Abschiebung nach Afghanistan: Niemand muss Abschieben helfen
Brandenburg organisiert einen Abschiebeflug ins Kriegsgebiet. Laut Grünen ist der Bund verantwortlich. Doch sie könnten selbst einiges dagegen tun.
N ur ein Zaun und ein paar eilig vor dem Terminaleingang geparkte Polizeiautos trennt am Mittwochabend die Demo am Ende von dem Abschiebeflugzeug. Es ist die erste von Brandenburgs rot-schwarz-grüner Koalition organisierte Sammelabschiebung nach Afghanistan. Mit eigenen Augen sehen die Demonstrant*innen am BER, wie ein Mensch nach dem anderen in das Flugzeug gebracht wird, das kurz darauf losfliegt. Ziel: Kabul, Hauptstadt eines der gefährlichsten Länder der Welt.
„Schämt euch, schämt euch“, schallte es wütend aus der Demo in Richtung der beteiligten Polizist*innen. Scham und Wut mögen auch Demonstrant*innen selbst empfunden haben darüber, dass die Behörden aus der eigenen Gesellschaft heraus Menschen in sichere Lebensgefahr und einen möglichen Tod schicken – und dass die am Rand der Demonstration unternommenen Blockadeversuche gescheitert sind.
Beschämend wirken auch Versuche aus der Politik, die Verantwortung für die Abschiebung von sich zu weisen. Ganz besonders von Parteien in Regierungsverantwortung, die eigentlich für den Schutz von Menschen eintreten wollen. „Es macht in dem Fall leider wenig Unterschied, ob die Abschiebung von Brandenburg oder aus einem anderen Bundesland organisiert wird“, sagte etwa Brandenburgs Grünen-Chefin Julia Schmidt bei Radioeins. „Die Entscheidung, dass abgeschoben wird, trifft der Bund“, der entscheide auch darüber, welches Bundesland wie viele Menschen abschiebt. Weiter sagte sie: „Wir stellen das Flugzeug, aber wir können als Land leider nicht entscheiden, dass wir nicht nach Afghanistan abschieben wollen.“
Politik hat Handlungsspielraum
Doch das ist falsch. Wer Verantwortung hat, hat auch Ermessensspielraum. Die Ausländerbehörden in den Kommunen stehen unter Aufsicht des Landes, Brandenburgs Innenministerium kann Anwendungshinweise erlassen, die die konkrete Umsetzung der vom Bund erlassenen Aufenthaltsgesetze regeln. Aus Baden-Württemberg gibt es ein Gerichtsurteil, das Abschiebungen nach Afghanistan dort derzeit verbietet – darauf könnten sich auch andere Bundesländer berufen.
Selbst bei der Bereitstellung eines Flugzeugs gibt es Spielräume: Brandenburg beauftragte damit eine Charterfluggesellschaft – bei denen ist es sehr viel unwahrscheinlicher als bei Linienflügen, dass der*die Pilot*in und die Crew sich weigern, an der Abschiebung mitzuwirken. Und schließlich – wenn die Politik die Abschiebung schon nicht selbst aktiv verhindern will: Ein paar mehr Informationen im Vorfeld darüber, wie die Menschen zum Flughafen gebracht werden, hätten der Zivilgesellschaft dabei helfen können, das Boarding oder den Flug tatsächlich zu blockieren.
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