Anna Netrebko spendet für Separatisten: Sisi auf Abwegen
Die Operndiva spendet eine Million Rubel an ukrainische Separatisten. Das sei kein politisches Statement, sagt sie. Eine echte Österreicherin.
Bei der einen Hälfte der Österreicher war die Entzückung groß, als Anna Netrebko 2006 die österreichische Staatsbürgerschaft erhielt. So talentiert, so schön, so elegant, die gnä’ Frau Netrebko. Die pathologische Sehnsucht nach der neuen Sisi war mit der Sopranistin plötzlich in einem Überfluss befriedigt, der bei der anderen Hälfte der Bevölkerung zu akutem Brechreiz führte.
Dass „die Netrebko“ kein Wort Deutsch und schon gar kein Österreichisch sprach, war egal. Den Einbürgerungstest, der strikt für alle anderen Anwärter gilt, fiel für die Russin aus. Aber so ist das in Österreich. Das eine sagen und das andere tun ist an der politischen Tagesordnung. Danach zuckt man gerne mit den Schultern und beteuert, dass es sich hier ganz klar um ein riesengroßes Missverständnis handle. Sollten Aufzeichnungen des Gesagten existieren, sagt man einfach so lange, dass die gefälscht oder mutwillig ungünstig gedeutet seien, bis die konsequente Replik der Unwahrheit allgemeine Resignation hervorruft.
Aber zurück zu Netrebko. Sie werde eine gute Österreicherin sein, sagte sie, und alle waren zufrieden. Sie war das Glamourgirl der Gazetten, der Liebling von Staatsopern-Direktor Ioan Holender, und sie brachte die Klassik diesem Volk wieder näher, das sich zwar nach außen gerne im Licht der österreichischen Kulturgeschichte sonnt, oft aber noch nie eine Oper von innen gesehen hat.
Dass Anna Netrebko 2012 Wahlwerbung für Putin machte, kitzelte Österreich gerade mal ein Stirnrunzeln heraus. Da ist ja auch noch die Sache mit dem Erdgas. Nun hat sie aber rund 15.000 Euro an einen ostukrainischen Separatistenführer gespendet und hat gleich noch die Flagge von „Neurussland“ in die Kameras gehalten. Absolut problematisch sei das, heißt es aus dem österreichischen Außenministerium. Mit Politik wolle sie aber gar nichts zu tun haben, sagte Netrebko schon bei der Spendenübergabe. Es ginge nur um Kultur. Ein riesengroßes Missverständnis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen