Abschreckung und Nato-Beitritt: Selenskyj stellt „Siegesplan“ im ukrainischen Parlament vor
Der ukrainische Präsident präsentiert dem Parlament in Kyjiw Teile seines Plans, um Russland zu bezwingen. Er setzt auf die Hilfe der Verbündeten.
„Wir müssen den Siegesplan umsetzen, um Russland dazu zu bringen, auf dem Friedensgipfel zu sein und bereit zu sein, den Krieg zu beenden. Wir Ukrainer wollen souverän leben, wollen unsere Zukunft selbst gestalten und auf Augenhöhe mit anderen Ländern reden.“ Standing Ovations folgten für den Präsidenten, als er allen Soldaten an der Front für ihren Einsatz dankte. Es sei Aufgabe der Ukraine, auf die Umstände so einzuwirken, dass Russland zum Frieden gezwungen werde.
Der nun von Selenskyj vorgestellte „Siegesplan“ soll ein Ende des Krieges bis spätestens 2025 garantieren. Ob dieser Plan umgesetzt werde, hänge von den Partnern der Ukraine ab. Auf dem Spiel stehe nichts Geringeres als der Erhalt der Weltordnung. „Wenn wir uns nicht anstrengen, wird Putin dafür sorgen, dass es nie wieder Diplomatie geben wird.“ Selenskyj sprach sich klar gegen ein Einfrieren des Krieges aus. „Es wird keine Abtretung von Territorien geben!“, rief er in den Saal.
Einladung zum Nato-Beitritt noch während des Krieges
Als ersten und wichtigsten Punkt seines Siegesplans nannte Selenskyj eine Einladung der Nato an die Ukraine noch während des Krieges. Man sehe zwar, dass eine Mitgliedschaft in der Nato eine Sache ist, die noch weit weg ist. „Aber Putin muss sehen, dass sein geopolitisches Kalkül nicht aufgegangen ist. Die Russen müssen spüren, dass ihr Zar geopolitisch verloren hat.“
Zweitens, so Selenskyj, würden die Operationen auf russischem Gebiet fortgesetzt. Es dürfe keine Einschränkungen mehr für den Einsatz von Waffen auf russischem Territorium geben. Gemeinsam mit den Partnern müsse man die russische Luftwaffe zerstören. Außerdem brauche man Zugang zu den Aufklärungsdaten der internationalen Partner. Der Krieg müsse auf russisches Territorium zurückkehren, „damit die Russen spüren, was Krieg ist, und sie einen Hass Richtung Kreml entwickeln“.
Drittens sei die Abschreckung Russlands wichtig. In diesem Zusammenhang forderte Selenskyj die Stationierung von nichtatomaren Waffensystemen in der Ukraine. Konkreteres dazu nannte er nicht öffentlich. Wichtig sei zudem die Unterstützung der ukrainischen Wirtschaft bei gleichzeitiger Verschärfung antirussischer Sanktionen. Schon jetzt, betonte der ukrainische Präsident, müsse man an die Nachkriegszeit denken.
In diesem Krieg habe die Ukraine viele militärische Erfahrungen gemacht. Diese Erfahrungen gebe man gerne an die Bündnispartner weiter. Und man könne nach dem Krieg einen Teil der in Europa stationierten US-Soldaten mit ukrainischen Soldaten ersetzen. Man müsse Russland für immer die Kontrolle über die Ukraine und auch den Wunsch danach nehmen. Das würde ganz Europa Ruhe garantieren.
Selenskyj wurde für seine Rede im Parlament gefeiert. Kritik gab es kaum. Lediglich der Abgeordnete der Poroschenko-Partei „Europäische Solidarität“, Oleksi Gontscharenko, äußerte sich skeptisch. Auch wenn Gontscharenko die in dem Plan vorgestellten Ziele unterstützte. 40 Mal sei in der Rede des Präsidenten das Wort „Partner“ gefallen, so der Politiker auf der Plattform Telegram. Am Ende stelle sich aber die Frage, wie der Sieg eigentlich errungen werden soll. „Die Partner werden das nicht für uns tun, bei all dem Respekt für sie.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl