Russische Luftangriffe: Tote und Verletzte in Luzk
In der Nacht zu Freitag erlebte die Stadt in der Westukraine die schwersten Angriffe seit Kriegsbeginn 2022. Zwei Menschen starben, 27 wurden verletzt.

Russische Raketen und Drohnen griffen die gesamte Ukraine an, aber am stärksten wurden dieses Mal neben Kyjiw die Städte Luzk und Ternopil im Westen des Landes getroffen. Luzk, nur etwa 100 Kilometer von der EU-Außengrenze entfernt, wurde mit sechs Raketen und 15 Drohnen vom Typ „Shahed“ beschossen. Das gab der Luzker Bürgermeister Ihor Polischtschuk bekannt.
Die vorangegangenen Angriffe auf die Stadt waren weit weniger stark. Am 15. April zum Beispiel wurden drei Shahed-Drohnen über Luzk abgefangen, nachdem die Stadt zuvor mit zwei bis vier Raketen bzw. Drohnen beschossen worden war.
Drei Angriffswellen in einer Nacht
In der Nacht zu Freitag gab es drei Angriffswellen: Russische Geschosse kamen aus verschiedenen Richtungen und kreisten über der Stadt. Die ukrainische Abwehr reagierte mit Gegenfeuer, während die Einwohner*innen in Schutzräume oder Keller hasteten oder sich – nach der 2-Wände-Regel – in den Fluren ihrer Wohnung verschanzten, um wenigstens nicht durch Glassplitter verletzt zu werden.
Mit dem Einmarsch im 24. Februar 2022 begann der groß angelegte russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Bereits im März 2014 erfolgte die Annexion der Krim, kurz darauf entbrannte der Konflikt in den ostukrainischen Gebieten.
„Ich bin ruhiger, wenn unsere Leute schießen, als wenn ich das Knattern einer Shahed-Drohne höre, die jeden Moment auf ein Ziel stürzen kann“, erzählt Iryna Duzhtshyk, während sie die Glasscherben vor ihrem fünfstöckigen alten Wohnhaus in einem dicht besiedelten Stadtviertel zusammen kehrt. Die Häuser in der Nachbarschaft sehen mit kaputten Türen und Fenstern ähnlich aus wie ihres.
So gut die Luftabwehr auch funktionierte, konnte die russische Armee in Luzk dieses Mal mehrere Treffer landen. Die Regierung gibt diese Ziele gewöhnlich nicht bekannt, aber sie befanden sich dieses Mal alle in der Nähe von Wohnhäusern.
Zwei Tote aus dem 8. Stock
Am stärksten betroffen war ein alter, neunstöckiger Plattenbau. Die oberen Stockwerke wurden von einer Rakete getroffen, so dass einer der Eingänge komplett einstürzte. Die meisten der Bewohner hatten Glück und konnten sich rechtzeitig in den Hof oder die unteren Stockwerke retten.
Weniger Glück hatten zwei junge Menschen aus dem 8. Stock, die Rettungskräfte später unter den Trümmern fanden. Der junge Mann und die junge Frau waren schon lange zusammen und hatten Heiratspläne.
In der Nähe des zerstörten Hauses lag ein Hotel, in dem während des Angriffs Sportler*innen lebten, die zur ukrainischen Leichtathletik-Meisterschaft nach Luzk gekommen waren, darunter viele Mitglieder der ukrainischen Mannschaft. Der Einschlag geschah quasi direkt vor ihren Augen.
Insgesamt 27 Menschen wurden verletzt. Die russischen Angreifer zerstörten einige Wohnhäuser, einen Kindergarten, Lagerhäuser und Bürogebäude.
Weiterleben trotz Luftangriffen
Aber das Leben geht weiter: Die Leichtathleten machten sich trotzdem von ihrem Hotel zum Stadion auf, um an den Wettkämpfen teilzunehmen. Und die Einwohner*innen von Luzk sammelten über die sozialen Netzwerke Geld für die Menschen, die durch die Angriffe der Russischen Föderation ihr Zuhause und ihre Autos verloren hatten.
Die Menschen wurden in Wohnheimen und Hotels untergebracht. Die Stadtverwaltung bezahlt die Umsiedlung und denkt darüber nach, was jetzt mit den Häusern geschehen soll, die nach dem russischen Angriff jeden Moment einstürzen können.
Aus dem Ukrainischen Gaby Coldewey
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