AfD-Verbotsantrag im Bundestag: Wahlkampfgeschenk für die AfD
Mit dem Verbotsantrag voreilig vor den Bundestag zu ziehen, ist kontraproduktiv. Um die Erfolgsaussichten zu steigern, ist jetzt Geduld gefragt.
D ie „Sächsischen Separatisten“, eine rechtsextreme Gruppe unter Terrorverdacht, der drei AfD-Funktionäre angehören, plant laut Ermittlern, Sachsen mit Waffengewalt zu erobern und „ethnisch zu säubern“. Bei der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags missachtet die AfD parlamentarische Regeln und stiftet zielgerichtet Chaos. Dies sind nur zwei Beispiele aus den vergangenen Wochen, die zeigen: Die AfD ist eine Gefahr für Rechtsstaat und Demokratie.
Seit ihrer Gründung hat sich die Partei beständig radikalisiert. Heute dominieren der Rechtsextremist Björn Höcke und seine Verbündeten die Partei ideologisch und machtpolitisch. Das gilt nicht nur für die Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, die der Verfassungsschutz bereits als gesichert rechtsextrem eingestuft hat. Es gilt für die gesamte Partei.
Deshalb ist es grundsätzlich richtig, ein Verbot der AfD vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen. So wie es die Gruppe um den CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz anstrebt. Auch ihr Wunsch, diese Prüfung endlich auf den Weg zu bringen, ist mehr als nachvollziehbar. Nur: Jetzt ist der falsche Zeitpunkt dafür. Die Gefahr des Scheiterns ist einfach zu groß.
Ohnehin war es fraglich, ob der Antrag Aussicht auf eine Mehrheit im Bundestag hat. Die Fraktionsspitzen von Union und SPD sehen das Vorhaben kritisch, die FDP lehnt es weitgehend ab, das BSW gänzlich. Einigen Grünen-Abgeordneten geht es zu schnell. 113 Abgeordnete stehen bislang hinter dem Wanderwitz-Vorstoß, das Parlament hat insgesamt 734 Abgeordnete. Einen Push, so sah es bislang aus, könnte das Unterfangen bekommen, wenn die Gesamtpartei als „erwiesen rechtsextrem“ eingestuft würde.
Gefahr eines Scheiterns
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte eine Entscheidung dazu bis Jahresende angekündigt. Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl verzögert sich das. Die Gefahr, dies könne so kurz vor dem Wahltermin als Beeinflussung der Wähler*innen wahrgenommen werden, wird als zu groß angesehen. Ohne diese Hochstufung aber sieht es für den Antrag schlecht aus. Schlimmer noch: Er könnte nach hinten losgehen. Scheitert der Antrag, ist das Unterfangen auf absehbare Zeit verbrannt.
Und die AfD könnte behaupten, dass sogar die Mehrheit des Bundestags sie nicht für wirklich gefährlich hält. Es wäre ein weiteres Wahlkampfgeschenk für die extrem rechte Partei. Das erste hat Ex-Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang der AfD gerade präsentiert: mit seiner instinktlosen Ankündigung, für die CDU für den Bundestag zu kandidieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu