Abgestürzter Präsident des Iran: Keine Trauer um Raisi
Bundestagsabgeordnete sprechen sich gegen Beileid für den verunglückten Präsidenten des Iran aus. Mitleid müsse den politischen Gefangenen gelten.
Indirekt wandten sich die Parlamentarier*innen damit auch gegen den Kurs der deutschen Bundesregierung, die offiziell kondoliert hatte. Im Kondolenzschreiben des Bundeskanzleramts, welches zwei Tage nach dem Unglück verschickt wurde, heißt es in dürren Worten: „Unser Beileid gilt der Regierung der Islamischen Republik Iran und den Familien der beim Absturz Getöteten.“
In Social-Media-Posts schrieben die Abgeordneten am Dienstagmorgen: „Von uns gibt es kein Beileid für Raisi.“ Die Aufmerksamkeit müsse dem Schicksal der politischen Gefangenen im Iran gelten. „Das Regime darf die öffentliche Ablenkung nicht nutzen, um die Hinrichtungswelle der vergangenen Wochen zu verschärfen.“
Unter den beteiligten Abgeordneten sind etwa die Linken-Politikerin Martina Renner und die ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner von der CDU. Sie alle haben über die Menschenrechtsorganisation HAWAR Patenschaften für im Iran inhaftierte politische Gefangene übernommen, die von der Todesstrafe oder langer Gefangenschaft bedroht sind.
Raisi war am Sonntag mit einem Hubschrauber im Norden des Iran verunglückt. Die genauen Hintergründe sind nicht ganz geklärt. Bislang wird von einem Unfall ausgegangen.
Zu Lebzeiten war Raisi ein politischer Hardliner. Zwar galt sein Einfluss als Präsident als begrenzt, dennoch war er in zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verstrickt und trug Anteil am immer destruktiveren außenpolitischen Kurs des Iran in den letzten Jahren. Die landesweiten Proteste gegen das theokratische Regime und die Unterdrückung der iranischen Frauen ab 2022 ließ die Regierung Raisis mit brutaler Gewalt niederschlagen.
Als stellvertretender Generalstaatsanwalt war Raisi schon in den 1980er Jahren unmittelbar für tausende Todesurteile gegen politische Gegner*innen verantwortlich gewesen.
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