+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: EU-Staaten einigen sich auf Preisdeckel
Die EU-Staaten haben sich nach Angaben Polens auf einen Preisdeckel für russisches Öl geeinigt. Scholz telefoniert mit Putin und drängt auf eine diplomatische Lösung.
EU-Staaten wollen Preis für russisches Öl auf 60 US-Dollar begrenzen
Die EU will Russland gemeinsam mit internationalen Partnern dazu zwingen, Erdöl künftig unter Marktpreis an Abnehmer in anderen Staaten zu verkaufen. Eine am Freitag von Regierungsvertretern erzielte Absprache sieht vor, zunächst eine Preisobergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel festzulegen, wie unter anderem Estlands Regierungschefin Kaja Kallas am Abend bestätigte. Der Preis von umgerechnet etwa 57 Euro pro 159 Liter würde dann um bis zu 9 Euro unter dem jüngsten Marktpreis für russisches Rohöl der Sorte Urals liegen. Er wird den Plänen zufolge von Montag an gelten.
Um die Preisobergrenze durchzusetzen, soll geregelt werden, dass für russische Ölexporte wichtige Dienstleistungen künftig nur noch dann ungestraft geleistet werden dürfen, wenn der Preis des exportierten Öls die Preisobergrenze nicht überschreitet. Westliche Reedereien könnten mit ihren Schiffen damit weiterhin russisches Öl in Drittstaaten wie Indien transportieren. Auch soll die Regelung für andere wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen, technische Hilfe sowie Finanzierungs- und Vermittlungsdienste gelten.
Die Hoffnung ist, dass die Preisobergrenze zu einer Entspannung an den Energiemärkten führt und Drittländer entlastet. Zudem soll damit auch dafür gesorgt werden, dass Russland nicht mehr von Preisanstiegen für Öl profitiert und damit seine Kriegskasse füllen kann.
Um auf Marktentwicklungen reagieren zu können, sehen die Pläne vor, die Preisobergrenze etwa alle zwei Monate zu überprüfen. Sie soll immer um mindestens fünf Prozent unter einem vom der Internationalen Energieagentur (IEA) ermittelten Durchschnittspreis liegen. Neben der EU sind Länder wie die USA, Großbritannien, Kanada, Japan und Australien bei dem Projekt mit dabei.
Die Preisobergrenze soll das bereits im Juni von der EU beschlossene Öl-Embargo gegen Russland ergänzen. Dieses sieht unter anderem vor, den Erwerb, die Einfuhr oder die Weiterleitung von Rohöl und bestimmten Erdölerzeugnissen aus Russland in die EU zu verbieten. Die Beschränkungen gelten ab dem 5. Dezember für Rohöl und ab dem 5. Februar 2023 für andere Erdölerzeugnisse. Es gibt allerdings einige Ausnahmeregelungen zum Beispiel für Ungarn.
Den Grundsatzbeschluss zur Einführung der Preisobergrenze für russisches Öl hatten die Mitgliedstaaten im Oktober getroffen – nachdem zuvor die Gruppe der führenden westlichen Industrienationen (G7) eine entsprechende Initiative gestartet hatte. (dpa)
Scholz: Truppenrückzug Bedingung für diplomatische Lösung
In seinem ersten Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin seit Mitte September hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf eine möglichst schnelle diplomatische Lösung im Ukraine-Krieg gedrängt. Scholz habe Putin gesagt, dass dazu ein Rückzug der russischen Truppen gehöre, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin zu dem rund einstündigen Telefonat mit. Der Kreml-Chef prangerte hingegen nach Moskauer Angaben die Unterstützung des Westens für Kiew als „destruktiv“ an.
In dem Telefonat habe Scholz die Entschlossenheit Deutschlands betont, „die Ukraine in der Sicherstellung ihrer Verteidigungsfähigkeit gegen die russische Aggression zu unterstützen“, erklärte Hebestreit seinerseits. Scholz verurteilte demnach in dem Gespräch auch die russischen Luftangriffe gegen zivile Infrastruktur in der Ukraine.
Der Kreml erklärte hingegen, Putin habe Scholz gegenüber die militärische Unterstützung westlicher Staaten, darunter Deutschland, für die Ukraine als „destruktiv“ kritisiert. Putin sagte demnach, dass die politische, militärische und finanzielle Unterstützung des Westens für die Ukraine auch dazu führe, „dass Kiew das Konzept jeglicher Verhandlungen vollkommen ablehnt“.
Angriffe auf die Energie-Infrastruktur in der Ukraine seien „angesichts der provokanten Angriffe von Kiew“ „notwendig und unvermeidlich“, so stellt es der Kreml dar.
Moskau-Absage an Scholz und Biden
Der Kreml wies auch Äußerungen von US-Präsident Joe Biden zurück, die denen von Scholz ähnelten. Während eines Staatsbesuchs des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Washington hatte Biden am Donnerstag gesagt, er sei grundsätzlich zu einem Gespräch mit Putin bereit – aber nur, wenn dieser ernsthaft „den Krieg beenden“ wolle. Als Bedingung nannte Biden ebenfalls den Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine.
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte dazu, Moskau sei „sicherlich“ nicht bereit, diese Bedingungen zu akzeptieren. „Die militärische Spezialoperation dauert an“, betonte Peskow unter Verwendung der offiziellen russischen Bezeichnung für den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.
Laut Hebestreit sprachen der Bundeskanzler und der russische Präsident zudem über die globale Lebensmittellage, die infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine besonders angespannt ist. Beide hätten die wichtige Rolle des kürzlich verlängerten Getreideabkommens hervorgehoben. (AFP)
Biden: Derzeit keine Gesprächspläne mit Putin
US-Präsident Joe Biden äußerte, er sei nur offen für ein Gespräch mit Kremlchef Putin, wenn Russland zu einem Ende des Kriegs gegen die Ukraine bereit ist. „Aber Tatsache ist, dass ich keine unmittelbaren Pläne habe, Herrn Putin zu kontaktieren“, sagte Biden am Donnerstag (Ortszeit) im Weißen Haus bei einer Pressekonferenz mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. „Ich bin bereit, mit Herrn Putin zu sprechen, wenn seinerseits tatsächlich ein Interesse besteht und er nach einer Möglichkeit sucht, den Krieg zu beenden. Das hat er bisher nicht getan.“
Biden hob bei Macrons Besuch in Washington die gemeinsame Front gegen Russland hervor. „Heute bekräftigen wir, Frankreich und die Vereinigten Staaten, gemeinsam mit all unseren Verbündeten – unseren Nato-Verbündeten und den G7-Staaten, der Europäischen Union – dass wir so stark wie eh und je gegen den brutalen Krieg Russlands gegen die Ukraine sind“, sagte Biden. Die USA und Frankreich würden weiter zusammenarbeiten, um Russland zur Rechenschaft zu ziehen.
Biden und Macron mahnten, der Westen dürfe nicht nachlassen, dem kriegführenden Kremlchef die Stirn zu bieten. „Putin denkt, dass er den Willen jener brechen kann, die sich seinen imperialen Ambitionen widersetzen, indem er zivile Infrastruktur in der Ukraine angreift, die Energielieferungen an Europa abwürgt, Preise hochtreibt und die Lebensmittelkrise verschärft.“ Dies schade nicht nur den Menschen in der Ukraine, sondern jenen auf der ganzen Welt. Damit werde Putin aber nicht durchkommen, erklärte Biden. (rtr/dpa)
Selenski will religiöse Unabhängigkeit
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski will den Einfluss der russisch-orthodoxen Kirche auf das geistliche Leben in seinem Land stoppen. Die Ukraine müsse ihre Unabhängigkeit auch auf religiösem Gebiet verteidigen, sagte der Staatschef in einer am Donnerstagabend in Kyjiw verbreiteten Videobotschaft. „Wir werden niemals irgendjemandem erlauben, ein Imperium innerhalb der ukrainischen Seele zu bilden.“ Das Moskauer Patriarchat der russisch-orthodoxen Kirche hat traditionell starken Einfluss in der Ukraine und beansprucht dort zahlreiche Heiligtümer.
Auf einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats seien zahlreiche Fakten zu Verbindungen religiöser Kreise mit dem Aggressorstaat Russland zur Sprache gekommen, sagte Selenski. Das Parlament solle nun ein Gesetz ausarbeiten, das religiösen Organisationen Verbindungen zu Einflusszentren in der Russischen Föderation verbiete. Zudem solle die Leitung der ukrainisch-orthodoxen Kirche durch ein Expertengutachten auf Verbindungen zum Moskauer Patriarchat überprüft werden.
Der russisch-orthodoxe Moskauer Patriarch Kirill unterstützt den Krieg von Kremlchef Wladimir Putin gegen das Nachbarland. Die Kirche beruft sich auf den Schutz der russisch-orthodoxen Christen vor den Übergriffen durch ukrainische Nationalisten. Russland wirft der Ukraine zudem vor, auch die Religionsfreiheit einzuschränken. (dpa)
🐾 Am Rande des Imperiums
Dnipro wurde einst zu Ehren von Russlands Zarin Katharina gegründet, später errichtete Stalin dort die größte Raketenfabrik der Sowjetunion. Heute schlagen hingegen die russischen Raketen in der viertgrößten Stadt der Ukraine ein, berichtet taz-Korrespondent Bernhard Clasen aus Dnipro. (taz)
Ermittlungen wegen Terrorismus in Spanien
In Spanien wurden mehrere Briefbomben entdeckt. Eine ging an die ukrainische Botschaft und eine andere den Regierungschef. Das Paket an den spanischen Regierungschef wurde von den Sicherheitsdiensten rechtzeitig entdeckt und neutralisiert. Ähnlich verlief es mit den restlichen Paketen. Nur im Fall der Bombe an den ukrainischen Botschafter in Spanien, Serhí Pohoreltsev, wurde ein Mitarbeiter der Botschaft beim Öffnen leicht verletzt.
Die russische Botschaft in Spanien hat daraufhin „jede Bedrohung und jeden Terroranschlag“ verurteilt. In einer Pressekonferenz am Donnerstag in Madrid erklärte der Sicherheitssekretär Rafael Pérez, dass es sich bei all diesen Briefbomben um einen „ähnlichen und hausgemachten“ Sprengstoff handele. Der Nationale Gerichtshof von Spanien (Audiencia Nacional) ermittelt seit Mittwoch wegen Terrorismus.
Die Briefe sollen aus Spanien kommen und enthalten laut Medienberichten geringe Mengen an pyrotechnischem Material und kleine Metallkugeln. Beim Öffnen wäre also keine Explosion, sondern eher eine Stichflamme ausgelöst worden, schrieben die Zeitung El País und der staatliche TV-Sender RTVE am Freitag unter Berufung auf Polizeikreise. (taz/dpa)
Schweiz sperrt mehr als 7,5 Milliarden Euro russischer Vermögen
In der Schweiz sind seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine im Februar 7,5 Milliarden Franken, umgerechnet etwa 7,6 Milliarden Euro an russischen Vermögenswerten gesperrt worden. Zudem seien 15 Immobilien blockiert, teilte die Regierung am Donnerstag in Bern mit.
Insgesamt sind nach Angaben des Staatssekretariats für Wirtschaft 116 Unternehmen und mehr als 1.200 Einzelpersonen betroffen. Im Zuge der Sanktionen ist es Schweizer Banken verboten, größere Summen von russischen Staatsangehörigen sowie von in Russland niedergelassenen Personen oder Unternehmen entgegenzunehmen. (dpa)
10.000 bis 13.000 tote ukrainische Soldaten
Im Kampf gegen Russland sind nach Angaben eines hochrangigen Beraters von Präsident Wolodimir Selenski bereits bis zu 13.000 ukrainische Soldaten getötet worden. Es gebe offizielle Schätzungen des Generalstabs – „und diese gehen von 10.000 bis 13.000 Toten aus“, sagte Mychailo Podoljak am Donnerstagabend. Selenski werde die genauen Zahlen nennen, „wenn der richtige Moment gekommen ist“.
Der Präsident hatte im Juni gesagt, dass 60 bis 100 ukrainische Soldaten pro Tag getötet und etwa 500 verletzt würden. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu seinerseits sprach im September von gut 5.900 getöteten russischen Soldaten. Es wird davon ausgegangen, dass beide Seiten ihre Verluste geringer angeben, als sie wirklich sind, um die Moral ihrer Soldaten nicht zu beeinträchtigen. Von unabhängiger Seite können die Angaben nicht geprüft werden.
Die USA schätzen, dass seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar mehr als 100.000 Angehörige der russischen Armee getötet oder verwundet wurden. Auf ukrainischer Seite dürften es ähnlich viele Opfer sein, sagte General Mark Milley im vergangenen Monat. (afp)
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