Flucht und Bleiben in Afrika: Senegal in Aufbruchstimmung
Viele Senegalesen machen sich auf den lebensgefährlichen Weg über den Atlantik nach Europa. Mamadou Mbengue will sie aufhalten. Mit Sonnenliegen.
A ls Ende September ein großer Freiwasser-Schwimmwettbewerb in Senegals Hauptstadt Dakar stattfand, war es Mamadou Mbengue, der zusammen mit seinem Schwimmclub aus der Küstenstadt M’bour ein selbstgemaltes Banner ausrollte und kurzzeitig den Strand damit einnahm. „Nageons pour M’bour – Stop à l’immigration clandestine“ (zu Deutsch: „Schwimmen für M’bour – Stoppt die illegale Einwanderung“) stand auf dem Spruchband geschrieben.
In derselben Woche waren mindestens 30 Menschen ertrunken, als sie versuchten, in einer aus Holz gebauten Piroge Europa zu erreichen. Keine zwei Wochen vorher starben bei einem ähnlichen Bootsunglück mehr als 125 Menschen. Immer und immer wieder kommt es vor der Küste Senegals zu solchen Dramen. Für Mbengue bergen diese Schlagzeilen einen ganz persönlichen Schmerz. Auch er hat auf diese Art zwei Töchter verloren.
Mamadou Mbengue, 49, Restaurantinhaber
Nachdenklich blickt Mamadou Mbengue aufs Meer hinaus. Ein heller Hut schützt sein Gesicht vor der gleißenden Mittagssonne, die langen Dreadlocks sind zu einem Zopf gebunden. Von den Plastikstühlen seines kleinen Strandrestaurants in Saly, im Département M’bour, hat der 49-Jährige einen freien Blick. „Die Sonnenuntergänge sind hier besonders schön“, sagt er. „Ich war der erste, der hier vor ein paar Jahren ein Restaurant hingebaut und Sonnenschirme aufgestellt hat“, erzählt er weiter. Seither hat sich eine ganze Reihe von kleinen Restaurants an dem breiten Sandstrand von Saly entwickelt.
Dass es Nachahmer gibt, freut ihn. „Man muss Gelegenheiten ergreifen“, sagt er. Das Glück liegt in den eigenen Händen, lautet einer seiner Glaubenssätze. Vor allem in Ländern wie Senegal, wo es nicht genügend Arbeitsplätze gibt, um die vielen jungen Menschen zu beschäftigen, ist Kreativität gefragt, sagt er. Offiziell liegt die Arbeitslosigkeit bei etwa drei Prozent. Doch viele arbeiten unter prekären Verhältnissen, fast die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut. Und mit einem Durchschnittsalter von 19 Jahren ist sie auch noch sehr jung.
Sonnenuntergang, aber arbeitslos
Dass sich Saly nach und nach entwickelt, sieht er positiv. Der Küstenort mit seinen palmengesäumten Sandstränden, fangfrischen Meeresfrüchten und dem blauen Ozean ist ein beliebtes Wochenendziel für lärmgestresste Städter aus Senegals Hauptstadt Dakar. „Mit jedem Touristen, der sich am Strand eine Liege mietet, bleibt vielleicht ein Senegalese mehr an Land“, überlegt Mbengue laut. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, junge Menschen davon zu überzeugen, zu bleiben. „Eine ganze Generation will weg. Das geht nicht. Wir müssen hierbleiben und uns für unser Land einsetzen, es aufbauen. Wer soll das denn machen, wenn nicht wir selbst?“, sagt er leidenschaftlich.
Kandidat:innen In Senegal können jetzt am Sonntag gut sieben Millionen Wähler:innen ein neues Staatsoberhaupt wählen. Unter den 19 Kandidat:innen ist nur eine Frau, Anta Babacar Ngom. Auch wenn die Veröffentlichung von Umfragen verboten ist, gilt Oppositionskandidat Bassirou Diomaye Faye (44), der erst vergangene Woche aus dem Gefängnis entlassen wurde, als aussichtsreich. Populär ist der „Kandidat gegen die alten Eliten“ besonders bei jungen Menschen.
Diomaye war auf der Elite-Verwaltungsschule ENA und Generalsekretär der 2023 verbotenen PASTEF, die Ousmane Sonko gegründet hatte. Er tritt als Unabhängiger an, wird aber vom nicht zugelassenen Sonko unterstützt. Für die Regierungskoalition „Benno Bok Yakaar“ (BBY) geht der bisherige Premierminister Amadou Ba (62) ins Rennen. Im Wahlkampf betont er, dass er mindestens eine Million Stellen für Senegals Jugend schaffen wolle. Weitere bekannte Kandidaten sind Khalifa Sall und Idrissa Seck.
Proteste Vor der Wahl war es zu landesweiten Protesten mit vier Toten gekommen. Amtsinhaber Macky Sall hatte den ursprünglichen Termin (25. Februar) abgesagt. Der Verfassungsrat legte letztendlich den 24. März fest. Erhält kein Kandidat die absolute Mehrheit, kommt es zu einer Stichwahl.
Der 19-jährige Ismaila aus dem Stadtteil M’bour Golf ist einer von denen, die wegwollen. „Guck dich um“, sagt er und zeigt mit einer ausholenden Armbewegung hinter sich. Langsam schaukeln dort die buntbemalten Fischerboote aus Holz im Wasser. Am Strand spielen Gruppen von Jugendlichen Fußball oder sitzen im Sand. Die Szenerie vor dem Sonnenuntergang hat etwas Malerisches an sich, doch für Ismaila bedeutet sie Stillstand. „Wir haben alle keine Arbeit. Schau doch, wie wir hier sitzen“, sagt er. Seit seinem Schulabschluss im letzten Jahr versuche er, eine Arbeit zu finden. Manchmal fische er auf dem Boot seines Vaters mit, doch mit dem Fischfang in Senegal Geld zu verdienen, ist schwierig geworden.
Internationale Fangflotten haben das Meer leergefischt, so dass die Ausbeute der lokalen Fischer immer spärlicher wird. Gerade in Küstenorten wie M’bour aber ist die Fischerei die wichtigste Einnahmequelle der Bevölkerung. Laut der Welternährungsorganisation trägt die Fischerei zu mehr als drei Prozent des nationalen BIP bei, gegenüber 2,5 Prozent, die der Tourismus derzeit bringt. Sie schafft rund 53 000 direkte und über eine halbe Million indirekte Arbeitsplätze – vor allem in der handwerklichen Fischerei und der Verarbeitung. Doch Überfischung, Verschmutzung und Klimawandel fordern ihren Tribut.
Senegals ehemalige Regierung erteilte vor allem Fangflotten aus China, Russland, aber auch der EU großzügige Lizenzen. Diese wiederum hätten in den vergangenen Jahren dennoch oft deutlich mehr als erlaubt abgefischt, so ein Bericht der Environmental Justice Foundation (EJF). Es sind ebendiese alten Fischereiabkommen, die Senegals neuer Premierminister Ousmane Sonko nun neu verhandeln möchte.
Politik für die Jugend?
Doch der Schaden, den die eigentlich reichen Fischgründe vor Westafrikas Küste erlitten haben, ist enorm. „Viele der Fischer entscheiden sich deshalb, nach Europa zu gehen“, erklärt Ismaila. Zwar ist seit März eine Regierung an der Macht, doch bis irgendetwas von den versprochenen Maßnahmen bei ihnen am Strand von M’bour ankommt, würde es zu lange dauern, sind sich Ismaila und seine Freunde einig.
Politisch befindet sich Senegal in einer Phase der Neuorientierung. Mit Präsident Bassirou Diomaye Faye, der im März als Kandidat der linken Oppositionspartei Pastef („Afrikanische Patrioten im Senegal für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit“) gewann, ist nun ein Politiker im höchsten Amt des Landes, der als Sprachrohr für die Anliegen junger Menschen gilt. Der neue Präsident trat mit dem Versprechen an, Arbeitsplätze zu schaffen, die Lebensbedingungen zu verbessern und die Abwanderung junger Menschen zu verringern.
Die junge Bevölkerung steht im Programm der Partei klar im Vordergrund, entsprechend hoch sind die Erwartungen. Doch politisch befindet sich das Land momentan noch in einer Patt-Situation. „Wir haben in der aktuellen Nationalversammlung eine Konstellation, in der Pastef keine Mehrheit hat“, erklärt der Analyst Babacar Ndiaye vom senegalesischen Thinktank „Wathi“. Mit nur 56 der 165 Sitze ist es für die neue Partei schwierig, bis gar unmöglich, die Reformen, die sie versprochen hat, anzustoßen.
Am 17. November wählt Senegal daher bei vorgezogenen Wahlen ein neues Parlament, bei denen Faye und sein Premierminister und Pastef-Gründer Ousmane Sonko eine eigene Mehrheit holen wollen. Der anstehende Wahltermin gilt als richtungsweisend für die Umsetzung der politischen Agenda der neuen Regierung.
Zum Hoffnungsträger verdammt
Für Ismaila aber überwiegt das Gefühl, dass es zu lange dauert, bis Maßnahmen umgesetzt werden. Dass die atlantische Migrationsroute zu den Kanarischen Inseln als eine der gefährlichsten der Welt gilt, weiß er. „Ich habe es schon mal versucht, aber wir mussten in Marokko abbrechen“, erzählt der 19-Jährige.
Das Wetter habe umgeschlagen, sodass eine Weiterfahrt nicht mehr möglich gewesen sei. „Auf den Booten passieren seltsame Dinge. Wir waren 16 Tage auf See, nach Tag 8 ging uns das Essen und der Treibstoff aus und wir sind in den Wellen getrieben. Das geht nicht spurlos an einem vorbei. Die Menschen schreien und hören Stimmen. Irgendwann sind die ersten gestorben und wir mussten sie einfach ins Wasser werfen“, sagt der 19-Jährige mit leiser Stimme. „Es ist traumatisierend“, sagt er und schaut auf den Boden.
„Weißt du“, fügt er nach einer kurzen Pause hinzu, „ich bin die ganze Hoffnung meiner Familie. Mein Bruder, meine Schwester, meine Eltern, sie alle glauben an mich. Deshalb mache ich es.“ Andere Mittel und Wege gäbe es für ihn nicht – und so bleibe nur die Piroge. „Manchmal muss man Opfer bringen“, sagt Ismaila. Er weiß, dass es ein Himmelfahrtskommando ist. Doch in seiner Stimme liegt eine Dringlichkeit, die keinen Zweifel daran lässt, wie ernst er es meint. Der Druck ist riesig, die Verantwortung, die er trägt, erdrückend.
Sein Freund nickt bekräftigend. Er hat es bereits drei Mal versucht und musste aufgrund von Atlantikstürmen jedes Mal vor Mauretanien oder Marokko umkehren. Die lange Überfahrt, die oft fehlende Seetüchtigkeit der Boote und die unberechenbaren Bedingungen des Atlantiks machen die Route äußerst gefährlich.
Am liebsten Barcelona oder Madrd
Dennoch wird sie von vielen Menschen als einzige Option angesehen, um nach Europa zu gelangen. „Anders als auf der Mittelmeerroute müssen sich Migranten nicht erst durch Libyen durchkämpfen, wo Folter, Zwangsarbeit und Haft durch Milizen drohen“, sagt Ulf Laessing, Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Laut den Vereinten Nationen kamen 2023 über 40.000 Menschen per Boot auf den Kanaren an. 2024 verzeichnete die spanische Inselgruppe den höchsten Anstieg von Migrant*innen seit 14 Jahren, mit einer Zunahme um das Zehnfache im Vergleich zum Vorjahr.
Ein Grund für den sprunghaften Anstieg auf der Atlantik-Route ist die verstärkte Überwachung der Küsten in Tunesien und Libyen – dank finanzieller Unterstützung der EU. Insbesondere die libysche Küstenwache stoppe derzeit bis zu 90 Prozent der Boote Richtung Italien, so Laessing. „Die Flüchtlingsrouten verschieben sich nach und nach. Je mehr in den Küstenschutz im Mittelmeer investiert wird, desto mehr verlagern sich die Abfahrten in andere Länder wie Mauretanien oder Senegal, wo die Überwachung der Küste deutlich lückenhafter ist“, sagt Laessing. Die Migration an sich aber, stoppen die Maßnahmen nicht.
Auch am Strand von M’bour Golf haben diese Nachrichten wenig bis keine abschreckende Wirkung. Das Département M’bour ist bekannt als Abfahrtsort für Pirogen. „Das hier ist der zweite internationale Flughafen von Dakar“, scherzt die Gruppe Jugendlicher, die sich um Ismaila versammelt hat und dem Gespräch zuhört. Alle von ihnen sind sich einig; sollte sich die Gelegenheit ergeben, würden sie sofort auf ein Boot steigen. Am liebsten nach Barcelona oder Madrid – bekannt wegen seiner weltberühmten Fußballclubs. Mal in Europa gewesen zu sein, gilt als angesehen. Als Garant für Erfolg. Vor allem aber ist es ehrenwerter, bei der Überfahrt zu sterben, als es gar nicht erst zu versuchen.
Schwimmen können rettet Leben
Aktivist Mamadou Mbengue führt solche Unterhaltungen fast täglich. Neben seinem Strandrestaurant betreibt „Boga“, wie er mit Spitznamen genannt wird, einen Schwimmclub und einen Volleyballclub. Jedes Wochenende – und in den Schulferien jeden Tag – gibt er den Kindern und Jugendlichen aus dem Ort Sportunterricht. Freizeitprogramme, „damit die Jugend was zu tun hat“, sagt er. „Ich möchte ein positives Beispiel sein und Engagement vorleben“, erklärt er.
Auch macht der Schwimmunterricht die Strände sicherer, denn jeder, der Schwimmen könne, könne jemand anderem zu Hilfe eilen. Nebenbei geht er vor allem mit den Jugendlichen ins Gespräch. Versucht, für die Gefahren auf dem Meer zu sensibilisieren und dafür, „dass das Geld in Europa nicht vom Himmel fällt“.
Mamadou Mbengue hat selbst gut zehn Jahre in Europa gelebt. Sieben Jahre davon in der französischen Küstenstadt Marseille. Die Idee mit den Sonnenschirmen und Liegen hat er aus der Zeit. Was Mbengue auch weiß, ist, dass die Vorstellungen der Jugend über den Alltag in Europa, für das sie ihr Leben riskieren, oft weit von der Realität entfernt sind. „Man muss schuften und schuften und schuften. Und willkommen ist man als Migrant auch nicht unbedingt“, sagt Mbengue und spricht aus eigener Erfahrung.
Ihn habe es damals aus Neugierde zunächst nach Italien, dann nach Frankreich gezogen. Doch sei er mit einem Visum per Flugzeug nach Europa gekommen – nicht mit einem Holzboot übers Meer. 2020 schließlich zog es ihn zurück in die Heimat, auch seiner vier Kinder wegen. Drei Mädchen und ein Junge: Carla, Aminata, Laurie und Samba.
„Papa, Papa!“ rief es in seinem Kopf
Carla und Aminata aber sind vor einem Jahr selbst auf eine Piroge gestiegen – und seither verschollen. Der Schock darüber sitzt immer noch tief bei Mamadou Mbengue. Gerade mal 21 und 20 Jahre alt waren die beiden zu dem Zeitpunkt. „Es war letztes Jahr im Oktober. Sie haben mir erzählt, dass sie ihre Großmutter in Dakar besuchen gehen, deshalb habe ich mir nichts gedacht, als ich ein paar Tage nichts von ihnen gehört habe“.
Ismaila, 19, hat bereits einen Fluchtversuch hinter sich
Irgendwann hätte einer der Dorfbewohner ihm gesagt, dass sie auf eine Piroge gestiegen seien. „Ich habe geschrien, geweint, gebetet, dass es nicht wahr ist. Aber es stimmte.“ Kurz fährt er sich mit der Hand über die Augen. Es ist nur eine kleine Geste, doch sie macht den Schmerz sichtbar.
„Ich habe es gespürt, als sie Probleme gekriegt haben. Es war 2 Uhr morgens, da habe ich die Stimmen meiner Kinder in meinem Kopf gehört.,Papa, Papa, Papa', sie haben immerzu gerufen. Meine Töchter waren in Schwierigkeiten und ich konnte nichts tun, um ihnen zu helfen“, erzählt er. „Es gibt viele Familien, die die Versuche ihrer Kinder, nach Europa zu gelangen, unterstützen. Aber ich war immer dagegen“, sagt Mamadou Mbengue. Warum ausgerechnet seine beiden Töchter in ein Boot stiegen, kann er bis heute nicht verstehen. Der Verlust aber habe ihn nochmal mehr motiviert, sich durch die Sportclubs für die Jugend zu engagieren.
Was Mbengue auch fordert, sind Patrouillen: „Ich möchte, dass der Staat uns hilft, die Strände zu sichern.“ Tatsächlich hatte Präsident Faye nach mehreren schweren Bootsunglücken im September erklärt, „unerbittliche Jagd“ auf Schlepper machen zu wollen. „Ihr spielt eine zentrale Rolle für die Zukunft unseres Landes“, appellierte er zudem an die Jugend.
Träume stoppt man so nicht
Seither habe zumindest im Oktober kein Boot die Strände von M’bour verlassen, bestätigen die Jugendlichen am Strand. Es gäbe verdeckte Polizisten, die in Vierteln wie M’bour Golf Informationen über Abfahrten sammelten. Wer bei dem Versuch, in ein Boot nach Europa zu steigen erwischt werde, komme ins Gefängnis. „Alle sind vorsichtig geworden, wem sie was erzählen“, sagt Ismaila. Doch die Träume stoppt es nicht.
„Schmuggler werden zudem immer einen Weg finden“, sagt auch Ulf Laessing. „Letztlich ist das wirksamste Instrument gegen irreguläre Migration, Investitionen in die Länder zu tätigen. Also klassische Entwicklungshilfe zum Beispiel, die vor Ort eine Lebensgrundlage schafft und Armut lindert“.
Geht es aber nach den Plänen der Bundesregierung, sollen Entwicklungsleistungen um mehrere Hundert Millionen Euro gekürzt werden. Eine Debatte, die kontraproduktiv sei, sagt Sahel-Experte Laessing. Und etwas, das auch deutsche Entwicklungshilfeprojekte in Senegal betreffen könnte. Im Jahr 2023 hatte das Bundesentwicklungsministerium noch Mittel in Höhe von 170,35 Millionen Euro für den Senegal bewilligt.
Während Deutschland eine zunehmend restriktivere Migrationspolitik verfolgt, setzt Spanien auf eine immer engere Zusammenarbeit mit Westafrika. Bislang fußte diese eher auf finanzieller und logistischer Unterstützung bei der Küstenüberwachung.
Es braucht Perspektiven
Im August aber beendete Spaniens Premierminister Pedro Sánchez eine Reise durch Mauretanien, Senegal und Gambia mit einem Übereinkommen, das vorsieht, mehr legale Migrationswege zu schaffen. Es zielt darauf ab, Menschen aus diesen Ländern eine befristete Arbeitserlaubnis zu ermöglichen, indem in einem Pilotprogramm Visa für landwirtschaftliche Saisonarbeiter*innen eingeführt werden. Damit sollen die Migrationsbewegungen über den Atlantik reduziert und der Nachfrage nach Arbeitskräften in Spanien nachgekommen werden.
Gäbe es mehr solcher legaler Möglichkeiten, nach Europa zu kommen, müssten nicht so viele Menschen ihr Leben auf dem Meer riskieren, glaubt auch Aktivist Mamadou Mbengue. Schließlich sei es auch bei ihm die Neugierde gewesen, die ihn einst nach Europa führte – und das Heimweh, das ihn wieder zurückbrachte. „Zu Hause ist es am schönsten, aber das reicht nicht. Es braucht Perspektiven“, sagt er.
Mit seinen Clubs versucht Mbengue solche zu schaffen und Engagement vorzuleben. Jeden Sonntag sorgt er deshalb zum Beispiel dafür, dass der Strand gereinigt wird. Dann kommen die Kinder und Jugendlichen seiner Sportvereine und es wird gemeinsam der Müll aus dem Meer gefischt.
Vier Monate habe er nach dem Verschwinden seiner beiden Töchter auf See nicht ins Wasser gehen können, erzählt er noch, während er eine Plastiktüte aus dem Sand gräbt. Mit der Zeit habe er es wieder geschafft. Nun versucht er, den Jugendlichen von M’bour andere Wege aufzuzeigen – Wege, die nicht in einer Piroge nach Europa enden.
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