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Abstruse FDP-Idee zum KlimaschutzZynisch und unsinnig

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Menschen als Tauschware gegen Klimaschutz-Hilfsgelder? So klingt ein Vorschlag vom FDP-Fraktionschef, der aber schon technisch keinen Sinn ergibt.

Noch mal scharf nachdenken, bitte, Christian Dürr Foto: Kay Nietfeld/dpa

W ie zynisch geht es noch? FDP-Fraktionschef Christian Dürr will Ländern Klimaschutz-Hilfsgelder zahlen, falls sie kooperieren, wenn Deutschland ihre Bür­ge­r:in­nen nach einem erfolglosen Asylgesuch abschieben will. „Wer seine Landsleute zurücknimmt, erhält im Gegenzug Unterstützung, etwa bei der Produktion von klimaneutralen Kraftstoffen für Autos in Deutschland“, sagte der Politiker der Bild in einem Interview.

Menschen als Tauschware? Das ist abscheulich und soll wohl bisherige AfD-Wähler:innen für die FDP begeistern, deren Zustimmungswerte sich seit der Bundestagswahl fast halbiert haben. Aber auch mit dem, was Dürr als Tauschwert anbieten will, stimmt so einiges nicht. Die meisten Menschen, deren Asylgesuche Deutschland zuletzt abgelehnt hat, kamen laut Bundesregierung aus Ländern wie Georgien, Albanien, Serbien, Moldau oder Pakistan – denen ohnehin Klimaschutz-Hilfsgelder aus Deutschland zustehen.

Das ergibt sich nicht aus dubiosen Abschiebungsdeals, sondern aus der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen von 1992. Darin ist festgehalten, dass Industrieländer andere Staaten finanziell und technologisch beim Klimaschutz unterstützen müssen. Der Hintergrund: Länder wie Deutschland sind zahlungskräftig und haben den Klimawandel hauptsächlich verursacht. Insgesamt 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr hatten sie ab 2020 versprochen – eine Summe, die bis heute nie zusammengekommen ist.

Hinzu kommt, dass Dürr offenbar vor allem Klimaschutzprojekte unterstützen will, die wiederum Deutschland zugutekommen – und dann auch noch den deutschen Autos. Das ist nicht nur unverschämt, sondern auch noch technologisch Quatsch. Synthetische Kraftstoffe, mit denen man Verbrennungsmotoren CO2-neutral nutzen kann, helfen vielleicht im Luft- oder Schiffsverkehr. Autos fahren aber viel effizienter mit Batterien. Dass die FDP die deutsche Autoindustrie mit ihrem Faible für fossil betriebene Großwagen retten will, hat mit Klimaschutz nichts zu tun.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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15 Kommentare

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  • @SOLLNDAS

    "Heute fahren E-Autos überwiegend mit Kohlestrom"

    * Falsch. Der Strommix betrug in DE 2022 51% aus Erneuerbaren [1]. Tendenz steigend

    "Strombedarf und Ökostromangebot nur in Ausnahmefällen übereinstimmen"

    * Auch falsch. Gerade Batterien aufladen ist ein "Speicherprozess" (wie Wärme, etc.) der sich etwa anpassen kann

    "Wasserstoff wegen seiner geringen Energiedichte (ca. 30 % der Energiedichte von Methan) nicht in ausreichenden Mengen gelagert werden kann."

    Auch falsch. Es gibt bereits H2-betriebene Fahrzeuge. Gerade für grosse Fahrzeuge und (erst recht wegen der höheren Energiedichte von H2 [1]) für Flugzeuge ist das momentan die versprechendere Option.

    [1] Sie müssen wissen, Energiedichte können Sie pro Volumen oder pro Gewicht berechnen. Den Rest überlasse ich Ihnen als Übung.

    • @tomás zerolo:

      "Der Strommix..."



      Ja, der Strommix. Aber E-Autos fahren nicht mit dem Strommix, sondern erzeugen einen ZUSÄTZLICHEN Stromverbrauch. Der muss, da kein Überschuss an Erneuerbaren vorhanden ist, von Fossilen aufgebracht werden. Und deshalb ist es mit den CO2-Emissionen bestenfalls (!) ein Nullsummenspiel.



      "...der sich etwa anpassen kann."



      Radio Eriwan: Im Prinzip ja. Wenn Sie z.B. Ihr E-Auto im Sommer aufladen und im Winter damit fahren. Sie können sich ausrechnen, wie weit Sie damit kommen :-)



      "Energiedichte können Sie pro Volumen oder pro Gewicht berechnen."



      Sie werden staunen, das weiß ich. Und Sie können Wasserstoff komprimieren oder tiefkühlen wie Sie wollen, Sie kommen niemals auch nur entfernt an die Energiedichte von Kohlenwasserstoffen ran, weder an die volumetrische noch an die gravimetrische (Masse des Drucktanks bitte nicht vergessen!), wenn's technisch handhabbar sein soll.



      [1] de.wikipedia.org/w...chten_im_Vergleich

  • "...technologisch Quatsch. Synthetische Kraftstoffe... Autos fahren aber viel effizienter mit Batterien."



    Das ist vollkommener Quatsch. Man muss nur mal überschlägig die Wirkungsgradkette durchrechnen. Heute fahren E-Autos überwiegend mit Kohlestrom, und eine kWh aus Kohle ist auch noch CO2-"haltiger" als eine kWh aus Kohlenwasserstoffen. Und wenn es keinen Kohlestrom mehr geben sollte, müssten sie mit rückverstromten E-Fuels fahren, da (a) Strombedarf und Ökostromangebot nur in Ausnahmefällen übereinstimmen und (b) Wasserstoff wegen seiner geringen Energiedichte (ca. 30 % der Energiedichte von Methan) nicht in ausreichenden Mengen gelagert werden kann.



    Ansonsten schließe ich mich den Ausführungen von @LiberalerUnterZecken an.

  • Dem FDP-Politiker Dürr geht es vor allem um die Produktion von klimaneutralen Kraftstoffen für die Autos in Deutschland.

    Während diese FDP-Politik weiterhin auf Individualverkehr mit PS-Porno setzt und den Raubbau an den Ökosystemen dieses Planten weiter fortführt, bringt sie die deutsche Wirtschaft weiter in Abhängigkeit von anderen Ländern.

    Der Deal mit anderen Staaten, bei uns abgelehnte Asylsuchende zurückzunehmen, ist im Detail brisant, und ansonsten blanker Populismus.

    Diese Partei hat für die drängen Fragen der Zukunft wirklich keine Antworten und sollte bei den nächsten Wahlen dorthin gelangen, wo sie hingehört, weit unter die 5%-Marke.

  • habe seit 8 jahren ein e-auto und betanke es zu 90 % mit meiner fotovoltaikanlage vom dach das kostet nichts und ist zuverlässig und die fotovoltaik hat sich längst rentiert.als nächstes kauf ich mir ein bidirektinal ladbares e-auto dann kann ich strom aus der autobatterie den ich nicht zum fahren brauch im haus für die wärmepumpe waschmaschine herd usw. verbrauchen.es gibt inzwischen günstige e-autos wie den dacia spring und ein china-kleinwagen für 8000 bis 15000 euro ,batterien die nicht entzündlich sind und an leichten billigen ,aus umweltfreundlichen rohstoffen wird welt weit und vor allem in der eu geforscht.

    • @prius:

      Mein Deutsch Lehrer wäre erschüttert.



      Diese Bandwurmsätze ohne Punkt und Komma.



      Und auch keine Absätze und Struktur.

  • Autos fahren vor allem effizient mit Batterien, die mit Braunkohlestrom betankt werden. Von den seltenen Erden, die Mithilfe von Kinderarbeit aus der Erde geholt werden ganz zu schweigen. Elektroautos sind technisch völliger Schwachsinn. Auf Autofähren darf man schon nicht mehr drauf, weil die Dinger gerne mal spontan abfackeln. Die bigotte Moralornanie von einigen Leuten mit grünem Etikett, die in Wahrheit nur reine Lobbyarbeit ist, kotzt mich an. Klimaneutrale Autos wird es nur über Verbrenner geben E-Fuels oder Wasserstoff. Auch Batterien sind von Verbrennern gespeist ( in der Ideologie H2), da ansonsten nur der Strom verwendet werden könnte der gerade im Moment produziert wird. Bei Solar und Wind in der Dunkelflaute ( praktisch kompletter November) also keiner…

  • Das ist wirklich völlig unverständlich. Länder haben ihre Landsleute bei abgelehnten Asylbegehren ohne jede Gegenleistung wieder aufzunehmen.

  • Wie sich diese Dumpfbacken das vorstellen, mit den e-Fuels für die Tanks ihrer Porsches:

    "Die zwei Tankschiffe, die die Jahresproduktion von 550 Millionen Litern nach Europa transportieren, könnten auf ihrem Weg etwa 40 Tankern begegnen, die Erdöl nach Chile bringen."

    Ich sage ja immer: Europäische Werte bestehen vor allem aus Wertpapieren. Für diese Partei gilt das verschärft.

    Der Zusammenhang zur AfD, der im Artikel hergestellt wird, geht auch tiefer: in der Weimarer gab es zwei liberale Parteien.

    [1] www.kontextwochenz...chwindel-8638.html

  • Traurig genug, dass es nötig ist überhaupt die Kooperationsbereitschaft in dieser Sache zu fördern. Für jeden Staat existiert die völkerrechtliche Pflicht eigene Staatsbürger wieder aufzunehmen, ob es dem Staat gefällt oder nicht. Hat Deutschland ja auch mit den IS-TerroristenInnen mit deutschem Pass gemacht, die in Syrien gekämpft hatten.

    • @Hector Savage:

      "Hat Deutschland ja auch mit den IS-TerroristenInnen mit deutschem Pass gemacht, die in Syrien gekämpft hatten."

      Nö genau das hat die Bundesrepublik eben nicht gemacht.

      Die Kämpfer versauern weiter in den Lagern der Kurden und haben auch schon Nachwuchs.

      Nach Deutschland kamen nur die "Hausfrauen", kaum/keine Kämpfer/innen.

      Darauf können sich auch andere Länder berufen und sagen "wir machen das auch so und nehmen nur auf wer freiwillig zurück kehrt" ;-)

    • @Hector Savage:

      Stimmt! Da hilft nur Druck. Keine Business mehr mit solchen Staaten. Ganz schnell werden die einlenken.



      Aber hier gibt es einfach zu viele Weicheier.

  • Das war das innenpolitische Schlusslicht der Woche, kann man sich nicht ausdenken, und dieser Mann ist Fraktionsvorsitzender einer Regierungspartei. Schon heute liegen viele der Fluchtgründe vom Fall der Ukraine einmal abgesehen direkt oder indirekt im Klimawandel, absehbar werden es alle sein. Nicht darauf zu reagieren oder es für eine Option zu halten multipliziert die Vertreibung von morgen.

  • "Menschen als Tauschware? Das ist abscheulich und soll wohl bisherige AfD-Wähler:innen für die FDP begeistern"



    Nicht nur. Die (in der FDP) sind ticken so. Das ist nichts Neues. Auch der Imperialismus der da unterschwellig mitschwingt steckt im Blut der FDP`ler. In der Vergangenheit war uns ist es eben am einfachsten Geld mit Abhängigkeit und mit Ausbeutung zu verdienen. Wer das in der Privatwirtschaft auch nicht schafft geht eben als Teil der FDP ins Parlament. Dieser Herr ist Wirtschaftswissenschaftler (Diplomökonom)! der Welt entrückt - verzückt - verzwickt - wo kommt nur all das schöne Geld nun her?

    • @Sonnenhaus:

      Wo sind denn hier die Menschen Tauschware?

      Tauschen heißt gegenseitiges Geben und Nehmen.

      Hier werden Menschen und Geld gegeben.

      Getauscht wird Kooperationsbereitschaft.