piwik no script img

Antisemitische Attacke in BerlinKnochenbruch nach Beleidigung

Ein Jude ist offenbar wegen seiner Kleidung auf offener Straße attackiert worden. Auf seine Synagoge war im Oktober ein Brandanschlag verübt worden.

Seit dem Brandanschlag im Oktober ist der Gehweg vor der Gemeinde an der Brunnenstraße abgesperrt (9. November 2023) Foto: Markus Schreiber/ap

Berlin dpa/epd/taz | Bei einem mutmaßlich antisemitischen Vorfall hat ein Unbekannter in Berlin einen jüdischen Mann angegriffen. Der 54-Jährige sei unverständlich beleidigt worden, es seien die Worte „Free Palestine“ gefallen, teilte die Polizei am Sonntag mit. Der Unbekannte habe den Mann dann zu Boden geschubst und ihn mit einem E-Scooter an der Hand verletzt. Der Vorfall habe sich bereits am Freitagnachmittag ereignet.

Der jüdische Mann sei als Jude erkennbar gewesen – unter seinem T-Shirt habe ein Gebetsmantel hervorgeschaut. Der Vorfall sei am Freitagnachmittag in der Brunnenstraße geschehen – in der Nähe gibt es zwei Synagogen. Nun ermittelt der Staatsschutz.

Die jüdische Gemeinde Kahal Adass Jisroel teilte auf x (ehemals Twitter) mit, der Angegriffene sei Mitglied ihrer Gemeinde. Der Mann habe einen Knochenbruch erlitten und im Krankenhaus behandelt werden müssen.

Nach Angaben der Gemeinde habe die am Freitag eingetroffene Polizei den Vorfall als gefährliche Körperverletzung und nicht als antisemitischen Vorfall gewertet. In ihrer Pressemitteilung von Sonntag sprach die Polizei dann aber von einem „Angriff mit antisemitischem Hintergrund.“

Kahal Adass Jisroel (KAJ) hat ihr Gemeindehaus samt der Synagoge Beth Zion, einer Kita und weiteren Einrichtungen weiter südlich an der Brunnenstraße im Ortsteil Mitte.

Die Brunnenstraße verbindet zwei sehr unterschiedliche Kieze miteinander. Im Süden, der einst zu Ost-Berlin gehörte, liegt ein durchsaniertes Altbauviertel mit entsprechend hohen Mieten. Nördlich des ehemaligen Mauerstreifens führt die Straße durch das Viertel Gesundbrunnen (Wedding), das durch den sozialen Wohnungsbau der 60er- und 70er-Jahre geprägt ist.

Das Gemeindehaus war bundesweit bekannt geworden, als Mitte Oktober 2023 Unbekannte Brandsätze auf das Gebäude geworfen hatten. Am 9. November hatte in der Synagoge Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Gedenkfeier zur Reichspogromnacht 85 Jahre zuvor zum Schutz jüdischen Lebens aufgerufen.

Die orthodoxe KAJ steht laut eigenen Angaben „für ein authentisch-traditionelles Judentum, das durch die Mitglieder und die Gemeinde sichtbar das Stadtbild prägt.“ Die traditionelle Kleidung vieler ihrer Mitglieder gehört seit Jahren fest zum Stadtbild rund um die kleine Synagoge.

Der Attackierte sei ein jüdischer Flüchtling aus der Ukraine, teilte die Gemeinde weiter mit. Er sei traumatisiert und verängstigt. „Er leidet insbesondere darunter, sich nach dem Trauma des Kriegsausbruchs und seiner Flucht aus der Heimat nach Deutschland, sich nunmehr auch hier nicht mehr in Sicherheit fühlen zu können.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

28 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Danke für eure Kommentare, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • Seitens der taz wurde der Artikel auch auf Instagram eingestellt. Was das in den Kommentaren so zu lesen ist zum Teil übelkeitserregend.

  • Ich kann mich nur noch für dieses Land schämen und hoffe, die Politik und die Jutiz finden die richtigen Antworten.

    Dass wir 2/3 der jüdischen Menschen weltweit getötet haben, reicht einigen (Mit)Bürgern anscheinend noch nicht.

    Erbärmlich, feige, widerlich.

  • Ebenfalls am Freitag wurde in Berlin-Moabit ein Mann angegriffen, der mit einer Israelfahne in einem Restaurant saß, die taz berichtete auch dazu. Es ist schon erschreckend, was in der Stadt so an antisemitischen Schlägern unterwegs ist.

  • Der Mann wurde von mehreren "arabisch aussehenden" (ohne Einführungszeichen darf man nicht schreiben, das wäre racial profiling) Jüngs attackiert und ordentlich verprügelt. Polizei meinte zuerst, dass "Fuck you Jahud" sei nicht unbedingt antisemitisch. Will die Politik wieder alles glatt reden? Wieder Blödsinn erzählen, dass "antisemitische Gewalt überwiegend von rechts kommt"?

  • Eine Schande was in Deutschland passiert und von der Politik kommen immer nur leere Floskeln.



    Ändern tut sich am um sich greifenden Antisemitismus in Deutschland aber nichts. Im Gegenteil, es wird täglich schlimmer.



    Was für dumme Menschen es doch gibt, die nicht zwischen Jüdinnen und Juden und der rechten Regierung Israels unterscheiden können.

    • @DocSnyder:

      "Was für dumme Menschen es doch gibt, die nicht zwischen Jüdinnen und Juden und der rechten Regierung Israels unterscheiden können."



      Ich würde anmerken, dass auch gegenüber Anhängern einer rechten Regierung in Israel eine derartige Attacke indiskutabel sein sollte.

  • Auch an die Rede von Josef Schuster sei erinnert:



    www.juedische-allg...ichts-mehr-wissen/

  • 6G
    600539 (Profil gelöscht)

    Fast niemand der in Berlin lebenden Juden egal ob säkular oder religiös , traut sich seit dem siebten Oktober , als Person jüdischen Glaubens ausgemacht zu werden.



    Um eben nicht wie wieder in diesem Fall brutal atackiert zu werden.

    Bei weitem kein neues Problem:

    taz.de/Angriff-auf...Rabbiner/!5085212/

    Jedoch sind antisemitch motivierte Gewalt Taten seit dem 7/10 um ein vielfaches gestiegen.



    Zusätzlich gibt es mittleweile regelrechte No Go Areas in Berlin wo die Gefahr für Juden noch deutlich höher ist als in anderen Vierteln . zB in Neukölln , Moabit und Wedding .



    Kaum einer meiner Israelischen Bekannten unterhält sich mehr im öffentlichen Raum auf hebräisch .

    Es sollte nicht heissen :



    „ Nie wieder ist jetzt „

    Sondern : „ schon wieder jetzt „

  • Und wieder wurde ein Jude zusammengeschlagen, weil er als Jude erkennbar war. Als vor paar Jahren auf dem Dürerplatz in Schöneberg ein Jude zusammengeschlagen wurde gab es eine Demonstration mit einer Kundgebung auf dem Breslauer Platz in Friedenau.

    Was passiert heutzutage? Ist die Gewalt gegen Juden in Berlin Alltag geworden?

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Nicht nur in Berlin. In ganz Deutschland. Wie hier im Aiwangerschen Bayern.

  • Volle Solidarität mit dem angegriffenen. Es ist nötig, den Angriff zu verurteilen und Antisemitismus anzugehen.

    Öffentlich.

    • @KonservativBürgerlich:

      Genauso ist es nötig, das Abschlachten und die Unterdrückung tausender Palästinenser ( illegale Besiedlung des Westjordanlandes) durch eine faschistoide israelische Regierung zu verurteilen. Öffentlich!.

      • @Struppo:

        Das Eine hat mit dem Anderen sehr viel zu tun! Alles! Ein! Mensch - Jude - ist von einem anderen Menschen - vermutete Gesinnung antisemitisch - beleidigt und tätlich angegriffen worden. Dieser Angriff auf Leib und Leben eines Menschen muss strafrechtlich verfolgt werden! Der israelische Kriegsterror auf eine Zivilbevölkerung in Gaza muss ebenso strafrechtlich bzw. völkerrechtlich verfolgt werden. Damit relativiere ich absolut! nicht den Terror der Hamas vom 07. Oktober! Die Unverhältnismäßigkeit der israelischen Militärgewalt ist ein Kriegsverbrechen. Ich denke, ich habe mit wenigen Worten den von Ihnen gewünschten Zusammenhang hergestellt.

        • @Struppo:

          Demo gegen rechts wann?



          Die Hamas stellt übrigens die Regierung in Gaza und führt einen Krieg.



          Der ist vorbei, wenn die Hamas kapituliert...

        • @Struppo:

          Indem Sie aber diesen Zusammenhang herstellen, legitimieren Sie ja doch den Angriff auf den einzelnen Menschen. Es geht eben darum, dass einzelne Menschen jüdischen Glaubens nicht stellvertretend für die israelische Regierung und ihre Taten stehen und angegriffen werden dürfen. Ohne wenn und aber.

      • @Struppo:

        Und was hat das eine mit dem anderen zu tun?

        Dem angegriffen Juden wurden die Knochen wegen Gaza gebrochen?

        Und somit hat dieser antisemitische Angriff irgendeine Legitimität?

        Wie genau stellen Sie den Zusammenhang her?

      • @Struppo:

        Wird doch gemacht! Also einfach hier jetzt mal beim Thema bleiben Stuppo.

      • @Struppo:

        Nein, muss in diesem Zusammenhang nicht verurteilt werden. Oder hat dieser verprügelte Mann irgendwelche Verbrechen in Gaza begangen. Vielmehr muss die gesamte deutsche Öffentlichkeit die bisherige Zurückhaltung gegenüber palästinensischen Gewalttätern ( und deren Unterstützer ) kritisch überprüfen.

      • @Struppo:

        Whataboutism hilft auch hier nicht weiter.

      • @Struppo:

        In der von Ihnen angedeuteten Region befinden sich zwei "Völker" oder "Ethnien" (?) miteinander im Krieg.

        In Berlin werden Privatpersonen alleine auf Grund ihrer Religion angegriffen. Sie wollen doch vermutlich auch nicht, dass Frauen die ein Kopftuch tragen, angegriffen werden bzw. dass das ggf. strafrechtlich verfolgt und öffentlich verurteilt wird.

      • @Struppo:

        Wow, dass Sie sich nicht schämen auch noch einen antisemitischen Überfall gegen einen ukrainischen Juden in Berlin zu nutzen um gegen Israel zu hetzen. Ein klerikal-faschistoides Regime herrscht in Gaza und Israel schlachtet im Gegensatz zu diesen niemand gezielt ab. Es ist wirklich widerlich und erschreckend welches Ausmaß an Antisemitismus und Israelhass unter sich selbst als linksverstehenden Menschen in diesem Land durch den von einer Terrorgruppe ausgelösten Krieg zum Vorschein tritt.

        • @Fran Zose:

          Das israelische Regime ist extrem rechts, zum Teil rechtsradikal.

          Bitte rechtfertigen Sie seine brutale Votgehensweise.

          • @cazzimma:

            Es geht hier um den Überfall auf einen aus der Ukraine stammenden Juden in Berlin. Was hat die Regierung in Israel Ihrer Meinung nach bitte damit zu tun? Weil Ihnen die Regierung in Israel nicht passt, darf man in Berlin Juden zusammenschlagen oder was soll Ihre Anmerkung?

        • @Fran Zose:

          Israel mag niemanden "gezielt abschlachten", aber die Leben palästinensischer Menschen sind der derzeitigen israelischen Regierung und ihrer Armee zumindest mehr als egal.

          Es nervt sowas von, wenn die ganzen Netanjahu-Verteidiger hier diese Vorgehensweise verteidigen.

          Und ja, bitte unterscheidet konsequent zwischen jüdischem, weltweitem Leben -

          und der rechtsgerichtete, israelischen Regierung.

          • @cazzimma:

            Was viel mehr nervt und erschreckt ist, dass Leute wie Struppo und anscheinend auch Sie meinen einen feigen antisemitischen Überfall auf einen ukrainischen Juden relativieren zu können weil einem die Regierung in Israel nicht passt. Das ist wirklich widerlich was aus vermeintlich linken Kreisen da so alles hochschwappt an Relativierungen. Sie fordern eine Unterscheidung? Bitte, warum wird dann von Struppo mit Unterstützung von Ihnen auf Israels Regierung verwiesen wenn es hier um den Überfall auf einen ukrainischen Juden in Berlin geht?

      • @Struppo:

        Der antisemitische Vorfall war in DEUTSCHLAND ! Was hat das mit den Arabern in Palästina zu tun ?

      • 6G
        600539 (Profil gelöscht)
        @Struppo:

        Das ist ganz schön platt so ein Vergleich, und hinkt vor allem furchtbar.

        Auch so Power-Ausdrücke wie "abschlachten „ ändern daran nichts .

        Es geht hier im Artikel um den überschwappenden Antisemitismus und die zahlreichen Angriffe auf jüdische Mitbürger.



        Nicht den Nahostkonflikt !



        Aber das wird ja traditionell und wie wir gerade sehen schön verwurschtelt.



        Sie liefern dafür ein Paradebeispiel.

        Und nur so nebenbei: das „abschlachten" ist doch eher eine Spezialität der Terrororganisation die nun von so vielen inkl. Ihnen so glühend verteidigt wird indem man keine Gelegenheit auslässt Israel zu diskreditieren und Fake zu verbreiten.

        Und zu der so viel zitierten illegalen Besiedlung des Westjordanlandes , nach dem britischen Mandat kam 48 der Teilungsplan im dann wurde es von Jordanien annektiert ! ( sidefact : Jordanien hält sich komplett raus , keine Unterstützung , nicht militärischer , humanitärer Natur , nix , dabei sind die meisten Palästinenser aus Jordanien und dem Libanon einen Staat Palästina gab es dort ja nie !



        Im sechs Tage Krieg 67 als Israel von allen drei Seiten angegriffen wurde zurückerobert und seitdem unter Militärverwaltung , nicht annektiert .