+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: UNO fordert Übergewinnsteuer
Als „unmoralisch“ hat UNO-Generalsekretär Guterres die Gewinne der Energiekonzerne bezeichnet. Russland könnte eine Offensive im Süden starten, sagt das ukrainische Militär.
Russland könnte Offensive im Süden starten
Die russischen Streitkräfte könnten nach Einschätzung des ukrainischen Militärs in der südukrainischen Region Cherson eine Offensive beginnen und versuchen, wieder Dynamik in den Krieg zu bringen. In dem Gebiet habe Russland Truppen zusammengezogen, sagt der ukrainische General Olexij Gromow vor der Presse.
Die Ukraine habe ihre taktische Position um die Stadt Slowjansk im Osten verbessert und zwei Dörfer zurückerobert. Allerdings hätten die russischen Truppen versucht, die Stadt Awdijiwka und das Dorf Pisky im Osten einzunehmen. Die ukrainischen Soldaten seien gezwungen gewesen, auf die Verteidigung der Außenbezirke Awdijiwkas zurückzuweichen. (rtr)
Amnesty kritisiert ukrainische Kriegsführung – Kiew empört
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft der ukrainischen Armee vor, mit ihrer Kriegsführung teils Zivilisten in Gefahr zu bringen. Bei der Abwehr der bereits seit mehr als fünf Monaten andauernden russischen Invasion errichteten die Ukrainer Militärbasen etwa in besiedelten Wohngebieten – darunter auch in Schulen und Krankenhäusern – oder bedienten dort Waffensysteme, heißt es in einem am Donnerstag erschienenen Amnesty-Bericht.
Das Kriegsrecht aber verlange von Konfliktparteien, militärische Objekte so weit wie möglich entfernt von zivilen Einrichtungen zu platzieren, mahnte die Organisation. Amnesty betonte aber auch: „Gleichzeitig rechtfertigen die ukrainischen Verstöße in keiner Weise die vielen wahllosen Schläge des russischen Militärs mit zivilen Opfern, die wir in den vergangenen Monaten dokumentiert haben.“
Während der Bericht von kremltreuen russischen Medien ausführlich thematisiert wurde, zeigte sich Kiew empört. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak warf Amnesty eine Beteiligung an einer russischen Propaganda-Kampagne vor, mit welcher die westlichen Waffenlieferungen gestoppt werden sollen.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar wurden wiederholt Fälle schwerster Verbrechen an Zivilisten öffentlich, für die die Ukraine, aber auch große Teile der internationalen Gemeinschaft, Russland verantwortlich machen. Zu den schockierendsten Fällen zählen etwa der Fund Hunderter Leichen im Kiewer Vorort Butscha oder ein Raketenangriff, der im April fliehende Ukrainer in der östlichen Stadt Kramatorsk traf. (dpa)
Gazprom würde Turbine zurücknehmen – Dokumente fehlen
Der russische Energiekonzern Gazprom würde nach Angaben des Präsidialamtes in Moskau die in Kanada überholte und in Deutschland lagernde Turbine für die Pipeline Nord Stream 1 zurücknehmen. Allerdings seien dafür Dokumente nötig, die bestätigen, dass sie nicht unter Sanktionen fällt, sagt Sprecher Dmitri Peskow vor der Presse. Die Turbine sei von der britischen Niederlassung von Siemens Energy überholt worden. (rtr)
IAEA fordert Zugang zu ukrainischem Kernkraftwerk
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) forderte Zugang zum ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja, das derzeit von russischen Streitkräften kontrolliert wird, um die Anlage auf Gefahrenquellen zu überprüfen. „Wir haben einen brüchigen Kontakt über Datenfernübertragung oder Kommunikationssysteme“, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi der Schweizer Zeitung Tages-Anzeiger. „Aber das funktioniert eben nicht jeden Tag, und wir können uns keine fehlerhafte Kommunikation mit der Anlage in sicherheitsrelevanten Bereichen erlauben.“ Es gebe Hinweise, dass in der Anlage scharfe Munition gelagert werde und dass es Angriffe auf das Kraftwerk gebe. Grossi zufolge zeigten die Konfliktparteien derzeit keine Bereitschaft, sich auf eine Sicherheitszone um Atomkraftwerke und kerntechnische Anlagen zu einigen. (rtr)
🐾 Der taz-Journalist Bernhard Clasen hat ausführlich über den Konflikt um das Atomkraftwerk Saporischschja seit Ende Februar berichtet.
UNO-Generalsekretär kritisiert Energiekonzerne
UNO-Genersekretär António Guterres hat Rekordgewinne von Öl- und Gaskonzernen in der Krise als „unmoralisch“ verurteilt. Die Energiekonzerne hätten im ersten Quartal des Jahres auf dem Rücken der Ärmsten Profite von fast 100 Milliarden Dollar erzielt, sagte Guterres am Mittwoch. Ihre Gier sei grotesk. Er forderte Regierungen weltweit auf, diese exzessiven Gewinne zu besteuern und die Mittel zu verwenden, um die Schwächsten zu unterstützen.
Der Generalsekretär äußerte sich in einer Pressekonferenz, in der er einen Bericht der von ihm eingerichteten Globalen Krisenreaktionsgruppe vorstellte. Sie soll die miteinander verknüpften Krisen in den Bereichen Ernährung, Energie und Finanzen untersuchen. Die Gruppe legte bereits Empfehlungen zu Ernährung und Finanzen vor, Guterres sprach von Fortschritten auf diesen Feldern.
Der jüngste Bericht konzentrierte sich auf die Energiekrise. Die Gruppe forderte vor allem die reicheren Industrieländer auf, Energie zu sparen und öffentliche Verkehrsmittel zu fördern sowie eine Energiewende voranzutreiben. „Jedes Land ist Teil dieser Energiekrise, und alle Länder achten darauf, was die anderen tun“, sagte Guterres: „Es gibt keinen Platz für Heuchelei.“
Der Generalsekretär kritisierte Industrieländer für die Einführung allgemeiner Subventionen an den Tankstellen und die Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken. Es sei schwierig, diese Maßnahmen zu rechtfertigen, selbst wenn sie nur vorübergehend seien, sagte er.
In Deutschland legen SPD und Grüne im Streit über eine Sondersteuer für Krisengewinnler nach. Die FDP bleibt weiterhin strikt dagegen. Ein Kompromiss in der Ampelkoalition ist nicht in Sicht. (ap/afp/rtr)
Deutschland muss am meisten Gas in der EU sparen
Deutschland muss seinen absoluten Gasverbrauch so stark wie kein anderes EU-Land reduzieren, um das Einsparziel der Europäischen Union von 15 Prozent zu erreichen. Nach einer Rechnung der Deutschen Presse-Agentur basierend auf Daten der EU-Kommission muss die Bundesrepublik von Anfang August bis März nächsten Jahres gut 10 Milliarden Kubikmeter weniger Gas verbrauchen, um das von den EU-Ländern beschlossene Ziel zu erreichen.
Die in Deutschland zu sparende Gasmenge kommt etwa dem Durchschnittsverbrauch von fünf Millionen vierköpfigen Haushalten im Jahr gleich. Denn 10 Milliarden Kubikmeter Gas entsprechen etwa 100 Milliarden Kilowattstunden, und ein Musterhaushalt mit vier Personen in Deutschland verbraucht im Jahr rund 20.000 Kilowattstunden.
Somit muss Europas größte Volkswirtschaft wegen ihres vergleichsweise hohen Gasverbrauchs in absoluten Zahlen mehr sparen als andere. Als nächstes kommt Italien, mit einer benötigten Einsparung von etwas über 8 Milliarden Kubikmetern bis März nächsten Jahres. Frankreich und die Niederlande müssen beide ungefähr fünf Milliarden Kubikmeter weniger verbrauchen. Insgesamt muss die EU rund 45 Milliarden Kubikmeter Gas sparen – für fast ein Viertel der Einsparung wäre also Deutschland verantwortlich.
Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine haben sich die EU-Länder auf einen Notfallplan geeinigt, da ein Lieferstopp von russischem Gas befürchtet wird. Der Plan sieht vor, den nationalen Konsum im Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. März 2023 freiwillig um 15 Prozent zu senken, im Vergleich zum Durchschnittsverbrauch in dem gleichen Zeitraum in den vergangenen fünf Jahren. Falls nicht genug gespart wird und es weitreichende Versorgungsengpässe gibt, kann ein Unionsalarm mit verbindlichen Einsparzielen ausgelöst werden.
Deutschland ist nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereits auf einem guten Weg. Demnach liegt die Bundesrepublik bei 14 oder 15 Prozent Einsparungen – allerdings im Vergleich zum Vorjahr und nicht temperaturbereinigt. Habeck machte vergangene Woche in Brüssel deutlich, dass Deutschland seinen Verbrauch um mehr als die vereinbarten 15 Prozent – also mehr als 10 Milliarden Kubikmeter Gas – mindern sollte. (dpa)
US-Senat unterstützt Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens
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Mehr als zwei Drittel des US-Senats stimmen dem Beitritt Finnlands und Schwedens zur Nato zu. Noch vor Abstimmungsende ist die erforderliche Zweidrittelmehrheit klar überschritten. 83 der 100 Senatoren sprechen sich in der noch laufenden Abstimmung für die Ratifizierung der Beitrittsdokumente der beiden Länder aus. Der Beitritt Finnlands und Schwedens im Zuge des Ukraine-Krieges ist die bedeutendste Erweiterung des 30 Mitglieder zählenden Bündnisses seit den 90er-Jahren. Erst nach der Ratifizierung aller Mitgliedsstaaten der Nordatlantikvertrags-Organisation sind die beiden Länder durch die Verteidigungsklausel geschützt. Diese besagt, dass ein Angriff auf einen Verbündeten ein Angriff auf alle ist.
Das Nato-Mitglied Türkei hat allerdings ein Veto angedroht. Die Türkei verlangt von Finnland und Schweden unter anderem die Auslieferung von Dutzenden „Terror“-Verdächtigen. Gemeint sind Mitglieder der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, den Präsident Recep Tayyip Erdogan für den Putschversuch von 2016 verantwortlich macht.
Erdogan hatte seinen Widerstand gegen die Aufnahme Schwedens und Finnlands zwar beim Nato-Gipfel in Madrid Ende Juni nach Vereinbarungen mit beiden Ländern aufgegeben. Er wirft aber insbesondere Schweden vor, sich nicht an gemachte Zusagen zu halten. (rtr/afp)
Militärische Aktivitäten der Russen an mehreren Fronten
Der ukrainische Generalstab meldet erhebliche Aktivitäten der russischen Armee im Osten, Süden und Nordosten des Landes. In der Region Charkiw im Nordosten haben Russen demnach ein Dutzend Ortschaften unter Feuer genommen. Auch in der Nähe der Stadt Kramatorsk im Zentrum der Ukraine seien acht Kommunen beschossen worden.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski kritisiert Altkanzler Gerhard Schröder in scharfen Worten. „Es ist einfach ekelhaft, wenn ehemalige Führer großer Staaten mit europäischen Werten für Russland arbeiten, das sich im Krieg gegen diese Werte befindet“, sagt er in einer Videoansprache. Schröder hatte nach einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin erklärt, Russland wolle eine Verhandlungslösung. Vielleicht könne man die Einigung bei Getreide-Exporten langsam zu einem Waffenstillstand ausweiten, hatte Schröder in einem Interview gesagt. (rtr)
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