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Angriff nach Demo in BerlinJournalist mit einem Messer bedroht

Im antiisraelischen Spektrum wächst die Pressefeindlichkeit. Das zeigt ein Vorfall in Berlin nach dem Dyke* March.

Journalist Iman Sefati Foto: Bild TV

Seit Monaten wird die Stimmung für Journalist*innen, die über Demos aus dem antiisraelischen Spektrum berichten, immer bedrohlicher. Nun wurde am Freitag nach dem Berliner Dyke* March ein Bild-Reporter vor seiner Haustür mit einem Messer bedroht – dabei soll es bei dieser Demo eigentlich nicht um Israel gehen, sondern um lesbische Sichtbarkeit.

Nach der Demo sollen zwei De­mo­teil­neh­mende Iman Sefati nach Hause verfolgt haben, so berichtet der Journalist. Als er später mit seinen Hunden Gassi habe gehen wollen, sollen die beiden, die er von antiisraelischen Demos erkannt haben will, auf ihn gewartet haben. Einer soll ein Messer gezückt haben, bevor der Täter geflohen sei.

„Ich hätte nie gedacht, dass diese Menschen so weit gehen würden“, sagte Sefati später im Interview mit der Jüdischen Allgemeinen. „Ich habe es unterschätzt und war so naiv zu glauben, dass auch sie eine rote Linie haben.“

Auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union findet deutliche Worte: „Dieser Vorfall ist ein erschreckendes Beispiel für die zunehmenden Gefahren, denen Jour­na­lis­t*in­nen in Ausübung ihrer Arbeit ausgesetzt sind“, heißt es von der Berliner Landesvorsitzenden Renate Gensch. Die Gewerkschaft berichtet von drei weiteren Angriffen auf Jour­na­lis­t*in­nen am Rande der Demo: Ein Journalist sei in den Bauch geschlagen, andere seien mit Flaschen beworfen worden. Auf dem Dyke* March vor der großen CSD-Demo war dieses Jahr der Nahostkonflikt eines der Hauptthemen: Auf der Demo waren laute „Intifada“-Rufe zu hören.

Schon vor dem Hamas-Überfall am 7. Oktober kam es im Rahmen von antiisraelischen Demos immer wieder zu Angriffen gegen Journalist*innen: Sie wurden als „Zionistenpresse“ beschimpft, bespuckt oder getreten. Doch seitdem radikalisiert sich die Szene weiter. Im Januar wurde nach einer Demo der Gruppierung Handala in Leipzig, bei der Greta Thunberg eine Rede hielt, ein Journalist, der im Auftrag von Sachsen Fernsehen anwesend war, verprügelt und musste im Krankenhaus behandelt werden. Er rechnet einen der Angreifer den Demo-Ordnern zu.

Zum jüngsten pressefeindlichen Vorfall beim Dyke* March herrscht seitens der Or­ga­ni­sa­to­r*in­nen bislang Stille. Am Samstag wurde der mutmaßliche Täter beim Internationalist Queer Pride in Neukölln von der Polizei festgenommen.

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29 Kommentare

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  • Na super, gibt es eine Bild-Schlagzeile?



    Habt ihr echt toll hinbekommen. Die propalestinensische Szene fährt sich inhaltlich immer schneller an die Wand.

  • Wo bleiben die Demos gegen links?

    Ach stimmt es gibt ja per Definition keinen linken Antisemitismus

    • @Thomas Zwarkat:

      Haben Sie die vielen Demos der Antisemiten, Islamophoben, Rechtspopulisten und Rechtsextrem nicht als Demos gegen links wahrgenommen?

      • @Rudolf Fissner:

        Waren die Antisemiten nicht auf der islamophil-linken Seite?

        Ich gestehe, ich bin mit den Zuordnungen überfordert.

  • Shame on you!



    Tja, was soll das so mittlerweile sein - links?



    Glücklicherweise geben sich die Gruppierungen ja fantasievolle Namen.



    Dann kann ich einfach links bleiben und lasse die Anderen, was immer sie sein wollen, links liegen.

    • @Philippo1000:

      Man kann sich als Linker einfach deutlich davon distanziere. Passiert ja auch in 99% der Fälle. Nur die fundamentalistische/extreme Linke hat da ein Problem.

    • @Philippo1000:

      "Antiisraelisches Spektrum".

      Das ist mittlerweile aus der Warte originärem authentischen Linksseins ein extrem rechtslastiges Spektrum.

      Für mich persönlich befinden sich diese Leute längst im faschistischen Bereich.

      Und "Propalästinensisch" ist auch nichts anderes.

  • "Antiisraelisches Spektrum" ?

    Welcher politischen Gruppe gehören die Täter denn nun an?

    Rechte oder Islamisten als Demo-Ordner beim Dyke* March?



    Klingt seltsam.

    • @rero:

      Die können ja auch Links sein. Und dieses kahr Bein Dyke* Marsch wären Islamisten auch keine große Überraschung gewesen. Der Marsch hat sich ja als Bündnispartner*in für dieses Spektrum positioniert...

  • Die Schüler/-innern von Großmufti Al-Husseini (dem Gründer der Palästinensischen Bewegung, Holocaust-Täter und SS-Mitglied) gehen jetzt schon mit Messern auf Flüchtlinge* los, es ist so vielsagend.

    * die zig Millionen arabischer und europäischer Jude, die nach Israel geflohen sind, werden ja immer ignoriert … weil, das ja keine Flüchtlinge seien, sondern Invasoren (auch das ist übrigens eine Argumentation von SS-Täter Al Husseini)

    • @Dunkelrot:

      Das habe ich nicht gewußt, Danke für die Erhellung.

  • Gratulation an die taz neben einigen sehr wenigen anderen überhaupt über den Vorfall berichtet zu haben.

    Viele andere Medien haben sich längst unterworfen und schreiben über so etwas nicht mehr.

    So z. B. der Journalist und „Tagesschau“-Moderator Constantin Schreiber will sich öffentlich nicht mehr zum Islam äußern. Er war des öfteren massiv bedroht worden.

    Andere Kritiker stehen seit Jahren ständig unter Polizeischutz.

    Niemals Debatten, dafür Gewalt und Drohungen. So läuft das Spiel. Und Deutschland macht weitgehend mit.

    In Frankreich ist es nach Charlie Hebdo noch weitaus schlimmer.

  • Man muss sich schon deshalb für Israel stark machen, weil "das antiisraelische Spektrum" (Euphemismus des Jahres) so widerwärtige Typen enthält.

    • @Kurt Kraus:

      Ganz meiner Meinung.

  • Wäre der Täter im rechtsextremen Milieu zu verorten, die Empörung wäre groß.

    Nun war es wohl einer, der sich als links begreift, so falsch das auch sein wird, deshalb sind die Reaktionen eher schaumgebremst.

    Und dann noch propalästinensisch, dann sind eh



    die Guten.

    Die Welt ist verrückt geworden und kaum einen stört es.

  • Schwul-lesbische Veranstaltungen und Demonstrationen werden zunehmend von antisemitischen/antiisraelischen Gruppen unterwandert- sei es der Dyke March oder der CSD in Berlin oder die Regenbogenparade in Wien, wo es in diesem Jahr ein Vertreter dieser Gruppen mit Kuffiyah und dem roten Dreieck der Hamas mit eingeschriebenem Buchstaben "qaf", dem Anfangsbuchstaben der Kassam-Brigaden, sogar in die Photostrecke der online-Ausgabe des STANDARD geschafft hat.

    www.derstandard.at...-der-pride-in-wien

    Und die schwul-lesbische Szene tut nichts dagegen, statt dessen werden gerade auch in Berlin israelische Künstler von Veranstaltungen ausgeladen.

    taz.de/Nahost-Konf...lubszene/!6023913/

    AM YISRAEL CHAI!

    • @KatholischerVerbindungsstudent:

      Wahnsinn. Wissen denn Schwule nicht, dass sie die ersten sind, die in einem Gottesstaat dran sind. Für mich als Schwuler ist die Solidarität mit diesen ganzen Typen einfach unverständlich.

    • @KatholischerVerbindungsstudent:

      Ein schrilles Phänomen, diese queere Solidarität mit dem Islamismus.

      Für den Demonstranten mit dem Dreieck auf der Brust ist offensichtlich die Denkanstrengung zu groß, um zu dem Schluss zu gelangen, dass er sich damit selbst als Ziel für die islamistischen Mörderbanden definiert.

      Fast schon ironisch, wenn es nicht so bitter wäre.

      Die Lebensrealität homosexueller Männer in Gaza zeigt der Film:

      "THE INVISIBLE MAN: illegal in Tel Aviv"

      Sie wurden von der Hamas verfolgt, verhaftet und gefoltert, von ihren Familien verstoßen und hatten nur die Wahl zu sterben oder nach Israel zu fliehen, wo sie sich teilweise illegal aufhalten. Sehr sehenswert:

      www.youtube.com/watch?v=VBdW1km1Maw

  • Das ist furchbar dumm. Oder die Täter*innen haben ein Interesse daran, dass das Töten in Gaza weitergeht.

    Furchtbar. Mir fehlen die Worte.

    • @tomás zerolo:

      Dumm? Das war keine Dummheit, das war ein Verbrechen.

    • @tomás zerolo:

      "Furchtbar dumm"? Das ist alles?

      Sonst sind Sie in Ihren Urteilen nicht so zurückhaltend.

      "Interesse, dass das Töten weitergeht" klingt nebulös, müssten Sie erklären, was das sein soll.

  • Die Übergriffe sind das letzte, aber nebulös von antiisraelischen Spektrum zu schreiben ist mir zu ungenau und zu verallgemeinernd.

    • @Andreas J:

      Mir fällt tatsächlich kein bessere Begriff ein. Diese Protestierenden sind halt von der Israelablehnung abgesehen ganz schön diffus.

    • @Andreas J:

      Zur Einführung in die Thematik möchte ich ihnen die verdienstvolle Arbeit des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus empfehlen.

      Sie dokumentiert diese ganzen Aufmärsche hautnah, zeigt antisemitische Entgleisungen und zahlreiche Angriffe auf Presse, Polizei und Gegendemonstranten:

      www.facebook.com/juedischesforum

      • @Jim Hawkins:

        Allerdings ist jede Kritik am Staat Israel als antisemitisch einzustufen auch nicht sonderlich hilfreich.

      • @Jim Hawkins:

        Was da abgeht ist nicht gut. Aber wer gehört den für sie zum antiisraelischen Spektrum? Sie sind doch immer vorne weg wenn es um Verallgemeinerung geht. Ich kenne vor allem Aktivisten die komplett gewaltfrei sind. Hier wird ständig von einigen auf alle geschlossen.

        • @Andreas J:

          Ich verallgemeinerte nicht, ich beschreibe Strukturen einer Ideologie.

          Eine der verhängnisvollsten, die es gegenwärtig gibt.

          Sonnen Sie sich in der Verharmlosung und Relativierung.

          Juden und Jüdinnen haben Angst in diesem Land angesichts dieser Ereignisse.

          Vielleicht ist ihnen das egal, für mich ist das extrem beunruhigend.

    • @Andreas J:

      Alles ist nebulös. Irgendwie hört sich das nach großer dicker Schlagzeile an.

    • @Andreas J:

      Die Personen kommen eben aus diesem Aktivistenkreis. Was für eine Beschreibung wäre denn da, Ihrer Meinung nach, genau und treffend?