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Souveränität Israels über die GolanhöhenTrump für Anerkennung

Nach 52 Jahren sollten die USA eine Souveränität Israels über die Golanhöhen anerkennen, fordert US-Präsident Trump. Umgehend kommt Kritik an dem Wunsch.

Szene vom Mount Bental auf den Golanhöhen Foto: reuters

Washington/Jerusalem dpa/rtr | US-Präsident Donald Trump hat sich dafür ausgesprochen, dass die USA eine Souveränität Israels über die seit 1967 besetzten Golanhöhen anerkennen. Nach 52 Jahren sei es für die Vereinigten Staaten an der Zeit dafür, schrieb Trump am Donnerstag auf Twitter. In der kommenden Woche ist der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu Besuch in Washington – kurz vor den Parlamentswahlen in Israel am 9. April.

Trump sagte in einem Interview, er habe schon seit langem über den Schritt nachgedacht. Den Eindruck, er leiste mit dem Vorstoß Wahlkampfhilfe für Netanjahu, wies der US-Präsident zurück. „Ich würde davon nicht einmal etwas wissen“, sagte Trump dem Sender Fox Business. „Ich weiß nicht, ob es gerade großartig für ihn läuft, aber ich höre, dass er sich ganz okay schlägt“, fügte er mit Blick auf Netanjahu hinzu.

Der israelische Ministerpräsident dankte Trump für dessen Vorstoß. „Zu einer Zeit, in der der Iran Syrien als Plattform zur Zerstörung Israels benutzen will, erkennt Präsident Trump mutig Israels Souveränität über die Golanhöhen an“, schrieb Netanjahu auf Twitter. „Danke, Präsident Trump!“ Israel hatte die Golanhöhen 1981 annektiert, was international aber nicht anerkannt wurde. Nach internationalem Recht gelten die Gebiete als von Israel besetztes Territorium Syriens.

Kritik an dem Vorstoß Trumps kam umgehend von der Arabiscne Liga. „Überdenken Sie diese fehlerhafte Situation und denken sie tief über die sofortigen und späteren Konsequenzen nach“, schrieb Liga- Generalsekretär Ahmed Aboul Gheit in einer in der Nacht zum Freitag verbreiteten Erklärung. Jede Anerkennung israelischer Souveränität über die Golan-Höhen hätte „ernsthafte Auswirkungen auf die Position der USA im arabisch-israelischen Konflikt im Allgemeinen“, vor allem nach den „gewaltigen Rückschlägen“ der US-Regierung in der Palästinenser-Frage.

Kritik auch aus der Türkei und Syrien

Auch die Türkei verurteilte Trumps Vorstoß. „Die territoriale Integrität von Staaten ist das fundamentalste Prinzip internationalen Rechts“, schrieb Außenminister Mevlüt Cavusoglu in der Nacht auf Freitag auf Twitter. Versuche der USA, Israels Rechtsverstöße zu legitimieren, würden nur zu mehr Gewalt und Schmerz führen. „Die Türkei unterstützt die territoriale Integrität Syriens.“ Auch aus Syrien kam eine scharfe Reaktion. Trumps Forderung sei unverantwortlich, ließ das syrische Außenministerium am Freitag verlauten.

Die Golanhöhen sind ein strategisch wichtiges Felsplateau oberhalb des Sees Genezareth mit der Stadt Tiberias und dicht besiedelten Gebieten im Norden Israels. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bemüht sich immer wieder international um eine Anerkennung der Golanhöhen als israelisch. „Der Golan ist Teil Israels, der Golan muss für immer ein Teil von Israel bleiben“, sagte er erst kürzlich.

Vor kurzem hatte das US-Außenministerium seine Wortwahl zum Status der Golanhöhen geändert. In einem Bericht zur Menschenrechtslage in Israel bezeichnete das Ministerium die Gebiete als „von Israel kontrolliert“. Im vergangenen Jahr waren sowohl die Golanhöhen, als auch die ebenfalls 1967 eroberten Gebiete Westjordanland und der Gazastreifen noch als von Israel „besetzt“ bezeichnet worden.

Trumps Nahostpolitik erhält bei der rechtskonservativen Regierung in Israel viel Beifall

US-Außenminister Mike Pompeo sagte am Donnerstag bei einem Besuch in Jerusalem, die neue Wortwahl in dem Bericht sei kein Fehler gewesen, sondern sehr bewusst gewählt worden.

Trump empfängt Netanjahu in der kommenden Woche im Weißen Haus. Trumps Nahostpolitik erhält bei der rechtskonservativen Regierung in Israel viel Beifall. Netanjahu lobt etwa die Entscheidung der Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem sowie den Rückzug der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran.

Netanjahu ist zur Jahrestagung der amerikanisch-israelischen Lobbyorganisation Aipac in Washington, wo er eine Rede halten wird. Im Weißen Haus wollen die beiden Staatsmänner „die gemeinsamen Interessen und Handlungen beider Länder im Nahen Osten“ diskutieren. Nach der Parlamentswahl in Israel wird mit der Veröffentlichung von Trumps lange angekündigtem Friedensplan für die Region gerechnet.

Der ehemalige CIA-Chef und US-Verteidigungsminister Leon Panetta sagte dem Fernsehsender CNN, Trump verkünde einmal mehr per Twitter einen außenpolitischen Schritt, der nicht mit den internationalen Partnern abgestimmt sei. Dies werde Probleme verursachen. Panetta sagte, es sei völlig klar, dass dies Teil sei von Trumps Unterstützung für Netanjahu bei der anstehenden Wahl in Israel.

Mike Pompeo besuchte am Donnerstag gemeinsam mit Netanjahu die Klagemauer in Jerusalem. Er ist der bisher ranghöchste US-Vertreter, der bei einem Besuch an der Klagemauer von einem israelischen Regierungsvertreter begleitet wurde. Trump und Vizepräsident Mike Pence hatten die heilige Stätte ohne solche Begleitung privat besucht.

Die Klagemauer ist ein Überrest der Befestigung des zweiten Jerusalemer Tempels. Sie liegt am Fuße des Tempelbergs (Al-Haram al-Scharif/Das edle Heiligtum), der Juden und Muslimen heilig ist. Ein offizieller US-Besuch kann als Anerkennung der israelischen Souveränität über die Altstadt gewertet werden.

Blutige Unruhen

Pompeo sagte vor dem Besuch an der Klagemauer vor Journalisten: „Ich denke, es ist symbolisch, dass ein ranghoher US-Vertreter dort mit dem israelischen Regierungschef hingeht.“ Am Morgen hatte Pompeo bei einem Treffen mit Staatspräsident Reuven Rivlin die Verpflichtung seines Landes bekräftigt, Israels Sicherheit zu gewährleisten.

Anschließend besuchte der US-Außenminister in Jerusalem die neue Botschaft seines Landes. Trump hatte im Dezember 2017 Jerusalem einseitig als Israels Hauptstadt anerkannt. Im Mai vergangenen Jahres ließ er dann die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen.

Der Schritt löste blutige Unruhen aufgebrachter Palästinenser aus. Die Palästinenser boykottieren die US-Regierung seitdem und erklären, die Vereinigten Staaten hätten sich als neutraler Vermittler in ihrem Konflikt mit Israel disqualifiziert.

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6 Kommentare

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  • 9G
    93441 (Profil gelöscht)

    „Die Türkei unterstützt die territoriale Integrität Syriens.“

    Seit wann?

  • er zündelt wohl gern, der Donald.

  • ääh geht bald wieder um´s ehem. ostpreußen???

  • Dann wird Trump, wenn er demnächst mal wieder lieb zu Putin sein möchte, sicher auch die Krim-Annexion anerkennen und überhaupt das internationale Staatsrecht durch das Faustrecht ersetzen. Das kann Trump mit seinem überschaubaren intellektuellem (passt das Wort für ihn überhaupt?) Horizont auch besser erfassen als die ganzen komplizierten juristischen Formeln.

    • @jlMG:

      Das sehen sie schon ganz richtig Macht und Gewalt vor Recht genau das ist es was die Außenpolitik Trumps und mit ihm die sämtlicher Populisten kennzeichnet. Deswegen ist sie ja auch angeblich so unberechenbar, was nichts anders bedeutet als daß sie der Willkür der Macht folgt.Wird zeit daß wir uns darauf einstellen und Europa gemeinsam militärisch stärken. Trump könnte mit Putin schließlich genauso gut Interessensphären in Europa festlegen

    • @jlMG:

      DT bringt was zu Ende, was die anderen US-Präsidenten stillschweigend tolerierten. Die Israelis brauchen zu ihrer Sicherheit die Golanhöhen, Syrien nicht. Invasionen erfolgten in der Vergangenheit immer gen Israel. Und dass sich die Türkei meldet und die Saudi-dominierte Arabische Liga ist einfach nur grotesk, sind sie doch selber Invasoren in Syrien respektive Jemen.