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Last-Minute-Mehrheit gesucht

Kritis-Dachgesetz und NSU-Dokuzentrum im Bundestag

Von Konrad Litschko

Eine Mehrheit haben SPD und Grüne im Bundestag seit dem Bruch der Ampelregierung nicht mehr. Nun aber wollen beide Fraktionen in den wenigen verbleibenden Sitzungen des Bundestags neben der Abschaffung des Paragrafen 218 noch innenpolitische Vorhaben auf den Weg bringen. Sie wollen das Kritis-Dachgesetz für einen besseren Schutz der kritischen Infrastruktur in Deutschland einbringen, genauso wie das Gesetz für eine Stiftung, die das zu schaffende NSU-Dokumentationszentrum betreiben soll. Beide Projekte sollen Donnerstag in erster Lesung im Parlament diskutiert werden.

SPD-Innenexperte Sebastian Hartmann erklärte das Kritis-Dachgesetz für zwingend nötig. „Deutschland befindet sich seit einiger Zeit in einer dauerhaften Lage der Bedrohung auch durch ausländische Mächte mit Angriffen auf unsere Infrastruktur“, sagte er der taz. Auch Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic warb darum, dass Union und FDP dem Kritis-Dachgesetz noch in dieser Restlegislatur zustimmen. „Fast täglich gibt es Sabotagemeldungen“, so Mihalic zur taz.

Das Kritis-Dachgesetz hatte die Ampelkoalition bereits in ihrem Koalitionsvertrag von 2021 versprochen. Damit sollen erstmals Mindestvorgaben für den Schutz der kritischen Infrastruktur in Deutschland festgelegt werden, also für Unternehmen aus den Bereichen Energie, Verkehr oder Gesundheitswesen. Nach längeren Beratungen mit den Ländern und Nachbesserungen hatte das Ampelkabinett den Gesetzentwurf am 6. November verabschiedet – wenige Stunden vor dem Platzen der Koalition. Deutsche Sicherheitsbehörden hatten zuletzt vor vermehrten Sabotageakten hierzulande gewarnt, vor allem seitens Russlands.

Zugleich werben SPD und Grüne auch um Stimmen der Union und FDP für die Errichtung eines NSU-Dokumentationszentrums. Auch dieser Gesetzentwurf ging vor einer Woche durch das Bundesrumpfkabinett von SPD und Grünen. Das Zentrum soll in Berlin entstehen und an die Opfer der rechtsextremen Terrorgruppe erinnern. Mihalic sagte: „Wir appellieren an FDP und Union, das würdige Gedenken an die Opfer nicht länger zu verschleppen und den Gesetzentwurf gemeinsam mit allen demokratischen Fraktionen noch in dieser Wahlperiode abzuschließen.“

Erst am Dienstag hatte jedoch Unions-Fraktionschef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz erneut betont, nur noch „absolut notwendigen“ Gesetzen in der Restlegislatur des Bundestags zuzustimmen – und ansonsten keinen mehr, die Auswirkungen auf den Bundeshaushalt haben. Unions-Fraktionsvize Andrea Lindholz hatte jüngst der taz gesagt, der Schutz der Infrastruktur sei „ohne Zweifel“ wichtig. Aber wie dieser Schutz verbessert werden könne, „will sehr gut überlegt und diskutiert sein“.

Die Union setzt dafür für Donnerstag wiederum einen Gesetzentwurf für ein Projekt auf die Tagesordnung, für das auch die SPD-Fraktion und Bundesinnenministerin Nancy Faeser eintreten: die Speicherung von IP-Adressen zur Strafverfolgung. Das Vorhaben war in der Ampel aber an der FDP gescheitert. Es käme einer Art Vorratsdatenspeicherung gleich. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese gab sich zurückhaltend. Und in der Grünen-Fraktion wird sich grundsätzlich kritisch zur IP-Adressen-Speicherung geäußert.

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