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Debatte MilchpreisWeniger wäre mehr

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Wenn der Milchpreis wieder steigen soll, gibt es nur eine Lösung: Der Staat muss die Bauern zwingen, weniger Milch zu liefern.

Im Gegensatz zur Rampensau läuft die Rampenkuh lieber aus dem Bild raus Foto: willma… / photocase.de

T ausende Milchbauern werden in diesen Monaten Opfer einer neoliberalen Ideologie. Sie müssen ihre Kühe abgeben, viele verlieren gar den ganzen Hof. Denn sie bekommen seit Jahren weniger Geld für die Milch, als sie etwa für Löhne, Futter und Energie bezahlen müssen.

Vor Kurzem ist der Milchpreis für die Erzeuger im bundesweiten Durchschnitt auf rund 24 Cent pro Kilogramm abgerutscht – die Produktionskosten liegen nach Branchenschätzungen bei 43 Cent. Noch nie hat eine derart schwere Krise so lange angehalten. Allein vergangenes Jahr gaben laut Statistischem Bundesamt 4,2 Prozent der Milchviehhalter auf. Höchste Zeit, dass der Staat eingreift und die Produktionsmenge reguliert.

Warum Sie das interessieren sollte? Weil Milchbauern sehr wichtig für das Leben in den ländlichen Regionen sind, weil sie Arbeitsplätze bieten und Aufträge für andere Branchen. Wenn die meisten der rund 73.000 deutschen Milcherzeuger verschwinden, werden noch mehr Dörfer verwaisen.

Es trägt auch nicht zu einer gesunden Wohlstandsverteilung bei, dass wenige Megabetriebe Zehntausende kleine und mittlere Unternehmen verdrängen. Die Giganten können dank ihrer Größeneffekte langfristig auf Billigstniveau produzieren. Und es geht auch um die Umwelt und um das Wohl der Tiere. Wer nur noch Verluste macht, dem fällt es schwer, mehr für die Artenvielfalt zu tun oder Kühe artgerechter zu halten.

Schuld ist die Agrarlobby

Die Hauptursachen des Preisverfalls sind nicht die, die Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) suggeriert. Russlands Präsident Wladimir Putin hat zwar im Ukrainekonflikt ein Einfuhrverbot für viele EU-Milchprodukte verhängt, und die Chinesen importieren weniger als erwartet; aber der Preisverfall begann lange vor dem Inkrafttreten des russischen Embargos im August 2014. Nach China gingen laut dem Statistischen Bundesamt beispielsweise 2012, vor der Preiskrise, nur 1,5 Prozent der deutschen Milchproduktexporte.

Viel stärker auf die Preise drückt aber, dass die Landwirte seit April 2015 wieder so viel melken dürfen, wie sie wollen. Zuvor hatte die EU mit der Milchquote 31 Jahre lang die Menge begrenzt. Aber als Brüssel – getrieben zum Beispiel durch die Bundesregierung und ironischerweise den Deutschen Bauernverband – die Quote über die Jahre immer stärker aufweichte und dann aufhob, produzierten die Landwirte mehr. Allein seit 1. April 2015 wuchs die Erzeugung um 6,1 Millionen Tonnen oder 3,8 Prozent. Ähnlich war es im Vorjahr. 6 Millionen Tonnen sind ungefähr 10 Prozent der international gehandelten Menge.

Europa ist also maßgeblich dafür verantwortlich, dass Milch auf dem Weltmarkt so billig ist. Keine andere bedeutende Produktionsregion hat ihre Erzeugung in absoluten Zahlen so stark gesteigert.

Ein Grund der Quotenabschaffung war, dass Volkswirte prognostiziert hatten, die Nachfrage nach Milch werde insbesondere in Asien dank dem Bevölkerungswachstum und neuer Ernährungsgewohnheiten steigen. Diese Exportchancen sollten die EU-Bauern nutzen, ohne von der Quote behindert zu werden. Aber auf die Wachstumsmärkte drängen auch andere, zum Beispiel die Neuseeländer. Außerdem versorgt sich etwa China stärker selbst.

An den Symptomen herumdoktern

Statt die Menge zu senken, will Agrarminister Schmidt nun nur ein bisschen an den Symptomen der Milchpreiskrise herumdoktern. Bei seinem „Milchgipfel“ mit Vertretern des Bauernverbands, der Molkereien und des Handels am Montag in Berlin wird er wohl Folgendes ankündigen: mehr Kredite für in Not geratene Betriebe, ein paar Steuergeschenke, einen Zuschuss für Sozialabgaben. Die Rede ist von Hilfen in Höhe von ungefähr 100 Millionen Euro.

Das wird die Verluste der Milchbauern kaum kompensieren. Sie gehen in die Milliarden. Solche Maßnahmen verlängern allenfalls noch das Leiden dahinsiechender Betriebe. Doch da weiterhin zu viel Milch auf dem Markt ist, werden die Preise zu niedrig bleiben und Betriebe mittelfristig doch pleitegehen.

Genauso wenig wird es bringen, den Lebensmittelhandel an seine „Verantwortung“ zu erinnern, wie Agrarminister Schmidt es im Vorfeld des Milchgipfels tat. Denn die Supermarktketten tun einfach das, was sie tun müssen. Wenn eine Kette nicht den für sie bestmöglichen Preis aushandeln würde, unterläge sie irgendwann ihren Konkurrenten. Erst wenn das Angebot knapper wird, werden Aldi und die anderen wieder bedeutend mehr für die Milch zahlen.

Dieses Marktprinzip gilt auch für die Molkereien. Zwar können Bauern teils wegen Knebelverträgen kaum zwischen verschiedenen Abnehmern wechseln, aber das ist nicht der ausschlaggebende Grund dafür, dass die Molkereien armselige Preise zahlen. Sondern eben das Überangebot.

Die EU sollte Limits vorgeben

Diese Wurzel des Übels muss der Staat ausreißen, weil die Marktteilnehmer aufgrund ihrer Konkurrenz dazu nicht in der Lage sind. Die EU sollte Milchbauern vorschreiben, so lange weniger zu produzieren, bis sich der Preis erholt hat. Die Bauern könnten ihren Kühen zum Beispiel weniger Kraftfutter und mehr Heu geben. Durch solche Maßnahmen ließe sich die Produktionsmenge schnell um 2 bis 3 Prozent reduzieren, rechnet der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter vor.

Dieses Minus würde ausreichen, um den Preisdruck stark zu senken. So ein Eingriff wäre nicht die alte Quote, da das neue Mengenlimit zeitlich begrenzt wäre. Die Angst, dass dann Nicht-EU-Länder mehr nach Europa exportieren, ist wegen der hohen Importzölle unbegründet.

Natürlich würde es wenig bringen, wenn allein Deutschland die Menge reduzierte. Die europäische Konkurrenz stieße in diese Lücke. Aber die Bundesregierung muss endlich ihre Blockade in Brüssel gegen eine EU-weite Mengenbegrenzung aufgeben.

Doch das will sie nicht, weil sie derartige Eingriffe in den angeblich freien Markt scheut wie der Teufel das Weihwasser. In den Augen von Minister Schmidt, Bauernverband und Molkereiindustrie darf der Staat zahlen – etwa für Beiträge zur Unfallversicherung der Landwirte. Aber verlangen soll er dafür nichts. Typisch neoliberal eben.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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95 Kommentare

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  • 46 Cent kostet der Liter Milch derzeit in deutschen Supermärkten. Was viele Verbraucher freut, treibt die Landwirte in den Ruin. Bei ihnen kommt gerade einmal die Hälfte des Verkaufspreises an – zu wenig, um wirtschaftlich zu arbeiten. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat auf dem Milchgipfel eine Soforthilfe von 100 Millionen Euro versprochen. Ende vergangener Woche zeigte er sich offen für eine Regulierung der Milchmenge, wie die Süddeutsche berichtete. Das System Milchwirtschaft bleibt damit unangetastet. Und auch die Milchkuh wird wieder einmal außen vor gelassen.

     

    Kranke Tiere, die auf Hochleistung gezüchtet sind, mit Kraftfutter gefüttert werden und ausschließlich im Stall stehen, gehören in der modernen Milchwirtschaft schon lange zum Alltag. Die Landwirte haben zwar unmittelbaren Einfluss auf das Wohlergehen ihrer Tiere, stehen aber in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Molkereien, dem Handel, den Verbrauchern und schließlich der Politik. Wir alle tragen die Verantwortung dafür, wie es Milchkühen in Deutschland geht, denn eine tiergerechte Milchkuhhaltung lässt sich nur mit fairen Preisen für die Bauern realisieren. In Zeiten eines anhaltenden Überangebots an Milch bei gleichzeitig stagnierender weltweiter Nachfrage ist die Gefahr groß, dass das Wohl der Tiere ohne gesetzliche Regeln auf der Strecke bleibt. Ohne Kuh keine Milch.

     

    Strukturelle Änderungen sind gefragt. Lesen Sie unseren ganzen Kommentar zur "Lösungssuche ohne Kühe" auf unserer Website: »http://www.kuhplusdu.du

  • Aha, hier werden wieder "Obergrenzen" gefordert. Die Schutzzölle sorgen schon für geschlossene Grenzen.

    Wahrscheinlich kommt bald die Idee mit Schießbefehl auf Milchkühe an der Grenze (oder sogar auf Kälber?).

     

    Es ist interessant, dass die taz das gleiche fordern darf, was die AfD macht, wenn es um Milchbauern geht. Okay, Kühe sind keine Flüchtlinge und Menschenrechte für Rinder fordert nicht mal Peter Singer, aber das Phänomen ist doch identisch. Durch mehr Angebot bei gleicher Nachfrage sinkt der Preis. Das gilt für Milch ebenso wie bei Arbeit. Wenn mehr Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, sinkt der Lohn. Als Antwort darauf zu sagen, Grenzen dicht machen, ist wirklich nix anderes wie es auch die AfD im übertragenem Maß macht.

     

    Jeder Arbeiter und jeder Landwirt sollte das Recht auf ein Einkommen haben, dass ihm ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Ist das nicht durch Lohnarbeit oder Milchproduktion möglich, dann muss die Gemeinschaft eingreifen und ihn alimentieren und ihm nützlichere Arbeit zuweisen.

    Einen bäuerlichen Familienbetrieb um seiner selbst willen zu erhalten, ist Unsinn. Die Familie als einzige Zelle des Staates ist ein reaktionäres Konzept ebenso folglich der Familienbetrieb. Bietet den Menschen Formen des genossenschaftlichen Zusammenarbeitens an und helft beim Finanzieren solcher Projekte.

     

    Wer gerne Milch produziert, soll das von mir aus machen. Ich bin aber für eine entsprechend hohe Steuer für Rinderbesitzer. Was die Viecher an Methan produzieren und damit das Klima zerstören, schaffen Mio. Kettenraucher nicht und die müssen für ihr Hobby Rauchen auch Steuern zahlen.

    • @Age Krüger:

      "Jeder Arbeiter und jeder Landwirt sollte das Recht auf ein Einkommen haben, dass ihm ein menschenwürdiges Leben ermöglicht." - soweit kann ich Ihnen recht geben.

       

      Der Rest zeugt von Verwirrung und Ahnungslosigkeit. Obergrenzen in der Milchproduktion halte ich zwar nicht schlecht, aber sie haben nichts mit der menschenfeindlichen Drückebergerei unsäglich reicher Staaten im Umgange mit Flüchtlingen zu tun.

       

      Hohe Steuern für Rinderbesitzer? Damit zerstören Sie die Landwirtschaft gänzlich. Es müsste Abgaben auf Milchprodukte geben, die im Gegenzuge art- und umweltgerecht wirtschaftenden Milchbauern zugute kommen. Das wäre ein Ansatz.

       

      Wissen Sie, dass Rinder in Weidehaltung deutlich weniger Methan produzieren als in Stallhaltung? Die Zersetzung eines von Käfergängen durchlüfteten Kuhfladens auf der Weide läuft chemisch anders (methanärmer) ab als das in einer Güllegrube unter Luftabschluss der Fall ist.

       

      Nicht nur Tierwohl-, sondern auch Klimaschutzgründe können somit für die Weidehaltung angeführt werden, und die ist entsprechend zu fördern.

    • @Age Krüger:

      "Aha, hier werden wieder "Obergrenzen" gefordert. Die Schutzzölle sorgen schon für geschlossene Grenzen.

      Wahrscheinlich kommt bald die Idee mit Schießbefehl auf Milchkühe an der Grenze (oder sogar auf Kälber?).".... usw....

       

      Also ich glaub, das braucht jetzt gar nicht erst gesagt werden, das dies ein ziemlich...?... verworrener Kommentar ist!

      • @LiebeSonneScheine:

        Ist schon komisch, wenn man Zusammenhänge sieht, die man im Mainstream nicht sehen darf, oder?

        • @Age Krüger:

          Frei nach Pegida... - wenn ich einfach nur eine simple Lösung suche, die sich als ziemlich blöd rausstellt, ist der "Mainstream" schuld, oder die "Lügenpresse".

           

          Der @alte Kauz hat's schön aufgedröselt, meine volle Zustimmung dazu.

  • Mehr Tierschutz, weniger Bauernschutz.

     

    Alles andere läuft nur auf den Versuch hinaus, die Nachteile von Plan- und Marktwirtschaft zu vereinen.

    • @Mustardman:

      Mehr Tierschutz kann ich gutheißen, weniger Bauernschutz keineswegs.

       

      Nicht nur, dass sich Bauern nur bei guten Produktpreisen artgerechte Tierhaltung leisten können, Bauern sind nach wie vor die Stütze unserer Zivilisation, weil wir ohne sie unser Fressen im Wald suchen könnten.

       

      Wenn wir ihnen nicht helfen, wird zwar der Bauernstand nicht aussterben, aber er wird weiter reduziert, zentralisiert, industrialisiert. Dies treibt gescheiterte Bauern in die Armut und ist für den schonenden Umgang mit den Tieren und dem Land gewiss auch nicht gut.

    • @Mustardman:

      Sehr richtig. Das Tier muß endlich dieselben Grundrechte bekommen wie der Mensch.

  • meine Herren alle in Geschichte geschlafen, vor c 40 Jahren gabs die butterberge, die milchseeen, butter wurde zum Nulltarif nach Russland geliefert, von den umgepflügten Äckern nicht zu reden usw usw

    • @Georg Schmidt:

      Man sieht: Wir haben uns in 40 Jahren nicht weiterentwickelt.

  • Wo werden denn bei uns Billigmilchprodukte aus dem Ausland importiert? Es ist doch wohl genau umgekehrt! Im Ausland, auch im EU-Ausland, ist die Milch viel teurer als in Deutschland.

     

    Die EU-Landwirtschaftssubventionen hatten ursprünglich ein vollkommen anderes Ziel, als die halbe Welt mit EU-Billiglebensmitteln, vor allem aus Deutschland, zu überschwemmen.

     

    Der typisch deutsche Individualismusansatz, nämlich Bio zu kaufen und damit alles für eine bessere Welt getan zu haben, läuft ins Leere, seitdem auch die Landwirtschaft voll auf Neoliberalismus umgesattelt hat.

     

    Die eigene ostentative Groß- und Offenherzigkeit angesichts der zu uns kommenden Geflüchteten ist und bleibt pure Heuchelei, solange die weltweiten Zusammenhänge bei den Fluchtursachen bewusst negiert werden. Zerstörung der Märkte und damit der Lebensbedingungen für die Menschen in den Ländern, in denen der subventionierte Expansionsdrang der EU zuschlägt und anderes fragwürdiges Engagement der "westlichen Wertegemeinschaft" dürfen in den Diskussionen nicht länger unter den Tisch fallen!

     

    Wir zahlen hier umgekehrt einen sehr hohen Preis dafür: Zerstörte Landschaft, verseuchtes Grund- und Trinkwasser, massiver Artenschwund und Belastung der Menschen durch Pestizide und Biozide und nicht zuletzt unendliches Tierleid in den Agrarfabriken. Zerstörung des sozialen Friedens und starker Zulauf bei rassistischen und rechtsextremen Parteien und Gruppierungen wegen eines falschen Ansatzes beim sogenannten Flüchtlingsproblem und tausendfacher Tod im Mittelmeer wegen einer bigotten Abschottungspolitik durch die EU.

  • Keiner jammert so wie die Bauern:" zuviel Regen,zuviel Sonne,zuwenig Substitution,zuwenig Geld............."Die Bauern sind einer der grössten Umweltverschmutzer und bekommen auch noch Geld dafür.

  • Wieder einmal ein Beispiel für das großartige Versagen und die Unfähigkeit der EU.

  • Ich denke, die Reduzierung der Milchmenge ist die richtige Lösung - wie auch immer organisiert.

    Allerdings rechne ich nicht damit, dass dieser Weg ernsthaft eingeschlagen wird.

    Letzte Woche gab es noch die Meldung, dass die Milchwirtschaft an der Erschließung neuer Märkte - in Kolumbien und Mexiko - arbeitet.

    Dann würden wir also auch dort die regionalen Märkte zerstören und den dortigen Produzenten die Lebensgrundlage nehmen.

    Fluchtursachen bekämpfen? Wohl nur, wenn es hier niemandem weh tut.

  • Das Problem "Schuld ist die (Agrar) Lobby" gilt für alle Bereiche:

    Auto-Mobil, Banken, etc. Überall nur Gier und die macht gemäß einer alten Bauernregel dumm!

    Wir sind ca. 80 Mio Menschen in dieser Republik. Wie viele Liter Milch pro Kopf werden hier produziert?

    Wie viele Autos, mit der Bestimmung Schrott, werden pro Jahr für 80 Mio Menschen pro Jahr hergestellt?

    Wie viele Mrd. Euro druckt die EZB durch das Schreiben einer Zahl auf Papier? Alles leere Versprechungen dafür dass 80 Mio Menschen damit reale Güter erhalten können: Heisse Luft, denn es fehlt genau dieses leistungsfreie Grundeinkommen für die 80 Mio Menschen zur Nachfrage!

    Der Rest ist lediglich Spekulation, die Verpufft: Milchpreis, zuviel N02 für die Luft, keine Nachfrage und damit kein Grund für Investitionen!

    Darüber müssen wir öffentlich denken und reden "res publica" ist die Öffentliche Sache/Angelegenheit!

  • Im Prinzip könnte es so funktionieren wie Herr Maurin aufgezeigt hat.

     

    Allerdings stehen dem sehr viele Interessen entgegen. Ich bin ja nach wie vor ein Fan der mengenreduzierenden Milchquote gebunden an restriktive Haltungsbedingungen, die müsste aber über Europa kommen und erfordert eine 180 Grad Drehung der Bundesregierung.

     

    Könnte es nicht daher sinnvoll sein, (und vor allem niedrigschwelliger für die Politik) Fördergelder, wie die Hundertmille die man jetzt verblasen will, z.B. an Haltungsbedingungen zu knüpfen z.B. als Weidegangprämie?

    Durch Weidegang sinkt die Milchleistung automatisch da sich 10 bis 12000l/Kuh/Anno fast nur mit bis aufs letzte ausgetüftelte reiner Stallfütterung realisieren lässt.

    Die Prämie müsste dann natürlich den Umsatzrückgang durch die geringere Milchleistung auffangen und die Bauern kämen damit zudem durch die Marktentspannung noch zu einen auskömmlicheren Milchpreis.

     

    Der Vorteil läg auch etwas bei den im Verhältnis kleineren Betrieben da sich Weidegang ab einer Herdengrüße von über 2000 bis 300 Tiere aufwärts nur sehr schwer umsetzen lässt bzw. müssten sich diese Betriebe dann sehr stark auch baulich umorientieren was ein 20 bis 60 Kuhbetrieb meist nicht muss da diese bis es aus der Mode kam ja meist selber noch Weidegang praktiziert haben.

     

    Das ist so in etwa der "Tierwohl" Ansatz der eng begrenzt ja auch bei der Schweinehaltung schon recht vielversprechend funktioniert.

     

    Dadurch werden die Haltungsbedingungen auch etwas aus der rein marktwirtschaftlichen Zwängen herausgenommen was ja für das Tier nur gut sein kann. Siehe Einwand @Anamolie weiter unten.

     

    Es muss natürlich auch ein Rahmen geschaffen werden und die Tücke steckt hier im Detail: so darf z.B. die für die Kühe neuangelegten Weideflächen nicht nach wenigen Jahren unter das Grünlandumbruchverbot fallen sonst werden sich die Bauern mit Händen und Füßen sträuben...

  • Gibt es irgendeine Versorgungslücke bei der Milch?

     

    Warum soll die Regierung in den Marktmechanismus eingreifen, wenn Versorgung zu günstigen Preisen gesichert ist?

    • @Ansgar Reb:

      Stimmt, wenn da nicht wer wäre, der unter den Marktmechanismen sehr leidet, wenn er dadurch immer effektiver mit immer weniger Lebensqualität "produzieren" muss. Der Milchbauer ist damit nicht gemeint.

      • @lions:

        Sowohl für die Bauern als auch deren Tiere ist die Situation beschissen.

  • Hier wird ein fataler Glaubenskrieg um ein Produkt geführt, welches mit massiven Umweltproblemen und schlimmsten Tierquälereien zu tun hat, die natürlich eigentlich keiner will.

    Dieses Produkt, die Muttermilch für Kuhbabies, braucht aber kein Mensch zum Leben.

    Babykuhmilch ist von Natur aus kein Nahrungsmittel für Menschen, auch wenn er sich daran gewöhnt hat. Bio - Kuhbabymilch hilft da leider auch nicht weiter.

    Die Disskussion um den Milchpreis ignoriert vollkommen diese Tatsache.

    Solange der Mensch zudem ignoranterweise Billigmich in Massen kauft wird das System weiterleben. Zur Not wird Billig eben aus dem Ausland importiert. Das wäre den Meisten von uns wahrscheinlich auch völlig egal. Hauptsache leckere Milchprodukte.

    Die Schuld der Agrarlobby allein zuzuschieben ist ein populäres Ablenkungsmanöver jedes Einzelnen um ja nicht selber umdenken zu müssen.

    • @Traverso:

      Bester Beitrag bis jetzt. So ist es nunmal. Und diese Erkenntnis bricht sich momentan auch medial nach und nach Bahn. Speziell der Milchzucker ist im Visier. Produkte wie Butter, Quark, Käse momentan noch nicht in dem Maße.

      Soll heißen: Die Milchnachfrage, zumindest in West- und Mitteleuropa, wird über die nächsten Jahre wohl immer weiter abnehmen. Die Abschaffung der Quote war purer Wahnsinn.

      Milchbetriebe, die allein von den Einnahmen ihrer Milch leben müssen - so es die denn noch gibt - werden unweigerlich schließen müssen in den nächsten Jahren.

      Die große Liquidationswelle der Milchbetriebe - und damit möglicherweise eine Normalisierung des Milchangebots - kommt jedoch vermutlich dann, wenn die ersten Generationen der gut bezuschussten Solaranlagen so langsam den Dienst quittieren.

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @Traverso:

      "Hier wird ein fataler Glaubenskrieg um ein Produkt geführt,"

       

      In der Tat. Milch ist eine gute Ergänzung zur vegetarischen Ernährung, und dass man Kühe gleichzeitig respektieren und ihre Milch trinken kann, beweisen 1.000.000.000 Inder täglich.

  • 3G
    3641 (Profil gelöscht)

    Schickt die Milch nach Kuba. Dort kostet ein Liter über 2 Dollar.

    • @3641 (Profil gelöscht):

      Klasse Idee, damit die kubanischen Bauern auch noch bankrott gehen.

    • @3641 (Profil gelöscht):

      Die trinken dort wohl mehr Kokosmilch.

  • Weniger melken? Dann wird zwar der Preis pro Milchmenge steigen, nicht aber die Einnahmen der Bauern.

     

    Da muss man sich schon was anderes einfallen lassen.

     

    Schutzzonen um Kleinbetriebe, innerhalb derer Großbetriebe nicht verkaufen dürfen? Das wäre extrem schwer in der Praxis umzusetzen und damit vermutlich vom Tisch.

     

    Wie wär's mit einer Abgabe auf sämtliche Milchprodukte, die artgerecht wirtschaftenden kleinen und mittelständischen Milchbauern als Fördergeld zugute kommen soll? Falls es da nicht irgendwelche hirnlosen juristischen Stolperstricke gibt, wäre das doch ein Weg.

  • In dieser kapitalistischen Wirtschaftsordnung ist nunmal kein Platz für bäuerliche Romantik. Der Wettbewerb ist gnadenlos. Wer nicht konkurrieren kann, muß umsatteln oder geht unter. Handwerker und Arbeiter sind seit Generationen mit dieser Realität konfrontiert. Hätte man in den Bauernstuben öfter mal Marxens "Kapital" statt dem "Gotteslob" aufgeschlagen, wäre man jetzt weniger überrascht.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Ich befürchte, das ist nicht nur in der kapitalistischen Wirtschaftsordnung so, sondern in jeder Wirtschaft. Selbst in der Planwirtschaft auf Dauer.

       

      Ich kapiere das Problem eh nicht. Warum nicht einfach die Mindeststandards für die Kuh-Haltung so raufsetzen, dass das von kleineren besser zu leisten ist als von grossen Betrieben (Freilandhaltung bei 10000 Kühen ist halt schwierig in Deutschland, da ist kein Platz für)? Durch das sinkende Angebot gehen dann die Preise rauf, niemandem tut es weh, wenn er 50 Cent mehr für die Milch zahlen muss, die Bauern können leben und die Kühe auch.

       

      Alles andere ist doch Pfuschen am Problem vorbei.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Ach, Sie sehen das Problem der Bauern also darin, dass sie nicht unchristlich, nicht gebildet, nicht links genug wären?

       

      Abgesehen davon, dass Vorurteile nie gut sind, gebe ich Ihnen zu bedenken, dass einer Minderheit (die die Bauern hierzulande leider einmal sind) gegen eine egoistisch-kapitalistische Mehrheit keine Geisteshaltung helfen kann.

       

      Da bräuchte es handfestes.

      • @Ein alter Kauz:

        Ist unchristlich, wer Marx liest? Ist ungebildet, wer Marx nicht liest? Das sind IHRE Vorurteile, nicht meine.

         

        Und wenn schon...

        Die Kirche kauft den Bauern ihre überschüssige Milch jedenfalls auch nicht ab.

  • „Die Hauptursachen des Preisverfalls sind nicht die, die Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) suggeriert. Russlands Präsident Wladimir Putin hat zwar im Ukrainekonflikt ein Einfuhrverbot für viele EU-Milchprodukte verhängt [...] aber der Preisverfall begann lange vor dem Inkrafttreten des russischen Embargos.“

     

    Na dann bin ich ja beruhigt, denn der russische Markt wird für die europäischen Bauern wohl dauerhaft wegbrechen. In absehbarer Zeit werden dort nämlich asiatische Großinvestoren den Rahm abschöpfen (und die Natur wird leider auch noch ihr Fett abbekommen).

    Z.B. im Agrarkomplex Rjasan südlich von Moskau: Geplant sind 80.000 Kühe, 40 bis 60 Tausend Hektar Ackerland zum Anbau von Futterpflanzen, ein Mischfutterwerk und eine Milchverarbeitungsfabrik über 400.000 Tonnen im Jahr. Die ersten 40.000 Kühe sollen bis Ende 2017 Milch produzieren, in drei bis fünf Jahren soll das ganze Projekt stehen.

    (https://owc.de/2016/05/23/russland-asiaten-investieren-in-der-landwirtschaft/)

    • @jhwh:

      Ökologisch auf jeden Fall besser, als die Milch durch anderthalb Kontinente zu kutschieren. Die Tiere können einem zwar leid tun, aber die leiden überall gleich...

       

      Langfristig ist sowieso nur eine vegane Welt lebenswert.

    • @jhwh:

      Na wenn der Markt für die europäischen Produzenten jetzt eh wegbricht, kann man die Sanktionen ja aufrecht erhalten, ändert eh nichts.

  • 3G
    34420 (Profil gelöscht)

    Solange nicht über die hinter dem, wie so manchem anderen, Geschehen über die dahinter wirkende Angst geredet wird, kann man sich das "Bescheidwissen", wer wieder mal so alles schuld sein soll, auch sparen.

     

    Vielleicht ist es ja der Russe mit seinen Gegensanktionen? Und nicht der hiesige mündige Verbraucher, nicht die Erzeuger, nicht die Aktionäre,...

     

    Die natürlich Lust, weniger zu produzieren, weniger zu verkaufen, weniger gierig zu sein,... und also solidarischer zu sein, wurde eben noch nicht entdeckt.

    • @34420 (Profil gelöscht):

      "Die natürlich Lust, weniger zu produzieren, weniger zu verkaufen, weniger gierig zu sein,... und also solidarischer zu sein, wurde eben noch nicht entdeckt."

       

      Ach? Ist Ihnen klar, dass die vorzivilisatorischen Menschen ungefähr zwei Millionen Jahre nicht so gelebt haben?

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Ist wohl was Anderes, wenn der große Preis - wie in jenen gesegten Jahrmillionen - das blanke Überleben ist. Man kann wohl sagen, dass das Konzept von Privateigentum ziemlich genau so alt ist wie die Fähigkeit des Menschen, mehr Ressourcen zu schaffen, als er selbst zum reinen Überleben für sich und seinen Nachwuchs braucht.

         

        Es steht Jedem frei, sich wieder auf dieses Niveau zu begeben und antimaterialistisch mit der Welt im Einklang zu leben. Mir geht es nur zu weit, wenn er das gleich auch noch von allen Anderen verlangt.

    • @34420 (Profil gelöscht):

      Das Wahlvieh fühlt sich so unschuldig, wie das Milchvieh es ist. Daran wird sich sobald nichts ändern.

      • 3G
        34420 (Profil gelöscht)
        @lions:

        Das mag so sein. Nur ist das eben noch nicht mal die halbe Wahrheit. Nicht schuldig (gewesen) zu sein ist zu allen Zeiten ein sehr starkes Bedürfnis. Andere Schuldige zu suchen ebenfalls.

         

        Alles in allem ein Verhängnis.

  • Ich gehe mal davon aus, dass die Tiere mehr als die Milchbauern leiden. Also: "Bauernschutzgesetze" müssten eher nicht verschärft werden.

  • Genau das Gleiche haben Produzenten in der nicht-europäischen Welt durchgemacht, als sie durch IWF/Weltbankdruck dazu gebracht worden, von Selbstversorgung auf Cash Crops umzusteigen, das Überangebot die Preise in den Keller trieb, und die Bauern dann ihr Land aufgeben mussten.

     

    Hat damals bis auf ein paar "Gutmenschen", wie ich einer bin, keine Sau interessiert. Heutzutage versuchen ebendiese, das Problem mittels "Fair Trade" anzugehen, was den Marktfundamentalisten allerdings ein Dorn im Auge ist.

     

    Aber wenn es dem deutschen Milchbauern an den Kragen geht, sind die Krokodilstränen allenthalben.

     

    Wie wäre es, wenn wir endlich zugeben, dass Nahrungsmittel genauso wenig auf unregulierten Märkten gehandelt werden sollten, wie Wohnraum, Wasser, Gesundheitsversorgung, und Bildung?

    • @BigRed:

      Inwiefern ist denn Fair Trade Marktfundamentalisten ein Dorn im Auge?

       

      Es gibt (bspw. von Ihnen) eine Nachfrage nach Fair-Traide-Produkten mit einer daraus resultierenden Zahlungsbereitschaft. Dementsprechend ist ein Angebot entstanden. Das ist Marktwirtschaft pur.

       

      Sie meinen vermutlich eher Großindustrie-Lobby o.Ä., aber gewiss nicht Marktfundamentalisten, auch wenn das zu Propagandazwecken gerne umeinandergeworfen wird.

      • @sart:

        Fair Trade "verzerrt" Marktpreise und schränkt den "freien" Markt dadurch ein.

        Daher der Dorn im Auge.

         

        Marktwirtschaft und der uneingeschränkte freie Markt, den die Fundamentalisten verlangen, haben erstaunlich wenig miteinander zu tun, nicht zuletzt, weil der letztere der ersten eher schadet.

        • @BigRed:

          Inwiefern verzerrt denn Fair Trade die Marktpreise? Manche sind bereit, mehr Geld zu bezahlen, wenn das Produkt bestimmte Merkmale aufweist. Beim Maßanzug ist es das Maßgeschneiderte im Vergleich zum Wöhrl-Anzug, bei Fair-Trade sind es die besseren Arbeitsbedingungen im Vergleich zu den Standard-Produkten. Fair-Trade ist ein eigener Markt mit eigenem Angebot und eigener Nachfrage. Wo da eine Verzerrung der Marktpreise reinpassen soll, ist mir schleierhaft.

           

          Und wie soll etwas den freien Markt einschränken, wenn es durch den freien Markt überhaupt erst entstanden ist?

           

          Und der uneingeschränkte freie Markt ist eine Spielart des Überbegriffs Marktwirtschaft, kann also dem nicht entgegenstehen.

          • @sart:

            Fair Trade sollte nach der vorherrschenden Theorie gar nicht entstehen können. "rational expectations" und der "homo oeconomicus" können nicht dazu führen. Er konnte nur entstehen, weil einige nicht-rational Akteure sich entschieden haben, etwas anzustossen, bei dem sie keinen monetären Gewinn machten - was für Marktfundamentalisten unvorstellbar, also unmöglich, ist.

            Produzenten mehr zu zahlen, als sie an Produktionskosten+ein bisschen Gewinn brauchen, ist in dieser Religion ein absolutes Sakrileg! Und etwas zu betreiben, dass nicht er eigenen Gewinnmaximierung dient, ist nicht nur Sünde, sondern auch noch Wahnsinn.

             

            Der uneingeschränkte freie Markt führt ziemlich automatisch zu Monopolbildung (oder Kartellen), deren Auswirkung auf Preise die Marktwirtschaft untergräbt. Auf der anderen Seite führen Nachfrageschocks zu Rezessionsspiralen, die die Marktwirtschaft kollabieren lassen. Beiden kann man nur durch einer Einschränkung des Marktes (durch Gesetze, z.B., oder Arbeitslosenunterstützung) begegnen.

            • @BigRed:

              "rational expectations" und "homo oeconomicus" sind reine Modellannahme innerhalb der VWL. Ich weiß ja nicht, wann sie ihre letzten VWL-Vorlesung besucht haben, meine sind etwa 5 Jahre her und begannen mit den verwendeten Modellannahmen und wieso sie an sich die Realität nur unzureichend abbilden.

               

              Ich frage mich allen ernstes, wer in manchen Kreisen diesen Unsinn verbreitet hat, der homo oeconomicus wäre ein Weltbild oder Ideal... und nicht einfach nur eine Einschränkung der Realität, um die Abbildbarkeit halbwegs zu ermöglichen.

               

              Das ist als würde man behaupten, Atomphysiker würden es als Sünde bezeichnen, wenn man nicht davon ausgeht, dass Elektronen sich in Kreisbahnen um den Atomkern bewegen, da das Bohrsche Atommodell schließlich anders aussehe.

              • @sart:

                Schauen Sie sich mal politischen Diskussionen bzgl., z.B., Lebensmittelsubventionen an, oder den Unsinn der auf OECD/IWF/EU/Deutschland-Ebene verzapft wird, wenn es darum geht, zu argumentieren, dass defizitfinanzierte Staatsausgaben die Konjunktur nicht ankurbeln können. Denken Sie noch mal über das Eingeständnis des IWF nach, dass ihr Modell "multiplier"-Effekte falsch eingeschätzt haben.

                Und dann erzählen Sie mir noch mal, dass diese "vereinfachenden" Annahmen keinen Einfluss bei Wirtschaftspolitik finden.

                 

                Genau das ist ja das Charakteristische an Fundamentalisten: dass die Regeln strikt geglaubt/befolgt werden, egal, wie die Realität aussieht - das ist bei Christen nicht anders als bei VWLern.

                • @BigRed:

                  An unzureichenden Modellannahmen festzuhalten ist für Sie also gleichbedeutend mit Religion?

                   

                  Keine weiteren Fragen...

            • @BigRed:

              Lesen Sie bitte mal ein aktuelles BWL-Buch (nicht die aus den 70ern). Da werden Sie kaum übers Vorwort hinauskommen ohne etwas über den Mehrwert von Corporate Social Responsibility zu lesen. Oder gibt es da spezielle Editionen "extra für richtig fundamentalistische MarktfundamentalistInnen", die erst nachm Bachelor ausgeteilt werden? ;-)

              • @Co-Bold:

                Dass BWLer um die Nutzeffekte von green- und fair-(?)washing wissen, das ist mir völlig klar. Allerdings wage ich die Behauptung, dass es einen BWLer auch nicht jucken würde, wenn die Firma, für die er arbeitet, ein Monopol innehat. :)

                 

                D.h. aber mE auch, dass die Frage Marktverzerrung oder nicht bei den BWLern nicht so recht gut aufgehoben ist.

                 

                Und die Frage, ob man mehr davon hat, tatsächlich corporate responsibility zu betreiben, oder nur den Eindruck zu erwecken und den Mehrwert einzustecken, sollte sich angesichts der falsche Eindrücke erweckenden, von diversen Industrieverbänden ins Leben gerufenen "Nachhaltigkeitssiegel" auch erledigt haben.

  • Allein schon im Interesse der Tiere ist die Milchproduktion auf ein absolut notwendiges Minimum (von mir aus 0, in Worten: Null) zu reduzieren. Es gibt genug andere Dinge, die man als Bauer angehen kann: Gemüse, Obst und Getreide, gerne biologisch und damit Qualität statt Quantität!

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Damit wäre das Problem nicht gelöst, denn es ist ja nicht allein die Milch.

       

      Haben Sie schon mal mit einem richtig naturnah wirtschaftenden Streuobstbauern gesprochen, wie viel ihm die Mostereien zahlen?

       

      Da wird auch viel geklagt und die Bauern bleiben oftmals nur noch aus Idealismus bei der Arbeit.

       

      Der Punkt ist, dass über das Obst unter den Stadtkindern eben nicht so viel gesprochen wird wie über die Milch, denn Obst kommt ja schließlich aus aller Welt, da braucht man sich nicht um die hiesigen Bauern sorgen.

       

      Oft genug aus Neuseeland, denn bei denen ist Sommer, wenn wir Winter haben, da lohnt sich der Aufwand nicht mehr, unsere althergebrachten lagerfähigen Sorten zu erhalten. Lieber bläst man Unmengen Kerosin in die Luft, das ist scheint's billiger.

      • @Ein alter Kauz:

        "Da wird auch viel geklagt und die Bauern bleiben oftmals nur noch aus Idealismus bei der Arbeit."

         

        Na, vom Idealismus hat noch keiner seinen Mercedes bezahlt.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Wow - Ihr Beitrag ist seit mehr als 3 Stunden online und es ist noch niemand geifernd über sie hergefallen, weil sie vegane Propaganda verbreiten?

       

      Gut gemacht! :)

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Schön, diese kategorischen Imperative im schnarrend-entpersonalisierten Revoluzzersprech. WER hat denn die Milchproduktion "zu reduzieren"??

       

      - Jeder Bauer für sich nach Lust und Laune?

      - Nur die idealistisch-planwirtschaftlich bewegten?

      - Die von einem - von wem auch immer gewählten - sozialistischen Staatsapparat zwangsweise eingerichteten LPGs?-

      - Doch einfach diejenigen, für die sich Milchproduktion mangels Nachfrage in ihrem Preissegment nicht mehr lohnt?

      - Die Kühe?

       

      Ich finde auch, dass der Weltfrieden schnellstens herzustellen und allgemein jedes sozial unverträgliche wie auch alles das Individuum einschränkende Handeln,/ Reden/ Geschehen /Wetter abzustellen ist. Praktische Umsetzung mögen Andere besorgen...

      • @Normalo:

        "WER hat denn die Milchproduktion "zu reduzieren"??"

         

        Erklärt sich das im Kapitalismus nicht selbst? Derjenige, der seine Milch nicht an den Mann bringt. Er kann natürlich auch so weitermachen und pleite gehen, das ist die freie Wahl eines jeden Unternehmers.

        • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

          ...also Mögklichkeit 4 von meiner Liste.

           

          Wenn Sie das so sehen, verstehe ich allerdings den Bezug zum Tierschutz und den Maßstab eines absolut notwendigen Minimums nicht. Wenn Sie die Mengenregulierung einzig dem Markt, bzw. den betriebswirtschaftlichen Überlegungen der einzelnen Milchbauern, überlassen wollen, dürften diese Kriterien völlig außen vor bleiben. Im Übtrigen sei nochmal erwähnt, dass es nicht der Entscheidung des einzelnen Bauern überlassen ist, was die Verbraucher für Schwerpunkte beim Einkauf setzen. So dürfte bei einer breiten Umorientierung auf Qualität gegenüber (preisgünstiger) Quantität das Marktsegment, dass entsprechend teurere Produkte auch nachfragt, relativ bald erschöpft sein.

          • @Normalo:

            Das eine ist das Ideal, das andere die vorherrschende Realität. Ich bin ja kein Mitte-Rechts-Illusionist.

  • Zwischen den Extremen "Weg mit den Kleinerzeugern" und gesetzlichem Zwang zur Ökowirtschaft reicht das Spektrum der Postings. Wobei es mittlerweile in Osteuropa sehr große Ökobetriebe gibt. Natürlich gefällt das vielen nicht, aber Kleinbetriebe sollten auf irgendeine Art und Weise geschützt werden. Andernfalls droht noch mehr Landflucht wie es eh schon gibt, es gibt Dörfer die Rückgebaut werden!

    • @Sortable:

      Wenn Kleinbetriebe geschützt werden sollen, bitte. Aber wenn dieser Schutz durch Subventionen geschehen soll, darf man sich dann nicht über die niedrigen Preise aufregen.

       

      Dann doch eher staatliche Gelder für Kampagnen, die auf die Ökomilch aufmerksam machen und unterstützen, dass dem Kunden ein höherer Preis es wert ist.

       

      Ich persönlich bin für die konsequente Einführung und Durchsetzung von Tierschutzvorschriften. Ansonsten ökomäßig bin ich gegen gesetzliche Regulierungen und für Gelder für o.g. Kampagnen.

       

      Ob das jetzt aber Klein- oder Großbetriebe sind: Das ist mir ehrlich egal. Genauso, ob da Dörfer rückgebaut werden oder nicht. Mir fehlt da die nötige Bauernhof- und Dorfromantik. Von mir aus kann man die leeren Dörfer planieren und Gras drüberwachsen lassen und ein Bauverbot erlassen. Da hat die Natur mehr davon, als wenn sie von irgendwelchen Treckern plattgemacht wird.

      • @sart:

        Richtig. Man kann nicht einerseits ein kapitalistisches System unterstützen aber sich andererseits die kleinbäuerliche Komfortzone aufrechterhalten wollen - noch dazu, ohne sich qualitativ von den Agrarindustriebetrieben abzuheben.

         

        So einfach geht es nunmal nicht, im Kapitalismus und der freien Marktwirtschaft.

  • Das Problem ist nicht der Neoliberalismus, sondern ganz im Gegenteil die Subventionspolitik der EU, die den Markt damit aufbläht und Milchhofzombies am Leben erhält. Sicher, einige würden beim Wegfall der Subventionen dann pleite gehen, das ist scheiße, aber es ist dann halt so. Die meisten Dorfschmiede sind auch pleite gegangen, genauso wie die Kesselflicker und Rattenfänger. Da käme aber ja auch keiner darauf, dass es wünschenswert sei, sie mit EU-Geld am Leben zu erhalten.

    • @sart:

      Richtig. Die Subventionen streichen, damit der Markt sich gesundschrumpft. Wie Sie sagen: Mit dem Handwerker hat man auch kein Erbarmen, wenn die Komkurrenz ihn verdrängt oder die Nachfrage einbricht.

    • @sart:

      Ist ja toll, wie Sie Milchbauern mit Kesselflickern und Rattenfängern vergleichen!

      • @LiebeSonneScheine:

        Wieso? Haben Sie etwas gegen Kesselflicker und Rattenfänger? Sie können stattdessen auch meinetwegen Köhler, Telefonist, Stellmacher oder Hausmeier nehmen, wenn in Ihrer Welt Kesselflicken und Rattenfangen unehrenhafte Tätigkeiten sind, die es nicht wert sind, mit Milchbauern verglichen zu werden.

        • @sart:

          Es geht hier aber nicht um überflüssige Berufe, sondern u.a. um Tierhaltung. Ob wir es gut finden, wenn Kühe industriemäßig Milch produzieren, leiden und mit Antbiotika gefüttert werden, damit wir superbillige Milch kriegen.

          • @LiebeSonneScheine:

            Wer sind die entscheidenden "wir" in dieser Diskussion?

             

            Irgendwelche wohlmeinenden Gutmenschen, die mit Milchkonsum eigentlich nix am Hut haben, außer dass sie ihn Anderen möglicherweise gerne verbieten würden? Oder vielleicht doch die Leute, die sich hier oder anderswo vielleicht(!) besorgt um die armen Viecher äußern - aber niemals 1,50 € für den Liter Milch vom artgerecht gehaltenen Bio-Weidevieh zahlen (oder gar ganz verzichten) würden, wenn es "industriell" auch für 46 ct geht? Oder der Bauer, der gerne in Harmonie mit seinen Tieren leben und arbeiten würde, aber weiß, dass er mit Bio und Freilandhaltung leider nur einen sehr begrenzten Markt erreichen kann, der ihm nicht zum Überleben reicht?

             

            Mir erschließt sich nicht, wie diese verschiedenen Perspektiven so unter einen Hut zu bringen sein sollen, dass Sie realistisch von einem "wir" sprechen könnten.

          • @LiebeSonneScheine:

            Eben, sie sagen es: Es geht -unter anderem- um Tierhaltung. Es geht aber auch darum, dass die niedrigen Milchpreise unter anderem auf das hohe Angebot zurückzuführen ist. Und dieses hohe Angebot hätten wir nicht, wenn nicht Milchhöfe mittels EU-Geldern künstlich am Leben erhalten werden würden.

             

            Tierschutz ist die eine Sache, der muss durchgesetzt werden. Bei entsprechenden Vorschriften werden die Kosten und auch die Preise steigen.

             

            Das eigentliche Problem ist aber die EU-Subventionierung, die eine zu hohe Milchproduktion ermöglicht, wodurch die Preise natürlich in den Keller gehen.

             

            Stattdessen wird fröhlich weitersubventioniert, das Angebot künstlich hochgehalten und die überzählige Milch als Milchpulver in Entwicklungsländer exportiert, wo es den Markt ruiniert.

             

            Und das nur, weil dank Bauernhofromantiker und Agrarlobbyisten die EU-Gelder sprudeln.

            • @sart:

              Jo, bin ich im Prinzip schon Ihre Meinung. Nur ist das mit den Kesselflickern und Rattenfängern eben ein schlechter Vergleich. (Obwohl es aus ökologischer Sicht vielleicht auch nicht so schlecht wäre, wenn wieder Kesselflicker und Scherenschleifer über's Land ziehen, statt das alles gleich weggeschmissen und neu gekauft wird.)

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Die einzig richtige Lösung wäre: Betriebe pleite gehen lassen bis sich das Angebot wieder normalisiert hat.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Das ist klassisch neoliberal.

      Was dabei herauskommen wird ist eine marktkonzentration. Wenige Firmen großer Umsatz, wenige Arbeitsplätze.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @nutzer:

        Das hat mit neoliberal nichts zu tun. Immer dieses "neo", ich verstehen nicht was das immer soll. Auch der klassische Liberalismus hat mit massiven Subventionen nichts am Hut.

         

        Dieser Neoliberalismus ist so ein Schildchen das man jemandem Umhängen kann, sowas wie "Nazi" oder "Arschloch", damit man die Ideen abqualifizieren kann ohne eigentlich irgendwas gesagt zu haben. Ist ja auch komfortabel, wer nichts sagt kann auch nicht falsch liegen.

         

        Es stimmt schon der Markt würde sich dann immer weiter konzentrieren und es würden neben den Bio-Bauern nur größere Betriebe übrig bleiben. Das darf man nicht zu sehr ins Extreme abgleiten aber eine deutliche Reduzierung der Betriebe ist notwendig.

        Arbeitsplätze sind kein Selbstzweck. Die sind dazu da um Mehrwert zu schaffen. Wenn man aber aus 10 investieren Euro 6 macht und dann ist der Arbeitsplatz auch nicht überlebensfähig.

      • @nutzer:

        Solange Alle wie blöd Aldi-Milch kaufen, wann immer Aldi die Preise senkt, ist dieser Effekt der Konzentration ohnehin nicht abzuschaffen. Wenn weit überwiegend preisoptimierte Milch nachgefragt wird, wird sich Preisoptimierung durchsetzen und andere Kriterien in entsprechend kleinen Nischen ihr Dasein fristen - Milchquoten hin oder her.

         

        Nennen Sie es neoliberal, bestialisch oder einfach "Kehrseite der Demokratie", aber so funktioniert Wirtschaft nunmal. Oder wollen Sie zig Millionen zwingen, Milch zu trinken (und zu bezahlen), die ihnen das gar nicht wert ist?

      • @nutzer:

        Das ist Marktwirtschaft. Wenn Sie und die Bauern keine Marktwirtschaft mehr wollen, empfehle ich Ihnen, den Aufbau des Sozialismus in Angriff zu nehmen.

      • @nutzer:

        Trotzdem ist es sinnlos, mehr Milch zu produzieren, als benötigt wird. Noch sinnloser ist es, diese Milch auch noch zu bezahlen, bevor man sie wegschüttet. Da könnte man ja den Bauern gleich sagen: Schafft Eure Kühe ab, Ihr bekommt ab jetzt ein bedingungsloses Grundeinkommen.

  • 3G
    33641 (Profil gelöscht)

    Was ich nicht verstehe ist, daß die EU die meisten Agrar-Subventionen bezahlt. Warum sind dann die Milchbauern gezwungen so irrsinnig zu rationalisieren und das Letzte aus ihren Milchkühen herauszuholen? Das ist nicht nur ruinös gegen kleinere Landwirte sondern auch noch tierquälerisch. Je mehr Produktion desto mehr Subvention?

    • @33641 (Profil gelöscht):

      Ja, vor allem ist es ein Wahnsinn, dass konventionelle Landwirtschaft überhaupt subventioniert wird. Im Gegenteil müsste es doch sanktioniert bzw. direkt verboten werden, unsere europäischen Ressourcen und Ökosysteme derartig verantwortungslos auszubeuten und zu zerstören.

  • Seit den 70ern gibt es die Themen Landwirtschaft und deren Probleme in den Medien, seit den 70ern wird von Bauernverbandseite der Verfall der Preise angemahnt, als wäre es eine Herrgottssache. Die Deutschen Bauen sind anscheinend zu dumm, Mindestpreise zu fordern (wozu gibt es einen Verband?) oder sich selber zu regulieren. Wenn es gut läuft sind alle still, wenn ein Stück Acker teuer als Bauland verkauft wird auch. Nur wenn es schlecht läuft, wird der Staat angepumpt. Leute, lasst die Billig Milch einfach stehen und das Thema ist durch! Oder kauft gleich Bio Milch. Und bitte keine Gejammere, die internationalen Preise wären doch so niedrig etc. Die sind auch durch EU Exportsubventionen so niedrig. Fällt was auf? Wir bezahlen zweinmal. Einmal damit die Sachen bilig exportiert werden können und dann noch einmal, damit die so entstandenen niedrigen Preise keine Folgen haben.

  • Warum soll der Staat eingreifen? Wenn es zu viel Milch am Markt gibt, dann reguliert sich das über Pleiten von selbst. Das ist bei vielen anderen Gütern doch auch so. Pleiten gehören zu einer Marktwirtschaft! Milchbauern könnten ja auf Schafzucht ausweichen um für ein besseres Angebot an halal-Fleisch zu sorgen.

    • @Thomas Ebert:

      Wir brauchen eben nicht nur höhere Milchpreise, sondern auch eine insgesamt deutlich verringerte Milchproduktion, einen geringeren Milchkonsum und eine umweltverträglichere Produktionsweise. All das können Ihre vielgepriesenen Marktmechanismen leider nicht leisten, Herr Ebert.

       

      Im Gegenteil: Wie Voltaire richtig anmerkt, würde der Markt all diese Faktoren durch die zunehmende Industrialisierung und Konzentrierung in Großbetrieben verstärken.

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @Thomas Ebert:

      Tolle Idee! Darauf warten die industrialisierten Betriebe nur. Es wird so weiter monopolisiert und der dumme Steuerzahler subventioniert die exobitanten Profite des Handels gleich mit. Eine andere Lösung für die Kleinbetriebe aber wäre die komplette Umstellung auf Bio-Produkte und -sehr wichtig-- Dezentralisierung, notfalls mit genossenschaftlichen, regionalen Initiativen.

      • @1714 (Profil gelöscht):

        Wenn es stimmt, dass pro Liter Milch 20 Cent Verlust gemacht werden, erwischt es die spezialisierten Großbetriebe zuerst.

      • @1714 (Profil gelöscht):

        Es passiert doch nur das, was zum Beispiel im Bäckerhandwerk längst vollzogen ist. Großbäckereien und Backwaren-Handelsketten haben über 90% des Bäckereihandwerkes platt gemacht. Hat damals jemand Mindestpreise für Brötchen verlangt?

         

        Das idyllische Bild grasender Kühe darf nicht den Blick auf die Wirklichkeit verstellen. Die Landwirtschaft gehört zu den großen Naturvernichtern! Gerade die Rinderhaltung schadet der Umwelt.

         

        Natürlich tut mir der einzelne Milchbauer, der den jahrhundertealten Familienbetrieb schließen muss, leid. Doch die Überproduktion muss beendet werden. Der sehr niedrige Milchpreis zerstört auch die Existenz zahlloser afrikanischer Bauern. Indirekt werden dadurch Migrationsbewegungen verstärkt. Wir schaffen uns also mit Subventionen für europäische Milchbauern neue Migranten in die Boote.

  • 7G
    73176 (Profil gelöscht)

    Der Preis sinkt, wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt. Das hat nichts mit "Neoliberal" zu tun!

    Wer glaubt denn bitte, dass ein Landwirt in 50 oder 60 Jahren noch eine Familie von 30 oder 40 Kühen ernähren kann? Eine Milchquote führt dazu, dass die Söhne und Töchter die Illusion haben, von dem Betrieb in Zukunft leben zu können. Statt sich einen Beruf außerhalb der Landwirtschaft zu suchen und den elterlichen Betrieb im Nebenerwerb zu führen, werden die jungen Menschen an den Betrieb gefesselt: Das heißt, am Wochenende arbeiten - während die meisten taz-Leser frei haben. Im Sommer in den Urlaub fahren? Kleines Gehalt, trotz unternehmerischem Risiko. Kennt Ihr (oder der Autor) die Rentenansprüche der heutigen Landwirte? etc. !

    Aber ich weiß: den meisten geht es nicht um die Landwirte selbst - sondern um ihr eigenes Bild von der idylischen Landwirtschaft.

    • @73176 (Profil gelöscht):

      Ich glaube, auch viele Bauern wünschten sich, die Landwirtschaft entspräche noch dem althergebrachten Bilde der bukolischen Idylle. Wo sich junge Leute, wie Sie es formulieren "an den Betrieb fesseln" lassen, da ist in der Regel ihr eigener Idealismus die treibende Kraft - weil sie dieses getrübte Wunschbild nicht überstürzt aufgeben wollen.

       

      Es gibt da aber auch genügend Gegenbeispiele. Viele Bauern resignieren, gerade unter den jungen ist das kein geringer Anteil. Man macht's ihnen zu schwer. Die großen Fische fressen die kleinen, und niemand verhindert's.

    • @73176 (Profil gelöscht):

      Und was hindert Bauernkinder daran, einen Beruf zu ergreifen? Millionen von Arbeiterkindern werden nicht gefragt, ob sie (dank Subventionen) lieber zu Hause bleiben möchten.

    • @73176 (Profil gelöscht):

      @ICH2

      Das sehe ich genauso.

      Nur noch eine Ergänzung: Die (von „Gut-Menschen“) oft empfohlene Patentlösung, die zu viel produzierte Milch seitens des Staates / der EU aufzukaufen und an die „hungernden Menschen“ in den Entwicklungsländern kostenlos zu verteilen, wäre ein schlimmer Trugschluss und eine Katastrophe für alle: Für die Milchproduzenten, die auch weiterhin keine Anstalten machen würden, die Überproduktion abzubauen. Aber auch für die Entwicklungsländer, die dann auf Dauer von deutscher /europäischer Milch abhängig wären, weil die dortigen Milchproduzenten gegen die kostenlose Milch aus dem Ausland nicht konkurrenzfähig wären und vom Markt gedrängt würden!

      • @Pfanni:

        Jetzt frag ich mich bloß, welche Art von "Gut-Menschen" Sie kennen, die fordern Milch aufzukaufen für die hungernden Menschen? Es ist einfach eine Idiotie so viel Milch zu produzieren, die hier nicht gebraucht wird. Der Export von subventionierter Milch in 3.-Welt Länder macht nur dort die Preise und die einheimische Landwirtschaft kaputt. Wie Sie ja schon selber bemerkt haben.

    • @73176 (Profil gelöscht):

      Was ist jetzt Ihre Meinung??

      Landwirte auf den freien Arbeitsmarkt?

       

      Nebenerwerbslandwirte können Urlaub machen, wann sie wollen?

       

      Oder was?

       

      ... oder Hauptsache über einen taz-Beitrag gemeckert?

      • @LiebeSonneScheine:

        Ich sehe es genauso. Mehr Geld für die Milch und damit retten wir die Kleinbauern ist eine Utopie. Insbesondere durch eine Mengen-Regulierung werden wieder zuerst die Kleinbauern getroffen, deren Kalkulation ja (wie stets) Preis mal Menge lautet. 20% weniger Melken müsste mit ÜBER 25% Milchpreis-Erhöhung einhergehen. Nicht realistisch.

         

        Außerdem frage ich mich (dafür müsste ich kein BWLer sein), wie es zu dem Mythos kommt, die Milchbauern würden größtenteils konstant "Verlust" machen. Wenn es sich nicht nur um eine Ausnahme, sondern ein strukturelles Problem mit dem Geschäft geht (Einnahmen niedriger als Ausgaben), MUSS ein Betrieb sofort schließen. Alles andere wäre nicht möglich. Dass ein Goßteil der Kleinbauern seit Jahren "von Ihrer Substanz" leben, klingt für mich nicht verständlich. Und klar - diese Aussage ist für Betriebe, die tatsächlich zumachen, der blanke Hohn - aber ich rede von den anderen, die wie im Artikel erwähnt einen "durchschnittlichen Erzeugerpreis" angeben, der fast doppelt so hoch ist wie der aktuelle Verkaufspreis.

        • @AbuKicher:

          Ich glaub es geht hier gar nicht um erster Linie um mehr Geld für die Milch. Das ist natürlich notwendig, geht aber nur, wenn weniger produziert wird. Dass heißt, es wäre nötig die Artgerechte Haltung zu belohnen, statt Menge zu fördern und ständig nur zu subventionieren. Zum Teil sind die Bauern ja selbst schuld, die gefordert haben, die Milchquote frei zu geben, aber kann wohl davon ausgegangen werden, dass es sich dabei eher um die Großbetriebe handelt. Ein Kleinbauer hat wohl weniger Interesse an der Freigabe der Milchquote.

          Aber meine Kritik richtete sich auch hauptsächlich gegen diese Vorstellung der Nebenerwerbslandwirtschaft, weil dieses Modell die Situation der Bauern sicher nicht verbessert. Die Alternative kann eigentlich nur heißen: Qualität der Viehhaltung statt Quantität. Leider fehlt aber den Entscheidern (und teilweise wohl auch den Betroffenen) immer noch diese Einsicht.

      • @LiebeSonneScheine:

        @Vorredner, das erste Posting hat ganz einfach jemand geschrieben, der nachwievor der 60iger Jahre Ideologie WaWei anhängt, also wachsen oder weichen. Die Erkenntnis, dass das Wachstum in den westlichen Industieländern vorbei ist muss sich erst noch durchsetzen.

  • Es gibt nicht nur eine Schwarmintelligenz, sondern ebenso eine Schwarmdummheit. Das Dilemma der Milchbauern bestätigt es. Noch ist es nicht so weit, daß unsinniges Verhalten strafbar ist. Dennoch wäre es zum Volkswohl sinnvoll, per gesetzlichem Zwang die Milchproduktion zu reduzieren. Insoweit stimme ich dem Artikel zu. Doch auch hier ist Umsicht geboten. Einerseits gibt es jede Menge Großanlagen, die zum erheblichen Teil mit verantwortlich sind, daß viele Kleinhöfe verschwunden sind. Auf der anderen Seite gibt es eine große Anzahl kleiner Milchbauern, die schlichtweg hereingelegt wurden und deshalb überschuldet sind. Es wäre deshalb verkehrt, pauschal die Reduzierung der Milchproduktion vorzuschreiben. Damit die Sache unter dem Strich funktioniert, müssen parallel zu allem Knebelverträge und aufgrund von Marktdominanz erfolgtes Preisdumping strafrechtlich geahndet werden. Doch da wagt sich wohl schon wegen der Ähnlichkeit zum Lohndumping und zu HartzIV-1-Euro-Jobs niemand heran.