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Ankündigung von Benjamin NetanjahuTeile des Westjordanlands annektieren

Er wolle die Souveränität Israels auch auf das Westjordanland ausweiten, sagt Israels Regierungschef Netanjahu. Die PLO zeigte sich wenig überrascht.

Netanjahu strebt eine fünfte Amtszeit als Ministerpräsident an Foto: ap

Tel Aviv dpa | Nur wenige Tage vor der Parlamentswahl in Israel hat Regierungschef Benjamin Netanjahu die Annektierung jüdischer Siedlungen im Westjordanland in Aussicht gestellt. „Ich werde nicht eine einzige Siedlung räumen. Und ich werde natürlich dafür sorgen, dass wir das Gebiet westlich des Jordans kontrollieren“, sagte der rechtskonservative Ministerpräsident am Samstagabend im israelischen Fernsehen. Netanjahu hofft darauf, das in Umfragen führende oppositionelle Bündnis der Mitte von Ex-Militärchef Benny Ganz noch zu überholen.

Der mit Korruptionsvorwürfen konfrontierte Likud-Parteichef sagte, die nächste Legislaturperiode nach der Wahl am Dienstag werde schicksalhaft sein. „Werden wir in der Lage sein, unsere Sicherheit zu gewährleisten und die Kontrolle über das essenziell wichtige Gebiet von Judäa und Samaria (Westjordanland)? Wir haben gesehen, was wir nach einem Abzug aus dem Gazastreifen bekommen haben“, sagte Netanjahu. Im Falle eines weiteren Abzugs sei ein „Gazastreifen in Judäa und Samaria“ zu befürchten. Israel hatte den Gazastreifen 2005 geräumt, 2007 übernahm dort die radikalislamische Hamas gewaltsam die Kontrolle.

Netanjahu sagte, er habe erreicht, dass US-Präsident Donald Trump die Golanhöhen als israelisches Gebiet anerkenne. Man wolle nun „zur nächsten Phase übergehen“ und die israelische Souveränität auch auf das Westjordanland ausweiten. Dies war bisher vor allem eine Forderung ultrarechter Koalitionspartner Netanjahus. Der seit 2009 amtierende Regierungschef hatte sich in der Vergangenheit für die Einrichtung eines entmilitarisierten Palästinenserstaates ausgesprochen.

Israel hatte 1967 im Sechstagekrieg unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute mehr als 600.000 israelische Siedler in mehr als 200 Siedlungen. Vor allem der erzkonservative Erziehungsminister Naftali Bennett dringt darauf, weite Teile des Westjordanlandes zu annektieren. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete indes für einen eigenen Staat Palästina mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Streit um Siedlungen

Saeb Erekat, Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, nannte Netanjahus Äußerungen kaum überraschend. „Israel wird das Völkerrecht weiterhin und so lange schamlos brechen, wie die internationale Gemeinschaft Israel mit Straflosigkeit belohnt“, teilte er über Twitter mit.

Israel unterscheidet selbst zwischen illegalen Siedlungen und mit israelischer Genehmigung gebauten. Aus Sicht der internationalen Gemeinschaft sind alle Siedlungen rechtswidrig. Sollte Israel sie annektieren, wäre dies ein schwerer Schlag für Bemühungen um eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung.

Netanjahu strebt nach einem emotional geführten Wahlkampf eine fünfte Amtszeit als Ministerpräsident an. In den jüngsten Umfragen lag das oppositionelle Bündnis Blau-Weiß von Ganz knapp vor Netanjahus rechtskonservativem Likud. Es ist jedoch fraglich, ob sich Ganz – bis 2015 Chef der israelischen Streitkräfte – mit einem Links-Mitte-Block die Regierungsmehrheit im Parlament sichern kann.

Netanjahus Partei würde sich im Falle eines Wahlsiegs um eine Koalition mit anderen rechten Parteien bemühen, zu deren Wählerklientel auch jüdische Siedler gehören. Ganz hat sich im Wahlkampf für den Erhalt der großen jüdischen Siedlungsblöcke im Westjordanland ausgesprochen, aber auch von der israelischen Besatzung distanziert.

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45 Kommentare

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  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Der Regierungschef des schlimmsten kleinsten Staates der Welt mach Wahlkampf.

    Und erwartungsgemäß geht das übliche Geheule los.

    Das sich allerdings auch vollkommen anlassneutral lautstark zu Wort meldet wie bei keinem anderen Konflikt auf unser schönen Erdkugel.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Annektionen sind „nur“ Wahlkampf?

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Die Erfahrungen mit Wahlen und Wahlkämpfen lehrt uns, dass nach gewonnener Wahl nie das geschieht, was im Wahlkampf versprochen wurde.

        Sondern:

        a) das Gegenteil

        b) nichts

        c) irgendetwas anderes

        Wenn also ein Politiker, dem das Wasser bis zum Hals steht, drei Tage vor der Wahl so etwas verkündet, dürfte eins und eins gleich zwei sein.

        Wäre in Deutschland oder in Europa so etwas vorgefallen, alle hätten gelacht und gesagt: "Ja klar."

        Aber bei Israel ist alles immer ein bisschen anders.

  • Aus der Historie eins „Volkes“ einen Eigentumsanspruch abzuleiten der dazu berechtigen soll anderen Ethnien, Gruppen - also konkreten Eigentümern - das Eigentum zu nehmen ist im Kern eine völkische, rassistische Herangehensweise.

  • "Israel unterscheidet selbst zwischen illegalen Siedlungen und mit israelischer Genehmigung gebauten. Aus Sicht der internationalen Gemeinschaft sind alle Siedlungen rechtswidrig."



    Was daran ist unklar?!

    • @Frau Kirschgrün:

      Nochmal Gerd Bombach:

      1987 Fragte die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen Waltraud Schoppe den Siedler Elyakim Haetzny in der Wüste Judäa: "Warum siedeln Sie hier?"

      Was Elyakim Haetzni antwortete kann man hier nachlesen: www.hagalil.com/ar...antisemitismus.htm

      Zitat (zweiter Absatz von unten):

      "......die Antwort ist ein Wutausbruch. "Was wollt ihr Deutschen hier? Wir haben bei euch gesiedelt, und ihr habt uns in die Gaskammern geschickt. Jetzt kommt ihr und fragt, warum wir hier siedeln."

      Zitat Ende

      Ja, ja, die "internationale Gemeinschaft......."

  • 7G
    70023 (Profil gelöscht)

    Ein Leser hat von Sanktionen verlangt. Ihm kann ich nur sagen, dass er verlogene Westen schlecht kennt. Sanktionen gibt es nur für Russland doch nicht gegen Israel. Weil der Westen sitzt mit Israel im selben Boot.

  • Palästina/Israel - zwei Völker, die miteinander keinen Frieden wollen.

    EU-Wirtschaftsembargo gegen beide bis sie sich friedlich geeinigt haben.

    • @A. Müllermilch:

      Wollen Sie damit sug­ge­rie­ren, dass Beschuss mit Raketen von Antisemiten und Islamisten dasselbe wie Annektion von Teilen von Westjordanland ist?

    • @A. Müllermilch:

      Genau. Diese Embargos sind so wirksam...

  • Es wird Zeit, dass dieser Mann abgewählt wird.

    Bei den Golanhöhen von einer annektion zu sprechen, halte ich für verfehlt. Die Golanhöhen wurden aus Schutzgründen übernommen, um die permanenten Angriffe auf Israelis durch Hisbollah und Libanesen zu beenden. Es wäre vollkommen bescheuert, dieses Land Israel wegzunehmen, stattdessen sollte es offiziell als israelisches Gebiet anerkannt werden.

    • @siri nihil:

      1. Schauen Sie dringend mal auf eine Landkarte.



      2. Wenn jeder, der sich bedroht sieht, ein Stück vom Nachbar nimmt, wird es eng auf der Welt.



      3. Ist das der Vorwand für unendliche Expansion. Schließlich ist die neue Grenze ja auch bedroht...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ich hab ganz dringend auf eine Landkarte geschaut... Da ist mir aufgefallen, dass seit 1967 keine Ausweitung bei den Golanhöhen stattgefunden hat. Die haben Ihre eigenen Argumente ad absurdum geführt.... Aber ist ja auch egal :)

        • @siri nihil:

          Schauen Sie noch mal nach. Und dann erklären Sie bitte, was der Golan mit dem Libanon zu tun hat. Er gehört zu Syrien.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Das ist absolut richtig, die Hisbollah interessiert sich aber weniger für Grenzen :)

            • @siri nihil:

              Die Hisbollah will die Schebaa-Farmen. Einfach den Raub rausgeben und man kann sich einigen...

              Mit Ägypten kommt Israel nach einer Rückgabe auch viel besser aus...

  • "Früher mal" , bzw. noch früher gehörte das Westjordanland mal zum ägyptischen Reich. Die Golanhöhen übrigens auch.

  • Die USA und Europa sollten nicht vergessen Sanktionen gegen Israel zu erlassen um Netanyahu für die Annexion zu bestrafen, falls er sein Ansinnen wahr macht. Diese kamen ja ziemlich schnell als Putin die Krim annektierte. Das Völkerrecht gilt nämlich auch für Israel.

  • Netanyahu hat völlig Recht. Der Abzug aus Gaza hat zu nichts weiter als eine weitere muslimische Diktatur geführt. Den Palästinensern muss endlich klar werden, dass nicht Israel ihr Feind ist. Sodern die palästinensischen Unterdrücker der Hamas und Fatah und deren arabischen Kumpels. Wenn schon jemand die Gebiete besetzt, dann doch bitte Israel. Alles andere führt doch eh nur zum Niedergang.

    • @Kevin Dude:

      „Den Palästinensern muss endlich klar werden, dass nicht Israel ihr Feind ist“

      Darum geht es doch gar nicht. Es geh darum, das arabische Israelis in Israel zu den Ärmsten gehören und das Landraub schlicht nur illegal ist.



      Menschen wollen keine warmen Worte sondern einfach nur nicht bestohlen werden.

  • Ankündigung von Benjamin Netanjahu



    Teile des Westjordanlands annektieren

    Er wolle die Souveränität Israels auch auf das Westjordanland ausweiten, sagt Israels Regierungschef Netanjahu.

    Ach...

  • Israel macht Nägel mit Köpfen und nutzt die Gunst der Stunde. Es weiß, das im WH ein Präsident sitzt, der sich nicht an die Seite der Europäer stellen wird, wenn diese sich Aufgrund eines solchen Schrittes mal wieder mit den Palestinensern solidarisieren sollten.

    Und es ist ein guter Schritt: wenn Israel seinen Feinden klar macht, daß sie im ganz großen Stil verlieren, wenn sie Israel angreifen wird dies für friedlichere Verhältnisse in Nahost sorgen als alle Schönwetterreden und "Zweistaatenutopien" zusammen.

    • @Der Mann, der unter einem Stein hervorkroch:

      Aha. Und wenn wir schon dabei sind, wann nehmen wir uns die Ostgebiete zurück? Das ist Steinzeitdenke.

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    Sanktionen, Sanktionen, Sanktionen!

    Bezüglich der Zustände im Westjordanland, den Golanhöhen oder gar der Krim (ja!) kann ich mangels persönlicher Erfahrung nichts beisteuern.

    So halte ich mich eher an das Völkerrecht, welches ein Israel in den Grenzen von 1948 vorsieht;

    weitergehende Annektionen von den guten, westlichen Vorwärtsverteidigern doch bitteschön und ohne Ansehen der Person mit Sanktionen zu belegen wären,

    oder?

    • @90857 (Profil gelöscht):

      1948? Sorry aber Gesetze aus dieser Zeit, die keine operative und praktische Anpassung genossen haben, sind völlig bedeutungslos.

  • Willy Brandt: ″Es wächst zusammen, was zusammen gehört ...

    • @m. luz:

      Sarkasmus oder Meinung?

  • 7G
    70023 (Profil gelöscht)

    Mich wundert nicht aber gar nichts. So lange der verlogene Westen sich nicht traut den Mund auf zu machen. Gut ehrlich gesagt, der Westen ist ja nicht besser als Israel. Israel benimmt sich unerzogenes Kind von den Westen.

  • Wer A sagt, muss auch B sagen. Oder auf den konkreten Fall bezogen: Wer es gut und richtig fand, dass Putin Gebiete aus dem international anerkannten Staat Ukraine herausbrach und mit seinem russischen Reich „wiedervereinigte“, wird kaum dagegen sein können, dass Netanjahu die annektierten Golan-Höhen, die früher mal zum „jüdischen Land“ gehörten, mit Israel wiedervereinigt.



    Also bin ich gespannt, wie sich in D. die ganz „Linken“ und die ganz „Rechten“ äußern werden. Mit der Krim-Annexion durch Russland hatten sie jedenfalls keine Probleme.

    • @Pfanni:

      "...die früher mal zum „jüdischen Land“ gehörten..."

      Kaufen Sie sich mal einen Kalender.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        In der Tat geht die jüdische Besiedelung des Golan bis in biblische Zeiten zurück. Aber wo wollen Sie die zeitliche Grenze ziehen? Bei 10 / 100 / 1.000 / 10.000 Jahren?

        • @Pfanni:

          Das meinen Sie jetzt nicht ernst. Wenn alle Völker die Gebiete beanspruchen, die sie irgendwann mal besessen haben, wird es sehr eng.

          Und wir sollten schon mal Platz für die Kelten machen...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        "Kaufen Sie sich mal einen Kalender."

        Wem gehört "das Land"? Denjenigen, der es als erster besiedelte, selbst wenn es auf biblische Zeiten zurückgeht oder denjenigen, der es zuletzt eroberte?

        Egal welche Lesart man bevorzugt, die Israelis haben hier in beiden Fällen recht.

        • @Der Mann, der unter einem Stein hervorkroch:

          " Denjenigen, der es als erster besiedelte..."

          Das waren jedenfalls nicht die Israeliten. Schauen Sie mal in die Schriften.

          Aber wollen wir ernsthaft das Fass aufmachen und Jahrtausend alte Ansprüche diskutieren?

  • Ich wünsche Ganz ganz viel Erfolg! Nur Männer wie er können die Spirale des Irrsinns durchbrechen, mit einer langfristigen Perspektive auf Stabilität in der Region.

    • @sachmah:

      Mit Irrsinn die Spirale der Gewalt durchbrechen? N. schafft einen dauerhaften Kriegsgrund. Oder meinen Sie wirklich, die arabische Welt lässt sich das auf Dauer gefallen? Israel ist jetzt schon größer, als 1948 festgelegt. Wie kann man nur so kurzsichtig sein?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Lieber Nachdenker, ich wünsche Herrn Ganz viel Erfolg der, soviel ich verstehe, den Gegenpol zu Bibi bildet. Keinesfalls bin ich der Meinung, dass mit Bibi Frieden kommen kann.



        Bibi, nur zur Sicherheit, ist bei mir kein Kosename nur kurz.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Der arabischen Welt sind die Palästinenser doch scheißegal.



        Und das zurecht, wenn man sich die illoyalen Aktionen der Palis gegenüber ihren Aufnahmeländern anschaut, Jordanien, Libanon, Kuweit.



        Die Kuweitis haben die Palis übrigens zu Hunderttausenden nach dem Golfkrieg binnen weniger Tage aus dem Land geschmissen.



        Mit Saddam Hussein zu kollaborieren war halt keine gute Idee.

        • @sb123:

          Alle sind allen egal, die Franzosen den Deutschen, du deinem Nachbar usw.

        • @sb123:

          Die Palästinenser sind allen egal. Aber sie sind ein wunderbarer Vorwand...

  • So. Was kann man nun ableiten als Palästinenser? Im Westjordanland herrscht eine friedliche Gegenregierung zur Hamas in Gaza, um Frieden und Dialog bemüht. Wie wird dies gedankt durch Leute wie Netanjahu und seine rechtsradikale Allianz?

    • @sachmah:

      " Im Westjordanland herrscht eine friedliche Gegenregierung zur Hamas in Gaza, um Frieden und Dialog bemüht."

      Wie lange noch? Dieser offene Raub stärkt die Hamas.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Steht zu befürchten.