Abschiebung von Spanien nach Iran: Flucht in die EU doppelt gescheitert
Aus politischen Gründen floh der kurdische Iraner Mohamed Rahmatinia nach Spanien. Am Freitag wurde er abgeschoben, sein Asylantrag abgelehnt.
„Es bestehen gute Gründe, um seine Sicherheit zu fürchten“, erklärte die Präsidentin des katalanischen Parlaments, Anna Erra, am Donnerstag in einem Schreiben an den spanischen Innenminister, den Sozialisten Fernando Grande-Marlaska. Dieser reagierte nicht. Die Gefahr, dass Rahmatinia jetzt bei seiner Ankunft sofort verhaftet und eingesperrt wird, ist groß.
Der 26-Jährige, der nach einer Verurteilung zu 15 Jahren Haft auf Bewährung frei ist, gehört der Demokratischen Partei Kurdistan- Iran (DPK-I) an. Er habe unter anderem, so seine Angaben in einem Telefoninterview, das das baskische Nachrichtenportal NAIZ mit ihm führen konnte, Peschmergas – kurdischen Kämpfern – geholfen, die irakisch-iranische Grenze zu überqueren, um im iranischen Teil Kurdistans Propagandaaktionen abzuhalten. Außerdem habe er an mehreren Protestaktionen der Bewegung teilgenommen, die in Iran entstand, nachdem die junge Kurdin Jina Mahsa Amini wegen eines schlecht sitzenden Kopftuchs verhaftet worden und am 16. September 2022 im Polizeigewahrsam verstorben war.
„Frau, Leben und Freiheit“
Jina Mahsa Aminis Tod löste eine in der Geschichte der Islamischen Republik einzigartige Protestwelle aus, die sich unter dem Motto „Frau, Leben, Freiheit“ über das ganze Land ausbreitete. Das Regime reagierte mit brutaler Repression auf die Bewegung gegen das Tragen des Schleiers. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass mehr als 600 Menschen ihr Leben verloren haben und Tausende festgenommen und gefoltert wurden. Mehrere Demonstranten wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Es war der Jahrestag des Todes von Jina Mahsa Amini, der Rahmatinia zur Flucht nach Europa bewegte. Ende August wurden seine Schwiegereltern von Revolutionsgardisten aufgesucht. Die islamistischen Paramilitärs fragten nach ihm. Rahmatinia floh mit Frau und Sohn mit falschen Papieren und kam am 2. September auf dem Flughafen Prat in Barcelona an. Er stellte sofort einen Asylantrag, der abgelehnt wurde. Die junge Familie durfte zu keinem Zeitpunkt seitdem den Flughafen verlassen.
Bereits im Jahr 2021 abgeschoben
Es ist nicht das erste Mal, dass Rahmatinia und Frau Zeinab versuchten, in die Europäische Union (EU) zu gelangen. 2021 gelangten sie von Iran in die Türkei von dort nach Serbien und anschließend nach Rumänien. Ihr Ziel war Deutschland. „Wir zogen 50 Tage umher und wurden schließlich von Rumänien aus abgeschoben“, erklärt Rahmatinia in besagtem Telefoninterview. Rahmatinia wurde sofort verhaftet und wenige Monate später zu 15 Jahren Haft verurteilt. Davon saß er sechs Monate ab, seither ist er auf Bewährung frei.
Jetzt drohen ihm, so befürchtet sein Anwalt Jordi Naya, erneut Haft und Misshandlung. „Politische Asylbewerber können oft keine Beweise für ihre gefährliche Situation im Herkunftsland vorlegen, aber die Verurteilung von Mohamed und seine jüngsten Aktivitäten des zivilen Ungehorsams im Iran sind Grund genug, zumindest den Antrag zuzulassen“, sagt Naya. Er hatte alles versucht, eine einstweilige Verfügung gegen die Abschiebung zu erhalten. Vergebens.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau