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Kommentar Angriffe auf FlüchtlingeWo bleibt eigentlich die Polizei?

Der Staat beansprucht das Gewaltmonopol für sich und tut nichts, um es gegen Neonazis zu verteidigen. Es ist Zeit für konsequente Taten.

Feuerwehrband nach dem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Remchingen Foto: dpa

Was man in der Debatte über die Flüchtlinge eher nicht braucht, sind markige Worte. Aber wenn sie schon fallen, dann hat Sascha Lobo recht. Auf Spiegel Online fordert er: „Nennt sie endlich Terroristen!“

Lobo meint damit nicht die bösen Schlepper, die eine Dienstleistung im Portfolio haben (Transport übers Mittelmeer und über die Zäune des Balkans), die die europäische Politik anbieten müsste. Lobo meint die dummen und die gemeingefährlichen, die bewaffneten und die „Aber-Nazis“ (“Ich bin ja kein Nazi, aber …“).

Markige Taten hingegen würden gegenwärtig den Institutionen gut anstehen, die das Gewaltmonopol für sich beanspruchen: Staat und Polizei. Denn es gibt vielfältige Hinweise, dass „die rechte Szene von Waffen nicht lassen kann“, wie die taz den jüngsten Deal zwischen Nazis und Rockern kommentierte: Es vergehe kaum eine Razzia, die nicht mit Waffenfunden ende.

Die Gesellschaft hat seit den 1990ern einen Bewusstseinsschritt gemacht: So wie der Wolf weiß, dass Deutschland inzwischen ein ziemlich leeres Land ist, so weiß das auch der Bürger – der die Zuwanderer nicht lieben muss, solange er ahnt, dass sie seine Rente bezahlen, sein Brot backen und seinen Exportüberschuss erwirtschaften.

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Aufgabe der Politik ist es nicht, den Bürger zu erziehen: Es hat wenig Sinn, den Sachsen zu sagen, dass die Häufung der Attacken auf Flüchtlinge in ihrem Bundesland – wie es die Karte der taz dokumentiert – besonders übel aufstößt, weil man schon noch in Erinnerung hat, wie viele Menschen aus dieser Gegend im Westen als Mitbürger empfangen wurden.

Aufgabe der Politik ist es aber sehr wohl, den Bürger nicht aufzuhetzen – wie das in Bayern geschieht, mit der Folge, dass dort die Zustimmung zu ausländerfeindlichen Aussagen mit am höchsten ist.

Vor allem aber möge man uns bitte mit Zynismus verschonen: Der ständige Appell, gegen Terroristen mit Zivilcourage vorzugehen, ist genau das.

Polizei und Justiz müssen endlich konsequent gegen den rechten Terror vorgehen. Dass es hier schon am Problembewusstsein mangelt, dafür reicht ein Blick in die deutsche Nachkriegsgeschichte: vom unaufgeklärten Oktoberfestattentat bis zum NSU-Komplex.

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13 Kommentare

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  • Kann den Brass der Ostler nachvollziehen, wenn sie für dumm verkauft werden. Die gesell.-pol. Disskussion ist ja unterirdisch. Die können schon differenzieren, verzweifeln aber über "Besiedlungskorriodore" eines Kretschmann. An 700 junge Männer für ein 1000 seelen Dorf. Das sie nicht die "Anständigen" sind, also unanständige Menschen. Die seit Jahren ungelöste Probleme mit Kriminalität an den östl.Grenzgebieten haben. Das die staatliche Ordnung sich nicht mehr an die Gesetze hält (Maastricht, Dublin, IWF ist dabei, etc.) Das es Deutschland super gehen soll und trotzdem der Soli erhoben und die kalte Progression nicht abgeschafft wird. Esgibt dort eine wehrhafte, da homogene , proletarisch geprägte Bevölkerungsstruktur, die aus Erfahrung den Medien und Politkaspern mißtraut. Das Rechte, die NPD strafbare Handlungen vornimmt muss einfach strafrechtlich verfolgt werden. dazu gehören auch Hate - Talk im Internet. Und was ist in NRW? Dortmund?

    • @loving the alien:

      Was in NRW ist? in Dortmund? Die größte Flüchtlingsaufnahmestelle überhaupt, und das Bundesamt BAMF. Weswegen die Flüchtlinge Wochen in einem Zeltlager protestieren, um schnellere Verfahren zu kriegen. Und? Irgendein Palaver in Dortmund? War was in Dortmund?

       

      Ach ja ... Moment, und Rechte haben sich verabredet, wenn, dann nach Dortmund zu ziehen, um so an einem Ort in wenigen Vierteln wenigstens mal die Homogenität zu erreichen – ach was, mit großer Fresse zu simulieren, die sie in Neufünfland offensichtlich flächendeckend tatsächlich haben. In diesen Tagen zeigt sich aber, daß nicht mal das reicht, um in Dortmund rechte Bambule zu machen.

  • DER Wolf "weiß" nichts. Er testet bloß immer mal wieder aus, ob Deutschland "leer" genug ist und ihn leben lässt. Genau so, wie DIE Nazis immer wieder mal versuchen herauszufinden, ob da wiedern Raum genug ist für sie selbst und ihresgleichen.

     

    Natur hat einen Hang dazu, sich auszudehnen, sofern die Zeiten gut sind für die jeweilige Art. Mit dem "Bewusstsein" hat das aber nichts zu tun. Eher mit dem, was man so gern als Bauchgefühl bezeichnet, und was der Menschen mit Wölfen und Giraffen teilt, seit da vor etlichen Millionen Jahren mal ein geteilter Ahne war.

     

    Nein, DER Bürger muss die Zuwanderer nicht lieben. Wenn seine Toleranz aber nur darauf fußt, dass er "ahnt": Die zahlen meine Rente, backen mein Brot und erwirtschaften meinen Exportüberschuss, kann das gefährlich werden. Dann, nämlich, wenn DER Bürger plötzlich glaubt, es gäbe Dinge, die wichtiger sind. Das Überleben beispielsweise. Das eigne und das der eignen (Enkel-)Kinder.

     

    Diese Gesellschaft hat seit den 1990ern einen Bewusstseinsschritt gemacht, gar keine Frage. Allerdings ist dieser Schritt einer, der nicht wirklich trägt im Zweifelsfall. Und dass der Zweifelsfall gerade eingetreten ist, ist kaum zu übersehen.

     

    Fast alle Institutionen tun inzwischen etwas anderes als das, was man erwarten darf von ihnen. Die Politiker machen keine Politik mehr. Sie leisten "Erziehungsarbeit" an Erwachsenen. Die Polizei verfolgt auch keine Straftaten mehr, sondern bloß noch Überwachungsvideos. Die Staatsanwaltschaft attackiert nicht mehr externe Feinde, sondern die eignen Bürger. Und die Medien jagen selbstgemachten Skandalen nach, statt ausführlich zu informieren. Die Energie- und die Verkehrsbetriebe, die Wasser- und die Wohnungswirtschaft betreiben keine Daseinsvorsorge mehr, sondern Profitmaximierung, und selbst Versicherungen sichern niemanden mehr ab. Außer sich selbst. Mehr Zweifel war zuletzt kurz nach dem großen Krieg, wenn auch aus etwas anderen Gründen.

    • @mowgli:

      guter beitrag.

      was die enkelkinder angeht...die diffuse angst vorm aussterben ist zunächst die angst vor überfremdung. und das ist lustig, denn natürlich ist der deutsche michel fremd in einer welt, die größer ist als sein horizont und in der es um ganz andere dinge geht, als es ihm auf sein grilltellerchen passt. er tut im übrigen auch nichts dafür, sich die fremde zum freund zu machen. tut auch nichts für eine zukunft. bleibt halt nur die angst.

  • Ich frag mich schon, was man aus NSU und all dem Zeug für Schlüsse gezogen hat, wenn man meint, dass ausgerechnet die deustche Polizei dabei hilft, Migranten vor deutschen Tätern zu beschützen. Das ist doch mittlerweile unverzeihlich Naiv.

  • Fehlt:

    Körperverletzung

    Wuppertal

    Datum:11.4.2015

    Lebensgefährlichen Messerangriffs durch HoGeSa-Nazis

    auf eine Besucher*innen des AZ Wuppertal

    • @alf...:

      Fehlt nicht. Das war kein Flüchtling, sondern ein schon lange hier wohnender türkischer Nachbar.

       

      Wobei vielleicht der eigentliche Skandal ist, daß die Polizei den Notarzt nicht zu dem lebensgefährlich Verletzten ließ, sondern auf das Eintreffen einer Verstärkung wartete, um das ganze AZ hochzunehmen. Bitte weiter kritisch beobachten.

  • "[...}weil man schon noch in Erinnerung hat, wie viele Menschen aus dieser Gegend im Westen als Mitbürger empfangen wurden."

    Ja der Ossi als Einwanderer in die Westzone. Das ist immer ein schönes Bild um es hier heranzuziehen. Das Problem ist aber, dass die die da jetzt Stunk machen, eben nicht zu denjenigen gehören die damals als Mitbürger empfangen wurden. Die sind da geblieben, aus welchem Grund auch immer. Die kennen also das Gefühl des Neuanfangs in der Fremde gar nicht. Also was soll das? Zum anderen gab es ja schon häufiger Einwanderungswellen. Türkei, Balkan, Polen, Spätaussiedler aus der UDSSR etc. Was die Leute jetzt stört ist der absolut fremde Kulturkreis aus dem die Flüchtlinge kommen. Es wird unterstellt, es kämen nur Zurückgebliebene, Anpassungsunwillige und Verbrecher. Tja, an wem es wohl liegt, dass derlei Hirndünnschiß Anklang findet? Ich meine: Springerpresse, CDU/CSU und fehlende Repression von Seiten des Staates (wie es der Artikel ja hergibt).

    ABER ich kann es nicht mehr hören, dass der dumme Ossi/Sachse im Brennpunkt steht. Man nehme nur die Verfügungen die in Blankenese etc. gg. Asylunterkünfte erwirkt werden. Das ist der Weg der Bonzen ihren Rassismus auszudrücken. Subtiler aber genauso zum kotzen.

    • @Spider J.:

      eigentlich könnte dieser christus, wenn ihn denn gab, als vorbild dienen, wie mit fremden umzugehen wäre.

       

      die vorbildwirkung ist aber verpufft durch die organisierte christenschar, die verkommene, verderbte, kriminelle.

       

      als ich als kind in den fünzigern aus der "zone" ins vollchristianisierte westfalen kam, ins "durchgangslager" (sic!) unna-massen, da gab es "lack" von den nachbarskindern: "wo kommße wech, bißße flüch'lingk, geh doch wieder dahin woße hergekommen bißß!"

       

      deutsch für anfänger.

      • @Gion :

        Sehe ich genauso. "Der absolut fremde Kulturkreis": In den 50ern war das im katholischen Rheinland protestantische Preußen, die erst als Besatzer, nun als Flüchtlinge kamen. Heute sind es die Musels. Denen wir uns mit ihren Monotheismus in 50 Jahren weitaus verbundener fühlen als den Buddhisten, die dann unser Land mit ihrer fremden Kultur fluten.

  • Die Polizei war nicht dabei,

    die Polizei hat nichts gesehn,

    die Polizei fährt schnell vorbei

    als wäre einfach nichts geschehn.

    Und ruft mal einer 110,

    dann haut man ihm die Hucke full.

    Die Polizei - so ist es Brauch,

    ist Helfer beim Politmissbrauch.

    • @Rainer B.:

      Nun ja, Politik und Polizei tun nur das Rechte.

      Gibt nun wirklich keinen Grund daran zu zweifeln,,,

  • Jetzt ruft man sogar bei der taz nach dem starken Staat, der dem Unheil eine Grenze setzen soll. Das ist doch Symptomverdrängerei! Die Entgrenzung ist entweder ein Rauschphänomen oder eine schizophrene Erkrankung. Die übertriebene Auflösung von staatlichen Grenzen scheint eine politische Massenpsychose zu sein, mit der Folge des grenzenlosen Kapitalismus und grenzenlosen Krieges. Hieraus die Folge ist grenzenlose Ruinierung von zuvor sicherem Siedlungsraum, was grenzenloses Fliehen nach sich zieht. Das bedingt dann grenzenlos ungenehmigtes Einwandern und weitere interkulturelle Grenzverletzungen, etwa wenn wieder öfters Frauen belästigt werden, falls sie nicht wie in schlechten alten Zeiten stets von vertrauten Männern begleitet werden. Die Polizei ist doch schon längst überfordert. Eine Verstärkung wiederum wäre der Weg in einen Polizeistaat.