtlich durchsetzbar denken ließe. Mit ziemlicher Sicherheit: gar nicht. Das werden hoffentlich auch die juristischen Kommentare noch entdecken.

    • @Ulrike Lembke:

      Es geht hier nicht um ein Leistungsrecht. Die Abtreibung ist nicht nur die Beendigung einer "Leistung" der Mutter sondern eine gezielte Tötung des Fötus. Eine schwangere Frau ist biologisch gar nicht in der Lage, ihren Teil zur Austragung des Kindes einfach nicht mehr zu tun. Es bedarf einer aktiven Handlung. Und selbst wenn man diese Handlung (Entfernung des Embryos aus der Gebärmutter) nur als "Abbruch der Ernährung durch die Schwangere" sähe, müsste man, ähnlich wie wenn Eltern ein Kind verhungern lassen, davon ausgehen, dass hier die Unterlassung der lebenserhaltenden Unterstützung einem Tun gleichkommt.

       

      Wovon wir also reden, ist eine Rechtekollision: Lebensrecht gegen - primär - körperliche Unversehrtheit und allgemeine Handlungsfreiheit. Im Wertekanon unserer Verfassung geht das Lebensrecht dabei eindeutig vor und löst sogar höchste Schutzpflichten des Staates aus. Da dürfte es keine Diskussion geben: Lebensunwertes oder zweitrangiges Leben mag es in anderen Rechtsordnungen geben oder zumindest gegeben haben, in Deutschland aber seit 1945 ganz sicher nicht mehr.

       

      Juristisch führt das zu der (trefflich streibaren und mit juristischer Logik oder naturwissenschaftlicher Determination eigentlich nicht zu beantwortenden) Frage, was "Leben" ist. Hier gibt die Verfassung dem Rechtsstaat einen klaren Auftrag, nicht interessengeleitet zu urteilen. Insofern sind die Rechte der Schwangeren - eigentlich - in der Diskussion ein Fremdkörper. Und erst DA kommt ihre Würde ins Spiel. Denn ein derartiges Maß an Fremdbestimmung kann man ihr nicht antun.

       

      Für meine Begriffe ist diese besonders komplexe Rechtekollision in der aktuellen Regelung bewundernswert differenziert gelöst. Aber dazu gehört eben, dass der Rechsstaat der Schwangeren die freie Entscheidung zwar ein stückweit freistellt, aber bis dahin die Einwirkung eigeninteressierter Dritter auf ihren Entscheidungsprozess - wenn überhaupt - auf der Seite des Lebensschutzes sehen will. § 219a ist da nur folgerichtig.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Ulrike Lembke:

      Kurze Nachfrage zum letzten Absatz: ...Das strafrechtlich bewährte Vorenthalten ... ? Oder verwehrte ...?

       

      Mit der Bitte um Aufklärung.

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Das Original ist schon korrekter juristischer Jargon. Es heißt hier, dass das Vorenthalten mit der Kraft ausgestattet wurde, sich unter Einsatz strafrechtlicher Konsequenzen zu "wehren" - daher "be-wehrt".

    • @Ulrike Lembke:

       

       

       

      Zu Ihrem Kommentar fallen mir auf Anhieb zwei Fragen ein:

       

       

       

      • Ulrike Lembke , Autor*in ,
        @Michael Laube:

        Antwort auf Frage 1: Nein.

         

        Antwort auf Frage 2: Ja, bin ich und weiß ich.

         

        Kleiner Tipp: Es geht um das Leistungsrecht am Körper eines anderen Menschen. Das gibt es in unserer Rechtsordnung sonst nirgends und es ist auch verfassungsrechtlich nicht rekonstruierbar. Alle anderen Erwägungen lenken nur ab.

      • @Michael Laube:

         

         

         

        1.)

         

        Sind Sie etwa der Meinung, dass Menschen, die aus welchen Gründen auch immer ihre Rechte nicht geltend machen können, keine Rechte haben bzw. nicht unter dem Schutz der Rechts- und Werteordnung stehen?

         

        Sie haben Recht:

         

        Ein Ungeborener macht keine "Leistungsrechte" geltend.

         

        Ein gerade geborenes Baby oder ein komatöser Mensch aber auch nicht.

         

        Trotzdem dürfte unbestritten sein, dass das Töten eines gerade geborenen Babys oder eines komatösen Menschen grundsätzlich strafbar ist.

         

        Und genauso ist das Töten eines ungeborenen Menschen grundsätzlich strafbar.

         

        Also mit dem Verweis darauf, dass "Dritte" die Rechte des Ungeborenen geltend machen, kommen Sie nicht weiter.

         

        Der Staat schützt mit dem Strafrecht auch die Rechtsgüter der Menschen, die nicht in der Lage sind, sie selber geltend zu machen.

         

         

         

        • Ulrike Lembke , Autor*in ,
          @Michael Laube:

          Antwort auf Frage 1: Nein.

      • @Michael Laube:

         

         

         

        2.)

         

        Sind Sie mit § 13 StGB vertraut und wissen Sie, was eine Garantenstellung ist?

         

        Von Eltern wird erwartet, dass sie sich um ihre Kinder kümmern, auch wenn damit ihr grundrechtlich geschütztes Selbstbestimmungsrecht beschränkt wird.

         

        Von Eltern wird erwartet, dass sie ihr grundrechtlich geschütztes Eigentum verwenden, um ihrem Kind ein Leben zu ermöglichen; sie ernähren, kleiden, ihnen Obdach gewähren u.s.w.

         

        Von Eltern wird sogar erwartet, dass sie ihr Kind vor Gefahren schützen, ggf. sogar ihr grundrechtlich geschütztes Leben riskieren, um das Leben ihres Kindes zu retten.

         

        Diese Pflicht geht über die allgemeine Pflicht, bei Unglücksfällen zu helfen (§ 323c StgB) hinaus.

         

        Wenn Eltern dies unterlassen, und ihr Kind zu Schaden kommt, dann können die Eltern bestraft werden, weil sie ihre Garantenpflichten nicht erfüllt haben.

         

        Und nun könnte man genauso fragen, wie sich verfassungsrechtlich ein von Dritten geltend gemachtes Leistungsrecht des Neugeborenen an der Autonomie, dem Eigentum, dem Leben und der Menschenwürde der Eltern überhaupt als strafrechtlich durchsetzbar denken ließe.

         

        Wieso ist es strafbar, wenn Eltern ein Neugeborenes verhungern lassen?

         

        Das impliziert ja, dass die Eltern verpflichtet sind, das Kind nicht verhungern zu lassen.

         

        Wie kann es aber sein, dass diese Leistungsrecht des Neugeborenen, von Dritten geltend gemacht, strafrechtlich durchsetzbar ist?

         

        Wie kann das verfassungsrechtlich möglich sein.

         

         

         

        • Ulrike Lembke , Autor*in ,
          @Michael Laube:

          Antwort auf Frage 2: Ja, bin ich und weiß ich.

        • @Michael Laube:

           

           

           

          In einem anderen Kommentar weiter unten hatte ich bereits geschrieben:

           

           

           

          Ich erachte es nicht per se als menschenverachtend und barbarisch, für den Schwangerschaftsabbruch zu sein.

           

          Ich erachte es als menschenverachtende und barbarisch, wenn bei dieser Frage immer ausschließlich über die Rechte der Frauen gesprochen wird; aber überhaupt keine Auseinandersetzung darüber stattfindet, welche Rechte das ungeborene Leben hat.

           

          Diese völlig einseitige Überhöhung der Rechte der Frauen ist es, die mich erschauern lässt, weil sich mir zwangsläufig die Frage stellt, wo diese Rechte dann noch ihre Grenzen finden?

           

          Kann sich eine Frau auch noch auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen, um ihr geborenes Baby unter Drogen zu setzen, damit es schläft und sie sich nicht um das Baby kümmern muss?

           

          Kann sie sich noch auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen, wenn sie entscheidet, das geborene Baby nicht zu füttern, es verhungern zu lassen und stattdessen etwas anderes zu tun?

           

          Kann sie sich noch auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen, wenn sie ein gerade geborenes Baby, um das sie sich nicht kümmern will - noch nicht einmal dafür sorgen, dass es jemand erhält, der sich um das Baby kümmern würde - einfach in eine Mülltonne wirft?

           

          Kann sich eine Frau auch noch auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen, um ein noch ungeborenes Baby kurz vor der Geburt, im neunten Schwangerschaftsmonat, zu töten?

           

          Wie ist es im achten Schwangerschaftsmonat?

           

          Im siebenten?

           

          Im sechsten?

           

          Im fünften?

           

          Im vierten?

           

          Im dritten?

           

           

           

          Und nachdem, was Sie geschrieben haben, stellen sich mir genau diese Fragen wieder.

           

          Sie haben wunderbar alle Rechtsgüter der Frau aufgezählt.

           

          Aber das Ungeborene haben Sie einfach außer Acht gelassen und darauf verwiesen, dass dessen Rechte nur von Dritten geltend gemacht werden.

           

          Wo ist bei Ihnen also die Grenze?

           

          Machen sich Eltern, die ihr Kind verhungern lassen, strafbar?

           

          Oder dürfen sie sich zur Rechtfertigung auf ihre Autonomie und ihr Eigentum berufen?

           

           

           

           

           

          I

  • Ich finde es schade, mit welcher Bösartigkeit dieser Artikel gegen Menschen anschreibt, die offenbar nicht mehr auf dem Kerbholz haben, als anderer Meinung als Frau Mayr zu sein, was die Schutzwürdigkeit eines menschlichen Fötus (und vielleicht noch das eine oder andre feministische Steckenpferd mehr). betrifft. Ist es so schwer zu begreifen, dass ein kompromissloses Engagement für den (von unserer Verfassung ebenfalls kompromisslos gewährten) Lebensschutz, gepaart mit einer nur leicht unterschiedlichen Einschätzung, was genau "Leben" ausmacht, kein misogynes Heckenschützentum sein muss? Nur weil eine Meinung nicht in die Wunschvorstellungen vieler Frauen über ihre Entfaltungsfreiheit zusammenpasst, ist sie noch lange nicht frauenfeindlich.

     

    Zu den in dem Artikel "aufgedeckten" (und teilweise hier im Forum bereits mehrfach widerlegten) Kausalzusammenhängen in der Rechtsentwicklung noch etwas Allgemeines:

    Der "Fischer" gehört zu einer Serie Kommentare, die gezielt als Standardkommentare für Praktiker konzipiert sind. Ihre Autoren konzentrieren sich auf die in der Rechtsprechung vertretenen Meinungen und deren Argumente und halten sich mit ihren eigenen Meinungen und akademischen Geplänkel weitgehend zurück. DESHALB hat jeder praktizierende Strafrechtler einen Fischer auf dem Tisch stehen. Es definiert die "herrschende Meinung", indem es sie möglichst unverfälscht abbildet, nicht indem es sie kreiert.

  • Kommentar von Gaby Mayr, Autorin des Artikels:

     

    Wenn Tröndle als Privatmann "Leben schützen“ wollte, wäre das sein Ding gewesen. Aber Tröndle hat lebenslang seine Privatmeinung (Fötus hat Vorrang vor Frau - außer allenfalls bei medizinischer Indikation oder nach Vergewaltigung) in juristische Kommentare und Stellungnahmen gegossen. Damit hat er Rechtsprechung in Deutschland geprägt. Denn genau darauf beziehen sich die Gerichte in ihren 219a-Urteilen.

    Das ist wahrhaft dünnes Eis, auf dem sich - jedenfalls in diesem Fall - Rechtsprechung in Deutschland bewegt!

    (Soviel Wirkung bei zwei Anläufe für ein „Ausreichend“ im Rigorosum hat schon auch was!)

     

    Und Fischer, der diesen Strafrechtskommentar seit Jahren allein verantwortet, hat an diesem Punkt nichts geändert (vgl. Fischer 2018). Zu Lasten der ungewollt schwangeren Frauen und der ÄrztInnen, die verantwortungsvoll arbeiten wollen.

    • @Moderation :

       

       

       

      "Wenn Tröndle als Privatmann ..."

       

      Was soll das denn heißen?

       

      Tröndle hat als Privatmann seinen Kommentar geschrieben.

       

      Den hat er doch nicht als Amtsträger geschrieben.

       

      Dem Kommentar kommt auch keine hoheitliche Autorität zu.

       

      Es handelt sich um einen privat herausgegebenen Kommentar, so wie es auch viele andere Kommentare von anderen Autoren gibt.

       

      Und natürlich hat Herr Tröndle in seinen Kommentar auch seine Meinung eingebracht - so wie andere Autoren in ihren Werken auch ihre Meinung einbringen.

       

      Das ist doch das normalste der Welt.

       

      Frau Mayr hat ihre menschenverachtende und barbarische Meinung doch auch in den obigen Artikel einfließen lassen und argumentiert so öffentlich dafür, dass menschliches Leben, nur weil es noch nicht geboren wurde, gedankenlos vernichtet und damit sogar geworben werden darf.

       

      Da verstehe ich den Vorwurf, den sie Herrn Tröndle macht, einfach nicht.

       

      Vor allem wird überhaupt nicht klar, was sie ihm überhaupt vorwirft.

       

      Wirft sie ihm nun seine Meinung vor?  

       

      Wirft sie ihm vor, seine Meinung in sein Werk geschrieben zu haben?

       

      Wirft Sie ihm vor, mit seinem Werk einen so großen Erfolg gehabt zu haben, dass viele Juristen es nutzen?

       

      Wirft Sie ihm vor, dass Richter aus seinem Werk zitieren?

       

      Mit seiner Meinung jedenfalls setzt sich Frau Mayr gar nicht auseinander. Stattdessen geht sie wieder dazu über, ihn anzugreifen, anstatt das Argument. Dabei spielt es für das Argument doch keine Rolle, welche Noten Herr Tröndle bekommen hat.

       

      Das Interessante ist, dass es in der Unterschrift der TAZ zum Schwerpunkt

       

         "Mein Bauch gehört mir"

       

      im ersten Satz heißt:

       

         "Selbstbestimmungsrecht der Frau oder Lebensrecht des Ungeborenen?"

       

      Genau darum geht es doch: Um eine Abwägung von Rechtsgütern zweier Rechtssubjekte.

       

      Und ich würde gerne mal lesen, dass eine Feministin nicht nur über die Rechte der Frauen sondern auch über die Rechte der Ungeborenen schreibt.

       

      Denn nur wer die Rechte beider betroffenen Seiten erfasst, kann sie abwägen.

      • @Michael Laube:

         

         

         

        Nur um das klarzustellen:

         

        Ich erachte es nicht per se als menschenverachtend und barbarisch, für den Schwangerschaftsabbruch zu sein.

         

        Ich erachte es als menschenverachtende und barbarisch, wenn bei dieser Frage immer ausschließlich über die Rechte der Frauen gesprochen wird; aber überhaupt keine Auseinandersetzung darüber stattfindet, welche Rechte das ungeborene Leben hat.

         

        Diese völlig einseitige Überhöhung der Rechte der Frauen ist es, die mich erschauern lassen, weil sich mir zwangsläufig die Frage stellt, wo diese Rechte dann noch ihre Grenzen finden?

         

        Kann sich eine Frau auch noch auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen, um ihr geborenes Baby unter Drogen zu setzen, damit es schläft und sie sich nicht um das Baby kümmern muss?

         

        Kann sie sich noch auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen, wenn sie entscheidet, das geborene Baby nicht zu füttern, es verhungern zu lassen und stattdessen etwas anderes zu tun?

         

        Kann sie sich noch auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen, wenn sie ein gerade geborenes Baby, um das sie sich nicht kümmern will - noch nicht einmal dafür sorgen, dass es jemand erhält, der sich um das Baby kümmern würde - einfach in eine Mülltonne wirft?

         

        Kann sich eine Frau auch noch auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen, um ein noch ungeborenes Baby kurz vor der Geburt, im neunten Schwangerschaftsmonat, zu töten?

         

        Wie ist es im achten Schwangerschaftsmonat?

         

        Im siebenten?

         

        Im sechsten?

         

        Im fünften?

         

        Im vierten?

         

        Im dritten?

         

         

         

        Ich will nicht, dass der Eindruck entsteht, ich hätte alle Artikel aller Feministinnen, die es zu diesem Thema gibt, gelesen. Ganz im Gegenteil. Ich habe nur einen verschwindend geringen Teil gelesen.

         

        Aber Tatsache ist, dass ich bisher nicht einen einzigen Artikel gelesen habe, in dem sich eine Feministin so geäußert hat, dass ich erkennen hätte können, wo sie die Grenze setzt,

         

        Es ging immer nur um die Rechte der Frauen,

         

        Nie um die Frage, welche Rechte das Ungeborene hat.

         

        Nie um eine Abwägung dieser Rechte miteinander.

    • @Moderation :

      Es bleibt dabei, dass die Gerichte nicht etwa eine Eigenmeinung von Herrn Tröndle (oder Herrn Fischer) zitieren sondern die von Beiden in ihrem Kommentar ebenfalls nur zitierte Begründung des Gesetzgebers. Wo ist da die Einflussnahme?

       

      Weiterhin bleibt es dabei, dass Sie in der Sache gegen diese Begründung bislang nicht auch nur den Hauch eines Gegenargumentes vorgebracht haben. Begründen Sie doch erstmal schlüssig, warum Sie finden, dass man nicht nur anderer Meinung als Gesetztesbegründung, Rechtsprechung und Kommentarlage sein kann, sondern sogar sein MUSS, bevor Sie über die "charakterlichen Hintergründe" der aktuellen Rechtslage spekulieren! WARUM ist es mit unserer verfassungsmäßigen Werteordnung nicht vereinbar, zu argumentieren, dass Abtreibung durch die Möglichkeit der Bewerbung eine nicht gewollte Normalität bekäme??

       

      Zum Dritten gibt es ganz hervorragende Juristen, die noch nicht mal eine Promotion mit rite/ ausreichend vorweisen können. Und selbst der schlechteste Jurist kann, wenn ihn die Muse küsst, eine völlig zutreffende Argumentation zustandebringen, die man erst einmal widerlegen muss. Also bitte - versuchen Sie doch mal Ihr Glück... ;-)

  • Christian Rath , Autor , Rechtspolitischer Korrespondent

    Genau so ist es: Die Gerichte zitieren die Begründung des Gesetzgebers, nicht die Privatmeinung von Tröndle.

     

    Von der Kritik des Artikels bleibt damit wenig übrig.

  • Ulrike Lembke , Autor*in ,

    1978 übernimmt Tröndle den Strafgesetzbuch-Kommentar.

     

    1974 schreibt der zuständige BT-Sonderausschuss für die Strafrechtsreform zu § 219a: "Die Vorschrift will verhindern, daß der Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit als etwas Normales dargestellt und kommerzialisiert wird."

     

    Beide Gerichte haben also Tröndle zitiert. Und Tröndle hat die Gesetzgebungsmaterialien zitiert.

     

    Der Nationalsozialismus wirft lange Schatten in die deutsche Rechtswissenschaft und Rechtspraxis. Aber hier geht es doch eher darum, dass das Zitat nicht zuende geführt wurde. Es geht nämlich im nächsten Satz so weiter: "Andererseits muß die Unterrichtung der Öffentlichkeit (durch Behörden, Ärzte, Beraterstellen) darüber, wo zulässige Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, möglich sein."

    • 2G
      2730 (Profil gelöscht)
      @Ulrike Lembke:

      In der Tat MUSS eine Unterrichtung nicht nur "möglich" sein, sondern auch bestimmten Anforderungen auch jenseits ethischer Vorgaben (wie z.B. Ergenisoffenheit) genügen. Als da wären: Räumliche / zeitliche Verfügbarkeit, finanzielle Ausstattung der Beratungsstellen, Anbietervielfalt etc.

      NICHT zwangsläufig notwendig ist die Information durch die Anbieter. Eine derartige "Information" hat nicht nur immer auch werbenden Charakter, sondern kann gar nicht objektiv sein: Auch Schwangerschaftsabbrüche können durchaus mit unterschiedlicher Qualität durchgeführt werden.

      Es ist für mich völlig uneinsichtig, wenn in Zeiten, in denen mühselig für Transparenz in der Medizin gestriten wird, die Dienstleistungs-Werbung zur Prinzipienfrage hochstilisiert wird. Wäre die Veröffentlichung von Abietern, u.U. verbunden mit einem Ranking, auf den Seiten der Beratungsstellen wie Pro familia nicht die bessere Lösung. Etwas, für dass es sich zu streiten lohnt?

  • Die Idee, Leben zu schützen, scheint mir überproportional bei Ungeborenen aufzutreten, sind sie erst einmal da, kräht kein Hahn danach! Die Seniorenbetreuung wird ertragsoptimiert, der Gesundheitsminister kommt aus der Branche, wer Hartz bezieht, ist selbst schuld und ansonsten sind wir eine Leistungsgesellschaft! Das lässt den Verdacht aufkommen, dass der Lebensschutz eine Maßnahme gegen die Frau und gegen das Kind ist, das vielleicht auch erst zur Welt kommen möchte, wenn die Umstände seiner Entwicklung einigermaßen förderlich sind.

    • @EricB:

      Machen Sie mal das mit einem geborneen Menschen, was eine (straflose) Abtreibung mit einem Fötus macht, und Sie werden feststellen, dass der Lebensschutz DIESEM Standard locker gerecht wird. Sie werden auch eine ziemlich lange Zeit bekommen, darüber gründlich nachzudenken...

       

      Im Übrigen ist es ethisch - ganz gelinde gesagt - problematisch, einem Kind zu unterstellen, dass es unter "erschwerten" Bedingungen lieber nicht leben möchte. Das Dilemma ist ja gerade, dass der abgetriebene Fötus nicht durch das nächste Kind eins zu eins ersetzbar ist. Dieses nächste Kind ist ein anderes als das, das ohne Abtreibung hätte leben können. Vielleicht würde es nie gezeugt worden, wenn die Abtreibung des ersten Kindes unterbliebe, aber das kann eigentlich keinen Einfluss auf die Beurteilung haben, welches Lebensrecht dieser konkrete Fötus hat - und inwieweit es irgendwem, also auch seiner werden Mutter, zusteht, ihm dieses Recht zu nehmen.

  •  

     

     

    Weil hier mehrere meinen, einen Unterschied zwischen Werbung und Information sehen zu wollen, folgendes:

     

    Jede Werbung ist auch Information.

     

    Und eine Werbung kann auch dadurch geschehen, dass bloß Informationen angeboten werden.

     

    Man sollte bei der Frage, ob es für eine gynäkologische Praxis zugunsten von Frauen notwendig ist, darüber zu informieren, dass sie auch Schwangerschaftsabbrüche durchführt, die gesamte Systematik der §§ 218 ff. StGB berücksichtigen.

     

    Nach § 218 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 219 StGB muss vor einem straffreien Schwangerschaftsabbruch eine sogenannte Konfliktberatung (§ 219 StGB) stattgefunden haben.

     

    Diese Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. Sie soll der Frau helfen, eine verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung zu treffen. Dabei soll der Frau auch bewusst sein, dass das Ungeborene in jedem Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Leben hat (§ 219 StGB).

     

    Wenn eine Frau nach einer solchen Konfliktberatung sich für den Abbruch der Schwangerschaft entscheidet, erhält sie von der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle eine Liste mit gynäkologischen Praxen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.

     

    Jede Frau, die also einen Schwangerschaftsabbruch will, hat, wenn sie an der gesetzlich vorgesehenen Konfliktberatung teilnimmt, keine Probleme, eine gynäkologische Praxis zu finden, wo sie den Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen kann.

     

    Wozu also muss eine gynäkologische Praxis noch auf der Homepage darauf hinweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornimmt?

     

    An wen soll und kann sich eine solche Information überhaupt richten?

     

    Doch nur an Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wollen, aber, weil sie gesetzwidrig (noch) nicht an einer Konfliktberatung teilgenommen haben, von dieser nicht wissen, wo sie einen solchen durchführen lassen können.

     

    Insofern dient das Werbeverbot auch der Durchsetzung der Pflicht zur Konfliktberatung.

     

     

     

    • @Michael Laube:

      Werbung ist in ihrer Natur aufdringlich und wendet sich auch an den (eigentlich) nicht- interessierten. Ihr Ziel ist es, zusätzliche Aufmerksamkeit auf das Beworbene zu lenken.

       

      Informationen dagegen richten sich an Adressaten, die selbst aktiv danach suchen. Sie sind nach Ort und Gestaltung so ausgelegt, dass sie sich nicht-Interessierten in der Regel nicht aufdrängen.

       

      Lieber Michael, eigentlich lassen sich diese beiden Dinge ganz hervorragend unterscheiden. Es ist nur dann schwierig, wenn man gezielt versucht, nebenher zu treffen.

      • 8G
        82278 (Profil gelöscht)
        @mensch meier:

        Liebe TAZ, es steht ein großer Elefant im Raum, den sie offenbar absichtlich ignorieren. Wie der Kommentator "Michael Laube" unten treffend anmerkte:

         

        "Wenn eine Frau nach einer solchen Konfliktberatung sich für den Abbruch der Schwangerschaft entscheidet, erhält sie von der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle eine Liste mit gynäkologischen Praxen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden."

         

        Sie plädieren also, zu Ende gedacht, für eine Aufhebung der Pflichtberatung? Denn mit ihr gibt es ja kein Informationsdefizit und somit keinen entscheidenden Grund für die Aufhebung von 219a. Bekennen Sie mal Farbe!!!

      • 8G
        82278 (Profil gelöscht)
        @mensch meier:

        was an

         

        "Wenn eine Frau nach einer solchen Konfliktberatung sich für den Abbruch der Schwangerschaft entscheidet, erhält sie von der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle eine Liste mit gynäkologischen Praxen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden."

         

        -- haben Sie nicht verstanden???

      • @mensch meier:

         

         

         

        Haben Sie schon einmal etwas von Schleichwerbung (https://de.wikipedia.org/wiki/Schleichwerbung), Produktplatzierung (https://de.wikipedia.org/wiki/Produktplatzierung) oder unterschwelliger Werbung (https://de.wikipedia.org/wiki/Unterschwellige_Werbung) gehört?

         

        Ist Ihnen Imagewerbung ein Begriff?

         

        Ihre Annahme, dass nur Werbung sein kann, was aufdringlich ist und zusätzliche Aufmerksamkeit auf das Beworbene lenkt, ist schlicht nicht haltbar.

         

        Und natürlich kann auch ein Informationsangebot Werbung sein.

         

        Wenn auf einer Website kostenlos Informationen angeboten werden, muss sich immer die Frage stellen, warum dort kostenlos Informationen angeboten werden.

         

        Geschieht dies tatsächlich nur aus altruistischen Gründen oder steckt dahinter nicht doch ein eigennütziges Motiv, etwa die Kundenakquise?

         

        Und so zu tun, als wären Werbung und Information zwei unterschiedliche Dinge - das ist so was von einfältig und fern jeglicher Kommunikationstheorien - da fällt mir nur folgendes ein:

         

        Besser schweigen und als Narr scheinen, als sprechen und jeden Zweifel beseitigen.

         

        Das hätten Sie vielleicht besser berücksichtigen sollen, bevor Sie einen solchen Quatsch schreiben.

         

         

         

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Michael Laube:

          Was den sachlichen Gehalt Ihres Kommentars angeht, schließe ich mich Ihren Ausführungen an.

  • Die fehlende Entnazifizierung der Rechtswissenschaft und der Richterschaft ist ein Schandfleck der BRD. Diese Entnazifizierung wird/wurde nachgeholt, nachdem die biologische Entnazifizierung bereits erfolgt ist - quasi als nachträgliche Reinwaschung, wenn es niemanden mehr stört.

    Die kritisierten Ansichten zu Schwangerschaftsabbruch und Homosexualität wurden in den 60er und 70er Jahren vom Bundesverfassungsgericht vertreten. Jeder juristische deutsche Kommentar vertrat deshalb auch diese Meinung. Kein ernstzunehmender juristischer Kommentar in Deutschland kann sich in zentralen Fragen eine Abweichung vom Bundesverfassungsgericht erlauben - auch heute noch.

    Neben Fischer gibt es viele andere StGB-Kommentare. Es ist also auch nicht so, dass Fischer - der hier sehr schief dargestellt wird - einen dominierenden Einfluss hätte.

    Wenn es einen Skandal gibt, dann ist es der Skandal, dass das Bundesverfassungsgericht heute nicht mehr vertretbare Ansichten unserer Gesellschaft vorgeschrieben hat. Bitte lasst doch Eure Artikel von Leuten schreiben, die etwas von der Materie verstehen.

    • @Velofisch:

      Was ist denn die nicht mehr vertretbare Ansicht, die das Bundesverfassungsgericht unserer Gesellschaft vorschreibt?

       

      Ist es tatsächlich unvertretbar, davon auszugehen, dass auch ein Nasciturus bereits ein Mensch ist und unter dem Schutz der Rechts- und Werteordnung dieser Gesellschaft steht?

       

      Ist es wirklich unvertretbar, davon auszugehen, dass es dem Menschen nicht zusteht, willkürlich eine Linie zu ziehen und nur das menschliche Leben jenseits dieser Linie für schutz- und lebenswürdig zu halten?

       

       

       

      Ich kann es verstehen, wenn Sie da eine andere Ansicht haben, als das Bundesverfassungsgericht.

       

      Ich persönlich habe auch eine andere Ansicht.

       

      Aber ist die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts wirklich unvertretbar?

       

      Ist es tatsächlich in dieser Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit geworden, ungeborenes menschlichen Leben zu vernichten, ohne über die moralischen und ethischen Implikationen nachzudenken?

       

       

       

      Welcher Mensch hat Anspruch auf Achtung und Schutz seiner unversäußerlichen Menschenwürde?

       

      Nur der geborene Mensch?

       

      Oder auch der ungeborene Mensch?

       

      Steht es der Gesellschaft zu, diese Frage zu entscheiden?

       

      Und wenn sie diese Frage dahingehend entscheiden darf, dass der ungeborene Mensch keinen Anspruch auf Achtung und Schutz seiner unversäußerlichen Menschenwürde hat, in welchen Fällen darf die Gesellschaft das noch entscheiden?

       

      Was ist mit komatösen Menschen?

       

      Mit geistig eingeschränkten Menschen?

       

      Mit alten Menschen?

       

       

       

      Also ich muss sagen, dass ich dieses Thema aus einer moralisch-ethischen Sicht äußerst schwer finde.

       

      Und ich käme deshalb nie auf die Idee, dass jeder, der eine andere Ansicht als ich vertritt, falsch liegt.

       

      Denn, um ehrlich zu sein: Ich bin mir nicht sicher, dass meine Ansicht richtig ist.

       

      Ich bin nicht gegen Abtreibungen und verurteile auch niemanden, der eine Abtreibung vornimmt. Ich halte einen Zellklumpen nicht für schützenswert.

       

      Aber ob das eine moralisch und ethisch haltbare Position ist, weiß ich einfach nicht.

      • @Michael Laube:

        Schon der Begriff Zellklumpen ist negativ besetzt und m.E. herabwürdigend. Jeder Mensch hat dieses Stadium des werdenden Lebens schon einmal durchlaufen.

        • @Nikolai Nikitin:

           



           



           



          Wie Sie den Begriff Zellklumpen auffassen, ist mir relativ egal.







          Er beschreibt genau das, was es ist: Ein Klumpen von Zellen.







          Dass jeder Mensch "dieses Stadium des werdenen Lebens schon einmal durchlaufen" hat, ändert daran nichts.







          Jeder Mensch hat auch das Stadium durchlaufen, in dem er nur eine Ei- und eine Spermazelle war.







          Und jeder Mensch wird irgendwann einmal sterben und der Körper verwesen - wenn er nicht anderweitig behandelt wird.







          Das ist das Leben.







          Es muss Ihnen nicht gefallen.







          Aber Sie müssen damit leben.

           

          Kommentar bearbeitet. Bitte halten Sie sich an die Netiquette. Die Moderation



           



           



           

      • @Michael Laube:

        vielleicht gibt es Fragen die der Staat nicht beantworten und nicht vorgeben kann / sollte.

         

        Wieso sollten Sie nach meiner Meinung oder ich nach Ihrer leben müssen?

        • @danny schneider:

          Natürlich gibt es in der Bundesrepublik Deutschland Meinungs-, Glaubens-, Gewissens- und Handlungsfreiheit.

           

          Das heißt aber nicht, dass der Staat zulassen kann, dass jeder für sich selbst bestimmt, wer überhaupt unter dem Schutz der Rechts- und Werteordnung steht und wo dessen Rechte anfangen.

           

          Wenn Sie nun meinen, selbst entscheiden zu können, ob ungeborenes menschliches Leben bereits ein Mensch darstellt und unter dem Schutz der Rechts- und Werteordnung steht, dann meint als nächstes jemand anderes, das auch für komatöse, geistig behinderte oder alte Menschen entscheiden zu können.

           

          Zur Zeit der Sklaverei haben Juristen in den USA viel Energie dafür aufgebracht, zu begründen, warum Sklaverei kein Unrecht darstellt.

           

          Im Dritten Reich haben die Juristen viel Energie dafür aufgebracht, zu begründen, warum etwa Juden nicht unter dem Schutz der Rechts- und Werteordnung stehen.

           

          Dies zeigt, dass es sich durchaus auch begründen lässt, warum bestimmte Menschen nicht mehr als Menschen, sondern Untermenschen zu betrachten sind und als solche nicht mehr Schutz genießen, als Tiere.

           

          Es handelt sich hierbei auch nur um Ansichten, die als solche nicht objektiv widerlegt werden können. Auch der Staat kann nicht per Gesetz entscheiden, was richtig ist.

           

          Soll nun jeder nach seiner eigenen Ansicht entscheiden können dürfen, ob jemand ein Mensch ist?

           

          Das scheint mir jedenfalls die Konsequenz ihrer Meinung zu sein.

           

           

           

        • @danny schneider:

           

           

           

          Meinen Sie damit wirklich, dass jeder über Leben und Tod selber entscheiden soll?

           

          Denn für diejenigen, die meinen, dass auch ein ungeborener Mensch bereits ein Mensch ist, geht es um nichts anderes.

           

           

           

          Sie haben aus meiner Sicht insofern Recht, als dass der Staat nicht vorgeben kann, was richtig oder falsch ist, ob ein ungeborener Mensch ein Mensch ist oder nicht.

           

          Er kann und muss aber im Zweifelsfall auf Nummer sicher gehen und, auch wenn ungeklärt bleibt, ob ein ungeborener Mensch nun bereits ein Mensch ist, diesen unter den Schutz der Rechts- und Werteordnung stellen.

           

          Lieber so, als dass, wenn sich herausstellt, dass der ungeborene Mensch doch ein Mensch ist, er es zugelassen hat, dass solche Menschen, nur weil sie sich noch nicht wehren können, industriell und ohne sich Gedanken über die möglichen moralischen und ethischen Implikationen zu machen, vernichtet werden.

           

           

           

          Ich als Atheist glaube nicht an das Jüngste Gericht.

           

          Ich glaube auch nicht an die Seele.

           

          Umso überraschender finde ich es, dass ich mehr Verständnis für Menschen habe, die meinen, dass auch das ungeborene menschliche Leben unter dem Schutz der Rechts- und Werteordnung stehen muss, als so manche Christen.

           

          Mir gefällt aber die Vorstellung, all jene, die vorgeben an Gott und die Seele im Menschen zu glauben, beobachten zu können, wie sie versuchen, vor Gott ihre Entscheidung, menschliches Leben zu vernichten, zu rechtfertigen, wenn ihnen Gott mitteilt, dass auch ungeborenes Leben eine Seele hat und die Tötung dieses gegen das Gebot "Du sollst nicht töten" verstößt.

           

           

           

          Wie gesagt: Ich glaube nicht an Gott.

           

          Aber ich glaube daran, dass es in einer Zivilisation eine Grenze zur Barbarei geben muss und dass es besser ist, diese Grenze im Zweifelsfall zu früh als zu spät zu ziehen.

           

          Der Gesetzgeber hat sich beim Schwangerschaftsabbruch für eine Grenze entschieden. Diese stellt bereits einen Kompromiss da.

           

           

           

  • De Wikipedia-Artikel zu Tröndle weist hn nicht als fanatischen Lebnsschützer aus. Könnte es sein das er einfach nur rechtskonservativ und gegen Abtreibung ist, dabei seinen juristischen Senf dazugibt?

    • @Rudolf Fissner:

      Was ist dadegen zu sagen, Leben zu schützen ? Allein die Humanität verlangt dies. Man muss dies gar nicht aus religiösen Motiven wollen. Das menschliche Leben ist das Kostbarste überhaupt, was wir auf Erden haben.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Nikolai Nikitin:

        "Was ist dagegen zu sagen, Leben zu schützen?"

         

        Nichts, überhaupt nichts.

         

        Häufig jedoch verausgaben sich manche Menschenschützer dabei, das ungeborene Leben zu schützen - und sich um das geborene Leben einen feuchten Kehrricht zu scheren.

         

        Dies ist es, was mich an solchen Lebensschützern (nicht allen) stört: Doppelmoral und Scheinheiligkeit.

         

        Das Loblied auf d a s menschliche Leben stimme ich nicht mit Ihnen ein: wie menschliches Leben wahrgenommen und gelebt wird, wird durch die Lebensumstände gesprägt. Mit den Worten eines klugen Geistes gsprochen, dessen 200. Geburtstag wir dieser Tage feiern: das Sein bestimmt das Bewusstsein.

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Es geht hier aber nicht um "manche Menschenschützer" sondern um eine konkrete Person. Sippenhaft - um bei gleichen Thema zu landen wie der Artikel - ist eine Domäne des Nationalsozialismus. Ebenso das Psychologisieren ("fanatisch") von Einstellungen und Überzeugungen.

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @Rudolf Fissner:

            Und wieder mal dazwischen gegrätscht. Es war bis dahin so friedlich unter denen, die sich hier mit unterschiedlichen Meinungen geäußert haben. Machen Sie doch mit dabei.

             

            Lieber eine Kerze anzünden als über die Dunkelheit klagen. (Konfuzius)

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Ich kann die Fragen, die Sie Bewegen, gut nachvollziehen. Mir selbst fällt jedoch kein ‚wertvolleres Gut‘ auf Erden als das menschliche Leben ein.

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @Nikolai Nikitin:

            Ich akteptiere das, auch wenn ich diese Aussage in der Pauschalität nicht mit Ihnen teile.

      • @Nikolai Nikitin:

        Hmm, weiss nicht ob es viel Sinn macht Ihnen als Klimaskeptiker [ https://www.taz.de/!...message_3617950 ] und Afd Apologet [ https://www.taz.de/!...message_3619155 ] zu antworten, aber zumindest fuer alle anderen Leser:

         

        Meine Sicht - Das https://de.wikipedia.org/wiki/Schwangerschaftskonfliktgesetz ist bestimmt nicht Perfekt, verankert aber sehr wohl den Wert ungeborenen Lebens. Man kann naetuerlich daran einzelne Bereiche, aus meiner Sicht besonders was aerztliche Beratung und Interventionen in Bezug auf potentielle Behinderungen angeht (Stichwort z.B. Praenataldiagnostik) [was nicht im Gesetz geregelt ist, aber mit Abtreibungen in Wechselwirkung steht] Kritik ueben.

        Aber Frauen das Selbstbestimmungsrecht ueber Ihren Koerper generell abzusprechen (so Versehe ich Nikolai's Beitrag), steht fuer mich voellig ausser Frage, und sollte das fuer andere genauso!

        • @FreieMenschen:

          Welchem meiner Beiträge haben Sie entnommen, dass ich Frauen das Recht abspreche, abtreiben zu dürfen, wenn eine der im Gesetz geregelten Indikationen erfüllt ist ? Im Übrigen, frage ich mich, ob Sie auch genug Spaß dabei empfinden, gegen mich zu hetzen ?

  •  

     

     

    Ich habe das Gefühl, dass es in dem Artikel weniger um eine sachliche Auseinandersetzung zum Schwangerschaftsabbruch und dem Werbeverbot geht, als um einen Angriff auf Juristen, die gegen den Schwangerschaftsabbruch und für das Werbeverbot sind.

     

    Dummerweise fällt so etwas in die Kategorie "argumentum ad hominem" und damit in die unterste Schublade der Argumentation.

     

     

     

     

    Ich persönlich teile die Ansicht eines Herrn Tröndle zum Schwangerschaftsabbruch nicht.

     

    Die Frage ist doch aber, ob man einen Herrn Tröndle "verteufeln" muss, weil er als Katholik gegen den Schwangerschaftsabbruch ist.

     

    Ist die Ansicht, dass auch ein Nasciturus bereits ein Mensch ist und Menschenwürde und ein Recht auf Leben besitzt, wirklich unvertretbar?

     

    Ist es wirklich unvertretbar, dass Menschen, die dieser Ansicht sind, einen Schwangerschaftsabbruch für die Tötung eines Menschen halten - ein Verstoß gegen das Gebot "Du sollst nicht töten"?

     

    Ist es wirklich unvertretbar, zu meinen, dass, so wie eine Mutter für das Leben ihres geborenen Kindes verantwortlich ist, sie auch für das Leben ihres noch ungeborenen Kindes verantwortlich ist und sich nicht einfach auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen kann, um die Tötung ihres Kindes zu rechtfertigen?

     

     

     

    Ich kann Feministen, die so tun, als würde es in der Tat nur um sie gehen, als wäre es undenkbar, dass von ihrer Entscheidung zu einem Schwangerschaftsabbruch niemand weiteres betroffen, nicht verstehen.

     

    Das ist purer Egoismus und unredlich.

     

    Ich finde es gut, dass jemand, der einen Schwangerschaftsabbruch will, gezwungen wird, sich vorher über die moralischen und ethischen Implikationen Gedanken zu machen und etwas, das man durchaus als menschlichen Leben bezeichnen könnte, nicht einfach gedankenlos vernichtet werden kann.

     

    Und unter diesem Aspekt finde ich es auch gut, dass der Schwangerschaftsabbruch eben nicht wie jeder andere medizinische Eingriff betrachtet wird, so als würde man nur eine Geschwulst entfernen.

     

     

     

    • @Michael Laube:

      Wow, das ist fuer mich etwas verworren...

      Einerseits " Ich persönlich teile die Ansicht eines Herrn Tröndle zum Schwangerschaftsabbruch nicht."

      Andererseits: " Ist es wirklich unvertretbar, zu meinen, dass, so wie eine Mutter für das Leben ihres geborenen Kindes verantwortlich ist, sie auch für das Leben ihres noch ungeborenen Kindes verantwortlich ist und sich nicht einfach auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen kann, um die Tötung ihres Kindes zu rechtfertigen?" ???

       

      Ein Baby und ein Foetus sind nicht das gleiche, und sollten nicht als das gleiche betrachtet werden. Auch wenn das heisst eine letztlich arbitraere Grenze zu ziehen, ab der eine Abtreibung / Schwangerschaftsabbruch nur unter besonderen Umstaenden als rechtens betrachtet wird. Ich denke, ueber diese Grenze zu streiten waere legitim. Aber zu behaupten das schon der Zellhaufen der ersten Wochen ein "ungeborenes Kind" und gleichgestellt mit geborenen Kindern ist, finde ich Krude.

      • @FreieMenschen:

        Wer differenziert denken kann, wird meine Ausführungen nicht verworren finden.

         

        Es gibt nämlich einen Unterschied zwischen meiner eigenen Ansicht und der Frage, ob ich eine andere Ansicht vertretbar finde.

         

        Nur weil ich eine andere Ansicht für vertretbar halte, muss ich diese Ansicht nicht selber haben.

         

        Das hat etwas damit zu tun, dass ich nicht so arrogant bin und denke, dass nur meine Ansicht richtig ist und deshalb alle anderen Ansichten falsch sein müssen. Vielmehr differenziere ich danach, ob eine Ansicht vertretbar ist, also ob sie einigermaßen logisch und konsequent begründet wird.

         

        So ist eine Ansicht, die im Ergebnis vielleicht sogar zutreffend ist, aus meiner Sicht trotzdem unvertretbar, wenn sie nicht logisch und konsequent begründet wird.

         

        So finde ich es absolut unvertretbar, wenn jemand meint, dass es krude ist, wenn jemand der Ansicht ist, dass auch bereits ein Fötus ein Mensch ist und daher unter dem Schutz der Rechts- und Werteordnung dieser Gesellschaft steht.

         

        Ich persönlich denke auch, dass ein Zellklumpen, der mit hoher Wahrscheinlichkeit sowieso vom Körper durch eine Fehlgeburt abgestoßen wird, jedenfalls noch nicht den gleichen Schutz der Rechts- und Werteordnung dieser Gesellschaft genießen sollte, wie ein geborenes Baby.

         

        (Es wird angenommen, dass in der Gruppe der 20– bis 29-jährigen Frauen etwa die Hälfte der befruchteten Eizellen spontan zugrunde gehen, was meistens aber gar nicht bemerkt, sondern nur als Unregelmäßigkeit des Menstruationszyklus fehlinterpretiert wird.)

         

        Nur kann ich verstehen, dass es Menschen gibt, die das anders sehen, die der Ansicht sind, dass es dem Menschen eben nicht zusteht, willkürlich eine Linie zu ziehen und zu sagen, dass nur das menschliche Leben jenseits dieser Linie lebens- und schützenswert ist.

         

        Und wer diese Ansicht, ohne sich mit ihr und den moralischen und ethischen Implikationen auseinanderzusetzen, einfach so abtut, vertritt eine Ansicht, die so nicht vertretbar ist.

    • @Michael Laube:

      "Die Frage ist doch aber, ob man einen Herrn Tröndle "verteufeln" muss, weil er als Katholik gegen den Schwangerschaftsabbruch ist."

       

      Ne, die Privatmeinung dieses Herrn ist/war sein persönlicher Spaß.

       

      Ist er aber mit seinem Buch in der Lage die Rechtsinterpretation eines ganzen Landes zugunsten seiner Präferenzen zu verschieben ist das kein Spaß mehr. Eine unabhängige Justiz stelle ich mir anders vor!

      • @danny schneider:

        Sie können sich vorstellen, was Sie wollen.

         

        Ein Herr Tröndle hat, wie jeder Mensch, das Recht, auf seine Meinung und das Recht, seine Meinung zu veröffentlichen.

         

        Er hat auch das Recht, wie jeder andere Mensch auch, einen Gesetzeskommentar schreiben.

         

        Dieser Kommentar hat de jure keine Gesetzeskraft.

         

        Er stellt nur eine Übersicht zu einer gesetzlichen Regelung und der dazu ergangenen Rechtsprechung da.

         

        Ein guter Kommentar wird dabei nicht nur die Ansicht des Herausgebers wiedergeben, sondern - möglichst neutral und objektiv - einen Überblick über alle relevanten, in der Rechtslehre vertretenen Ansichten geben.

         

        Ein guter Kommentar wird sich mit den verschiedenen Ansichten und der Rechtsprechung kritisch auseinander setzen, so dass der Leser in die Lage versetzt wird, sich selbst eine fundierte Meinung zu verschaffen.

         

        Leider ist dies aber so umfangreich nur in Großkommentaren möglich - wie etwa der Leiziger Kommentar (15 Bände mit über 11.000 Seiten).

         

        Beim Tröndle, Tröndle/Fischer oder Fischer handelt es sich aber nur um einen Handkommentar mit etwa 2.700 Seiten.

         

        Für eine ausgewogene Darstellung aller Ansichten und eine kritische Auseinandersetzung ist da einfach nicht genug Platz.

         

        Schließlich soll dieser Kommentar problemlos überall mit hin genommen werden können und einen schnellen Überblick bieten.

         

        Nicht wenige kritisieren deshalb auch vollkommen zu Recht die Einseitigkeit der Darstellungen in einem solchen Handkommentar.

         

        Und dies ist auch Richtern bekannt.

         

        Diese sind aber nicht gezwungen, nur einen solchen Handkommentar zu nutzen und die dort vertretene Ansicht zu übernehmen.

         

        Jeder Richter kann und soll sogar seine eigene Ansicht vertreten.

         

        Wenn Richter das nicht machen, wenn sie aus Bequemlichkeit einfach nur abschreiben, was in einem Kommentar steht, dann ist das nicht die Schuld desjenigen, der den Kommentar herausgegeben hat, sondern ein Mangel in der Justiz.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Michael Laube:

          Mit Ihrem Schlusssatz haben Sie völlig Recht. Die primäre Verantwortung liegt in den Händen eines Richters.

           

          Ich fand und finde die historische Einordnung (Wer war Tröndle? Wieso genießt er eine derartige Verbreitung?) für mich als juristischen Laien überaus hilfreich. Als Hintergrundwissen.

          • @76530 (Profil gelöscht):

             

             

            Interessant ja.

             

            Hilfreich nur bedingt.

             

            In einer Debatte ist zwischen dem Argument und dem Argumentierenden zu unterscheiden.

             

            Nur weil der Argumentierende - aus welchen Gründen auch immer - nicht besonders glaubwürdig ist, ist das Argument deshalb nicht gleich falsch.

             

            Wenn ein Adolf Hitler für die Rechte von Juden argumentiert, ist das Argument, nur weil es von Adolf Hitler kommt, nicht falsch.

             

            Dass er er nicht ernst meint, möglicherweise eine ganz andere Agenda verfolgt, ist für die Frage, ob sein Argument richtig ist, völlig irrelevant.

             

            Menschen, die nicht in der Lage sind, das Argument zu entkräften, neigen dazu, den Argumentierenden anzugreifen.

             

            Man sprich dann von einem "argumentum ad hominem".

             

            Diese sind populistisch zwar sehr wirksam, sind aber aus der untersten Schublade der Debatiertechniken und werden als fallacies (Fehlschlüsse), genauer als genetic fallacies (genetischer Fehlschluss), eine Unterkategorie der fallacies of irrelevance (irrelevante Schlussfolgerung), betrachtet.

             

            Eine Person, die ein Argument vorbringt, anzugreifen, widerlegt nicht das vorgebrachte Argument.

             

            Insofern kann es keine Rolle spielen, wer Tröndle ist.

             

            Es ist sein Argument, das zählt.

             

            Und die Frage ist einfach, ob ein Argument, das davon ausgeht, dass ungeborenes menschliches Leben grundsätzlich den gleichen Schutz der Rechts- und Werteordnung dieser Gesellschaft genießt, dass es der Gesellschaft nicht zusteht, eine Linie zu ziehen und nur das menschliche Leben jenseits dieser Linie für schutz- und lebenswürdig zu befinden, vertretbar ist.

             

            Ich halte eine solche Ansicht für vertretbar - auch wenn ich sie so nicht vertrete.

             

            Dass einige derjenigen, die eine solche Ansicht vertreten, möglicherweise scheinheilig sind, entwertet die Ansicht als ganzes genauso wenig, wie meine Ansicht nur deshalb entwertet wird, weil sie auch von Menschen vertreten wird, die womöglich ebenfalls scheinheilig sind.

             

            • 7G
              76530 (Profil gelöscht)
              @Michael Laube:

              Ihrer Unterscheidung zwischen Argument und Argumetierendem stimme ich vorbehaltlos zu. Auch Ihr Beispiel mit Hitler ist zutreffend.

               

              Ihre Differenzierungsgabe in ihrer Seltenheit verdient allergrößten Respekt.

          • 2G
            2730 (Profil gelöscht)
            @76530 (Profil gelöscht):

            Leider war es eben KEINE historische Einordnung. Es war - sagen wir es ehrlich - eine Verteufelung.

            Angefangen mit den Noten von Prof. Tröndle, mit denen er keineswegs, wie im Text behauptet, "heute keine Stelle bei Gericht bekommen würde".

            Im Gegenteil. "Vollbefriedigend" bedeutet bei Juristen ein Prädikatsexamen.

             

            Ein "ausreichend" bei einem Rigorosum (was die Autorin fälschlicherweise als "mündliche Prüfung" bezeichnet) sagt gar nichts über die letztlich vergebene Bezeichnung der Promotion aus.

            (vgl. zu beiden Aussagen z.B.: https://de.wikipedia.org/wiki/Schulnote).

             

            Dass Tröndle als "Lebensschützer" unterwegs war, zeigt seine konservative Gesinnung, die ihn aber zunächst einmal nicht a priori disqualifiziert.

            Er war auch kein Nazi-Jurist (gegen Kriegsende studierte er), wie im Text nahegelegt wird (Kollege Velofisch ist jedenfalls drauf reingefallen, s.o.).

             

            Dagegen war Tröndle seit seiner Jugend auf Grund einer Kriegsverletzung (1. WK) beidseitig unterschenkelamputiert, eine Behinderung, die seine Persönlichkeit sicher nicht lockerer gestaltet hat, aber vielleicht seine hohe Wertschätzung für das Leben an sich zumindest teilweise erklärt.

            All diese Fakten sind in wikipedia nachzulesen.

             

            Über die causa "Fischer" ist zu sagen, dass hier seit Jahren gestritten worden, m.E. kann man ihn keinesfalls "sexistisch" nennen. Da fehlt jedenfalls bis jetzt jeder Beweis.

             

            All das war jetzt kein Insiderwissen, sondern kann im Netz nachgelesen werden. Damit muss ich der Autorin entweder Vorsatz oder mangelnde Recherche vorwerfen.

             

            Was die §§ 218, 219a StGB angeht, so beinhalten diese sicherlich erhebliches gesellschaftliches, politisches und ethisches Konfliktpotenzial. Eine breite Diskussion wird aber durch Artikel wie oben, der sich darin erschöpft, kontradiktorische Meinungen und ihre Äußerer mit Falschaussagen zu verunglimpfen, nicht wirklich befördert.

            • @2730 (Profil gelöscht):

               

               

               

              Schöne Zusammenfassung.

               

              Kleinigkeit nur:

               

              Herbert Tröndle starb 2017 im Alter von 98 Jahren.

               

              Geboren wurde er 1919.

               

              Ich halte es für unwahrscheinlich, dass er aufgrund einer Kriegsverletzung aus dem ersten Weltkrieg beidseitig unterschenkelamputiert war.

               

              Die Kriegsverletzung hat er sich zugezogen, als er als über 20-jähriger im zweiten Weltkrieg gekämpft hat.

               

              Das aber kann man ihm aber auch nicht vorwerfen.

               

              Nicht jeder deutsche Soldat während des zweiten Weltkriegs war gleich ein Verbrecher.

               

              (Auch Helmut Schmidt war Offizier in der Wehrmacht.)

               

               

            • 7G
              76530 (Profil gelöscht)
              @2730 (Profil gelöscht):

              Für Ihre ausführliche, differenzierte Erwiderung herzlichen Dank. Ihren Aussagen ist nichts Entscheidendes hinzuzufügen. Umso mehr, als dass sie von seltenem Wohlwollen getragen ist. Das finde ich im Fall divergierender Meinungen wichtig: eine andere Meinung als die eigene macht den Träger nicht automatisch zum Feind.

  • Leider offensichtlich von einem Nichtjuristen geschrieben, anderenfalls wäre aufgefallen, dass niemand den Strafrechtskommentar heute ernsthaft noch "Tröndle/Fischer" nennt (deutlich weiter verbeitet ist vielmehr "der Fischer"), und dass ein vollbefriedigendes Staatsexamen auch heute noch problemlos als Einstellungsvoraussetzung für den Staatsdienst genügt, der in jüngerer Vergangenheit von seinen Notenerwartungen immer weiter abrücken musste ...

  • (1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise

     

    1.eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder

    2.Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung

    anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

     

    Also wenn ich das richtig interpretiere, wenn man als Privatmensch einfach eine Tabelle: Arzt, Anschrift, Leistung ins Internet stellt, wäre das nach Gesetz OK. Weil das wäre wohl nicht grob Anstößig (wie könnte eine sachliche Tabelle das sein) und einen Vermögensvorteil hätte man auch nicht. Ich habe nicht mal einen Arzt in der Familie

  • Fischer soll „misogyn“ sein? Er hat halt eine andere Meinung zu gewissen Sachverhalten - vor allem juristischer Natur - die er jeweils en detail begründet. Dies im Gegensatz zu manchen anderen.

  • Die Autorin verkennt das juristische Notensystem.

     

    Vollbefriedigend ist bereits ein Prädikatsexamen, das schaffen nur 10-15% der Kandidaten. Das zweite Staatsexamen absolvierte Tröndle mit der Note "gut" (ca 3% der Kandidaten).

     

    Der Mann hatte absolute Traumnoten, die Justiz würde ihn heute mit Handkuss nehmen.

    • 2G
      2730 (Profil gelöscht)
      @Incitatus:

      Wie Michael Laube oben schon richtig beschreibt, besteht der Artikel (??) eher aus "argumenta ad hominem", auf deutsch: Anwürfen, Bruchteilswahrheiten und Unverständnis der juristischen Notengebung.

      Geht man von der Headline aus: "Juristischer Umgang mit Abtreibung", dann reden wir über § 218 und nicht über § 219a StGB. Bei einem Schulaufsatz würde man sagen: Thema verfehlt.

      Das hat jetzt nichts mit der eigentlichen hochkomplexen Problematik der juristischen Bewertung von Schwangerschaftsabbrüchen zu tun. Aber der Artikel auch nicht!

  • 8G
    82278 (Profil gelöscht)

    "Es ist diese Geschichte, sowohl der Entstehung, als auch der Kommentierung, die nun weitergeführt wird, wenn Befürworter*innen des Paragrafen 219 a aus den Reihen von CDU/CSU und AfD Frauen unterstellen.."

     

    Ziemlich weit hergeholt, aber sehr ordentliche Fleissarbeit, der Artikel. Besonders dass der eine Kommentator nur eine 3 geschrieben hat. Schockierend.

     

    Schauen wir auf die Realität.

     

    1. Pro Jahr rund 100.000 legale Abteibungen.

    2. Die Zahl der nach 219a verurteilten ÄrztInnen pro Jahr: zwischen 0 und 1

     

    Bei der obligatorischen Beratung zu einem Schwangerschaftsabbruch bekommt man einen Zettel in die Hand gedrückt, mit einer Liste von Ärzten der Umgebung, die, man vermutet es schon, Schwangerschaftsabbrüche durchführen.

     

    Case Closed.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Ein hilfreicher Artikel, der sehr erhellend ist und wichtige Grundlagen unseres Rechtssystems deutlich macht.

     

    Ich wünsche mir, dass er auch jene Menschen erreicht, die für die Beibehaltung des Paragrafen 219a sind. Und dabei Information mit Werbung verwechseln.

    • 8G
      82278 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      Ich wünschte mir, dass jene Menschen, die offensichtlich keine Ahnung haben, wie ein Abbruch abläuft, würden endlich von der Realität erreicht.

       

      Jede Frau, die einen Abbruch durchführen möchte, kann sich bei dem obligatorischen Beratungsgespräch über Ärzte der Umgebung informieren. Es gibt darüber hinaus andere Quellen (Verbände etc.) die diese Infos weitergeben.

       

      Es gibt absolut nicht das GERINGSTE Problem, an die Liste dieser Ärzte zu kommen. Linke, Grüne und SPD wissen das auch. Es geht Ihnen nur ums Prinzip, um die symbolische Schwächung der letzen ethischen Grenzen, um den Schwangerschaftsabbruch zu einem Lifestyle-Angebot zu neutralisieren.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Ist das so? Oder besteht dieser Bericht nicht in erster Linie aus dem Schwingen der Nazikeule (oder das aktuelle aequivalent, der Sexismuskeule) gegen jene, die anderer Meinung sind?

       

      Ja, die Fixierung auf einen einzigen Kommentar ist nicht richtig, und im Studium ist es auch vollkommen normal, zu jedem Problem mehrere

      Kommentare und Fachaufsaetze zu konsultieren und zitieren. Allerdings ist das in der Praxis, angesichts der chronisch ueberlasteteten Gerichte nicht zu leisten. Das Problem hat viele Ursachen, nicht bloss "die Nazis waren's!". Und in der konkreten Frage des Schwangerschaftsabbruchs, eine weltweite Kontroverse, die vermutlich schon so lange, wie es Schwangere gibt, diskutiert wird, gibt es auch keine einfache Loesung.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @monkey:

        Was meinen Sie hier mit "dem Schwingen der Nazikeule" (o.ä.)?

      • @monkey:

        Auf jeden Fall wäre es sinnvoll, wenn es nicht schon geschieht, vom Jurastudenten auch zu verlangen, wer das ist, der den Kommentar,. den er nutzt, veröffentlicht hat.

         

        Ich weiß nicht, ob für Kommentarnutzung auch mal ein Schein im Studium verlangt wird. Wäre evtl. nicht übel.

        • @Age Krüger:

          Der Kommentar wird (mittlerweile) ja nur noch von Thomas Fischer bearbeitet, über den man zwar persönlich denken mag, was man will - der aber fachlich als ehemaliger Bundesrichter über jeden inhaltlichen Zweifel erhaben ist! (anderenfalls würde wohl auch kein Gericht seine Urteile auf seinen Kommenrat stützen)

          • @LPK:

            Zu denken Rechtsauslegung waere in irgendeinem Sinne ueber persoenliche Meinungen Erhaben ist aus meiner Sicht ein ziemlicher Irrtum.

            (Natuerlich gibt es genuegend Bereiche, in denen es Präzendenz Faelle gibt, an denen sich orientiert werden kann. Aber es gibt eben auch reichlich Bereiche, in denen letztlich die Ansichten und Interpretationen der letztlich entscheidenden Richter Ausschlaggebend sind - und seien dies die Bundesverfassungsrichter...)

  • Es ist wichtig, dass das Werbeverbot für Abtreibungen erhalten bleibt. Die Entscheidung über Leben und Tod eines werdenden Menschens darf nicht von kommerziellen Interessen beeinflusst sein.

    • @Nikolai Nikitin:

      Werbung: Heute 2 zum Preis von einer.

       

      Information: ich berate, Kosten X; Ich führe durch, Kosten Y

       

      Unterschied geschackelt?

    • @Nikolai Nikitin:

      Sie wissen schon, dass es ein sehr weitgehendes Werbeverbot für Ärzt*innen gibt? Beim Paragraph 219a geht es um das Verbot selbst eines Hinweises auf einer Website. Niemand will großflächig Plakatwerbung für Abtreibungen durchsetzen.

      • @LesMankov:

        Das Werbeverbot muss in jeglicher Hinsicht bleiben - kein Kommerz in Fragen von Leben und Tod !

        • @Nikolai Nikitin:

          Ein Arzt, der die Abtreibung also unentgeltlich durchführt, dürfte schon dafür werben?

           

          Oder ein Benifiz-Killer?

          Ich bringe ihren Erbonkel um, nur der Lust am Töten wegen. Für sie kostenlos!

          • @Age Krüger:

            Und dafür Werbung von Bestattungsinstituten verbieten? Oder wenn es auch eine Frage des Lebens ist:

            Keine Spenden mehr an die DLRG?

            • @Age Krüger:

              Kommerz muss in Fragen des Lebens außen vor bleiben. Allein die Humanität ist hier verlangt.

        • @Nikolai Nikitin:

          Ein Satz wie "in unserer Praxis führen wir gynäkologische Untersuchungen, Schwangerschaftstest, Begleitung von Schwangerschaften sowie Schwangerschaftsabbrüche gemäß §219 durch" ist für Kommern in Fragen von Leben und Tot? Für mich ist das Information über die Leistungen einer Praxis, die doch sogar im Sinne der Lebensschützer ist: Die können dann Praxen meiden, die auch Schwangerschaftsabbrüche durchführen.

          • @Frida Gold:

            Der Unterschied zwischen Werbung und Information ist aus meiner Sicht, dass reine Information NICHT dazu dient, ein späteres Geschäft anzubahnen, an dem die Informationsquelle ein wirtschaftliches Intersse hat. Eine "Information" darüber, welche Leistungen eine Arztpraxis anbietet, ist daher Werbung.

  • Danke fuer die hintergruende.alles scheint, so vorsichtig ist das heute, gut recherchiert zu sein.