Konkurrierende Wirtschaftsgipfel: Jeder gegen jeden
Scholz, Habeck und Lindner kochen ihr jeweils eigenes Wirtschaftssüppchen. Dabei sollten sie besser zusammenarbeiten.
D ie Bundesrepublik befindet sich in einer Rezession, es gibt kein Anzeichen dafür, dass die Krise rasch überwunden wird. Die Wirtschaft schraubt sich immer mehr und immer tiefer in die Depression. Ein zentraler Grund dafür ist die schlechte Stimmung, für die auch die Ampelregierung mit ihrem ständigen Hickhack verantwortlich ist. Das Konjunkturtief ist keine Petitesse, sondern sehr ernst.
Viele Menschen fürchten um ihren Arbeitsplatz oder ihren bescheidenen Wohlstand. Vor allem: Wirtschaftliche Krise ist hierzulande immer mit der Angst vor einem politischen Desaster verbunden. Und angesichts des massiven Rechtsrucks war diese Furcht in der Geschichte der Bundesrepublik nie so berechtigt wie heute.
Die allerwichtigste Aufgabe der Bundesregierung ist in dieser Lage, den Ängsten der Menschen etwas Wirksames entgegenzusetzen. Aber die Ampel macht genau das Gegenteil. Das Triumvirat aus Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner sieht sich als das Machtzentrum der Bundesregierung. Doch es wird diesem Selbstbild und der damit verbundenen Verantwortung in keiner Weise gerecht. Denn das hieße, gemeinsam einen Ausweg aus der Misere zu suchen und schlagkräftige Maßnahmen für einen Wirtschaftsaufschwung in Gang zu setzen.
Stattdessen gilt: jeder gegen jeden. Kanzler Scholz lädt für Dienstag zu einem Industriegipfel ohne Wirtschaftsminister Habeck, Lindner veranstaltet wenige Stunden vorher eine Art Gegengipfel. Habeck wiederum hat eine Reihe von Vorschlägen zur Konjunkturbelebung vorgelegt – aber nicht mit Scholz und Lindner abgestimmt. Das alles hilft in der gegenwärtigen Misere null Komma nichts. Es stützt nur das Bild einer sich auflösenden Regierung, die nichts mehr hinbekommt. Und deren tragende Pfeiler lieber einen frühen Wahlkampfaufschlag machen, als sich um die Lage im Land zu kümmern.
So produziert das Triumvirat Demokratieverdruss. Das muss aufhören, denn es ist gefährlich. Nicht nur für die drei Regierungsparteien, die so gewiss keine Wähler:innen gewinnen. Auch für die ganze Gesellschaft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour