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Abwrackprämie für AutosAutogipfel ohne Ergebnis

Die Bundesregierung entscheidet bis Anfang Juni, ob es Kaufanreize für Pkws gibt. Eine Mehrheit der BürgerInnen ist gegen eine neue Abwrackprämie.

Umwelt- oder Verbraucherverbände waren nicht eingeladen, demonstrierten aber vor dem Reichstag Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Bis Anfang Juni will die Bundesregierung entscheiden, ob es staatliche Geldgeschenke für AutokäuferInnen geben wird. Darauf haben sich die TeilnehmerInnen des digitalen Autogipfels mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag verständigt. Sollte es Prämien geben, könnten sie Teil eines großes Konjunkturpakets sein, das Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bis dahin vorlegen will.

Bei der Videokonferenz haben PolitikerInnen, VertreterInnen der Autohersteller und der Gewerkschaft IG Metall über Hilfen für die Branche beraten. Umwelt- oder Verbraucherverbände waren nicht eingeladen. Eine Arbeitsgruppe mit Abgesandten von Bund und Branche soll zunächst weiter über mögliche Hilfen sprechen. Durch die Coronakrise ist der Autoabsatz stark eingebrochen. Schon nach der Finanzkrise 2009 hatte die damalige Bundesregierung der Branche massiv geholfen, indem sie 5 Milliarden Euro bereitgestellt hatte für AutokäuferInnen, die ihr altes Fahrzeug im Gegenzug verschrotteten.

Anders als damals gibt es gegen solche Geschenke heute breiten Widerstand. Der Autogipfel wurde flankiert von Protesten gegen eine neue Abwrackprämie. Zwischen Bundestag und Bundeskanzleramt demonstrierten AktivistInnen von Fridays for Future, Umweltgruppen sowie der Kampagnenorganisation Campact unter anderem mit Fahrradklingelkonzerten. „Kein Geld für Gestern“, hieß es auf Transparenten. Auch vor Fabriken großer Autohersteller in Stuttgart, München und Wolfsburg gab es Proteste. Einer repräsentativen Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey zufolge sind 61,8 Prozent der BürgerInnen gegen eine neue Abwrackprämie.

61,8 Prozent der BundesbürgerInnen sind gegeneine neue Abwrackprämie

Im Vorfeld des Gipfels hatten Automanager einen Bonus auch für konventionelle Autos gefordert. Die Ministerpräsidenten der Autoländer Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen verständigten sich am Montag auf eine gemeinsame Linie. Sie fordern eine Prämie, die zwar nach Umweltaspekten gestaffelt, aber auch für Autos mit Benzin- oder Dieselantrieb gezahlt werden soll. Mit dem baden-württembergischen Regierungschef Winfried Kretschmann hat sich dabei auch ein führender Grüner für eine Prämie für Verbrenner ausgesprochen. Die Automobilwirtschaft brauche „einen starken Anreiz“, sagte er.

90 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich

Allerdings stoßen die Forderungen nach einer Kaufprämie in der Großen Koalition auch auf Skepsis. In der SPD gibt es Vorbehalte gegen Hilfen, unter anderem, weil die Hersteller zugleich weiter Dividenden an Aktionäre ausschütten und Boni für ManagerInnen zahlen wollen. Auch unter ÖkonomInnen, etwa aus dem Kreis der Wirtschaftsweisen, melden sich kritische Stimmen gegen eine Prämie für konventionelle Autos. Für den Kauf von E-Autos gibt es bereits Zuschüsse vom Staat.

Nach Berechnungen von Greenpeace könnte eine Abwrackprämie wie die von 2009 in den nächsten Jahren zusätzliche C02-Emissionen von rund 90 Millionen Tonnen verursachen. „Wer von der Bundesregierung jetzt mit Prämien zum Diesel- oder Benzinerkauf verleitet wird, schafft sich über Jahre kein abgasfreies E-Auto an“, sagte Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan. „Das bremst die schon heute zu langsame Modernisierung der Produktpalette, schadet dem Klima und verzögert den Ausbau von Alternativen zum Auto.“

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26 Kommentare

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  • Unsere Autobauer haben Geld um Dividenden zu zahlen. Dann haben sie aber auch genug Geld um mit Rabatten ihren Autoverkauf zu steigern. Das bringt dann auch Dividenden, nur eben etwas zeitversetzt.

  • Grundsätzlich sehe ich derzeit eine Kaufpreissubvention für Kraftfahrzeugen nicht als problematisch an. Aber ich meine auch, dass diejenigen Mitkommentatoren, welche Kritik üben, letztlich recht haben, denn man dreht sich damit unter der gegenwärtigen Verfasstheit der wesentlichen Zustände im Kreis. D.h. Vermögenssteuer, Erbschaftsteuer und höhere Löhne wären förderlicher, als eine besondere Kaufprämie, die letztlich wieder in den "Panama-papers" versickert.

  • Ich will mal noch andere Aspekte rausgreifen: der Autobonus macht im Schnitt vielleicht 10 bis 20% des Kaufpreises aus, d.h. ich brauch weiter einen ordentlichen fünfstelligen Betrag. Wenn ich in den nächsten Monaten zwingend ein neues Auto brauche, werde ich mir evtl. ein kleineres Modell nehmen oder eins mit weniger Extras. Die Hersteller würden genausoviel Autos verkaufen wie mit Prämie, aber eben andere mit weniger Umsatz. Ihr Steuerzahler ermöglicht mir also mein Wunschauto oder sogar ein höherpreisiges Modell. Oder werden dann Autos gekauft, obwohl es noch nicht notwendig wäre? Und 65% der Neuzulassungen sind Firmenwagen. Also werden auch diese Unternehmen vom Steuerzahler gesponsort: vom Kleinwagen in der Pflege bis zum Außendienstler-Audi/-BMW und Vorstands-Mercedes. Die Prämie überzeugt nicht.

  • es ist schon ein zeichen der kapitulation, wenn man sagt, man gibt der autoindustrie ordentlich viel geld, um so die wirtschaft anzukurbeln.



    also: unsere deutsche autoindustrie, too big to fail, der motor unseres wohlstands. auch der motor unserer akuten probleme, aber lieber wohlstand. und anstatt mal etwas daran aendern zu wollen, dass man diesen zu grossen daemonen etwas kleiner bekommt, fuettert man ihn immer weiter an. fuer unseren wohlstand, und damit nicht sonst alle afd waehlen.



    so als ob man immer nur bergab gerollt ist, weil es so schoen einfach ist, und obwohl man weiss, man muss wieder zurueck nach oben und sich dafuer auch anstrengen, laesst man immer weiter rollen.



    diese ganze einstellung hat etwas abstossendes.

  • So wäre "Förderung" sinnvoll:

    Für E-Autos und generell sollte Strom aus Solarenergie von der EEG-Umlage freigestellt werden, wenn die Anlage auch auf keine EGG-Mindestvergütung bekommt. Dazu vereinfachte steuerliche Regelungen für kleine Dachanlagen.

    Beides wären strukturelle Vereinfachungen, die auch das Interesse an Elektroautos und damit den Absatz der Auto-Industrie mehren würden. Stattdessen zieht man dem Bürger das Geld aus der einen Tasche (z.B. "Solarsteuer" auf Strom vom eigenen Dach ab 10 kW) und steckt es in die andere zurück, wenn der Bürger* dann ein E-Auto kauft, mit dem er/sie den Strom vom eigenen Dach selbst verbraucht.

    • @meerwind7:

      Es gibt keine "Solarsteuer" es ist eine Umlage. Fies ist halt, das wir Kohle mit Steuergeldern Fördern, dies sieht allerdigns der Ottonormalverbraucher nicht auf seiner Rechnung, obwohl sie fast genausogroß ist.



      Und alle beschweren sich über die

    • @meerwind7:

      Ein Auto wiegt aktuell mindestens 1,5 Tonnen. Für die Herstellung eines Autos wird ein Vielfaches an Energie und Ressourcen eingesetzt.



      Kann das angesichts der Umweltzerstörung, Massensterben und der Klimaerhitzung vernünftig sein?



      Wobei ich annehme, dass mit einem Auto zumeist eine Person und das zumeist aus Bequemlichkeit befördert wird und sonst ungenutzt herumsteht.



      Also meine Einschätzung ist, dass E-Autos an einer benötigten Lösung vorbei gehen. Sogar aus sozialer, linker Perspektive sind Autos eine Sackgasse. (Neue) Autos können sich nur Wohlhabende leisten.

      • @Uranus:

        Also müssen wir wohl oder übel einen Lotus Elise kaufen, der wiegt nur 798 Kilogramm und ist auf der aktuell ziemlich freien Autobahn trotzdem in 4,5 Sekunden auf 100 km/h, dank 220 PS Motor von Toyota.

        Außerdem leisten wir mit dem Kauf britischer Produkte einen Teil zur europäischen Völkerverständigung.

        • @Sven Günther:

          "In Großbritannien wird vorerst weiterhin eine Version der Elise S3 mit 142 kW (192 PS) und 162 kW (220 PS) angeboten, die jedoch in Deutschland aufgrund einer Gesetzesänderung bei Abgaswerten keine Neuzulassung mehr bekommen würde und daher in Deutschland ab Januar 2011 nicht mehr verkauft wird." (wikipedia)



          ;) Hab bloß spaßeshalber geguckt weil der Lotus wo hier rumfährt, den Bildern zufolge so einer ist, vermutlich "nur" mit 136 PS, was auch reicht zum sportlichen Fahren...



          Die ersten Porsche 911 hatten ne Tonne+ und 130 PS.



          @Thema; wir sollten uns mit "weniger Autoeigentum" auseinandersetzen und da ist so ne Prämie eh für die Tonne. Von dem anderen Gründen mal abgesehen haha...

  • Mal etwas grundsätzliches

    Durch die Maßnahmen gegen Covid19 haben viele hohe Einkommenseinbußen (bis zu 100%) hinnehmen müssen. Besonders die Konten von Normal bis geringverdienern sind leer oder Überzogen. Daraus resultiert für die nähere Zukunft eine Rezession.

    Statt sich nur auf Autohersteller zu konuzentrieren könnte man eine allgemeine Bürgerprämie auszahlen, damit der Umsatz der Wirtschaft nicht einbricht. Damit sind alle Vermögens- und Einkommensgruppen beteiligt, und nicht nur die, die 20.000 und mehr übrig haben. Außerdem könnten die dann nach familiärer Priorität Haushaltsgeräte, Kleidung etc anschaffen, oder die aufgelaufenen Schulden begleichen. Man kölnnte auch Fahrrad oder ÖPNV Jahreskarten anschaffen, oder Reparaturen durchführen lassen.



    Das gute daran ist, dass es eine wesentlich größere Breitenwirkung gibt, also auch kleinere Geschäfte oder Handwerker einen stabilisierten Umsatz haben.

    • @Martin_25:

      Find ich richtig.

    • @Martin_25:

      Das hätte aber auch den Haken, dass das meiste Geld am Ende bei Amazon landet. Die Steuereinnahmen gehen dann gegen 0 oder in andere Länder. Dies müsste zumindest verhindert werden.



      Aber generell bin ich kein Freund davon den Konsum anzukurbeln, indem Geld "verschenkt" wird.



      Allerdings finde ich es beschähmend, dass wir diesen Niedrigverdienstsektor in Deutschland haben und dies nicht von der Politik angegangen wird.



      Gerechte Löhne für Arbeit würde viele Probleme lösen. Dies Ansatz wäre mir lieber, als Geld zu verschenken nur des Konsums willens.

  • Erstmal sollte die Autoindustrie ihre Tochterfirmen in den Steueroasen der schließe und brav hier alle alle Steuern zahlen.



    Dann alle Kunden die im Abgas-Skandal betrogen wurden vernünftig entschädigen.



    Weiterhin E Autos zu erschwinglichen Preisen anbieten.



    Dann gibt es eine verhandlungsgrundlage.

    • @3009nico:

      "Weiterhin E Autos zu erschwinglichen Preisen anbieten"

      Warum das denn?

  • Ich finde die Einwände sehr einseitig. Warum sollte sich Herr Kretschmann schämen? Seit wann dürfen grüne Politiker nicht die deutsche Wirtschaft -insbesonere in Zeiten wie diese- unterstützen? Sind E-Autos sooo viel besser und umweltfreundlicher als herkömmliche? Wer das behauptet, der sollte sich vielleicht besser informieren. Was ist mit den armen Menschen, die uns mit den seltenen Erden versorgen? Wie sieht die CO2-Bilanz bei der Herstellung der Autos, Herstellung der Kraftstoffe bzw. des Stroms bei Verbrenner und der E-Autos aus? Wer hat die Möglichkeit jeden Tag sein Auto an der eigenen Großstadtwohnung mit Strom zu versorgen. Wer fährt 200.000 km mit dem selben Auto? Das sind doch alles noch Zukunftsmodelle, die mit der heutigen Realität sehr wenig gemeinsam haben. Und das Geschwätz von den Pseudo-Umweltschützern kann mittlerweile ein Mensch mit Realitätssinn nicht mehr hören/lesen. Tut mir sehr leid, aber ich kann euch nur raten mal langsam aufzuwachen und nicht immer mit dem "Strom" zu laufen!

    • @Aloisius:

      "Sind E-Autos sooo viel besser und umweltfreundlicher als herkömmliche?"



      Eben nicht. Nur etwas besser. Deshalb sollte es auch keine zusätzliche Förderung geben, für keine Autos.

    • 9G
      90946 (Profil gelöscht)
      @Aloisius:

      Von einem grünen Politiker sollte man erwarten dürfen, dass er die Wirtschaft dort unterstützt, wo sie zukunftsfähig ist.



      Das ist die Autoindustrie, wie wir sie bisher kennen, nicht.



      Vielleicht auch der E-Individualverkehr (aus den von Ihnen erwähnten Gründen) nicht.



      Wer 200.000 km mit demselben Auto fährt?



      Hoffentlich fahren überhaupt immer weniger so viele km mit dem Auto!

    • @Aloisius:

      "... Realitätssinn ..."

      Alternative [1] realität?

      Sorry. Realität ist die Klimaerwärmung. Die Spekulationen der Autolobby werden uns in zwanzig Jahren nicht ernähren.

      Wachen Sie mal auf und schwimmen Sie mal gegen den "Diesel".

      [1] en.wikipedia.org/wiki/Kellyanne_Conway

  • Staatliche Subvention für Fehlentwicklungen und Sackgassen.



    Aus dem Kohledebakel nichts gelernt: man hält tote Pferde im Rennen, weil irgendwer mal drauf gewettet hat.

    • @Mitch Miller:

      Naja -- da ist Geschäft dahinter: solange das tote Pferd läuft kann ich versuchen, meine Wettscheine zu verticken.

      Dumm nur, dass die Politiker*innen, deren Job es wäre, das Allgemeinwohl im Auge zu behalten diesen Partikulärinteressen so zugeneigt sind.

  • Wer die Autoindustrie kaputtgehen lässt, treibt der AfD Wähler in Massen zu 2021! Entweder oder....

    • @MEYER_Kurt:

      Es gibt wesentlich mehr Handwerker und Mitarbeiter in Kleinbetrieben als Mitarbeiter in der Autoindustrie. Da sind die Massen zu finden. Wenn die Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen nicht bald eine Kompensation für die Verluste durch die Coronamaßnahmen bekommen bricht der Umsatz zusammen, und dann kauft erst recht niemand mehr neue Autos, weil niemand sie sich mehr leisten kann.

    • @MEYER_Kurt:

      Die machen sich doch gerade selbst kaputt. Warum? Weil das für die Anteilseigner der einträglichste Pfad ist:

      Sie wissen, dass Wachstum demnächst zu Ende ist. Zum einen laufen wir da auf eine Grenze zu (zunehmende Verstädterung; Umweltbelastung; zunehmende soziale Ungleichheit etc.); zum anderen drängen andere Akteure in den Markt, zum dritten wird die Umstellung an Elektroantrieb die Herstellung in ihrer Arbeitsintensität etwa durch drei teilen.

      Diese Industrie wie wir sie kennen hat fertig.

      Was bleibt denen? Die Zitrone noch um ihrer letzten drei Tropfen auszuquetschen. Vor diesem Hintergrund sollten wir Dieselskandal, die plötzliche Beliebtheit von SUVs und die scheinbar fröhliche offene Korruption sogar sich grün schimpfender Politiker sehen.

      Und von mir aus auch (teile der) AfD.

    • @MEYER_Kurt:

      Wenn die "kaputtgehen", wie kommt es dann, dass sie noch Boni und Dividenden ausschütten?

  • Herr Kretschmann sollte sich schämen...

    • @Ariel:

      weder grün noch führend