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Brics-Gipfel in KasanHaltung zu Russland spaltet Südafrikas Einheitsregierung

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa preist Gastgeber Russland auf dem Brics-Gipfel als Freund. Das sorgt beim Koalitionspartner zu Hause für Ärger.

Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa während des 16. BRICS-Gipfels Foto: Alexander Nemenov/AFP

Johannesburg taz | Die positiven Äußerungen von Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa auf dem Brics-Gipfel über das Gastgeberland Russland sorgten für Streit in der Heimat. Außenpolitik erweist sich als der größte Konfliktpunkt in Südafrikas Regierung der National Einheit aus der ehemaligen Befreiungsbewegung ANC (African National Congress) und der liberalen DA (Democratic Alliance), der größte der Koalitionspartner des ANC seit dessen Verlust der absoluten Mehrheit bei den Wahlen im Mai.

„Wir sehen Russland weiterhin als geschätzten Verbündeten und Freund, der uns von Anfang an in unserem Kampf gegen Apartheid unterstützt hat“, hatte Ramaphosa bei einem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin gesagt.

Koalitionspartner widerspricht dem Präsidenten

DA-Chef John Steenhuisen, Südafrikas Agrarminister, fand deutliche Worte: „Als Schlüsselpartner in der Regierung der Nationalen Einheit weist DA diese Charakterisierung entschieden zurück“, erklärte er. „Die DA hält weder Russland noch Wladimir Putin für einen Verbündeten unserer Nation.“

Eine südafrikanische Verurteilung Russlands scheint undenkbar

Dass der ANC und die DA eine völlig konträre Sicht auf die Welt haben, war schon zu Beginn der Koalition klar. Aus DA-Sicht hat der ANC sich immer wieder mit autokratischen Regimen verbündet, während der ANC selber eine Position der Neutralität und der stillen Diplomatie für sich reklamiert.

Aber während die ANC-Regierung bei Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sehr ruhig blieb, kritisierte sie laut Israels Angriffe auf Palästina und hat gegen Israel Klage vor dem Internationalen Gerichtshof wegen „Völkermord“ eingereicht. Eine ähnliche südafrikanische Verurteilung Russlands scheint hingegen undenkbar.

Kritik an Ramaphosa in Südafrika nicht unumstritten

Steenhuisens öffentliche Kritik an Ramaphosas Äußerungen wird von manchen in Südafrika kritisiert – er rücke damit die gesamte Regierung in ein schlechtes Licht und trage interne Konflikte nach außen, heißt es.

Mamokgethi Phakeng, Vizekanzlerin der Universität Kapstadt, sagte: „Objektiv kann und darf man begründen, dass Putin nicht unser Verbündeter ist. Aber es ist sowohl unangemessen als auch unverantwortlich, dem Präsidenten, den man zusammen mit dem gesamten Parlament selbst mit der Vertretung Südafrikas auf allen Ebenen beauftragt hat, vorzuwerfen, nicht im Sinne der Nation zu handeln.“ Das „untergräbt die Integrität Ihrer Regierung“, schrieb sie in einem Brief an Steenhuisen.

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12 Kommentare

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  • SORRY - mein Dank galt natürlich Ihnen, Frau Savious Kiwinika - für diesen Artikel.

  • Das sollte Phakeng mal der deutschen Regierung und allen voran der FDP sagen...

  • BRICS und Demokratie passt letztlich nicht. Nicht, nach dem dort die Mehrzahl der Mitglieder autokratisch oder sogar faschistisch wie Russland und der Iran sind. Und Südafrika war sowieso immer schon das irrelevanteste der Mitglieder dieser Gruppe. Eine mittlere Regionalmacht, deren Einfluss in Afrika eher zurückgeht, während China den seinen immer weiter vergrößert.

  • Es ist spannend, dass aus Sicht der Vizekanzlerin der Universität Kapstadt nicht etwa die Verbrüderung des Präsidenten mit faschistichen Imperialisten die Integrität der Regierung untergräbt, sondern die Kritik daran.

  • Danke Frau Herrmann für diesen notwendigen Artikel.



    Meiner Ansicht nach wird den BRICS Staaten, mit immerhin 35 % der weltweiten Wirtschaftsleistung viel zu wenig Aufmerksamkeit - in Deutschland und Europa gewidmet.



    Wenn Saudi-Arabien sich noch entscheidet, sich dem BRICS anzuschließen , steigt der weltwirtschaftliche Anteil der BRICS Staaten noch einmal erheblich und somit auch Einfluß und Macht.



    Zum Vergleich , weltweit lag das Bruttoinlandsprodukt 2023 bei etwa 12.145 Euro pro Kopf. Das BIP in Saudi-Arabien erreichte 2023 dagegen 26.722 Euro pro Einwohner.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Ohne China sind die BRICS gar nichts. Außerdem sind sie so heterogen, dass sie sich kaum koordinieren, was auch daran liegt, dass Staaten wie Russland und Brasilien schlicht und einfach kaum gemeinsame Interessen haben.

      • @Suryo:

        Wodurch sehen Sie denn die Entwicklung dahingehend ?



        Unterschätzen wir China nicht.



        Unsere Regierung scheint zu sehr mit sich selbst beschäftigt, beziehungsweies mit sich im Kreis drehen und verpasst es daher, sich rechtzeitig auf die Entwicklungen anderer Staaten einzurichten.



        Unwort des Jahres wird innerhalb unseres Parlaments entweder Steuer oder Bürgergeld - mehr war ja auch kaum in den letzten 3 Jahren zu vernehmen....



        An Inkompetenz nicht zu überbieten - unsere Volksvertreter.



        Ich gebe zu, ich hatte wohl ungerechtfertigte Weise mehr Leistung in Bezug auf unsere Wirtschaftsentwickkung unsere Regierung erwartet. Wir werden bald nicht mehr Wettbewerbsfähig sein - sollten sich die Einfuhrbestimmungen, gerade auch aus China, nicht rapide ändern.

  • "Mamokgethi Phakeng, Vizekanzlerin der Universität Kapstadt"

    Ehemalige Vizekanzlerin

  • Die Ukraine hat als Teil der Sowjetunion den ANC natürlich genauso mit gegen die Apartheid unterstützt, wie es befinden russischen Landesteilen der SU der Fall war.

    • @meerwind7:

      Politik ist nicht rational oder faktenbasiert. Auch wenn das einige glauben, Staaten handeln aus irrationalen Motiven und rationalisieren das im Nachhinein.

  • Hierzulande sind das noch Schenkelklopfer für die Geschichtenerzähler vom globalen Süden. Insgesamt wird aber das Erbe Nelson Mandelas verscherbelt, zerstört und das Land Südafrika immer mehr in die Schmuddelecke gestellt.



    Ein Erdogan kann sich das vielleicht dank der strategischen Lage der Türkei noch erlauben, Südafrika mit seiner Randlage aber nicht.

    Das ist umso bedauerlicher, als es in Südafrika wirklich universalistisch denkende politische Köpfe gibt, aber - Verzeihung - Bauern mit den richtigen Parteibuch die Führung des Landes überlassen wird. Rhamaphosa ist nichts anderes als ein angewandter Aiwanger.

  • Der ANC und seine Repräsentanten verlassen immer mehr den Weg einer demokratischen, antiautoritären, antirassistischen und moralischen Partei, die sie einstmals war.



    Nelson Mandela wird sich im Grabe drehen.