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Appell des UN-Generalsekretärs zu GazaBrandbrief für den Frieden

UN-Generalsekretär António Guterres hat erneut dazu aufgerufen, eine humanitäre Katastrophe in Gaza zu verhindern. Israel reagiert empört.

Waffenstillstand, jetzt: UN-Generalsekretär Guterres Foto: Caitlin Ochs/Reuters

Berlin taz | Es ist ein außergewöhnlicher Schritt, den UN-Generalsekretär António Guterres gewählt hat: In einem am Mittwoch an den UN-Sicherheitsrat adressierten Brief zum Gazakrieg beruft sich der Portugiese auf Artikel 99 der UN-Charta. Dieser ermöglicht es dem Generalsekretär, eine Sitzung des Sicherheitsrats einzuberufen und vor ihm sprechen, ohne dass er dazu von einem Mitgliedstaat eingeladen werden muss. Üblicherweise entscheiden die Mitglieder des Sicherheitsrats selbst über ihre Tagesordnung.

In seinem Brief fordert Guterres die Mitglieder des Weltsicherheitsrats auf, darauf zu drängen, eine humanitäre Katastrophe im Gaza zu verhindern: „Ich wiederhole meinen Aufruf, dass ein humanitärer Waffenstillstand ausgerufen werden muss.“ Er verurteilte das von der Hamas begangene Massaker in Israel am 7. Oktober und schilderte dann die derzeitigen Lebensbedingungen im Gaza­strei­fen, wo das Gesundheitssystem kollabiert: „Nirgendwo in Gaza ist es sicher.“

Der Sicherheitsrat, das mächtigste Gremium der UN, hat den Gazakrieg bereits mehrfach diskutiert und Mitte November eine Resolution verabschiedet, mit der die Mitglieder zu einer mehrtägigen Feuerpause und zur Einrichtung humanitärer Korridore aufgerufen haben. Außerdem forderten sie die Freilassung aller noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln. Zuvor waren einige Resolutionen am Veto eines der fünf ständigen Mitglieder gescheitert.

Artikel 99 gibt Guterres nicht die Möglichkeit, den Sicherheitsrat dazu zu bringen, eine Resolution anzunehmen. Angesichts des Vetorechts der USA ist auch kaum davon auszugehen, dass eine Resolution durchkommt, die einen Waffenstillstand im Gazastreifen fordert. Doch die Symbolik, die von dem Schritt ausgeht, ist groß: „Das ist ein sehr dramatischer, ein sehr starker Akt, und wir hoffen, dass er die Mitglieder des Sicherheitsrats und die internationale Gemeinschaft bewegt“, sagte ein Sprecher des Generalsekretärs.

Zuletzt wurde Artikel 99 vor mehr als 30 Jahren aufgerufen

Zuletzt wurde der Artikel 99 vor mehr als 30 Jahren während des Libanon-Kriegs aufgerufen. Entsprechend wird er von Israel als Provokation gesehen: Der Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gilad Erdan, verurteilte Guterres’ Vorgehen. In einem Beitrag auf X (vormals Twitter) bezeichnete er den Brief als „weiteren Beweis“ für Guterres’ „moralische Verzerrung und seine Voreingenommenheit gegenüber Israel“. Der Aufruf des Generalsekretärs zu einem Waffenstillstand, so Erdan, sei „in Wirklichkeit ein Aufruf, die Schreckensherrschaft der Hamas in Gaza aufrechtzuerhalten“. Er wiederholte seine Forderung nach einem Rücktritt des seit 2017 amtierenden UN-Generalsekretärs.

Dabei ist das Verhältnis zwischen Israel und den Vereinten Nationen schon länger angespannt. Israel wirft den Vereinten Nationen Voreingenommen­heit vor. 15 Resolutionen haben sich laut der NGO UN Watch im vergangenen Jahr mit Israel und seiner Siedlungspolitik beschäftigt. In weiteren 13 Resolutionen ging es um den Rest der Welt. Zuletzt hatte Ende Oktober eine Äußerung von Guterres für großen Unmut in Israel gesorgt, als er sagte, der Angriff der Hamas habe „nicht im luftleeren Raum“ stattgefunden. Guterres zeigte sich kurz danach schockiert darüber, dass ihm antisemitische Motive unterstellt wurden.

Auch die EU erhöht den diplomatischen Druck, um ein Ende der Gewalt im Gazastreifen zu erreichen. Die Bundesregierung kündigte an, sich in der EU erstmals für Sanktionen gegen radikale jüdische Sied­le­r*in­nen im besetzten Westjordanland einsetzen zu wollen. Man werde dies beim EU-Außenministertreffen kommenden Montag vorbringen, kündigte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Mittwoch in Berlin an. Sie folgen damit dem Vorgehen der US-Regierung, die in dieser Woche Einreisebeschränkungen gegen extremistische jüdische Sied­le­r*in­nen angekündigt hatte. Radikalideologische Sied­le­r*in­nen üben im besetzten Westjordanland zunehmend Gewalt aus; seit der Vereidigung der extrem rechten israelischen Regierung, in der führende Sied­le­r*in­nen sitzen, hat die Gewalt noch einmal zugenommen.

Gleichzeitig plant Brüssel ein Sanktionsprogramm gegen die Hamas. Die Maßnahmen sollten stärker auf Finanzen und Desinformation abzielen, hieß es in dem Papier. Die militante Gruppe wurde bereits 2001 von der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft. Eine Aufnahme in die Terrorliste der EU führt zum Einfrieren aller Gelder und sonstigen finanziellen Vermögenswerte einer Person oder einer Gruppe in der EU.

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25 Kommentare

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  • @PAUL MAIER

    Darum geht es mir nicht. Es geht mir um das penetrante Ignorieren davon, dass bis jetzt über 15000 Tote als "kollateralschäden" in Kauf genommen wurden.

    Grob die Hälfte davon Kinder.

    Dieses Ignorieren ist eine Maximalposition.

    Genauso die derer, die das entsetzliche Massaker, das die Hamas angerichtet hat als "Befreiungskrieg" verklären.

    Beides ist unerträglich.

  • Danke an Antonio Guterres. Immerhin ein westlicher Mensch in Machtposition mit Rückgrat, während hier kollektives Schweigen herrscht ("herrscht" im wahrsten Sinne des Wortes)

    • @Chico Mo:

      Nur wird er nichts tun, um Israelis vor künftigen Anschlägen der Hamas zu schützen.

      Soviel Rückgrat ist dann doch nicht da.

  • Die amerikanischen Medien berichten, dass Israel momentan mit den USA darüber verhandelt, ob sie einen Großteil der Palästinenser deportieren dürfen. Dennoch schweigen in Deutschland Politik und Medien und reden stattdessen von einem humanitären Problem, frei nach dem Motto: "Was damals gut war kann heute ja nicht schlecht sein." Sad!

    • @Dan Zeller:

      Worauf spielen Sie mit "Was damals gut war kann heute ja nicht schlecht sein.", in Bezug auf Deutschland, an und welche US-Medien berichten das?

  • Da die Debatte generell aufgeheizt ist, nur mal ein Ruf: Bei den Opfern reden wir auch über Kinder!!!



    Auch in Gaza dürfte einem 5 jährigen die religiös fanatische Ansicht seiner bekloppten und bescheuerten Hamazgroupieeltern relativ egal sein,



    Es will nur essen, spielen, Kind sein....

    • @Andreas Horn:

      Ich vermute, dass ist allen bewusst.

      Es ist nur eine Frage der realen Möglichkeiten.

      Wenn sich Israel falsch entscheidet, werden im kommenden Jahr die nächsten 1000 Israelis sterben, unter ihnen wieder eine Reihe von kleinen Kindern, die nur Kind sein wollten.

  • [...] Beitrag entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Vielen Dank! Die Moderation

  • Nein, ein Brandbrief für den Frieden ist das nun wirklich nicht. Das ist der übliche Anti-Israel-Kurs der UN. www.tagesspiegel.d...host-10894813.html

  • @DERJURIST

    Maximalpositionen wie die Ihre sind selten hilfreich.

    • @tomás zerolo:

      Auf welche der drei Positionen könnte man den, ihrer Meinung nach, verzichten?

  • "In seinem Brief fordert Guterres die Mitglieder des Weltsicherheitsrats auf, darauf zu drängen, eine humanitäre Katastrophe im Gaza zu verhindern..."



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    Verhindern oder abwenden ist maximal effektiv im Sinne der HUMANITÄT für die geflüchtete Zivilbevölkerung tatsächlich nur im "Vorfeld" möglich, aber die "Vorzeichen" stehen jetzt besonders schlecht. Die taz schrieb:



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    "Das von Israel als sicher ausgewiesene Gebiet an der Küste um den Ort Al-Mawasi haben UN- und Hilfsorganisationen in der Vergangenheit wiederholt als zu klein und nicht für die Aufnahme von Geflüchteten ausgelegt bezeichnet. Es gebe dort keine Infrastruktur, um die Menschen zu versorgen. Israels Armeesprecher Jonathan Conricus räumte am Montag ein, dass die Bedingungen für die Menschen in dem Palästinensergebiet „hart“ seien. Das israelische Militär sei sich „durchaus bewusst, dass der Platz und der Zugang begrenzt“ seien, sagte Conricus. Eine dauerhafte Vertreibung der Zivilbevölkerung solle es nicht geben, fügte er hinzu."



    /



    taz.de/Israels-Off...-in-Gaza/!5978237/



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    "Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“



    (Molière)



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    Bei MDR.de als Quelle:



    "US-Außenminister Antony Blinken hat Israel erneut aufgerufen, mehr für den Schutz von Zivilisten im Gazastreifen zu tun. Die israelische Führung habe zwar wichtige zusätzliche Schritte in diese Richtung unternommen, sagte Blinken am Donnerstag (Ortszeit) nach einem Treffen mit seinem britischen Kollegen David Cameron in Washington.



    Es gebe aber nach wie vor eine Lücke zwischen dem, was er bei seinem jüngsten Besuch in Tel Aviv angeregt habe und was an tatsächlichen Ergebnissen zu beobachten sei. Blinken sagte, es gehe zum Beispiel nicht nur darum, Sicherheitszonen einzurichten, sondern auch so darüber kommunizieren, dass die Menschen tatsächlich wüssten, wohin sie flüchten könnten, wann genau und auf welchem Weg."

  • Gueterres hat absolut Recht. Ich hoffe die Weltgemeinschaft greift endlich ein! Es dürfen nicht noch weitere Zivilsten getötet werden.

  • So schwierig ist das nicht. Terroristen müssen bekämpft werden, nicht unschuldige Frauen und Kinder. Radikale Befürworter von unverhältnismäßiger Gewalt und Vergeltung auf palästinensischer und israelischer müssen politisch bekämpft werden, Menschenrechte sind universal und können nicht einfach ausgesetzt werden oder nur für bestimmte Menschen gelten.

    Das ist die Aufgabe von António Guterres und eigentlich auch die vom UNO-Sicherheitsrat. Ich kann gut verstehen, dass er genug davon hat, dass im Gaza Hunderte UNO-Mitarbeiter von israelischer Armee und Hamas getötet wurden und es niemanden interessiert.

  • Danke António Guterres! Danke für ihre Stimme gegen dieses massive Töten.

  • Sind alle Geiseln frei? Hat der Raketenbeschuss aus Gaza aufgehört? Hat sich die Hamas ergeben? Wenn die Antwort 3x "ja" lautet, sollte es einen Waffenstillstand geben. Vorher sicher nicht.

    • @DerJurist:

      Volle Zustimmung. Zumindest 1 und 2 müssen gegeben sein, bevor Israel überhaupt einen Waffenstopp in Erwägung ziehen kann. Kein Land dieser Erde würde sich gefallen lassen, was von vielen (Terror-) Staaten aktuell von Israel verlangt wird. Man denke nur an die Reaktion der Türkei als vor einigen Monaten zwei PKK Terroristen erfolglos versuchten einen Anschlag zu verüben. Außer der Terroristen kamen niemand ums Leben und die Türkei flog unmittelbar Luftangriffe im Nordirak. Nun schäumt Erdogan gegen Israel gemeinsam mit der gesamten Israel hassenden Gemeinde. Die Verlogenheit ist so offensichtlich. Deshalb kommt man nicht umhin auch Guterres antiisraelische Motive zu unterstellen.

      • @Klaus Kuckuck:

        Zu Forderung 1:



        Bitte lassen Sie uns gemeinsam nochmal rekapitulueren, in welcher Konfliktphase es zu einer Freilassung von Geiseln kam:



        a) Während der Kampfhandlungen oder



        b) während des Waffenstillstandes?



        Ich meine b) ist korrekt

        • @erhard:

          Es kam erst zur Freilassung einiger Geiseln, nachdem die Hamas Terrorbande durch die IDF empfindlich getroffen und erheblich dezimiert worden war. Die Hamas" kooperiert" nur auf massiven und nachhaltigen militärischen Druck. Nachdem die IDF der Hamas im Zusammenhang erster Freilassungen eine kleine Verschnaufpause gewährte, fingen die Terroristen wieder an auf Zivilisten zu schießen. Seitdem muss die IDF die Terrorbande wieder solange weich kloppen bis sie nicht mehr ohne Atempause überleben kann. Ohne diesen Druck geht der barbarische Terror ungehemmt weiter.

    • @DerJurist:

      Kann nur zustimmen!

  • "Eine Aufnahme in die Terrorliste der EU führt zum Einfrieren aller Gelder und sonstigen finanziellen Vermögenswerte einer Person oder einer Gruppe in der EU.

    Bitte sofort. Außerdem die Überprüfung aller Verträge mit Ländern (beispielsweise Katar) die die Hamas unterstützen. Obwohl ich selbst gegenwärtig noch eine Gasheizung betreibe, meine ich, muss es doch möglich sein, auf das Gas aus Katar zu verzichten. Handelsbeziehungen zwischen Katar und Deutschland lt. Wikipedia: "... 2021 lag das gemeinsame Handelsvolumen bei 1,8 Milliarden Euro ...". Das erscheint mir nicht so viel, dass wir nicht darauf verzichten könnten. Evtl. habe ich über die Konsequenzen aber auch nicht ausreichend nachgedacht.

    Mit der Türkei ist es schwieriger: Nato-Mitglied, türkische Bürger in Deutschland, Drohungen mit Flüchtlingen ...

    Ich hoffe, dass Israel die Hamas dingfest machen und vielleicht auch die Geiseln, sofern sie noch leben, befreien kann, bevor sich noch mehr Länder und Institutionen gegen Israel und jüdische Bürger wenden.

    Jüdische Menschen sind die am längsten und stärksten verfolgte Minderheit dieser Welt. Ich verstehe einfach nicht, wie man sich mit Menschen, die jüdisches Leben auslöschen wollen, solidarisieren kann.

    oct7map.com/

    • @*Sabine*:

      Nur weil man findet, dass Israel eventuell ein klein wenig behutsamer vorgehen könnte, heisst das noch lange nicht dass man sich mit Terroristen solidarisiert!

    • @*Sabine*:

      weil man vielleicht auch Empathie hat mit dem palästinensischen Jungen, der keine Perspektive, keine Chance, keine Verwandten, kein Haus und kein Land, nichts zu essen und kein Wasser zum waschen mehr hat. Weil tausende von normalen palästinensischen Bürgern, die nichts mehr als ihre Ruhe wollen, jetzt entweder tot oder fast tot sind. Ich solidarisiere mich nicht mit den Hamas, ich solidarisiere mich mit allen, die unschuldig bestraft, drangsaliert und bis an die Schmerzgrenze bedroht werden.

      • 6G
        698967 (Profil gelöscht)
        @50674 Koeln:

        Auch mit den israelischen Menschen die durch grauenvolle unaussprechliche Gewalt ermordet wurden? Die jüdischen Kinder die mitansehen mussten, wie ihre Eltern brutalsmöglich ermordet wurden? Die Kinder, die mit unfassbarer Gewalt ermordet wurden? Die Geiseln die schwerst traumatisiert sind oder noch schwerst traumatisiert in der Gewalt der Terroristen? Oder die jüdischen Menschen die weltweit angegriffen und terrorisiert werden.Das habe ich nicht bei Ihnen gelesen, aber ich gehe davon aus, dass sie diese mitmeinen, wenn sie von "allen" sprechen, die weit über die Schmerzgrenze bedroht werden. Ihre Antwort auf Sabine ließe vermuten, Sie meinen man müsse sich entscheiden für eine Seite. Aber das ist ja nicht so, da Sie ja von "allen" schreiben. Nur weil Sabine nach dem fehlenden Mitgefühl für jüdische Menschen fragt, heisst das nicht, dass Sie nicht auch Mitgefühl mit der Bevölkerung in Gaza hat, die unschuldig in diesem Konflikt leiden.