Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“: Bequem gemacht im Pseudoliberalismus
Es ist kein Meinungspluralismus, Elon Musk ein Forum für AfD-Werbung zu bieten. Denn der Oligarch will genau diesen Pluralismus abschaffen.
E lon Musk ist ein Oligarch. Er ist der reichste Mensch der Welt, besitzt eine internationale Social-Media-Plattform, kontrolliert 62 Prozent der Satelliten und hat als Berater direkten Einfluss auf den künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Persönlicher Profit, enge Kontakte in die Politik sowie massiver Einfluss auf die öffentliche Meinung fließen bei Elon Musk zusammen. Wer glaubt, einem der mächtigsten Männer weltweit noch eine weitere Plattform im eigenen Blättchen geben zu müssen, hat Meinungsvielfalt mit Stiefellecken verwechselt.
Die Selbstinszenierung als „Anti-Establishment“ sowohl der Springer-Presse als auch des Gastautors Musk ist eine Farce. „Als jemand, der bedeutende Investitionen in die deutsche Industrie- und Technologielandschaft getätigt hat“, glaubt Musk, er habe das Recht, in der Welt am Sonntag „offen über seine politische Ausrichtung zu sprechen“ – und eine AfD-Wahlempfehlung zu geben.
Zufällig fordert Musk in seinem Text als Erstes die „Deregulierung des Marktes“. Sprich: Auf Steuern, Arbeitsrecht und andere Vorgaben würde er gern verzichten. Von der „wirtschaftlichen Wiederbelebung“ würde also vor allem etwas auf Musks Konto ankommen, nicht bei den Menschen in Deutschland. Der mächtige Oligarch empfiehlt eine rechtsextreme Partei in einer Wochenzeitung, weil deren Programm seiner ganz persönlichen Bereicherung dient. Einerseits.
Andererseits, weil er deren rechtsextreme Gesinnung teilt. Damit fällt das Argument seitens der Welt am Sonntag, es handele sich bei dieser Entgleisung eben um Meinungsvielfalt, endgültig in sich zusammen. Es ist kein Pluralismus, diejenigen zu Wort kommen zu lassen, die ebenjenen Pluralismus abschaffen wollen. Musk hat kürzlich zum Boykott des Nachschlagewerks Wikipedia aufgerufen, weil es ihm politisch nicht in den Kram passt. Er will andere Meinungen unterdrücken.
Es passt zu Springer
Wer vorgibt, so jemandem wegen Meinungsvielfalt Raum zu geben, macht es sich in einem Pseudoliberalismus bequem, der letztlich auf Totalitarismus hinausläuft. Hinzu kommt, dass Musk ein notorischer Fake-News-Verbreiter ist und allein wegen mangelnder Seriosität als Gastautor nicht infrage kommen dürfte.
Ist das Zulassen des Gastbeitrags überraschend? Mitnichten. Die Welt als Appendix der Springer-Maschinerie suhlt sich schon lange in einem Geschäft von AfD-naher, populistischer Hetze und faktenverdrehendem Framing – wenn auch nicht ganz so offensichtlich wie die große Schwester Bild. Mit seriösem Journalismus hat das wenig zu tun. Darf es Blätter wie Welt und Bild geben? Natürlich. Muss man das unterstützen? Natürlich nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert