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Ampel-Koalition und KlimaRegierung in der Klimakrise

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Während Westeuropa buchstäblich in Flammen steht, scheitert die Ampel-Regierung mit ihrem Klimapaket. Die FDP ist das Problem.

Euskirchen, Sommer 2022: Feuerwehrleute löschen einen Brand auf einer gerodeten Waldfläche

D ie Ampel-Regierung wird von ihrem Geburtsfehler eingeholt: Ein grünes Regierungsprofil ist mit der FDP schwer aufrechtzuerhalten. Auch die SPD hatte freilich schon ihre Momente, trat gegen den nötigen Klimaschutz ein, um Kohlejobs zu retten. Und die Grünen sehen sich in der aktuellen Energiekrise oft im Dilemma und stehen plötzlich auch für neue Flüssiggasterminals, die natürlich klimaschädlich sind. Die FDP aber blockiert das Senken der Treibhausgas­emission an allen Ecken und Enden.

Das dieswöchige Beispiel: Das Klima-Sommerpaket der Bundesregierung ist gescheitert. Ein großes Klima-Sofortprogramm hatten die Ampel-Parteien schon im Koalitionsvertrag angekündigt. Laut Klimaschutzgesetz wären eigentlich nur diejenigen Ministerien zu einem solchen Sofortprogramm verpflichtet gewesen, in deren Zuständigkeitsbereichen mehr Treibhausgase ausgestoßen wurden als gesetzlich erlaubt. Das waren das Verkehrswesen und die Gebäude, sprich: das Heizen.

Aber statt unkoordiniertem Klein-Klein, das nur gerade so das Gesetz erfüllt, sollte es einen großen Wurf geben: ein umfassendes Programm der gesamten Regierung. Hier war schließlich nicht mehr die Große Koalition am Werk, die die hohen Emissionen zu verantworten hat.

Und dann diese Peinlichkeit: Im Abstand von einer halben Stunde trat erst Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) vor die Presse, um seine drei Seiten mit blumigen Worten zu E-Ladesäulen, Digitalisierung und Fahrradinfrastruktur zu präsentieren, dann erläuterten Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen zusammen ihre immerhin fünfmal so langen Pläne für Heizen und Gebäudedämmung.

Alles soll der Markt regeln – nur den Benzinpreis nicht

Zwei Miniprogramme statt einer Vision für die ganze Gesellschaft. Und drei Parteien, die sich nicht einmal zusammen auf die Bühne stellen, sondern keinen Hehl daraus machen, dass hier nicht die Regierung als Ganzes spricht.

Was war passiert? Es ist nicht schwer, sich das zusammenzureimen. Die FDP lehnt Vorgaben, Verbote und Verzicht für den Klimaschutz ab. Das führt dazu, dass sie nur Förderprogramme befürworten kann. Hier mal eine neue Ladesäule, dort ein bisschen Radfahranreiz. Das sind keine schlechten Ideen, aber es reicht natürlich nicht, um das Verkehrswesen ökologisch zu machen – erst recht nicht schnell.

Es muss weniger Autoverkehr geben, daran führt kein Weg vorbei. Es kam also nicht zur Einigung. Man könnte sagen: zum Glück. Es ist gut, dass SPD und Grüne sich nicht auf einen schlechten Kompromiss eingelassen haben. So steht zwar der politische Misserfolg des gescheiterten Sommerpakets im Raum, aber immerhin präsentiert die Regierung kein windelweiches Gesamtpaket als Erfolg.

Aber wie soll es denn weitergehen? Dass die FDP es mit dem Klimaschutz nicht ernst meint, ist eigentlich schon seit dem Wahlkampf klar. Damals schlossen sich die Liberalen der Hetzkampagne gegen die damalige Kanzlerkandidatin und jetzige Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an, als die einen höheren CO2- und damit Benzinpreis in Aussicht stellte. Das war zwar auch von den anderen Parteien heuchlerisch, Union und SPD beispielsweise hatten in der Regierung ja selbst einen steigenden CO2-Preis auf den Weg gebracht.

Lindner als Retter des Verbrennungsmotors

Aber die FDP machte parallel Wahlkampf damit, Klimaschutz über noch nicht verfügbare technische Neuerungen sowie den Markt regeln zu wollen. Marktwirtschaftlich hieße ja eigentlich nichts anderes als: einen CO2-Preis einführen und so klimaschädliche Produkte teuer machen, zum Beispiel Benzin. Wenn die FDP das ablehnt, will sie eben keinen Klimaschutz.

Gerade erst hat die FDP aus dem Osterpaket der Bundesregierung zur Energiewende streichen lassen, dass der deutsche Stromsektor im Jahr 2035 klimaneutral sein soll – obwohl Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das ein paar Tage zuvor auf dem G7-Gipfel versprochen hatte.

Nebenbei schmückt sich Bundesfinanzminister und FDP-Parteichef Christian Lindner damit, auf EU-Ebene den Verbrennungsmotor gerettet zu haben. Das stimmt nicht einmal, aber zeigt, wie für ihn ein klimapolitischer Erfolg aussieht: Politik gegen das Klima. Das ist ein Problem für die Ampel-Regierung. Und für den Rest der Menschheit noch mehr.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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15 Kommentare

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  • Wir sollten uns daran erinnern welches Krafwerkt im Schneeewinter 1978/1979 erinnern. Ein einziges großes Kraftwerk lief noch: Kernkraftwerk Greifswald bei Lubmin (sechs Kernreaktoren). Mit diesen Kraftwerk könnten wir zukünfitg den ganzen Nordosten inkl. Berlin, Schwedt und Leuna mit klimaneutraler Energie (Strom, Wasserstoff) versorgen. Klar der Bau wird ein paar Jahre in Anspruch nehmen - Offshore-Windkraft mit vergleichbarer Lesitung dauert noch länger.

  • In Berlin wird 70% des Stroms mit Gas erzeugt. 22% mit Braunkohle aus der Lausitz und 8% mit Erneuerbaren. Eas drogen daher Fahrverbote für E-Mobile im kommenden Winter (laut BZ vor einigen Tagen). Fossile Elektromobilität ist daher bis auf weiteres keine kluge Option.

  • @RUDOLF FISSNER

    Und? Haben Sie die breit angelegte Initiative gesehen, diesen Handwerkermangel zu reduzieren? Die Gehaltserhöhungen [1]? Haben Sie gesehen, dass Flüchtlinge gleich arbeiten dürfen, statt zwei Jahre im Limbo zu verbringen?

    Ich auch nicht. Prioritätenlisten mögen Ihnen unrealistisch erscheinen. Mir scheint die aktuelle Politik noch unrealistischer.

    [1] Ach. Wir haben ja "konzertierte Aktion". Achso. Das toppt ja das ansonsten heilige "Angebot und Nachfrage". Ach so, das.

  • In der SPD rührt sich was gegen das FDP-Festhalten an der Schuldenbremse:

    "Haushaltspolitik neu verhandeln SPD geht auf Konfrontationskurs zur FDP"



    www.n-tv.de/politi...ticle23470179.html



    "Ampel-Alarm! SPD-Fraktionsvize ist Dauer-Zoff leid und fordert Krisen-Treffen"



    www.merkur.de/poli...n-zr-91672805.html

  • Der Artikel hätte ohne den Ukrainekrieg und die Energiekrise gleichlautend veröffentlicht werden können. Die grüne Blase ist noch nicht geplatzt. Jetzt werden die Energiewende-Pläne auf die Probe gestellt und schon droht ein kalter Winter und ein wirtschaftlicher Einbruch ungeahnten Ausmaßes .

    Aber: Die FDP ist schuld, die Partei, die in den letzten Jahren in den Ländern & Bund am wenigsten am Regieren war.

  • Die Feisten Demokraten sind sicher eines der größten Probleme - aber bei Leibe nicht das einzige.

    Auf Platz zwei folgt unmittelbar, in welcher Art und Weise die Grünen den Sprung in die Politik der Realität verkacken - und uns dabei nach Strick und Faden verkackeiern.

  • Ich befürchte, der Autorin ist entgangen, dass wir seit dem 24.Februar eine völlig andere Welt haben, die den ursprünglichen Koalitionsvertrag zu Makulatur herabstuft. Jetzt gilt es, dieses Land, seinen Wohlstand und seinen sozialen Frieden zu retten, denn sonst werden auch alle anderen Maßnahmen zur Klimarettung nur noch Asche sein...

    • @Karlmann:

      Zumindest setzen die übrigen Länder dieser Welt derzeit andere Prioritäten.

  • @TOM FARMER

    Dabei lassen sich diese zwei Fliegen schön mit einer Klappe erschlagen: Einsparungen (und Erneuerbare) first, bei Golfdiktaturen und Frackern zu Kreuze kriechen second.

    Irgendwie hat Herr Habeck da die Prioritäten durcheinandergewirbelt.

    • @tomás zerolo:

      Das Problem dabei ist: Es fehlen die Handwerker für die Produktion ihrer Fliegenklatschen.

      Prioritätenlisten sind ein lustiges Ding. Mit der Realität haben sie manchmal herzlich wenig zu tun.

  • Wegen Putins Drohungen und Gasknappheit wird über das Absenken von Wohnraumtemperaturen diskutiert usw., für das letztlich viel größere Problem Klimawandel ist derlei Aufruf nicht denkbar.



    Jeder möge sich selbst die Frage beantworten: Warum?

  • Man bräuchte einen Nachbarplaneten, auf denen die Klimaverhältnisse denen der Erde in 100 Jahren entsprechen. Da müsste man den Lindner mal ins Praktikum schicken. Und Beer, die Klimaleugnerin, und wie sie alle heißen.



    Die FDP ist ein Fluch, nichts Geringeres.

  • Die FDP kann angesichts der Klimaauswirkungen garnicht genug offenkundig die Klimapolitik sabotieren: das scheint mir der beste Weg zu sein, sie aus den Parlamenten rauszukriegen.