Sicherheitslage in Afghanistan: Abschiebeflug findet nicht statt
Laut Bundesinnenministerium ist eine für diese Woche geplante Sammelabschiebung nach Afghanistan verschoben worden. Die Sicherheitslage sei zu angespannt.

Hebt nicht ab: Abschiebeflug in die Gefahr Foto: Arnulf Hettrich/imago
KABUL dpa | Eine für diese Woche geplante Sammelabschiebung nach Afghanistan ist nach Angaben des Bundesinnenministeriums verschoben worden. Der für Dienstag angesetzte Abschiebeflug könne nicht stattfinden, da die afghanischen Behörden um den 1. Mai herum die Notwendigkeit verstärkter Sicherheitsmaßnahmen sehen würden, teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Montag auf Anfrage mit. Dadurch würden sich in Kabul und auch am Flughafen logistische Beschränkungen für die lokalen Behörden ergeben.
Die Übernahme der ankommenden Rückzuführenden sei so im Zeitraum zwischen dem 1. und dem 6. Mai 2021 nicht möglich, hieß es weiter. Der Grundsatz des Innenministeriums zu Abschiebungen nach Afghanistan bleibe aber weiter unverändert.
Nach einer mehrmonatigen Pause wegen der Corona-Pandemie waren Abschiebeflüge nach Afghanistan im Dezember 2020 wieder aufgenommen worden. Seither hatte es jeweils am Monatsanfang eine Sammelabschiebung nach Kabul gegeben. Seit dem ersten derartigen Flug im Dezember 2016 haben Bund und Länder 1.035 Männer nach Afghanistan zurückgebracht.
Beobachter befürchteten rund um den 1. Mai und in weiterer Folge eine Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan. Das Datum markiert den offiziellen Beginn des Abzugs der internationalen Truppen aus Afghanistan. Die rund 10.000 verbliebenen US- und Nato-Soldaten, darunter rund 1.100 aus Deutschland, sollen bis spätestens 11. September das Land verlassen. Mittlerweile ist auch ein Abzug bis 4. Juli im Gespräch.
Mehrere Taliban-Angriffe im Westen des Landes
Die Gewalt in dem Land dauert trotz laufender Friedensgespräche zwischen den militant-islamistischen Taliban und Vertretern der afghanischen Republik weiter an. Bei mehreren Taliban-Angriffen im Westen des Landes wurden am Montag mindestens 15 Sicherheitskräfte getötet.
Mindestens sieben Soldaten starben lokalen Behördenvertretern zufolge bei einem Anschlag auf einen Außenposten der Armee in der westlichen Provinz Farah. Die Islamisten hatten demnach einen Tunnel zu dem Posten gegraben und darunter Sprengstoff gelegt. Die Taliban bekannten sich zu dem Anschlag.
Unterdessen griffen mehr als 100 Taliban-Kämpfer in der Nacht zum Montag den Bezirk Farsi in der Provinz Herat an und zündeten zwei Autobomben. Dabei seien nach Angaben örtlicher Sicherheitsbeamter mindestens acht Sicherheitskräfte getötet und mindestens vier weitere verletzt worden.
Lokalen Behördenvertretern zufolge griffen Taliban-Kämpfer in den vergangenen zwei Tagen auch den Sicherheitsgürtel rund um die Hauptstadt Laschkargah der Südprovinz Helmand. Am Sonntag hatten US-Spezialkräfte eine Basis in der Provinz an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben.
Leser*innenkommentare
Nina Janovich
Die UN zählt Afghanistan auch 2021 zu den tödlichstes Ländern für Zivilist:innen - weltweit. 2014-2019 gab es jährlich etwa 10.000 zivile Opfer (Verletzte + Todesfälle) durch Taliban Angriffe oder durch Militäroperationen der Regierung und den USA und ihren Alliierten in Afghanistan. Besonders hoch war die Zahl ziviler Opfer seit 2016 - genau in dem Jahr also, als Deutschland Afghanistan für sicher erklärte (in eklatantem Widerspruch zu den Lageberichten des Auswärtigen Amtes) um erneut nach Afghanistan abschieben zu können. Die Abschiebungen nach Afghanistan dienten allein dem Zweck, die ab 2015 laut werdende Minderheit rassistischer und generell Flüchtlingsfeindlicher Hetzer (als potentielle Wähler:innen die dann offensichtlich aber doch lieber weiter AfD wählten) zu bedienen - auf Kosten von Menschenleben und auf Kosten des Rechtsstaates, der mit den Abschiebeerlassen willkürlich populistischen Anweisungen folgt und dabei fortgesetzt verbindliches internationales Recht bricht, insbesondere das Verbot von Abschiebungen in kriegerische Konflikte.
unama.unmissions.o...arter_2021_2_0.pdf
Suryo
@Nina Janovich Wussten Sie, dass die an elf Landesregierungen beteiligten Grünen Abschiebungen nach Afghanistan okay finden? In Hessen haben sie absolut kein Problem damit.